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Lohenstein, Daniel Casper von: Cleopatra. Breslau, 1661.

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CLEOPATRA.
Sos. Nach vierzehn Jahren war die Glut des Hungers Lohn.
30.
Canid Nach vierzehn Jahren? wol! wir sind noch weit hirvon.
Sos. Was bringt di lange Zeit? nichts! als ein täglich stärben.
Canid. Wir können unterdeß umb Rettung uns bewärben.
Sos. Umb Rettung? nun uns schon der Feind ligt an dem Bort.
Canid. Schwam Caesar nicht/ als man sein Schiff besprang/
noch fort?
135.
Sos. Recht! euserst' Artzney taug für euserst-tieffe Wunden.
Canid. Leander hat den Tod in trotzen Wellen funden.
Sos. Deß Kaysers Läger ist kein ungebähnter Strom.
Canid. Das Capitel erhielt das schon verlohrne Rom.
Sos. Ja/ als Camillus hat das Läger aufgeschlagen.
140.
Canid. Und Manlius vorhin den ersten Sturm ertragen.
Sos. Wo käm' Egypten-Land' itzt ein Camillus her.
Canid. Camillus kam dort auch nichts minder ungefähr.
Sos. Die Götter lagen dort selbst für ihr Schloß zu Walle.
Archib. Glaubt: daß August dem Gott' Egyptens nicht
gefalle
145.
Sos. Ohnmächtger Gott! Rom rufft nicht euer Ochsen an.
Archib. Wer weis/ ob Romulus so viel als Apis kan?
Anton. Halt' inn'! Es dient dis nicht das Unheil zuversöhnen.
Es läss't sich nicht in Noth der Völcker Götter höhnen.
Jst nicht Egypten itzt der Römer Vaterland?
150.Die für die Freiheit noch bewegen Hertz und Hand;
Jst Memphis unser Rom/ der Nilus unser Tyber?
So schimpft di Bilder nicht derselben/ di hierüber
Zu Schutz-Herrn sind erkiest. Schlüßt/ wie die treue Stadt
Sch gegen Feind und Rom noch zu verhalten hat.
155.
Arch. Mein Schluß fällt deinen bei Man fechte von den Mau-
Hier kan ein nackter Arm vor drey geharnschten tauren. (ren.
Jst doch di grosse Stadt mit Nothdurfft wol versehn.
Wie leichte kan sich nicht deß Krieges Brett-Spiel drehn.
Falln wir das Läger an? | laßt uns noch ein's verspielen;
160.Wie es vermuthlich ist: daß unser Faust so vielen
Nicht kan gewachsen sein: wir sind auf einmal hin.
Kan aber nur der Fürst was wenig's hinterzihn
Der
A 3
CLEOPATRA.
Soſ. Nach vierzehn Jahren war die Glut des Hungers Lohn.
30.
Canid Nach vierzehn Jahren? wol! wir ſind noch weit hirvon.
Soſ. Was bringt di lange Zeit? nichts! als ein taͤglich ſtaͤrben.
Canid. Wir koͤnnen unterdeß umb Rettung uns bewaͤrben.
Soſ. Umb Rettung? nun uns ſchon der Feind ligt an dem Boꝛt.
Canid. Schwam Cæſar nicht/ als man ſein Schiff beſprang/
noch fort?
135.
Soſ. Recht! euſerſt’ Artzney taug fuͤr euſerſt-tieffe Wunden.
Canid. Leander hat den Tod in trotzen Wellen funden.
Soſ. Deß Kayſers Laͤger iſt kein ungebaͤhnter Strom.
Canid. Das Capitel erhielt das ſchon verlohrne Rom.
Soſ. Ja/ als Camillus hat das Laͤger aufgeſchlagen.
140.
Canid. Und Manlius vorhin den erſten Sturm ertragen.
Soſ. Wo kaͤm’ Egypten-Land’ itzt ein Camillus her.
Canid. Camillus kam dort auch nichts minder ungefaͤhr.
Soſ. Die Goͤtter lagen dort ſelbſt fuͤr ihr Schloß zu Walle.
Archib. Glaubt: daß Auguſt dem Gott’ Egyptens nicht
gefalle
145.
Soſ. Ohnmaͤchtger Gott! Rom rufft nicht euer Ochſen an.
Archib. Wer weis/ ob Romulus ſo viel als Apis kan?
Anton. Halt’ inn’! Es dient dis nicht das Unheil zuveꝛſoͤhnen.
Es laͤſſ’t ſich nicht in Noth der Voͤlcker Goͤtter hoͤhnen.
Jſt nicht Egypten itzt der Roͤmer Vaterland?
150.Die fuͤr die Freiheit noch bewegen Hertz und Hand;
Jſt Memphis unſer Rom/ der Nilus unſer Tyber?
So ſchimpft di Bilder nicht derſelben/ di hieruͤber
Zu Schutz-Herrn ſind erkieſt. Schluͤßt/ wie die treue Stadt
Sch gegen Feind und Rom noch zu verhalten hat.
155.
Arch. Mein Schluß faͤllt deinẽ bei Man fechte von den Mau-
Hier kan ein nackter Arm vor drey geharnſchten tauren. (ren.
Jſt doch di groſſe Stadt mit Nothdurfft wol verſehn.
Wie leichte kan ſich nicht deß Krieges Brett-Spiel drehn.
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[0035] CLEOPATRA. Soſ. Nach vierzehn Jahren war die Glut des Hungers Lohn. Canid Nach vierzehn Jahren? wol! wir ſind noch weit hirvon. Soſ. Was bringt di lange Zeit? nichts! als ein taͤglich ſtaͤrben. Canid. Wir koͤnnen unterdeß umb Rettung uns bewaͤrben. Soſ. Umb Rettung? nun uns ſchon der Feind ligt an dem Boꝛt. Canid. Schwam Cæſar nicht/ als man ſein Schiff beſprang/ noch fort? Soſ. Recht! euſerſt’ Artzney taug fuͤr euſerſt-tieffe Wunden. Canid. Leander hat den Tod in trotzen Wellen funden. Soſ. Deß Kayſers Laͤger iſt kein ungebaͤhnter Strom. Canid. Das Capitel erhielt das ſchon verlohrne Rom. Soſ. Ja/ als Camillus hat das Laͤger aufgeſchlagen. Canid. Und Manlius vorhin den erſten Sturm ertragen. Soſ. Wo kaͤm’ Egypten-Land’ itzt ein Camillus her. Canid. Camillus kam dort auch nichts minder ungefaͤhr. Soſ. Die Goͤtter lagen dort ſelbſt fuͤr ihr Schloß zu Walle. Archib. Glaubt: daß Auguſt dem Gott’ Egyptens nicht gefalle Soſ. Ohnmaͤchtger Gott! Rom rufft nicht euer Ochſen an. Archib. Wer weis/ ob Romulus ſo viel als Apis kan? Anton. Halt’ inn’! Es dient dis nicht das Unheil zuveꝛſoͤhnen. Es laͤſſ’t ſich nicht in Noth der Voͤlcker Goͤtter hoͤhnen. Jſt nicht Egypten itzt der Roͤmer Vaterland? Die fuͤr die Freiheit noch bewegen Hertz und Hand; Jſt Memphis unſer Rom/ der Nilus unſer Tyber? So ſchimpft di Bilder nicht derſelben/ di hieruͤber Zu Schutz-Herrn ſind erkieſt. Schluͤßt/ wie die treue Stadt Sch gegen Feind und Rom noch zu verhalten hat. Arch. Mein Schluß faͤllt deinẽ bei Man fechte von den Mau- Hier kan ein nackter Arm vor drey geharnſchten tauren. (ren. Jſt doch di groſſe Stadt mit Nothdurfft wol verſehn. Wie leichte kan ſich nicht deß Krieges Brett-Spiel drehn. Falln wir das Laͤger an? | laßt uns noch ein’s verſpielen; Wie es vermuthlich iſt: daß unſer Fauſt ſo vielen Nicht kan gewachſen ſein: wir ſind auf einmal hin. Kan aber nur der Fuͤrſt was wenig’s hinterzihn Der A 3

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Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Cleopatra. Breslau, 1661, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_cleopatra_1661/35>, abgerufen am 27.04.2024.