Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lohenstein, Daniel Casper von: Cleopatra. Breslau, 1661.

Bild:
<< vorherige Seite
CLEOPATRA.
625.
Sos. Das schönste Weib der Welt ist keines Zepters wehrt.
Anton. Wie sehr hat Julius Cleopatren begebrt?
Canid. Zur Lust/ sie aher nie ins Eh'bett' aufgenommen.
Anton. Weil seiner Heyrath nur di Dolchen vor sind kommen.
Cael. Rom glaubte; daß sie war deß Caesars Kurtzweil-spiel.
630.
Anton. Er hat sie seiner Eh' versichert oft und viel.
Sos. Wer oft am meisten schreibt/ gedäncket oft das minste.
Anton. Was hatte Caesar Noth zu brauchen falsche Dünste?
Canid. Man mahlt verschmähten oft geschminckte Farben für.
Anton. Was habt ihr? daß der Neid auch tadeln kan an ihr.
635.
Canid. Anton/ das minste nicht. Di bolden Wangen lachen/
Auf denen Schnee und Glutt zusammen Hochzeit machen/
Jhr Himmlisch An[tli]tz ist ein Paradiß der Lust/
Der Adern blauer Türcks durch flicht di zarte Brust/
Zinober quillt auß Milch/ Blutt auß den Marmel-Ballen/
640.Der Augen schwartze Nacht läßt tausend Blitze fallen/
Di kein behertzter Geist nicht ohne Brand empfind't.
Jhr süsser Athem ist ein ein-gebisamt Wind.
Es kan der Schnecke nichts auf Zung' und Muschel rinnen/
Das den Rubinen wird der Lippen abgewinnen.
645.Jhr wellicht Har entfärbt der Morgen-Röthe Licht;
Es gleicht kein Helffenbein sich ihren Glidern nicht
Und billich hat Anton dis Kleinod höchzuschätzeu.
Ach aber/ Tbron und Kron ist warlich vorzusätzen.
Was ist der Schönheit Glantz? Ein köstlich Kleinod zwar/
650.Doch lißt man diese Perl' auf Erden dort und dar.
Der Tiber-Strom gebührt vielleicht auch ihres gleichen.
Anton. Octavie wird ihr den Schatten nimmer reichen.
Canid. Man läscht zu Rom den Brand offt auch mit fremb-
der Flutt.
Anton. Nein nein! Canidius; di Artznei ist nicht gutt/
655.Da ja di Wunde sol der Libes Pein verschwinden
Muß man das Eisen ihr/ daß sie gekerb't/ auff binden.
Sos. Gedult/ Vernunfft und Zeit schaff't endlich Heil und Rath.
Anton. Nicht/ wo Vernunfft und Zeit kein Regiment nicht
hat.
B 3
CLEOPATRA.
625.
Soſ. Das ſchoͤnſte Weib der Welt iſt keines Zepters wehrt.
Anton. Wie ſehr hat Julius Cleopatren begebrt?
Canid. Zur Luſt/ ſie aher nie ins Eh’bett’ aufgenommen.
Anton. Weil ſeiner Heyrath nur di Dolchen vor ſind kom̃en.
Cæl. Rom glaubte; daß ſie war deß Cæſars Kurtzweil-ſpiel.
630.
Anton. Er hat ſie ſeiner Eh’ verſichert oft und viel.
Soſ. Wer oft am meiſten ſchreibt/ gedaͤncket oft das minſte.
Anton. Was hatte Cæſar Noth zu brauchen falſche Duͤnſte?
Canid. Man mahlt verſchmaͤhten oft geſchminckte Farben fuͤr.
Anton. Was habt ihr? daß der Neid auch tadeln kan an ihr.
635.
Canid. Anton/ das minſte nicht. Di bolden Wangen lachen/
Auf denen Schnee und Glutt zuſammen Hochzeit machen/
Jhr Him̃liſch An[tli]tz iſt ein Paradiß der Luſt/
Der Adern blauer Tuͤrcks durch flicht di zarte Bruſt/
Zinober quillt auß Milch/ Blutt auß den Marmel-Ballen/
640.Der Augen ſchwartze Nacht laͤßt tauſend Blitze fallen/
Di kein behertzter Geiſt nicht ohne Brand empfind’t.
Jhr ſuͤſſer Athem iſt ein ein-gebiſamt Wind.
Es kan der Schnecke nichts auf Zung’ und Muſchel rinnen/
Das den Rubinen wird der Lippen abgewinnen.
645.Jhr wellicht Har entfaͤrbt der Morgen-Roͤthe Licht;
Es gleicht kein Helffenbein ſich ihren Glidern nicht
Und billich hat Anton dis Kleinod hoͤchzuſchaͤtzeu.
Ach aber/ Tbron und Kron iſt warlich vorzuſaͤtzen.
Was iſt der Schoͤnheit Glantz? Ein koͤſtlich Kleinod zwar/
650.Doch lißt man dieſe Perl’ auf Erden dort und dar.
Der Tiber-Strom gebuͤhrt vielleicht auch ihres gleichen.
Anton. Octavie wird ihr den Schatten nimmer reichen.
Canid. Man laͤſcht zu Rom den Brand offt auch mit fremb-
der Flutt.
Anton. Nein nein! Canidius; di Artznei iſt nicht gutt/
655.Da ja di Wunde ſol der Libes Pein verſchwinden
Muß man das Eiſen ihr/ daß ſie gekerb’t/ auff binden.
Soſ. Gedult/ Vernunfft und Zeit ſchaff’t endlich Heil und Rath.
Anton. Nicht/ wo Vernunfft und Zeit kein Regiment nicht
hat.
B 3
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0051"/>
        <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#aq"> <hi rendition="#g">CLEOPATRA.</hi> </hi> </fw><lb/>
        <note place="left">625.</note>
        <sp who="#SOS">
          <speaker> <hi rendition="#aq">So&#x017F;.</hi> </speaker>
          <p>Das &#x017F;cho&#x0364;n&#x017F;te Weib der Welt i&#x017F;t keines Zepters wehrt.</p>
        </sp><lb/>
        <sp who="#ANT">
          <speaker> <hi rendition="#aq">Anton.</hi> </speaker>
          <p>Wie &#x017F;ehr hat Julius Cleopatren begebrt?</p>
        </sp><lb/>
        <sp who="#CAN">
          <speaker> <hi rendition="#aq">Canid.</hi> </speaker>
          <p>Zur Lu&#x017F;t/ &#x017F;ie aher nie ins Eh&#x2019;bett&#x2019; aufgenommen.</p>
        </sp><lb/>
        <sp who="#ANT">
          <speaker> <hi rendition="#aq">Anton.</hi> </speaker>
          <p>Weil &#x017F;einer Heyrath nur di Dolchen vor &#x017F;ind kom&#x0303;en.</p>
        </sp><lb/>
        <sp who="#CAE">
          <speaker> <hi rendition="#aq">Cæl.</hi> </speaker>
          <p>Rom glaubte; daß &#x017F;ie war deß Cæ&#x017F;ars Kurtzweil-&#x017F;piel.</p>
        </sp><lb/>
        <note place="left">630.</note>
        <sp who="#ANT">
          <speaker> <hi rendition="#aq">Anton.</hi> </speaker>
          <p>Er hat &#x017F;ie &#x017F;einer Eh&#x2019; ver&#x017F;ichert oft und viel.</p>
        </sp><lb/>
        <sp who="#SOS">
          <speaker> <hi rendition="#aq">So&#x017F;.</hi> </speaker>
          <p>Wer oft am mei&#x017F;ten &#x017F;chreibt/ geda&#x0364;ncket oft das min&#x017F;te.</p>
        </sp><lb/>
        <sp who="#ANT">
          <speaker> <hi rendition="#aq">Anton.</hi> </speaker>
          <p>Was hatte Cæ&#x017F;ar Noth zu brauchen fal&#x017F;che Du&#x0364;n&#x017F;te?</p>
        </sp><lb/>
        <sp who="#CAN">
          <speaker> <hi rendition="#aq">Canid.</hi> </speaker>
          <p>Man mahlt ver&#x017F;chma&#x0364;hten oft ge&#x017F;chminckte Farben fu&#x0364;r.</p>
        </sp><lb/>
        <sp who="#ANT">
          <speaker> <hi rendition="#aq">Anton.</hi> </speaker>
          <p>Was habt ihr? daß der Neid auch tadeln kan an ihr.</p>
        </sp><lb/>
        <note place="left">635.</note>
        <sp who="#CAN">
          <speaker> <hi rendition="#aq">Canid.</hi> </speaker>
          <p>Anton/ das min&#x017F;te nicht. Di bolden Wangen lachen/<lb/>
Auf denen Schnee und Glutt zu&#x017F;ammen Hochzeit machen/<lb/>
Jhr Him&#x0303;li&#x017F;ch An<supplied>tli</supplied>tz i&#x017F;t ein Paradiß der Lu&#x017F;t/<lb/>
Der Adern blauer Tu&#x0364;rcks durch flicht di zarte Bru&#x017F;t/<lb/>
Zinober quillt auß Milch/ Blutt auß den Marmel-Ballen/<lb/><note place="left">640.</note>Der Augen &#x017F;chwartze Nacht la&#x0364;ßt tau&#x017F;end Blitze fallen/<lb/>
Di kein behertzter Gei&#x017F;t nicht ohne Brand empfind&#x2019;t.<lb/>
Jhr &#x017F;u&#x0364;&#x017F;&#x017F;er Athem i&#x017F;t ein ein-gebi&#x017F;amt Wind.<lb/>
Es kan der Schnecke nichts auf Zung&#x2019; und Mu&#x017F;chel rinnen/<lb/>
Das den Rubinen wird der Lippen abgewinnen.<lb/><note place="left">645.</note>Jhr wellicht Har entfa&#x0364;rbt der Morgen-Ro&#x0364;the Licht;<lb/>
Es gleicht kein Helffenbein &#x017F;ich ihren Glidern nicht<lb/><hi rendition="#fr">U</hi>nd billich hat Anton dis Kleinod ho&#x0364;chzu&#x017F;cha&#x0364;tzeu.<lb/>
Ach aber/ Tbron und Kron i&#x017F;t warlich vorzu&#x017F;a&#x0364;tzen.<lb/>
Was i&#x017F;t der Scho&#x0364;nheit Glantz? Ein ko&#x0364;&#x017F;tlich Kleinod zwar/<lb/><note place="left">650.</note>Doch lißt man die&#x017F;e Perl&#x2019; auf Erden dort und dar.<lb/>
Der Tiber-Strom gebu&#x0364;hrt vielleicht auch ihres gleichen.</p>
        </sp><lb/>
        <sp who="#ANT">
          <speaker> <hi rendition="#aq">Anton.</hi> </speaker>
          <p>Octavie wird ihr den Schatten nimmer reichen.</p>
        </sp><lb/>
        <sp who="#CAN">
          <speaker> <hi rendition="#aq">Canid.</hi> </speaker>
          <p>Man la&#x0364;&#x017F;cht zu Rom den Brand offt auch mit fremb-<lb/><hi rendition="#et">der Flutt.</hi></p>
        </sp><lb/>
        <sp who="#ANT">
          <speaker> <hi rendition="#aq">Anton.</hi> </speaker>
          <p>Nein nein! Canidius; di Artznei i&#x017F;t nicht gutt/<lb/><note place="left">655.</note>Da ja di Wunde &#x017F;ol der Libes Pein ver&#x017F;chwinden<lb/>
Muß man das Ei&#x017F;en ihr/ daß &#x017F;ie gekerb&#x2019;t/ auff binden.</p>
        </sp><lb/>
        <sp who="#SOS">
          <speaker> <hi rendition="#aq">So&#x017F;.</hi> </speaker>
          <p>Gedult/ Vernunfft und Zeit &#x017F;chaff&#x2019;t endlich Heil und Rath.</p>
        </sp><lb/>
        <sp who="#ANT">
          <speaker> <hi rendition="#aq">Anton.</hi> </speaker>
          <p>Nicht/ wo Vernunfft und Zeit kein Regiment nicht<lb/><hi rendition="#et">hat.</hi><lb/>
<fw place="bottom" type="sig">B 3</fw><lb/></p>
        </sp>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0051] CLEOPATRA. Soſ. Das ſchoͤnſte Weib der Welt iſt keines Zepters wehrt. Anton. Wie ſehr hat Julius Cleopatren begebrt? Canid. Zur Luſt/ ſie aher nie ins Eh’bett’ aufgenommen. Anton. Weil ſeiner Heyrath nur di Dolchen vor ſind kom̃en. Cæl. Rom glaubte; daß ſie war deß Cæſars Kurtzweil-ſpiel. Anton. Er hat ſie ſeiner Eh’ verſichert oft und viel. Soſ. Wer oft am meiſten ſchreibt/ gedaͤncket oft das minſte. Anton. Was hatte Cæſar Noth zu brauchen falſche Duͤnſte? Canid. Man mahlt verſchmaͤhten oft geſchminckte Farben fuͤr. Anton. Was habt ihr? daß der Neid auch tadeln kan an ihr. Canid. Anton/ das minſte nicht. Di bolden Wangen lachen/ Auf denen Schnee und Glutt zuſammen Hochzeit machen/ Jhr Him̃liſch Antlitz iſt ein Paradiß der Luſt/ Der Adern blauer Tuͤrcks durch flicht di zarte Bruſt/ Zinober quillt auß Milch/ Blutt auß den Marmel-Ballen/ Der Augen ſchwartze Nacht laͤßt tauſend Blitze fallen/ Di kein behertzter Geiſt nicht ohne Brand empfind’t. Jhr ſuͤſſer Athem iſt ein ein-gebiſamt Wind. Es kan der Schnecke nichts auf Zung’ und Muſchel rinnen/ Das den Rubinen wird der Lippen abgewinnen. Jhr wellicht Har entfaͤrbt der Morgen-Roͤthe Licht; Es gleicht kein Helffenbein ſich ihren Glidern nicht Und billich hat Anton dis Kleinod hoͤchzuſchaͤtzeu. Ach aber/ Tbron und Kron iſt warlich vorzuſaͤtzen. Was iſt der Schoͤnheit Glantz? Ein koͤſtlich Kleinod zwar/ Doch lißt man dieſe Perl’ auf Erden dort und dar. Der Tiber-Strom gebuͤhrt vielleicht auch ihres gleichen. Anton. Octavie wird ihr den Schatten nimmer reichen. Canid. Man laͤſcht zu Rom den Brand offt auch mit fremb- der Flutt. Anton. Nein nein! Canidius; di Artznei iſt nicht gutt/ Da ja di Wunde ſol der Libes Pein verſchwinden Muß man das Eiſen ihr/ daß ſie gekerb’t/ auff binden. Soſ. Gedult/ Vernunfft und Zeit ſchaff’t endlich Heil und Rath. Anton. Nicht/ wo Vernunfft und Zeit kein Regiment nicht hat. B 3

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_cleopatra_1661
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_cleopatra_1661/51
Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Cleopatra. Breslau, 1661, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_cleopatra_1661/51>, abgerufen am 21.11.2024.