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Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.

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Erstes Buch
[Spaltenumbruch] sen. Dieser Sturm nöthigte auch dieselben
Armenier/ welche auffdes Zeno Befehl Jsme-
nen gefangen hielten/ sich aus der innern Wild-
nüß herfür zu thun. Bey welcher Begeben-
heit sie ihren Vortheil ersah/ dem einen unver-
merckt das Schwerdt aus der Scheide zoh/
und durch die Rippen stieß. Die drey andern
fielen sie zwar hierüber so grimmig an/ aber sie
verthäidigte sich mit unvergleichlicher Hertz-
hafftigkeit. Das hierdurch erregte Geräusche
zohe eine grosse Menge derer im Walde irren-
den Römer herzu/ welche die theils abgehauenen
Kieffern-Aeste/ theils von denen Römischen Wa-
gen genommenen Hartzt-Fackeln anfangs zu
ihrem Lichte/ nunmehr aber gegen die gleichfals
sich alldar versammlete Deutschen zu Schwerd-
tern brauchten/ und weil sie sich iederseits auff
etliche hundert verstärckten/ in einen vollkom-
menen Streit mit einander geriethen. Die
Verzweiffelung und das seltzame Feuer-Ge-
fechte der Römer aber brachte die Deutschen
zum weichen; wiewohl die Fürstin Jsmene/ als
eine großmüthige Heldin/ dem Feinde stets die
Stirne bot/ und denen weichenden Deutschen
verächtlich zurieff: Ob sie ein Bienenschwarm
wären/ welche vom Rauche vertrieben würden?
Ob sie numehr für einem entwaffneten Feinde
zu lauffen für keine Schande hielten/ den sie den
Tag vorhero in seiner besten Rüstung geschla-
gen hätten? Endlich kam der Ritter Waldeck
mit zwey hundert Mann seiner Wache darzu/
welche den Feind nach grossem Verlust wieder
in Wald trieb/ und diese Heldin zu grosser Freu-
de des gantzen Heeres zum Feldherrn brachte.

Als es den folgenden Morgen kaum zu tagen
anfing/ ließ der Feldherr schon ein Zeichen ge-
ben/ diß was von den Feinden nicht/ wegen er-
mangelnder Verbindung/ an den Wunden ge-
storben/ in Sümpfen ersticket/ oder von den
Bäumen erschlagen noch von den wilden Thie-
ren zerrissen war/ aus den Hecken und Löchern
herfür zu suchen und auffzureiben. Also ward
[Spaltenumbruch] dieses Tagelicht nach etlichen tausenden in eine
Nacht des Todes verwandelt. Denn wo der
schlüpffrige Erdboden nur einen Fußstapffen ei-
nes Menschen zeigte/ folgten ihrer zehen und
mehr der Spure nach/ und zerfleischten ohne Er-
bärmniß ihre für Furcht und Kälte zitternde
Feinde. Ja es ward gleichsam für eine grosse
Schande gehalten/ wenn einer nicht einen abge-
hauenen Feindes-Kopf für die Füsse seines Obri-
sten niederzulegen hatte; also hin und wieder
Berge von blutigen Menschenköpffen zu schau-
en waren. Nebst diesem unterließ der Feldherr
nicht mit geschlossenem Hauffen duch den Weg/
welchen die Römer ihnen durch Umhauung vie-
ler Bäume für der Schlacht durch den Forst ge-
macht hatten/ nachzusetzen/ und traff kurtz nach
aufgegangener Sonne auf einer etwas blancken
Höhe auff das gröste Theil des Römischen Feld-
Geräthes/ und einer grossen Menge mit Frau-
en/ Kindern/ Zelten/ Kriegszeug und anderer
Nothdurfft beladenen Wagen/ zwischen wel-
chen noch etliche tausend Männer eingeflochten
waren. Diese Verwickelung/ der glatte Erd-
boden/ und daß Bogen/ Schilde/ Schleudern
und ander Gewehre von dem starcken Regen
gantz unbrauchbar gemacht worden waren/ be-
nahm denen schwergewaffneten Römern alle
Mögligkeit sich in Ordnung zu stellen/ und ge-
gen die mit leichter Rüstung und langen Spies-
sen versehenen Deutschen zu fechten. Dahero
wurden sie ohne grosse Mühe niedergehauen/
auch Weiber und Kinder/ welchen nicht der Feld-
herr und andere Fürsten die Gnade der Dienst-
barkeit wiederfahren liessen/ von der Schärffe
des Schwerds nicht verschonet. Ob die Römer
auch wohl an der Einfarth des sich wieder an-
fangenden Waldes eine Menge Wagen/ Holtz
und ander Geräthe anzündeten/ um an dieser
Enge denen Deutschen die Verfolgung zu ver-
hindern; so waren doch diesen alle Fußsteige und
Nebenwege so gut bekandt/ daß sie in kurtzem
sich im Gehöltze wieder an sie hingen/ von welchen

einige

Erſtes Buch
[Spaltenumbruch] ſen. Dieſer Sturm noͤthigte auch dieſelben
Armenier/ welche auffdes Zeno Befehl Jſme-
nen gefangen hielten/ ſich aus der innern Wild-
nuͤß herfuͤr zu thun. Bey welcher Begeben-
heit ſie ihren Vortheil erſah/ dem einen unver-
merckt das Schwerdt aus der Scheide zoh/
und durch die Rippen ſtieß. Die drey andern
fielen ſie zwar hieruͤber ſo grimmig an/ aber ſie
verthaͤidigte ſich mit unvergleichlicher Hertz-
hafftigkeit. Das hierdurch erregte Geraͤuſche
zohe eine groſſe Menge derer im Walde irren-
den Roͤmer herzu/ welche die theils abgehauenen
Kieffeꝛn-Aeſte/ theils von denen Roͤmiſchen Wa-
gen genommenen Hartzt-Fackeln anfangs zu
ihrem Lichte/ nunmehr aber gegen die gleichfals
ſich alldar verſammlete Deutſchen zu Schwerd-
tern brauchten/ und weil ſie ſich iederſeits auff
etliche hundert verſtaͤrckten/ in einen vollkom-
menen Streit mit einander geriethen. Die
Verzweiffelung und das ſeltzame Feuer-Ge-
fechte der Roͤmer aber brachte die Deutſchen
zum weichen; wiewohl die Fuͤrſtin Jſmene/ als
eine großmuͤthige Heldin/ dem Feinde ſtets die
Stirne bot/ und denen weichenden Deutſchen
veraͤchtlich zurieff: Ob ſie ein Bienenſchwarm
waͤren/ welche vom Rauche vertrieben wuͤrden?
Ob ſie numehr fuͤr einem entwaffneten Feinde
zu lauffen fuͤr keine Schande hielten/ den ſie den
Tag vorhero in ſeiner beſten Ruͤſtung geſchla-
gen haͤtten? Endlich kam der Ritter Waldeck
mit zwey hundert Mann ſeiner Wache darzu/
welche den Feind nach groſſem Verluſt wieder
in Wald trieb/ und dieſe Heldin zu groſſer Freu-
de des gantzen Heeres zum Feldherrn brachte.

Als es den folgenden Morgen kaum zu tagen
anfing/ ließ der Feldherr ſchon ein Zeichen ge-
ben/ diß was von den Feinden nicht/ wegen er-
mangelnder Verbindung/ an den Wunden ge-
ſtorben/ in Suͤmpfen erſticket/ oder von den
Baͤumen erſchlagen noch von den wilden Thie-
ren zerriſſen war/ aus den Hecken und Loͤchern
herfuͤr zu ſuchen und auffzureiben. Alſo ward
[Spaltenumbruch] dieſes Tagelicht nach etlichen tauſenden in eine
Nacht des Todes verwandelt. Denn wo der
ſchluͤpffrige Erdboden nur einen Fußſtapffen ei-
nes Menſchen zeigte/ folgten ihrer zehen und
mehr der Spure nach/ und zerfleiſchten ohne Eꝛ-
baͤrmniß ihre fuͤr Furcht und Kaͤlte zitternde
Feinde. Ja es ward gleichſam fuͤr eine groſſe
Schande gehalten/ wenn einer nicht einen abge-
hauenen Feindes-Kopf fuͤꝛ die Fuͤſſe ſeines Obri-
ſten niederzulegen hatte; alſo hin und wieder
Berge von blutigen Menſchenkoͤpffen zu ſchau-
en waren. Nebſt dieſem unterließ der Feldherr
nicht mit geſchloſſenem Hauffen duch den Weg/
welchen die Roͤmer ihnen durch Umhauung vie-
ler Baͤume fuͤr der Schlacht durch den Forſt ge-
macht hatten/ nachzuſetzen/ und traff kurtz nach
aufgegangener Sonne auf eineꝛ etwas blancken
Hoͤhe auff das groͤſte Theil des Roͤmiſchen Feld-
Geraͤthes/ und einer groſſen Menge mit Frau-
en/ Kindern/ Zelten/ Kriegszeug und anderer
Nothdurfft beladenen Wagen/ zwiſchen wel-
chen noch etliche tauſend Maͤnner eingeflochten
waren. Dieſe Verwickelung/ der glatte Erd-
boden/ und daß Bogen/ Schilde/ Schleudern
und ander Gewehre von dem ſtarcken Regen
gantz unbrauchbar gemacht worden waren/ be-
nahm denen ſchwergewaffneten Roͤmern alle
Moͤgligkeit ſich in Ordnung zu ſtellen/ und ge-
gen die mit leichter Ruͤſtung und langen Spieſ-
ſen verſehenen Deutſchen zu fechten. Dahero
wurden ſie ohne groſſe Muͤhe niedergehauen/
auch Weiber und Kinder/ welchen nicht deꝛ Feld-
herr und andere Fuͤrſten die Gnade der Dienſt-
barkeit wiederfahren lieſſen/ von der Schaͤrffe
des Schwerds nicht verſchonet. Ob die Roͤmer
auch wohl an der Einfarth des ſich wieder an-
fangenden Waldes eine Menge Wagen/ Holtz
und ander Geraͤthe anzuͤndeten/ um an dieſer
Enge denen Deutſchen die Verfolgung zu ver-
hindern; ſo waren doch dieſen alle Fußſteige und
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ſich im Gehoͤltze wiedeꝛ an ſie hingen/ von welchen

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Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 52. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/100>, abgerufen am 21.11.2024.