Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.

Bild:
<< vorherige Seite

Siebendes Buch
[Spaltenumbruch] daß sie ihn für ihr Oberhaupt erkennen mu-
sten.

Wiewol nun die Helvetier unter dem
Schirm des Fürsten Ariovists/ der sich nun-
mehr einen König nennen ließ/ in gutem Wol-
stande lebten/ so thät es doch dem Adel weh: daß
zu denen Aemptern meist Alemänner befördert
wurden. Sintemahl ins gemein zwar fremde
Gewächse/ nicht aber ausländische Befehlichs-
haber angenehm sind; und der Neid oder die
Ungedult sodenn der Vollkommenheit selbst
Mängel auszustellen weiß. Jnsonderheit fraß
die Ehrsucht dem Fürsten Orgetorich das Hertz
aus; welchem die Thränen über die Backen
lieffen/ so offt er seiner Vorfahren Bilder ansa-
he/ und darmit sich erinnerte: daß er zwar aus
einem des Herrschens gewohntem Hause ge-
bohren wäre/ nunmehr aber müste gehorsamen
lernen. Gleichwol aber hielt die grosse Macht
des Königs Ariovists den Degen des Orgeto-
richs in der Scheide; und veranlaste ihn auff
ein ander Mittel zu sinnen: wie er das Hefft
wieder in die Hand bekäme. Weil nun die A-
lemänner sich täglich in Helvetien verstärckten/
und es ie länger ie mehr gedränger machten/
schlug er den Fürnehmsten und Vertrautesten
vom Adel für/ ihnen einen neuen Sitz in dem
fruchtbaren Gallien um den Fluß Garumna
einzunehmen; welches aller Muthmassung
nach Ariovist nicht hindern/ sondern vielmehr
befördern würde/ wormit seine Alemänner sich
so viel mehr auszubreiten Lufft bekämen. Nach
dem er durch seine scheinbare Fürschläge den
meisten Adel auf seine Seite gebracht hatte; er-
öffnete er diesen Anschlag auch dem Casticus/
welcher gleicher Gestalt unter Ariovistens Bot-
mäßigkeit und nach der Sequanischen Herr-
schafft seines Vaters seuffzete. Hierauf brachte
er es auch an des Divitiaks Bruder Dumno-
rich/ der die höchste Würde bey den Heduern
vertrat/ aber aus Begierde der Freyheit dem
Ariovist nicht hold/ denen Römern aber Spin-
[Spaltenumbruch] nen-feind war. Der Schein der Freyheit
brachte alle drey unschwer in ein eydliches
Bündniß; und die grosse Zuversicht zu ihren
Kräfften verhieß ihnen in weniger Zeit die Be-
herrschung des gantzen Galliens. Dieses grosse
Werck aber brach für der Zeit durch die unge-
wöhnliche Zurüstung des Fürsten Orgetorich/
und hernach durch etliche Edelleute/ denen ihr
Vaterland zu lieb war/ aus. Das Volck/ wel-
ches lieber in Sicherheit gehorsamen/ als aus
Hartneckigkeit sich in Gefahr und Verterben
stürtzen wolte/ überfiel den sichern Orgetorich
unverhofft/ stellten ihn auch in Band und Eisen
für ein Gerichte; das ihn als einen Aufwiegler
und Störer der gemeinen Ruh zum Feuer
verdammte. Er lag schon gebunden auf dem
Holtzstosse/ der Scharffrichter hielt schon die
Fackel an den Zunder/ als mehr als tausend
Mann zusammen gerottetes/ und dem reichen
Orgetorich aus Pflicht/ oder wegen genossener
Wolthaten zugethanes Volck herfür brach/ die
Nachrichter zerstreute/ den Holtzhauffen von
sammen rieß/ und den Verdammten aus dem
Rachen der Flammen errettete. Dieser Fre-
vel aber ward von der Obrigkeit durch Hülffe
der Alemannischen Besatzungen mit vielem
Blute bald gerochen/ und Orgetorich deroge-
stalt ins Gedrange bracht: daß er ihm selbst mit
Giffte vom Leben halff. Die Helvetier aber
befanden in der Höle/ darein er sich versteckt
hatte/ eine so bewegliche Betheuerung: wie er
durch sein Vorhaben drey freye Völcker in den
Glantz der alten Freyheit/ sich aber keines we-
ges auf den ihm zugedachten Stul zu setzen an-
gezielt hätte: daß auf des Fürsten Divico ver-
nünfftiges Einreden das ihn vorhin zu verbren-
nen entschlossene Volck/ welches zwischen eus-
serster Liebe und Haß kein Mittel weiß/ ihn
nunmehr von dem Scheiter-Hauffen in Him-
mel erhob; und des Orgetorichs Fürhaben
auszuführen durch schärffste Eyde sich ver-
schwor/ ja viel tausend Rauraker/ und Tulin-

ger

Siebendes Buch
[Spaltenumbruch] daß ſie ihn fuͤr ihr Oberhaupt erkennen mu-
ſten.

Wiewol nun die Helvetier unter dem
Schirm des Fuͤrſten Arioviſts/ der ſich nun-
mehr einen Koͤnig nennen ließ/ in gutem Wol-
ſtande lebten/ ſo thaͤt es doch dem Adel weh: daß
zu denen Aemptern meiſt Alemaͤnner befoͤrdert
wurden. Sintemahl ins gemein zwar fremde
Gewaͤchſe/ nicht aber auslaͤndiſche Befehlichs-
haber angenehm ſind; und der Neid oder die
Ungedult ſodenn der Vollkommenheit ſelbſt
Maͤngel auszuſtellen weiß. Jnſonderheit fraß
die Ehrſucht dem Fuͤrſten Orgetorich das Hertz
aus; welchem die Thraͤnen uͤber die Backen
lieffen/ ſo offt er ſeiner Vorfahren Bilder anſa-
he/ und darmit ſich erinnerte: daß er zwar aus
einem des Herrſchens gewohntem Hauſe ge-
bohren waͤre/ nunmehr aber muͤſte gehorſamen
lernen. Gleichwol aber hielt die groſſe Macht
des Koͤnigs Arioviſts den Degen des Orgeto-
richs in der Scheide; und veranlaſte ihn auff
ein ander Mittel zu ſinnen: wie er das Hefft
wieder in die Hand bekaͤme. Weil nun die A-
lemaͤnner ſich taͤglich in Helvetien verſtaͤrckten/
und es ie laͤnger ie mehr gedraͤnger machten/
ſchlug er den Fuͤrnehmſten und Vertrauteſten
vom Adel fuͤr/ ihnen einen neuen Sitz in dem
fruchtbaren Gallien um den Fluß Garumna
einzunehmen; welches aller Muthmaſſung
nach Arioviſt nicht hindern/ ſondern vielmehr
befoͤrdern wuͤrde/ wormit ſeine Alemaͤnner ſich
ſo viel mehr auszubreiten Lufft bekaͤmen. Nach
dem er durch ſeine ſcheinbare Fuͤrſchlaͤge den
meiſten Adel auf ſeine Seite gebracht hatte; er-
oͤffnete er dieſen Anſchlag auch dem Caſticus/
welcher gleicher Geſtalt unter Arioviſtens Bot-
maͤßigkeit und nach der Sequaniſchen Herr-
ſchafft ſeines Vaters ſeuffzete. Hierauf brachte
er es auch an des Divitiaks Bruder Dumno-
rich/ der die hoͤchſte Wuͤrde bey den Heduern
vertrat/ aber aus Begierde der Freyheit dem
Arioviſt nicht hold/ denen Roͤmern aber Spin-
[Spaltenumbruch] nen-feind war. Der Schein der Freyheit
brachte alle drey unſchwer in ein eydliches
Buͤndniß; und die groſſe Zuverſicht zu ihren
Kraͤfften verhieß ihnen in weniger Zeit die Be-
herꝛſchung des gantzen Galliens. Dieſes groſſe
Werck aber brach fuͤr der Zeit durch die unge-
woͤhnliche Zuruͤſtung des Fuͤrſten Orgetorich/
und hernach durch etliche Edelleute/ denen ihr
Vaterland zu lieb war/ aus. Das Volck/ wel-
ches lieber in Sicherheit gehorſamen/ als aus
Hartneckigkeit ſich in Gefahr und Verterben
ſtuͤrtzen wolte/ uͤberfiel den ſichern Orgetorich
unverhofft/ ſtellten ihn auch in Band und Eiſen
fuͤr ein Gerichte; das ihn als einen Aufwiegler
und Stoͤrer der gemeinen Ruh zum Feuer
verdammte. Er lag ſchon gebunden auf dem
Holtzſtoſſe/ der Scharffrichter hielt ſchon die
Fackel an den Zunder/ als mehr als tauſend
Mann zuſammen gerottetes/ und dem reichen
Orgetorich aus Pflicht/ oder wegen genoſſener
Wolthaten zugethanes Volck herfuͤr brach/ die
Nachrichter zerſtreute/ den Holtzhauffen von
ſammen rieß/ und den Verdammten aus dem
Rachen der Flammen errettete. Dieſer Fre-
vel aber ward von der Obrigkeit durch Huͤlffe
der Alemanniſchen Beſatzungen mit vielem
Blute bald gerochen/ und Orgetorich deroge-
ſtalt ins Gedrange bracht: daß er ihm ſelbſt mit
Giffte vom Leben halff. Die Helvetier aber
befanden in der Hoͤle/ darein er ſich verſteckt
hatte/ eine ſo bewegliche Betheuerung: wie er
durch ſein Vorhaben drey freye Voͤlcker in den
Glantz der alten Freyheit/ ſich aber keines we-
ges auf den ihm zugedachten Stul zu ſetzen an-
gezielt haͤtte: daß auf des Fuͤrſten Divico ver-
nuͤnfftiges Einreden das ihn vorhin zu verbren-
nen entſchloſſene Volck/ welches zwiſchen euſ-
ſerſter Liebe und Haß kein Mittel weiß/ ihn
nunmehr von dem Scheiter-Hauffen in Him-
mel erhob; und des Orgetorichs Fuͤrhaben
auszufuͤhren durch ſchaͤrffſte Eyde ſich ver-
ſchwor/ ja viel tauſend Rauraker/ und Tulin-

ger
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f1052" n="988[990]"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Siebendes Buch</hi></fw><lb/><cb/>
daß &#x017F;ie ihn fu&#x0364;r ihr Oberhaupt erkennen mu-<lb/>
&#x017F;ten.</p><lb/>
          <p>Wiewol nun die Helvetier unter dem<lb/>
Schirm des Fu&#x0364;r&#x017F;ten Ariovi&#x017F;ts/ der &#x017F;ich nun-<lb/>
mehr einen Ko&#x0364;nig nennen ließ/ in gutem Wol-<lb/>
&#x017F;tande lebten/ &#x017F;o tha&#x0364;t es doch dem Adel weh: daß<lb/>
zu denen Aemptern mei&#x017F;t Alema&#x0364;nner befo&#x0364;rdert<lb/>
wurden. Sintemahl ins gemein zwar fremde<lb/>
Gewa&#x0364;ch&#x017F;e/ nicht aber ausla&#x0364;ndi&#x017F;che Befehlichs-<lb/>
haber angenehm &#x017F;ind; und der Neid oder die<lb/>
Ungedult &#x017F;odenn der Vollkommenheit &#x017F;elb&#x017F;t<lb/>
Ma&#x0364;ngel auszu&#x017F;tellen weiß. Jn&#x017F;onderheit fraß<lb/>
die Ehr&#x017F;ucht dem Fu&#x0364;r&#x017F;ten Orgetorich das Hertz<lb/>
aus; welchem die Thra&#x0364;nen u&#x0364;ber die Backen<lb/>
lieffen/ &#x017F;o offt er &#x017F;einer Vorfahren Bilder an&#x017F;a-<lb/>
he/ und darmit &#x017F;ich erinnerte: daß er zwar aus<lb/>
einem des Herr&#x017F;chens gewohntem Hau&#x017F;e ge-<lb/>
bohren wa&#x0364;re/ nunmehr aber mu&#x0364;&#x017F;te gehor&#x017F;amen<lb/>
lernen. Gleichwol aber hielt die gro&#x017F;&#x017F;e Macht<lb/>
des Ko&#x0364;nigs Ariovi&#x017F;ts den Degen des Orgeto-<lb/>
richs in der Scheide; und veranla&#x017F;te ihn auff<lb/>
ein ander Mittel zu &#x017F;innen: wie er das Hefft<lb/>
wieder in die Hand beka&#x0364;me. Weil nun die A-<lb/>
lema&#x0364;nner &#x017F;ich ta&#x0364;glich in Helvetien ver&#x017F;ta&#x0364;rckten/<lb/>
und es ie la&#x0364;nger ie mehr gedra&#x0364;nger machten/<lb/>
&#x017F;chlug er den Fu&#x0364;rnehm&#x017F;ten und Vertraute&#x017F;ten<lb/>
vom Adel fu&#x0364;r/ ihnen einen neuen Sitz in dem<lb/>
fruchtbaren Gallien um den Fluß Garumna<lb/>
einzunehmen; welches aller Muthma&#x017F;&#x017F;ung<lb/>
nach Ariovi&#x017F;t nicht hindern/ &#x017F;ondern vielmehr<lb/>
befo&#x0364;rdern wu&#x0364;rde/ wormit &#x017F;eine Alema&#x0364;nner &#x017F;ich<lb/>
&#x017F;o viel mehr auszubreiten Lufft beka&#x0364;men. Nach<lb/>
dem er durch &#x017F;eine &#x017F;cheinbare Fu&#x0364;r&#x017F;chla&#x0364;ge den<lb/>
mei&#x017F;ten Adel auf &#x017F;eine Seite gebracht hatte; er-<lb/>
o&#x0364;ffnete er die&#x017F;en An&#x017F;chlag auch dem Ca&#x017F;ticus/<lb/>
welcher gleicher Ge&#x017F;talt unter Ariovi&#x017F;tens Bot-<lb/>
ma&#x0364;ßigkeit und nach der Sequani&#x017F;chen Herr-<lb/>
&#x017F;chafft &#x017F;eines Vaters &#x017F;euffzete. Hierauf brachte<lb/>
er es auch an des Divitiaks Bruder Dumno-<lb/>
rich/ der die ho&#x0364;ch&#x017F;te Wu&#x0364;rde bey den Heduern<lb/>
vertrat/ aber aus Begierde der Freyheit dem<lb/>
Ariovi&#x017F;t nicht hold/ denen Ro&#x0364;mern aber Spin-<lb/><cb/>
nen-feind war. Der Schein der Freyheit<lb/>
brachte alle drey un&#x017F;chwer in ein eydliches<lb/>
Bu&#x0364;ndniß; und die gro&#x017F;&#x017F;e Zuver&#x017F;icht zu ihren<lb/>
Kra&#x0364;fften verhieß ihnen in weniger Zeit die Be-<lb/>
her&#xA75B;&#x017F;chung des gantzen Galliens. Die&#x017F;es gro&#x017F;&#x017F;e<lb/>
Werck aber brach fu&#x0364;r der Zeit durch die unge-<lb/>
wo&#x0364;hnliche Zuru&#x0364;&#x017F;tung des Fu&#x0364;r&#x017F;ten Orgetorich/<lb/>
und hernach durch etliche Edelleute/ denen ihr<lb/>
Vaterland zu lieb war/ aus. Das Volck/ wel-<lb/>
ches lieber in Sicherheit gehor&#x017F;amen/ als aus<lb/>
Hartneckigkeit &#x017F;ich in Gefahr und Verterben<lb/>
&#x017F;tu&#x0364;rtzen wolte/ u&#x0364;berfiel den &#x017F;ichern Orgetorich<lb/>
unverhofft/ &#x017F;tellten ihn auch in Band und Ei&#x017F;en<lb/>
fu&#x0364;r ein Gerichte; das ihn als einen Aufwiegler<lb/>
und Sto&#x0364;rer der gemeinen Ruh zum Feuer<lb/>
verdammte. Er lag &#x017F;chon gebunden auf dem<lb/>
Holtz&#x017F;to&#x017F;&#x017F;e/ der Scharffrichter hielt &#x017F;chon die<lb/>
Fackel an den Zunder/ als mehr als tau&#x017F;end<lb/>
Mann zu&#x017F;ammen gerottetes/ und dem reichen<lb/>
Orgetorich aus Pflicht/ oder wegen geno&#x017F;&#x017F;ener<lb/>
Wolthaten zugethanes Volck herfu&#x0364;r brach/ die<lb/>
Nachrichter zer&#x017F;treute/ den Holtzhauffen von<lb/>
&#x017F;ammen rieß/ und den Verdammten aus dem<lb/>
Rachen der Flammen errettete. Die&#x017F;er Fre-<lb/>
vel aber ward von der Obrigkeit durch Hu&#x0364;lffe<lb/>
der Alemanni&#x017F;chen Be&#x017F;atzungen mit vielem<lb/>
Blute bald gerochen/ und Orgetorich deroge-<lb/>
&#x017F;talt ins Gedrange bracht: daß er ihm &#x017F;elb&#x017F;t mit<lb/>
Giffte vom Leben halff. Die Helvetier aber<lb/>
befanden in der Ho&#x0364;le/ darein er &#x017F;ich ver&#x017F;teckt<lb/>
hatte/ eine &#x017F;o bewegliche Betheuerung: wie er<lb/>
durch &#x017F;ein Vorhaben drey freye Vo&#x0364;lcker in den<lb/>
Glantz der alten Freyheit/ &#x017F;ich aber keines we-<lb/>
ges auf den ihm zugedachten Stul zu &#x017F;etzen an-<lb/>
gezielt ha&#x0364;tte: daß auf des Fu&#x0364;r&#x017F;ten Divico ver-<lb/>
nu&#x0364;nfftiges Einreden das ihn vorhin zu verbren-<lb/>
nen ent&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;ene Volck/ welches zwi&#x017F;chen eu&#x017F;-<lb/>
&#x017F;er&#x017F;ter Liebe und Haß kein Mittel weiß/ ihn<lb/>
nunmehr von dem Scheiter-Hauffen in Him-<lb/>
mel erhob; und des Orgetorichs Fu&#x0364;rhaben<lb/>
auszufu&#x0364;hren durch &#x017F;cha&#x0364;rff&#x017F;te Eyde &#x017F;ich ver-<lb/>
&#x017F;chwor/ ja viel tau&#x017F;end Rauraker/ und Tulin-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">ger</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[988[990]/1052] Siebendes Buch daß ſie ihn fuͤr ihr Oberhaupt erkennen mu- ſten. Wiewol nun die Helvetier unter dem Schirm des Fuͤrſten Arioviſts/ der ſich nun- mehr einen Koͤnig nennen ließ/ in gutem Wol- ſtande lebten/ ſo thaͤt es doch dem Adel weh: daß zu denen Aemptern meiſt Alemaͤnner befoͤrdert wurden. Sintemahl ins gemein zwar fremde Gewaͤchſe/ nicht aber auslaͤndiſche Befehlichs- haber angenehm ſind; und der Neid oder die Ungedult ſodenn der Vollkommenheit ſelbſt Maͤngel auszuſtellen weiß. Jnſonderheit fraß die Ehrſucht dem Fuͤrſten Orgetorich das Hertz aus; welchem die Thraͤnen uͤber die Backen lieffen/ ſo offt er ſeiner Vorfahren Bilder anſa- he/ und darmit ſich erinnerte: daß er zwar aus einem des Herrſchens gewohntem Hauſe ge- bohren waͤre/ nunmehr aber muͤſte gehorſamen lernen. Gleichwol aber hielt die groſſe Macht des Koͤnigs Arioviſts den Degen des Orgeto- richs in der Scheide; und veranlaſte ihn auff ein ander Mittel zu ſinnen: wie er das Hefft wieder in die Hand bekaͤme. Weil nun die A- lemaͤnner ſich taͤglich in Helvetien verſtaͤrckten/ und es ie laͤnger ie mehr gedraͤnger machten/ ſchlug er den Fuͤrnehmſten und Vertrauteſten vom Adel fuͤr/ ihnen einen neuen Sitz in dem fruchtbaren Gallien um den Fluß Garumna einzunehmen; welches aller Muthmaſſung nach Arioviſt nicht hindern/ ſondern vielmehr befoͤrdern wuͤrde/ wormit ſeine Alemaͤnner ſich ſo viel mehr auszubreiten Lufft bekaͤmen. Nach dem er durch ſeine ſcheinbare Fuͤrſchlaͤge den meiſten Adel auf ſeine Seite gebracht hatte; er- oͤffnete er dieſen Anſchlag auch dem Caſticus/ welcher gleicher Geſtalt unter Arioviſtens Bot- maͤßigkeit und nach der Sequaniſchen Herr- ſchafft ſeines Vaters ſeuffzete. Hierauf brachte er es auch an des Divitiaks Bruder Dumno- rich/ der die hoͤchſte Wuͤrde bey den Heduern vertrat/ aber aus Begierde der Freyheit dem Arioviſt nicht hold/ denen Roͤmern aber Spin- nen-feind war. Der Schein der Freyheit brachte alle drey unſchwer in ein eydliches Buͤndniß; und die groſſe Zuverſicht zu ihren Kraͤfften verhieß ihnen in weniger Zeit die Be- herꝛſchung des gantzen Galliens. Dieſes groſſe Werck aber brach fuͤr der Zeit durch die unge- woͤhnliche Zuruͤſtung des Fuͤrſten Orgetorich/ und hernach durch etliche Edelleute/ denen ihr Vaterland zu lieb war/ aus. Das Volck/ wel- ches lieber in Sicherheit gehorſamen/ als aus Hartneckigkeit ſich in Gefahr und Verterben ſtuͤrtzen wolte/ uͤberfiel den ſichern Orgetorich unverhofft/ ſtellten ihn auch in Band und Eiſen fuͤr ein Gerichte; das ihn als einen Aufwiegler und Stoͤrer der gemeinen Ruh zum Feuer verdammte. Er lag ſchon gebunden auf dem Holtzſtoſſe/ der Scharffrichter hielt ſchon die Fackel an den Zunder/ als mehr als tauſend Mann zuſammen gerottetes/ und dem reichen Orgetorich aus Pflicht/ oder wegen genoſſener Wolthaten zugethanes Volck herfuͤr brach/ die Nachrichter zerſtreute/ den Holtzhauffen von ſammen rieß/ und den Verdammten aus dem Rachen der Flammen errettete. Dieſer Fre- vel aber ward von der Obrigkeit durch Huͤlffe der Alemanniſchen Beſatzungen mit vielem Blute bald gerochen/ und Orgetorich deroge- ſtalt ins Gedrange bracht: daß er ihm ſelbſt mit Giffte vom Leben halff. Die Helvetier aber befanden in der Hoͤle/ darein er ſich verſteckt hatte/ eine ſo bewegliche Betheuerung: wie er durch ſein Vorhaben drey freye Voͤlcker in den Glantz der alten Freyheit/ ſich aber keines we- ges auf den ihm zugedachten Stul zu ſetzen an- gezielt haͤtte: daß auf des Fuͤrſten Divico ver- nuͤnfftiges Einreden das ihn vorhin zu verbren- nen entſchloſſene Volck/ welches zwiſchen euſ- ſerſter Liebe und Haß kein Mittel weiß/ ihn nunmehr von dem Scheiter-Hauffen in Him- mel erhob; und des Orgetorichs Fuͤrhaben auszufuͤhren durch ſchaͤrffſte Eyde ſich ver- ſchwor/ ja viel tauſend Rauraker/ und Tulin- ger

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/1052
Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 988[990]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/1052>, abgerufen am 22.11.2024.