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Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.

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Arminius und Thußnelda.
[Spaltenumbruch] ger unter dem Rhetischen Gebürge am Rhei-
ne/ wie auch fast alle um den Uhrsprung des
Rhodans wohnende Latobriger/ und endlich
zwey und zwantzig tausend derer wegen ihrer
Menge auswandernde Bojen mit in das
Bündniß zoh; also: daß ob wol dem Fürsten
Casticus/ und Dumnorich mit denen Sequa-
nern und Heduern zu den Helvetiern zu stossen
allerhand wichtige Hindernüße in Weg traten/
weder König Ariovist noch Hertzog Vocio diese
schwermende Völcker aufzuhalten/ sondern
vielmehr zu Beruhigung ihrer eroberten
Länder den Willen zu lassen schlüßig wurden.
Wie sie sich nun alle mit viel tausend Wagen/
Vieh und anderm Vorrathe bey den Städten
Sedun und Tarnada am Rhodan zu Ende des
Merzens versammlet/ und nach langer Bera-
thung: Ob sie über das Gebürge Jura durch
der Sequaner Land/ oder der denen Römern
noch nicht allerdinges holden Allobroger Ge-
biete/ über die denen Helvetiern ohne diß zuste-
hende Brücke zu Genf ihren Zug nehmen wol-
ten/ den letztern Weg als den leichsten erwehlt
hatten; eilte Julius Cäsar mit einer Legion und
vielen tausend denen Römern unterthänigen
Narbonensischen Galliern nach Genf/ brach
daselbst die Brücke ab/ um denen Helvetiern
den Weg zu verbeugen/ unter dem Scheine
zwar: daß er diesem feindlichen Volcke/ welches
den Bürgermeister Lucius Caßius durchs Joch
getrieben hatte/ nichts gutes zutrauen könte/ ie-
doch vielmehr aus Absehen/ durch Erwegung
eines schweren Krieges das Römische Kriegs-
Volck zu seinen Diensten zu bekommen. Die
Helvetier schickten alsbald den Fürsten Divi-
co zum Julius Cäsar/ beschwerten sich über Ab-
brechung ihrer eigenthümlichen Brücke/ und
baten zugleich um einen freyen Durchzug in
das Aquitanische Gallien/ mit Erbietung Geis-
sel zu geben: daß denen Römischen Untertha-
nen kein Huhn versehret/ sondern alles ums
Geld gekaufft werden solte. Der schlaue Cä-
[Spaltenumbruch] sar gab dem Divico ziemliche Vertröstung/ ie-
doch bat er Bedenck-Zeit auff zehen Tage/ in
welchen er von dem Lemannischen See/ biß an
das Ende des Berges Jura einen neunzehn
tausend Schritte langen/ sechzehn Füsse hohen
Wall mit einem tieffen Graben und vielen
Bollwercken aufführte/ hernach dem wieder-
kommenden und verhaßtem Gesandten Divi-
co/ als welcher der Tuguriner Heerführer bey
Erlegung des Caßius und Lucius Pisonius ge-
west war/ abschlägliche Antwort gab/ und den
Helvetiern die Spitze bot. Diese kehreten also-
fort ihre Deichsel gegen die Sequaner/ und
brachte es Orgetorich durch seinen Eydam
Dumnorich so weit: daß diese ihnen den Durch-
zug erlaubten. Wie nun die zwey und neun-
tzig tausend streitbare Helvetier/ welche mit
Weib und Kindern sich auff dreyhundert acht
und sechtzig tausend Menschen belieffen/ sich
langsam durch die steinerne Pforte des Berges
Jura durcharbeiteten/ setzte Cäsar den Labienus
über das Heer/ rennte in Jtalien/ zohe von A-
quileja bey der Stadt Ocelum an dem Flusse
Duria in den Cottischen Alpen fünff Legionen
an sich/ und kam mit selbten durch der mit denen
Helvetiern in guter Verträuligkeit stehender
Garoceler und Centroner Gebiete/ nach etli-
chen mit ihnen gehaltenen Treffen/ über die
Grajischen Alpen in sieben Tagen in der Ve-
contier und durch der Allobroger Land über den
Rhodan in das Segusianische Gebiete; als die
Helvetier gleich über den langsamen Fluß Atar
eine Brücke schlugen. Wie nun etliche dem
Divitiak zugethane und dem Dumnorich wie-
drige Heduer und Ambarrer/ die den Helveti-
ern sich wiedersetzt und daher Schaden erlitten
hatten/ bey Cäsarn sich beschwerten und Rache
baten; insonderheit Divitiak und Liscus schon
lange Zeit Cäsarn wieder die Helvetier und
Deutschen verhetzt hatten/ rückte er alsofort
gegen die Helvetier/ und überfiel mit drey Le-
gionen ihr vierdtes Theil/ nehmlich die Tugu-

riner/
J i i i i i 3

Arminius und Thußnelda.
[Spaltenumbruch] ger unter dem Rhetiſchen Gebuͤrge am Rhei-
ne/ wie auch faſt alle um den Uhrſprung des
Rhodans wohnende Latobriger/ und endlich
zwey und zwantzig tauſend derer wegen ihrer
Menge auswandernde Bojen mit in das
Buͤndniß zoh; alſo: daß ob wol dem Fuͤrſten
Caſticus/ und Dumnorich mit denen Sequa-
nern und Heduern zu den Helvetiern zu ſtoſſen
allerhand wichtige Hindernuͤße in Weg traten/
weder Koͤnig Arioviſt noch Hertzog Vocio dieſe
ſchwermende Voͤlcker aufzuhalten/ ſondern
vielmehr zu Beruhigung ihrer eroberten
Laͤnder den Willen zu laſſen ſchluͤßig wurden.
Wie ſie ſich nun alle mit viel tauſend Wagen/
Vieh und anderm Vorrathe bey den Staͤdten
Sedun und Tarnada am Rhodan zu Ende des
Merzens verſammlet/ und nach langer Bera-
thung: Ob ſie uͤber das Gebuͤrge Jura durch
der Sequaner Land/ oder der denen Roͤmern
noch nicht allerdinges holden Allobroger Ge-
biete/ uͤber die denen Helvetiern ohne diß zuſte-
hende Bruͤcke zu Genf ihren Zug nehmen wol-
ten/ den letztern Weg als den leichſten erwehlt
hatten; eilte Julius Caͤſar mit einer Legion und
vielen tauſend denen Roͤmern unterthaͤnigen
Narbonenſiſchen Galliern nach Genf/ brach
daſelbſt die Bruͤcke ab/ um denen Helvetiern
den Weg zu verbeugen/ unter dem Scheine
zwar: daß er dieſem feindlichen Volcke/ welches
den Buͤrgermeiſter Lucius Caßius durchs Joch
getrieben hatte/ nichts gutes zutrauen koͤnte/ ie-
doch vielmehr aus Abſehen/ durch Erwegung
eines ſchweren Krieges das Roͤmiſche Kriegs-
Volck zu ſeinen Dienſten zu bekommen. Die
Helvetier ſchickten alsbald den Fuͤrſten Divi-
co zum Julius Caͤſar/ beſchwerten ſich uͤber Ab-
brechung ihrer eigenthuͤmlichen Bruͤcke/ und
baten zugleich um einen freyen Durchzug in
das Aquitaniſche Gallien/ mit Erbietung Geiſ-
ſel zu geben: daß denen Roͤmiſchen Untertha-
nen kein Huhn verſehret/ ſondern alles ums
Geld gekaufft werden ſolte. Der ſchlaue Caͤ-
[Spaltenumbruch] ſar gab dem Divico ziemliche Vertroͤſtung/ ie-
doch bat er Bedenck-Zeit auff zehen Tage/ in
welchen er von dem Lemanniſchen See/ biß an
das Ende des Berges Jura einen neunzehn
tauſend Schritte langen/ ſechzehn Fuͤſſe hohen
Wall mit einem tieffen Graben und vielen
Bollwercken auffuͤhrte/ hernach dem wieder-
kommenden und verhaßtem Geſandten Divi-
co/ als welcher der Tuguriner Heerfuͤhrer bey
Erlegung des Caßius und Lucius Piſonius ge-
weſt war/ abſchlaͤgliche Antwort gab/ und den
Helvetiern die Spitze bot. Dieſe kehreten alſo-
fort ihre Deichſel gegen die Sequaner/ und
brachte es Orgetorich durch ſeinen Eydam
Dumnorich ſo weit: daß dieſe ihnen den Durch-
zug erlaubten. Wie nun die zwey und neun-
tzig tauſend ſtreitbare Helvetier/ welche mit
Weib und Kindern ſich auff dreyhundert acht
und ſechtzig tauſend Menſchen belieffen/ ſich
langſam durch die ſteinerne Pforte des Berges
Jura durcharbeiteten/ ſetzte Caͤſar den Labienus
uͤber das Heer/ rennte in Jtalien/ zohe von A-
quileja bey der Stadt Ocelum an dem Fluſſe
Duria in den Cottiſchen Alpen fuͤnff Legionen
an ſich/ und kam mit ſelbten durch der mit denen
Helvetiern in guter Vertraͤuligkeit ſtehender
Garoceler und Centroner Gebiete/ nach etli-
chen mit ihnen gehaltenen Treffen/ uͤber die
Grajiſchen Alpen in ſieben Tagen in der Ve-
contier und durch der Allobroger Land uͤber den
Rhodan in das Seguſianiſche Gebiete; als die
Helvetier gleich uͤber den langſamen Fluß Atar
eine Bruͤcke ſchlugen. Wie nun etliche dem
Divitiak zugethane und dem Dumnorich wie-
drige Heduer und Ambarrer/ die den Helveti-
ern ſich wiederſetzt und daher Schaden erlitten
hatten/ bey Caͤſarn ſich beſchwerten und Rache
baten; inſonderheit Divitiak und Liſcus ſchon
lange Zeit Caͤſarn wieder die Helvetier und
Deutſchen verhetzt hatten/ ruͤckte er alſofort
gegen die Helvetier/ und uͤberfiel mit drey Le-
gionen ihr vierdtes Theil/ nehmlich die Tugu-

riner/
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Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 989[991]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/1053>, abgerufen am 22.11.2024.