Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.Arminius und Thußnelda. [Spaltenumbruch]
sein Gebiete räumte/ ihm anders nicht als ei-nem Feinde begegnen; mit dessen Blute er in Rom viel Freundschafften erwerben und besie- geln würde. Welche Stadt ohne diß mehr seine nicht bürgerliche Gewalt einzuziehen/ als auf Erweiterung des Reiches vorzusinnen hät- te/ und wol verstünde: daß durch Vergrösserung ein Reich nicht allezeit mächtiger/ sondern wie ein Schiff durch übermäßige Grösse unbeweg- lich würde; und was man nicht umarmen kön- te/ schwer zu behalten wäre. Aber Cäsar hat- te hierzu taube Ohren/ und verfiel in die seltza- men Gedancken: daß weil Quintus Fabius lange für Ariovisten den Arverner und Rute- ner König Bituit geschlagen hätte; wäre den Römern für ihm ein Vorrecht über Gallien zugewachsen. Daher beyde mit grösserm Eyver von sammen schieden; und der Fürwand des Friedens sich in offenbaren Krieg erledigte. Gleichwol aber trauete Cäsar ihm nicht zu son- der Arglist mit Ariovisten anzubinden; sondern schickte auf Einrathen Divitiaks einen Fürsten des Narbonischen Galliens Cajus Valerius Procillus/ dessen Vater Cajus Valerius Ca- bur wegen Verkauffung seines Vaterlandes vom Cajus Valerius Flaccus das Römische Bürger-Recht erworben hatte/ und den Mar- cus Mettius/ welchem an Ariovistens Hofe grosse Ehre wiederfahren/ und der gleichsam für einen vom Hause gehalten worden war/ an Ariovisten ab/ zwar unter dem Vorwand einen Vertrag zu versuchen/ in Wahrheit aber Si- walden durch Divitiaks Schreiben/ darinnen er ihm für Verrathung seines Herren und Kö- niges seine Tochter zur Eh und Belohnung versprach; des Königs eigenen Bruder A- dolff aber/ durch Anreitzung Theudelindens/ Orgetorichs Tochter; welche um ihren Vater aus der Dienstbarkeit zu erretten/ in des geilen Julius Willen hatte willigen müssen/ zur Un- treue zu verleiten. Denn nach dem die Laster wie Ketten an einander hängen; oder ein boß- [Spaltenumbruch] haffter Mensch/ der einmahl in Fall gerathen/ sich selbst nicht mehr hemmen kan; so verlernete Theudelinde nach verl[o]hrner Keuschheit auch alle andere Tugenden; schrieb also dem Fürsten Adolff: Er solte nunmehr die Betheurung sei- ner unverfälschten Liebe im Wercke bezeugen; und nach dem zeither Ariovist der einige Ver- hinderer ihrer Vergnügung gewest wäre/ de- nen Römern den Sieg helffen zuspielen; als unter welcher Schatten sie ihrer süssen Liebe nicht ohne Glantz der Ehre würden genüßen können. Also ist die Geilheit eine rechte Zau- bergerthe der Circe/ welche die Menschen in grausamste Raub-Thiere verwandelt; und die Pforte zum Pfule aller andern Laster. Procillus und Mettius brachten den Heerführer Siwald durch seine blinde Liebe leicht in das Garn der Verrätherey; zu dem Fürsten Adolff aber lieff ein Helvetier über/ und berichtete ihn: daß Cä- sar mit der in Manns-Tracht dem Läger fol- genden Lisanue in einem Zelt schlieffe/ sich in ei- ner Sänffte tragen ließe/ und beyde wie Mann und Weib zusammen lebten. Uber diß hätte er von einem Phönicischen Kauffmann zu Maßilien für zwölff tausend Sestertier zwey Schnuren Perlen gekaufft/ derer eine er der Servilia seiner heimlichen Buhlschafft nach Rom geschickt/ die andere Theudelinden vereh- ret. Wie nun Procillus auch dem Fürsten A- dolff an Puls fühlete/ und bald von Lisanuen/ bald von der Gütigkeit Cäsars/ von Glückse- ligkeit der Römischen Bundgenossen/ viel zu sa- gen wuste/ der schlaue Adolff aber die Hefftig- keit seiner Liebe/ die Härte seines Bruders A- riovistens gegen ihm berührte/ um den Procil- lus desto mehr auszuholen/ überreichte er ihm ein Schreiben von Theudelinden; und nach dem dieser es ohne einige Veränderung des Gesichtes schier durchlesen hatte/ brach er un- vernünfftig heraus: Cäsar wäre entschlossen ihn zum Könige über die Alemänner zu machen; da er ihm zum Siege wieder Ariovisten verhelf- fen K k k k k k 2
Arminius und Thußnelda. [Spaltenumbruch]
ſein Gebiete raͤumte/ ihm anders nicht als ei-nem Feinde begegnen; mit deſſen Blute er in Rom viel Freundſchafften erwerben und beſie- geln wuͤrde. Welche Stadt ohne diß mehr ſeine nicht buͤrgerliche Gewalt einzuziehen/ als auf Erweiterung des Reiches vorzuſinnen haͤt- te/ und wol verſtuͤnde: daß durch Vergroͤſſerung ein Reich nicht allezeit maͤchtiger/ ſondern wie ein Schiff durch uͤbermaͤßige Groͤſſe unbeweg- lich wuͤrde; und was man nicht umarmen koͤn- te/ ſchwer zu behalten waͤre. Aber Caͤſar hat- te hierzu taube Ohren/ und verfiel in die ſeltza- men Gedancken: daß weil Quintus Fabius lange fuͤr Arioviſten den Arverner und Rute- ner Koͤnig Bituit geſchlagen haͤtte; waͤre den Roͤmern fuͤr ihm ein Vorrecht uͤber Gallien zugewachſen. Daher beyde mit groͤſſerm Eyver von ſammen ſchieden; und der Fuͤrwand des Friedens ſich in offenbaren Krieg erledigte. Gleichwol aber trauete Caͤſar ihm nicht zu ſon- der Argliſt mit Arioviſten anzubinden; ſondern ſchickte auf Einrathen Divitiaks einen Fuͤrſten des Narboniſchen Galliens Cajus Valerius Procillus/ deſſen Vater Cajus Valerius Ca- bur wegen Verkauffung ſeines Vaterlandes vom Cajus Valerius Flaccus das Roͤmiſche Buͤrger-Recht erworben hatte/ und den Mar- cus Mettius/ welchem an Arioviſtens Hofe groſſe Ehre wiederfahren/ und der gleichſam fuͤr einen vom Hauſe gehalten worden war/ an Arioviſten ab/ zwar unter dem Vorwand einen Vertrag zu verſuchen/ in Wahrheit aber Si- walden durch Divitiaks Schreiben/ darinnen er ihm fuͤr Verrathung ſeines Herꝛen und Koͤ- niges ſeine Tochter zur Eh und Belohnung verſprach; des Koͤnigs eigenen Bruder A- dolff aber/ durch Anreitzung Theudelindens/ Orgetorichs Tochter; welche um ihren Vater aus der Dienſtbarkeit zu erretten/ in des geilen Julius Willen hatte willigen muͤſſen/ zur Un- treue zu verleiten. Denn nach dem die Laſter wie Ketten an einander haͤngen; oder ein boß- [Spaltenumbruch] haffter Menſch/ der einmahl in Fall gerathen/ ſich ſelbſt nicht mehr hemmen kan; ſo verlernete Theudelinde nach verl[o]hrner Keuſchheit auch alle andere Tugenden; ſchrieb alſo dem Fuͤrſten Adolff: Er ſolte nunmehr die Betheurung ſei- ner unverfaͤlſchten Liebe im Wercke bezeugen; und nach dem zeither Arioviſt der einige Ver- hinderer ihrer Vergnuͤgung geweſt waͤre/ de- nen Roͤmern den Sieg helffen zuſpielen; als unter welcher Schatten ſie ihrer ſuͤſſen Liebe nicht ohne Glantz der Ehre wuͤrden genuͤßen koͤnnen. Alſo iſt die Geilheit eine rechte Zau- bergerthe der Circe/ welche die Menſchen in grauſamſte Raub-Thiere verwandelt; und die Pforte zum Pfule aller andern Laſteꝛ. Procillus und Mettius brachten den Heerfuͤhrer Siwald durch ſeine blinde Liebe leicht in das Garn der Verꝛaͤtherey; zu dem Fuͤrſten Adolff aber lieff ein Helvetier uͤber/ und berichtete ihn: daß Caͤ- ſar mit der in Manns-Tracht dem Laͤger fol- genden Liſanue in einem Zelt ſchlieffe/ ſich in ei- ner Saͤnffte tragen ließe/ und beyde wie Mann und Weib zuſammen lebten. Uber diß haͤtte er von einem Phoͤniciſchen Kauffmann zu Maßilien fuͤr zwoͤlff tauſend Seſtertier zwey Schnuren Perlen gekaufft/ derer eine er der Servilia ſeiner heimlichen Buhlſchafft nach Rom geſchickt/ die andere Theudelinden vereh- ret. Wie nun Procillus auch dem Fuͤrſten A- dolff an Puls fuͤhlete/ und bald von Liſanuen/ bald von der Guͤtigkeit Caͤſars/ von Gluͤckſe- ligkeit der Roͤmiſchen Bundgenoſſen/ viel zu ſa- gen wuſte/ der ſchlaue Adolff aber die Hefftig- keit ſeiner Liebe/ die Haͤrte ſeines Bruders A- rioviſtens gegen ihm beruͤhrte/ um den Procil- lus deſto mehr auszuholen/ uͤberreichte er ihm ein Schreiben von Theudelinden; und nach dem dieſer es ohne einige Veraͤnderung des Geſichtes ſchier durchleſen hatte/ brach er un- vernuͤnfftig heraus: Caͤſar waͤre entſchloſſen ihn zum Koͤnige uͤber die Alemaͤnner zu machen; da er ihm zum Siege wieder Arioviſten verhelf- fen K k k k k k 2
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Arminius und Thußnelda.
ſein Gebiete raͤumte/ ihm anders nicht als ei-
nem Feinde begegnen; mit deſſen Blute er in
Rom viel Freundſchafften erwerben und beſie-
geln wuͤrde. Welche Stadt ohne diß mehr
ſeine nicht buͤrgerliche Gewalt einzuziehen/ als
auf Erweiterung des Reiches vorzuſinnen haͤt-
te/ und wol verſtuͤnde: daß durch Vergroͤſſerung
ein Reich nicht allezeit maͤchtiger/ ſondern wie
ein Schiff durch uͤbermaͤßige Groͤſſe unbeweg-
lich wuͤrde; und was man nicht umarmen koͤn-
te/ ſchwer zu behalten waͤre. Aber Caͤſar hat-
te hierzu taube Ohren/ und verfiel in die ſeltza-
men Gedancken: daß weil Quintus Fabius
lange fuͤr Arioviſten den Arverner und Rute-
ner Koͤnig Bituit geſchlagen haͤtte; waͤre den
Roͤmern fuͤr ihm ein Vorrecht uͤber Gallien
zugewachſen. Daher beyde mit groͤſſerm Eyver
von ſammen ſchieden; und der Fuͤrwand des
Friedens ſich in offenbaren Krieg erledigte.
Gleichwol aber trauete Caͤſar ihm nicht zu ſon-
der Argliſt mit Arioviſten anzubinden; ſondern
ſchickte auf Einrathen Divitiaks einen Fuͤrſten
des Narboniſchen Galliens Cajus Valerius
Procillus/ deſſen Vater Cajus Valerius Ca-
bur wegen Verkauffung ſeines Vaterlandes
vom Cajus Valerius Flaccus das Roͤmiſche
Buͤrger-Recht erworben hatte/ und den Mar-
cus Mettius/ welchem an Arioviſtens Hofe
groſſe Ehre wiederfahren/ und der gleichſam
fuͤr einen vom Hauſe gehalten worden war/ an
Arioviſten ab/ zwar unter dem Vorwand einen
Vertrag zu verſuchen/ in Wahrheit aber Si-
walden durch Divitiaks Schreiben/ darinnen
er ihm fuͤr Verrathung ſeines Herꝛen und Koͤ-
niges ſeine Tochter zur Eh und Belohnung
verſprach; des Koͤnigs eigenen Bruder A-
dolff aber/ durch Anreitzung Theudelindens/
Orgetorichs Tochter; welche um ihren Vater
aus der Dienſtbarkeit zu erretten/ in des geilen
Julius Willen hatte willigen muͤſſen/ zur Un-
treue zu verleiten. Denn nach dem die Laſter
wie Ketten an einander haͤngen; oder ein boß-
haffter Menſch/ der einmahl in Fall gerathen/
ſich ſelbſt nicht mehr hemmen kan; ſo verlernete
Theudelinde nach verlohrner Keuſchheit auch
alle andere Tugenden; ſchrieb alſo dem Fuͤrſten
Adolff: Er ſolte nunmehr die Betheurung ſei-
ner unverfaͤlſchten Liebe im Wercke bezeugen;
und nach dem zeither Arioviſt der einige Ver-
hinderer ihrer Vergnuͤgung geweſt waͤre/ de-
nen Roͤmern den Sieg helffen zuſpielen; als
unter welcher Schatten ſie ihrer ſuͤſſen Liebe
nicht ohne Glantz der Ehre wuͤrden genuͤßen
koͤnnen. Alſo iſt die Geilheit eine rechte Zau-
bergerthe der Circe/ welche die Menſchen in
grauſamſte Raub-Thiere verwandelt; und die
Pforte zum Pfule aller andern Laſteꝛ. Procillus
und Mettius brachten den Heerfuͤhrer Siwald
durch ſeine blinde Liebe leicht in das Garn der
Verꝛaͤtherey; zu dem Fuͤrſten Adolff aber lieff
ein Helvetier uͤber/ und berichtete ihn: daß Caͤ-
ſar mit der in Manns-Tracht dem Laͤger fol-
genden Liſanue in einem Zelt ſchlieffe/ ſich in ei-
ner Saͤnffte tragen ließe/ und beyde wie Mann
und Weib zuſammen lebten. Uber diß haͤtte
er von einem Phoͤniciſchen Kauffmann zu
Maßilien fuͤr zwoͤlff tauſend Seſtertier zwey
Schnuren Perlen gekaufft/ derer eine er der
Servilia ſeiner heimlichen Buhlſchafft nach
Rom geſchickt/ die andere Theudelinden vereh-
ret. Wie nun Procillus auch dem Fuͤrſten A-
dolff an Puls fuͤhlete/ und bald von Liſanuen/
bald von der Guͤtigkeit Caͤſars/ von Gluͤckſe-
ligkeit der Roͤmiſchen Bundgenoſſen/ viel zu ſa-
gen wuſte/ der ſchlaue Adolff aber die Hefftig-
keit ſeiner Liebe/ die Haͤrte ſeines Bruders A-
rioviſtens gegen ihm beruͤhrte/ um den Procil-
lus deſto mehr auszuholen/ uͤberreichte er ihm
ein Schreiben von Theudelinden; und nach
dem dieſer es ohne einige Veraͤnderung des
Geſichtes ſchier durchleſen hatte/ brach er un-
vernuͤnfftig heraus: Caͤſar waͤre entſchloſſen
ihn zum Koͤnige uͤber die Alemaͤnner zu machen;
da er ihm zum Siege wieder Arioviſten verhelf-
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