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Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.

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Siebendes Buch
[Spaltenumbruch] Nariskische Gebürge. Ja endlich ward er
gantz wehrloß/ und in einem Schlosse belägert/
aber durch etliche Marckmänner verleitet: daß
er verkleidet in Knechtischer Tracht mit abge-
schnittenen Haaren sich zu dem Marckmänni-
schen Kriegs-Heere flüchtete/ und von dar sei-
nen Kriegs-Obersten Befehl zuschickte: daß sie
die noch übrigen Festungen dem Reichs-
Rathe abtreten solten. Mit welchen denn
auch das Hertzogliche Schwerdt/ das Sie-
gel und andere Kleinodien in ihre Hände
kamen/ und schimpflich zerbrochen wurden.
Denn so bald ein Fürst dem Volcke seine
Schwäche des Gemüthes zeiget/ giebt er ihm
Gewalt ihn zu beschimpffen. Britton hatte
zwar gemeint/ bey den Marckmännern sichere
Schutz-Flügel zu finden; er erblickte aber zeit-
lich ihre Klauen. Denn wie diese ihn bald
anfangs nicht viel besser als einen Gefangenen
hielten; also deuteten die Hermundurer seine
Flucht zu ihrer Verkleinerung aus/ und um
diese Schmach zu rächen/ brachten sie theils mit
Geschencken/ theils mit Dräuungen Brittons
Ausfolgung zu wege/ und ihren Fürsten ins
Gefängnüß. Bey welcher seltzamen Verän-
derung unschwer zu ermessen ist; was für Bit-
terkeit dieser grosse Fürst aus so herben Trach-
ten des Glückes zur Nahrung müsse an sich ge-
zogen haben. Denn Fürstliche Gemüther sind
eben so wenig/ als andere aus unempfindlichem
Kieselsteine; ja weil sie von Geburt viel zärter/
und ins gemein des Elendes ungewohnter sind/
ist unschwer zu ermessen: daß solche Gallen-
Träncke ihnen eine unver deuliche Speise seyn
müssen.

Marbod hatte durch diesen Krieg nunmehr
einen Uberfluß von Ruhm/ und eines seiner
Absehn/ nehmlich die Entwaffnung des so
mächtigen Fürsten erreichet. Allein es lagen
ihm noch zwey schwere Steine auff dem Her-
tzen. Denn weil der Ehrgeitz sich auch mit
demselben erlangten Würden-Maße nicht er-
[Spaltenumbruch] sättigt/ welches er doch nur anfangs in seinem
höchst unverschämten Wunsche angezielet hat-
te; insonderheit aber neben sich keinen seines
gleichen/ und über sich keinen höhern vertragen
kan; so saan Marbod Tag und Nacht den Feld-
Hauptmann Facksariff aus dem Sattel zu he-
ben/ und zu verhindern: daß Britton nicht al-
les/ was ihm der Reichs-Rath für mahlte/ un-
terschrieb/ und er hierdurch wo nicht die Ge-
walt/ doch den Schatten eines Fürsten erlang-
te; auf welches Facksariff zu zielen schien/ wor-
mit er im Wercke das Hefft in Händen behalten
möchte. Welches dem Facksariff so viel leich-
ter vorkam/ weil Fürst Patalin dem Hertzoge
Britton ohne diß für längst gerathen hatte: Er
solte alles/ was nur sein Volck verlangte/ wie
unrecht und schimpflich es auch schiene/ auf eine
Zeit eingehen. Denn hartnäckichte Gemüther
würden so wenig/ als kollernde Pferde durch ei-
nen Zaum und starckes Anhalten gebändigt/
sondern man müste beyden den Zügel schüssen
lassen. Und ein Feind/ der einem zu mächtig
wäre/ müste durch Ruh und Friede entkräfftet/
sein Kriegs-Volck durch Müßiggang und
Wollüste verzärtelt/ die Wiederspenstigen
durch Geschencke und Beförderung auff seine
Seite; die Verführten durch die beste Lehrmei-
sterin die Zeit zu rechte gebracht/ denen Bund-
genossen sich selbst zu zancken Lufft gemacht/ und
ihnen die Süßigkeit einer Fürstlichen Herr-
schafft gegen die Drangsal vieler Oberherren
gezeuget werden. Das gemeine Volck müste
man seine Hefftigkeit ausdampffen/ und ihre
erste Hitze abkühlen lassen. Denn es wäre wie
die Hirnßen beschaffen/ welche mit ihrem ersten
Stiche zugleich den Stachel einbüsten. Es wä-
re so leichtsinnig seinen Vorgänger zu verlas-
sen/ als seinem Verleiter vorher zu folgen. Es
bewegte sich von einem Athem wie das Meer
von einem kleinen Lüfftlein; und erstecke die/
welche sich ihm vertrauten. Also hätte August
den mächtigen Seeheld Sextus Pompejus

durch

Siebendes Buch
[Spaltenumbruch] Nariskiſche Gebuͤrge. Ja endlich ward er
gantz wehrloß/ und in einem Schloſſe belaͤgert/
aber durch etliche Marckmaͤnner verleitet: daß
er verkleidet in Knechtiſcher Tracht mit abge-
ſchnittenen Haaren ſich zu dem Marckmaͤnni-
ſchen Kriegs-Heere fluͤchtete/ und von dar ſei-
nen Kriegs-Oberſten Befehl zuſchickte: daß ſie
die noch uͤbrigen Feſtungen dem Reichs-
Rathe abtreten ſolten. Mit welchen denn
auch das Hertzogliche Schwerdt/ das Sie-
gel und andere Kleinodien in ihre Haͤnde
kamen/ und ſchimpflich zerbrochen wurden.
Denn ſo bald ein Fuͤrſt dem Volcke ſeine
Schwaͤche des Gemuͤthes zeiget/ giebt er ihm
Gewalt ihn zu beſchimpffen. Britton hatte
zwar gemeint/ bey den Marckmaͤnnern ſichere
Schutz-Fluͤgel zu finden; er erblickte aber zeit-
lich ihre Klauen. Denn wie dieſe ihn bald
anfangs nicht viel beſſer als einen Gefangenen
hielten; alſo deuteten die Hermundurer ſeine
Flucht zu ihrer Verkleinerung aus/ und um
dieſe Schmach zu raͤchen/ brachten ſie theils mit
Geſchencken/ theils mit Draͤuungen Brittons
Ausfolgung zu wege/ und ihren Fuͤrſten ins
Gefaͤngnuͤß. Bey welcher ſeltzamen Veraͤn-
derung unſchwer zu ermeſſen iſt; was fuͤr Bit-
terkeit dieſer groſſe Fuͤrſt aus ſo herben Trach-
ten des Gluͤckes zur Nahrung muͤſſe an ſich ge-
zogen haben. Denn Fuͤrſtliche Gemuͤther ſind
eben ſo wenig/ als andere aus unempfindlichem
Kieſelſteine; ja weil ſie von Geburt viel zaͤrter/
und ins gemein des Elendes ungewohnter ſind/
iſt unſchwer zu ermeſſen: daß ſolche Gallen-
Traͤncke ihnen eine unver deuliche Speiſe ſeyn
muͤſſen.

Marbod hatte durch dieſen Krieg nunmehr
einen Uberfluß von Ruhm/ und eines ſeiner
Abſehn/ nehmlich die Entwaffnung des ſo
maͤchtigen Fuͤrſten erreichet. Allein es lagen
ihm noch zwey ſchwere Steine auff dem Her-
tzen. Denn weil der Ehrgeitz ſich auch mit
demſelben erlangten Wuͤrden-Maße nicht er-
[Spaltenumbruch] ſaͤttigt/ welches er doch nur anfangs in ſeinem
hoͤchſt unverſchaͤmten Wunſche angezielet hat-
te; inſonderheit aber neben ſich keinen ſeines
gleichen/ und uͤber ſich keinen hoͤhern vertragen
kan; ſo ſaan Marbod Tag und Nacht den Feld-
Hauptmann Fackſariff aus dem Sattel zu he-
ben/ und zu verhindern: daß Britton nicht al-
les/ was ihm der Reichs-Rath fuͤr mahlte/ un-
terſchrieb/ und er hierdurch wo nicht die Ge-
walt/ doch den Schatten eines Fuͤrſten erlang-
te; auf welches Fackſariff zu zielen ſchien/ wor-
mit er im Wercke das Hefft in Haͤnden behalten
moͤchte. Welches dem Fackſariff ſo viel leich-
ter vorkam/ weil Fuͤrſt Patalin dem Hertzoge
Britton ohne diß fuͤr laͤngſt gerathen hatte: Er
ſolte alles/ was nur ſein Volck verlangte/ wie
unrecht und ſchimpflich es auch ſchiene/ auf eine
Zeit eingehen. Denn hartnaͤckichte Gemuͤther
wuͤrden ſo wenig/ als kollernde Pferde durch ei-
nen Zaum und ſtarckes Anhalten gebaͤndigt/
ſondern man muͤſte beyden den Zuͤgel ſchuͤſſen
laſſen. Und ein Feind/ der einem zu maͤchtig
waͤre/ muͤſte durch Ruh und Friede entkraͤfftet/
ſein Kriegs-Volck durch Muͤßiggang und
Wolluͤſte verzaͤrtelt/ die Wiederſpenſtigen
durch Geſchencke und Befoͤrderung auff ſeine
Seite; die Verfuͤhrten durch die beſte Lehrmei-
ſterin die Zeit zu rechte gebracht/ denen Bund-
genoſſen ſich ſelbſt zu zancken Lufft gemacht/ und
ihnen die Suͤßigkeit einer Fuͤrſtlichen Herꝛ-
ſchafft gegen die Drangſal vieler Oberherren
gezeuget werden. Das gemeine Volck muͤſte
man ſeine Hefftigkeit ausdampffen/ und ihre
erſte Hitze abkuͤhlen laſſen. Denn es waͤre wie
die Hirnßen beſchaffen/ welche mit ihrem erſten
Stiche zugleich den Stachel einbuͤſten. Es waͤ-
re ſo leichtſinnig ſeinen Vorgaͤnger zu verlaſ-
ſen/ als ſeinem Verleiter vorher zu folgen. Es
bewegte ſich von einem Athem wie das Meer
von einem kleinen Luͤfftlein; und erſtecke die/
welche ſich ihm vertrauten. Alſo haͤtte Auguſt
den maͤchtigen Seeheld Sextus Pompejus

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[1074[1076]/1138] Siebendes Buch Nariskiſche Gebuͤrge. Ja endlich ward er gantz wehrloß/ und in einem Schloſſe belaͤgert/ aber durch etliche Marckmaͤnner verleitet: daß er verkleidet in Knechtiſcher Tracht mit abge- ſchnittenen Haaren ſich zu dem Marckmaͤnni- ſchen Kriegs-Heere fluͤchtete/ und von dar ſei- nen Kriegs-Oberſten Befehl zuſchickte: daß ſie die noch uͤbrigen Feſtungen dem Reichs- Rathe abtreten ſolten. Mit welchen denn auch das Hertzogliche Schwerdt/ das Sie- gel und andere Kleinodien in ihre Haͤnde kamen/ und ſchimpflich zerbrochen wurden. Denn ſo bald ein Fuͤrſt dem Volcke ſeine Schwaͤche des Gemuͤthes zeiget/ giebt er ihm Gewalt ihn zu beſchimpffen. Britton hatte zwar gemeint/ bey den Marckmaͤnnern ſichere Schutz-Fluͤgel zu finden; er erblickte aber zeit- lich ihre Klauen. Denn wie dieſe ihn bald anfangs nicht viel beſſer als einen Gefangenen hielten; alſo deuteten die Hermundurer ſeine Flucht zu ihrer Verkleinerung aus/ und um dieſe Schmach zu raͤchen/ brachten ſie theils mit Geſchencken/ theils mit Draͤuungen Brittons Ausfolgung zu wege/ und ihren Fuͤrſten ins Gefaͤngnuͤß. Bey welcher ſeltzamen Veraͤn- derung unſchwer zu ermeſſen iſt; was fuͤr Bit- terkeit dieſer groſſe Fuͤrſt aus ſo herben Trach- ten des Gluͤckes zur Nahrung muͤſſe an ſich ge- zogen haben. Denn Fuͤrſtliche Gemuͤther ſind eben ſo wenig/ als andere aus unempfindlichem Kieſelſteine; ja weil ſie von Geburt viel zaͤrter/ und ins gemein des Elendes ungewohnter ſind/ iſt unſchwer zu ermeſſen: daß ſolche Gallen- Traͤncke ihnen eine unver deuliche Speiſe ſeyn muͤſſen. Marbod hatte durch dieſen Krieg nunmehr einen Uberfluß von Ruhm/ und eines ſeiner Abſehn/ nehmlich die Entwaffnung des ſo maͤchtigen Fuͤrſten erreichet. Allein es lagen ihm noch zwey ſchwere Steine auff dem Her- tzen. Denn weil der Ehrgeitz ſich auch mit demſelben erlangten Wuͤrden-Maße nicht er- ſaͤttigt/ welches er doch nur anfangs in ſeinem hoͤchſt unverſchaͤmten Wunſche angezielet hat- te; inſonderheit aber neben ſich keinen ſeines gleichen/ und uͤber ſich keinen hoͤhern vertragen kan; ſo ſaan Marbod Tag und Nacht den Feld- Hauptmann Fackſariff aus dem Sattel zu he- ben/ und zu verhindern: daß Britton nicht al- les/ was ihm der Reichs-Rath fuͤr mahlte/ un- terſchrieb/ und er hierdurch wo nicht die Ge- walt/ doch den Schatten eines Fuͤrſten erlang- te; auf welches Fackſariff zu zielen ſchien/ wor- mit er im Wercke das Hefft in Haͤnden behalten moͤchte. Welches dem Fackſariff ſo viel leich- ter vorkam/ weil Fuͤrſt Patalin dem Hertzoge Britton ohne diß fuͤr laͤngſt gerathen hatte: Er ſolte alles/ was nur ſein Volck verlangte/ wie unrecht und ſchimpflich es auch ſchiene/ auf eine Zeit eingehen. Denn hartnaͤckichte Gemuͤther wuͤrden ſo wenig/ als kollernde Pferde durch ei- nen Zaum und ſtarckes Anhalten gebaͤndigt/ ſondern man muͤſte beyden den Zuͤgel ſchuͤſſen laſſen. Und ein Feind/ der einem zu maͤchtig waͤre/ muͤſte durch Ruh und Friede entkraͤfftet/ ſein Kriegs-Volck durch Muͤßiggang und Wolluͤſte verzaͤrtelt/ die Wiederſpenſtigen durch Geſchencke und Befoͤrderung auff ſeine Seite; die Verfuͤhrten durch die beſte Lehrmei- ſterin die Zeit zu rechte gebracht/ denen Bund- genoſſen ſich ſelbſt zu zancken Lufft gemacht/ und ihnen die Suͤßigkeit einer Fuͤrſtlichen Herꝛ- ſchafft gegen die Drangſal vieler Oberherren gezeuget werden. Das gemeine Volck muͤſte man ſeine Hefftigkeit ausdampffen/ und ihre erſte Hitze abkuͤhlen laſſen. Denn es waͤre wie die Hirnßen beſchaffen/ welche mit ihrem erſten Stiche zugleich den Stachel einbuͤſten. Es waͤ- re ſo leichtſinnig ſeinen Vorgaͤnger zu verlaſ- ſen/ als ſeinem Verleiter vorher zu folgen. Es bewegte ſich von einem Athem wie das Meer von einem kleinen Luͤfftlein; und erſtecke die/ welche ſich ihm vertrauten. Alſo haͤtte Auguſt den maͤchtigen Seeheld Sextus Pompejus durch

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Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 1074[1076]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/1138>, abgerufen am 23.11.2024.