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Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.

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Siebendes Buch
[Spaltenumbruch] und blieben diesen Tag zwantzig tausend Bo-
jen/ und darunter der Kern des Bojischen A-
dels auf dem Platze; zehntausend wurden ge-
fangen; welche Marbod folgenden Tag auf et-
licher Kriegs Obersten Einrathen: daß denen/
welche ihren Eyd gebrochen/ nunmehr billich
die Hälse zu brechen wären/ alle hätte abschlach-
ten lassen; wenn nicht Lichtenstein ihn der Ario-
vistischen Lehren erinnert; Vannius ihm auch
eingehalten hätte: daß kein stärckerer Pfeiler
neuge gründeter Reiche/ als die Erbarmung ei-
nes Fürsten; und die Erhaltung eines über-
wundenen Feindes ein ewiges Beyspiel seiner
Großmüthigkeit wäre. Wiewol nun die er-
stern einwarffen: es wäre den meineydigen
Bojen nicht mehr zu trauen/ noch einem Für-
sten durch den Ruhm der Gnade Gefahr auff
den Hals zu ziehen; ließ sie Marbod doch leben;
die Todten aber beer digen. Den dritten Tag
rückte er ferner ins Land/ und bekam die Zei-
tung: daß seine zwey andere Heere unter dem
Nariskischen Gebürge die ihnen begegnenden
Bojen gleicher Gestalt zurück getrieben/ die
Alemänner und Heruder auch bereit die Stadt
Casurgis belägert hätten; sein ander Feld-
Hauptmann Lobkowitz schon an dem Mulden-
Strome oberhalb der Stadt Boviasmum stün-
de; allwo König Critasir seine eusserste Kräfften
des Reichs/ die Hülffs-Völcker der Semno-
ner versammlet hätte/ und in ein paar Tagen
dreyßig tausend Sarmater erwartete/ welche
über das Carpatische Gebürge/ und oberhalb
des Flusses Pathißus über die Donau gesetzt
hatten/ und mit denen Pannoniern und Nori-
chern denen Römern in Histrien eingefallen/
endlich nach abgedrungenem Frieden vom Ca-
jus Lucius unter dem Jnn biß an die Donau
getrieben/ und bey dieser Noth von Bojen zu
Hülffe gezogen worden wären. Marbod eil-
te deßwegen Tag und Nacht fort in Meynung
dieser Verstärckung zuvor zu kommen. Allein
weil die Muldau sehr angelauffen war/ und al-
[Spaltenumbruch] so das Fuß-Volck in Mangel der Schiffe nicht
übersetzen konte/ war die Vereinbarung der
Bojen/ Semnoner/ Sarmater/ ja auch zehn-
tausend Bastarner/ welche des hingerichteten
Brittons Wittib bey dem Könige ihrem Bru-
der aus gebeten hatte/ unmöglich zu verhindern.
Weil nun Critasir so vieler fremden Hülffs-
Völcker erste Hitze nicht wolte verrauchen/
noch auch seinem Lande eine solche Last lange
auf dem Halse lassen/ führte er durch die Stadt
Boviasmum auf den nahe darbey gelegenen
Berg hundert und zwantzig tausend über/ und
stellte sie in Schlacht-Ordnung. Marbod aber/
der sein ander Heer unter dem Lobkowitz erwar-
tete/ blieb in seinem Läger/ und ließ die Bojen
darum vergebens schwermen. Den dritten
Tag näherte sich Marbods anderes Heer/ wel-
ches er aber hinter einem Walde verdeckt ste-
hen/ von seiner Reuterey etliche mit Fleiß ge-
fangen nehmen/ und den Bojen weiß machen
ließ: daß sein Heer Noth an Lebens-Mitteln
liedte/ und er daher in weniger Zeit erhungern/
oder zurück ziehen/ oder schlagen müste. König
Critasir stellte deßhalben folgenden Morgen
sein Heer abermahls für Marbods Läger in
Schlacht-Ordnung; wie wol er um selbtes dem
Scheine nach viel kleiner zu machen/ ein gros-
ses Theil in der Stadt behielt/ und ein Theil
hinter dem Berge stehen ließ. Marbod führte
nunmehr seines auch ins Feld/ und ward zwey
Stunden in gleicher Wage gefochten; weß-
wegen Critasir seinen Hinterhalt auff beyden
Seiten anrücken/ Marbod aber mit allem
Fleiße seinen lincken Flügel Fuß für Fuß zurü-
cke weichen ließ; wormit die Bojen sich von der
Stadt Boviasmum entferneten. Hierauff
brach Lobkowitz mit der Helffte seines verborge-
nen Heeres durch den Wald herfür/ und setzte
sich harte für die Pforte der Stadt/ den Bojen
den Rückweg abzuschneiden. Mit der andern
Helffte des versteckten Heeres aber stellte sich
der Marckmännische Ritter Thurn an den

lincken

Siebendes Buch
[Spaltenumbruch] und blieben dieſen Tag zwantzig tauſend Bo-
jen/ und darunter der Kern des Bojiſchen A-
dels auf dem Platze; zehntauſend wurden ge-
fangen; welche Marbod folgenden Tag auf et-
licher Kriegs Oberſten Einrathen: daß denen/
welche ihren Eyd gebrochen/ nunmehr billich
die Haͤlſe zu brechen waͤren/ alle haͤtte abſchlach-
ten laſſen; wenn nicht Lichtenſtein ihn der Ario-
viſtiſchen Lehren erinnert; Vannius ihm auch
eingehalten haͤtte: daß kein ſtaͤrckerer Pfeiler
neuge gruͤndeter Reiche/ als die Erbarmung ei-
nes Fuͤrſten; und die Erhaltung eines uͤber-
wundenen Feindes ein ewiges Beyſpiel ſeiner
Großmuͤthigkeit waͤre. Wiewol nun die er-
ſtern einwarffen: es waͤre den meineydigen
Bojen nicht mehr zu trauen/ noch einem Fuͤr-
ſten durch den Ruhm der Gnade Gefahr auff
den Hals zu ziehen; ließ ſie Marbod doch leben;
die Todten aber beer digen. Den dritten Tag
ruͤckte er ferner ins Land/ und bekam die Zei-
tung: daß ſeine zwey andere Heere unter dem
Nariskiſchen Gebuͤrge die ihnen begegnenden
Bojen gleicher Geſtalt zuruͤck getrieben/ die
Alemaͤnner und Heruder auch bereit die Stadt
Caſurgis belaͤgert haͤtten; ſein ander Feld-
Hauptmann Lobkowitz ſchon an dem Mulden-
Strome oberhalb der Stadt Boviaſmum ſtuͤn-
de; allwo Koͤnig Critaſir ſeine euſſerſte Kraͤfften
des Reichs/ die Huͤlffs-Voͤlcker der Semno-
ner verſammlet haͤtte/ und in ein paar Tagen
dreyßig tauſend Sarmater erwartete/ welche
uͤber das Carpatiſche Gebuͤrge/ und oberhalb
des Fluſſes Pathißus uͤber die Donau geſetzt
hatten/ und mit denen Pannoniern und Nori-
chern denen Roͤmern in Hiſtrien eingefallen/
endlich nach abgedrungenem Frieden vom Ca-
jus Lucius unter dem Jnn biß an die Donau
getrieben/ und bey dieſer Noth von Bojen zu
Huͤlffe gezogen worden waͤren. Marbod eil-
te deßwegen Tag und Nacht fort in Meynung
dieſer Verſtaͤrckung zuvor zu kommen. Allein
weil die Muldau ſehr angelauffen war/ und al-
[Spaltenumbruch] ſo das Fuß-Volck in Mangel der Schiffe nicht
uͤberſetzen konte/ war die Vereinbarung der
Bojen/ Semnoner/ Sarmater/ ja auch zehn-
tauſend Baſtarner/ welche des hingerichteten
Brittons Wittib bey dem Koͤnige ihrem Bru-
der aus gebeten hatte/ unmoͤglich zu verhindern.
Weil nun Critaſir ſo vieler fremden Huͤlffs-
Voͤlcker erſte Hitze nicht wolte verrauchen/
noch auch ſeinem Lande eine ſolche Laſt lange
auf dem Halſe laſſen/ fuͤhrte er durch die Stadt
Boviaſmum auf den nahe darbey gelegenen
Berg hundert und zwantzig tauſend uͤber/ und
ſtellte ſie in Schlacht-Ordnung. Marbod aber/
der ſein ander Heer unter dem Lobkowitz erwar-
tete/ blieb in ſeinem Laͤger/ und ließ die Bojen
darum vergebens ſchwermen. Den dritten
Tag naͤherte ſich Marbods anderes Heer/ wel-
ches er aber hinter einem Walde verdeckt ſte-
hen/ von ſeiner Reuterey etliche mit Fleiß ge-
fangen nehmen/ und den Bojen weiß machen
ließ: daß ſein Heer Noth an Lebens-Mitteln
liedte/ und er daher in weniger Zeit erhungern/
oder zuruͤck ziehen/ oder ſchlagen muͤſte. Koͤnig
Critaſir ſtellte deßhalben folgenden Morgen
ſein Heer abermahls fuͤr Marbods Laͤger in
Schlacht-Ordnung; wie wol er um ſelbtes dem
Scheine nach viel kleiner zu machen/ ein groſ-
ſes Theil in der Stadt behielt/ und ein Theil
hinter dem Berge ſtehen ließ. Marbod fuͤhrte
nunmehr ſeines auch ins Feld/ und ward zwey
Stunden in gleicher Wage gefochten; weß-
wegen Critaſir ſeinen Hinterhalt auff beyden
Seiten anruͤcken/ Marbod aber mit allem
Fleiße ſeinen lincken Fluͤgel Fuß fuͤr Fuß zuruͤ-
cke weichen ließ; wormit die Bojen ſich von der
Stadt Boviaſmum entferneten. Hierauff
brach Lobkowitz mit der Helffte ſeines verborge-
nen Heeres durch den Wald herfuͤr/ und ſetzte
ſich harte fuͤr die Pforte der Stadt/ den Bojen
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der Marckmaͤnniſche Ritter Thurn an den

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Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 1136[1138]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/1200>, abgerufen am 23.11.2024.