Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.Achtes Buch [Spaltenumbruch]
und rühmlich zu sterben; wormit ihren Kin-dern an ihrem Fürstlichen Erbtheile nichts ab- gienge; ihrem Geschlechte nichts verkleinerli- ches zuwüchse; sondern/ was ihren Schnuren ehrlich/ und ihren Enckeln ein erfreuliches Ge- dächtnüs und Beyspiel seyn würde. Wiewol es nun bey denen Deutschen nicht nöthig ist: daß die Braut ihrem Bräutigam eine Mitgift zubringe/ so beschänckte sie ihn doch auch mit ei- nem schönen Pferde und einem mit Edelgestei- nen versetzten Schwerdte; welches beydes sie in der Schlacht einem Römischen Obersten ab- genommen hatte. Hiermit wurden die zum Opffer bestimmten Thiere herzu gebracht/ von den Opffer-Knechten mit dem aus der heiligen Höle flüssendem Wasser abgewaschen; Die A- dern und Eingeweide sorgfältig durchsucht; und alles auf eitel Gutes deutend befunden; endlich von der krachenden Flamme auf denen aus Ra- sen zusammen gesetzten Altären verbrennet; wel- che die zwey Verlobten selbst durch Anlegung vielen Wacholder-Holtzes/ und durch darein gegossenen Wein und Oel mehr lebhafft und verzehrend machten. Denn die Andacht schä- met sich nicht bey Verehrung des Fürsten aller Fürsten auch den niedrigsten Dienst zu vertre- ten. Als alles dieses vollbracht/ ward der Feld- herr und Thußnelde von den Priestern zu der heiligen Höle geführet; da sie denn der oberste Priester Libys beym Eingange aus dem ge- weihten Brunnen besprengte; hernach sie nie- der zu knien/ ihr Gebete zu verrichten/ und end- lich ihre Hände in einander zu schrencken erin- nerte. Diese band er mit einem von einem Sterbe-Kittel gemachten Bande zusammen; Gleich als wenn die ehliche Liebe auch mit dem Tode nicht verrauchen solte. Hierauff gürtete er Thußnelden ihren Gürtel loß; nahm ihr den Krantz ab/ und gab jenen dem Feldherrn in die Hände/ diesen aber setzte sie ihm auf das Haupt; Gleich als wenn er ihm hiemit die Gewalt über ihren Englischen Leib zueignete/ und die reinen [Spaltenumbruch] Blüthen ihrer keuschen Jungfrauschafft zu ge- nüssen erlaubte. Nach dem Libys auch auff seinem Antlitze für sie zwey inbrünstig gebetet hatte; segnete er sie/ goß eine Schale voll wol- rüchendes Wassers über ihre Scheiteln/ und wünschte: daß sie so viel Kinder und Kindes- Kinder zehlen möchten; als er aus selbigem Geschirre Tropffen giesse. Uber diesen Wor- ten erhob sich ein neues Wasser-Geräusche/ welches sich ie länger ie mehr vergrösserte; und endlich brach dem alten Quelle gegen über zwi- schen denen Steinfelsen ein neuer Brunn her- für/ welcher eines Armes dicke empor sprützte. Alle Anwesenden/ und selbst Libys wurden hier- über Wunders voll. Denn ob zwar zuweilen nach sich ereignenden Erdbeben/ welche die Felsen zerspalten/ oder die Adern anderwärti- ger Quelle verrücken/ oder auch/ wenn Wälder ausgerottet/ und dardurch die sonst in die Wur- tzeln gezogene Feuchtigkeit im Erdboden ver- sammlet wird/ neue Brunnen entspringen; wie sich fürnehmlich auf dem Gebürge Hämus ereignet/ als Cassander die Deutschen darauff belägerte; so wäre doch hier keine dieser Ursa- chen verhanden/ und es so viel nachdencklicher: daß dieses neue Quell eben über diesem heiligen Hochzeit-Feyer herfür bräche. Ob auch wol sonst die ungewöhnliche Ergüssung der Brun- nen ein Vorbote bevorstehenden Mißwachses seyn soll; so wahrsagte doch der Priester Libys denen Fürstlichen Verlobten: daß so lange die- ses neue Quell nicht versäugen würde; ihre Nachkommen und Geschlechte wachsen und blühen müsten. Nach vielen von dem Volcke ausgelassenem Frolocken wurden sie endlich in den Tanfanischen Tempel geführet; darin- nen die Barden an zwölff steinernen Pfeilern so viel Sinnbilder dem Feldherrn zu Ehren/ und zu Ausdrückung seiner hefftigen Liebe/ auf- gerichtet; alle Erfindungen aber vom Feuer genommen hatten; theils/ weil Hertzog Herr- mann in Fürstlichen Entschlüssungen allezeit eine
Achtes Buch [Spaltenumbruch]
und ruͤhmlich zu ſterben; wormit ihren Kin-dern an ihrem Fuͤrſtlichen Erbtheile nichts ab- gienge; ihrem Geſchlechte nichts verkleinerli- ches zuwuͤchſe; ſondern/ was ihren Schnuren ehrlich/ und ihren Enckeln ein erfreuliches Ge- daͤchtnuͤs und Beyſpiel ſeyn wuͤrde. Wiewol es nun bey denen Deutſchen nicht noͤthig iſt: daß die Braut ihrem Braͤutigam eine Mitgift zubringe/ ſo beſchaͤnckte ſie ihn doch auch mit ei- nem ſchoͤnen Pferde und einem mit Edelgeſtei- nen verſetzten Schwerdte; welches beydes ſie in der Schlacht einem Roͤmiſchen Oberſten ab- genommen hatte. Hiermit wurden die zum Opffer beſtimmten Thiere herzu gebracht/ von den Opffer-Knechten mit dem aus der heiligen Hoͤle fluͤſſendem Waſſer abgewaſchen; Die A- dern und Eingeweide ſorgfaͤltig durchſucht; und alles auf eitel Gutes deutend befunden; endlich von der krachenden Flamme auf denen aus Ra- ſen zuſammen geſetzten Altaͤꝛen verbꝛennet; wel- che die zwey Verlobten ſelbſt durch Anlegung vielen Wacholder-Holtzes/ und durch darein gegoſſenen Wein und Oel mehr lebhafft und verzehrend machten. Denn die Andacht ſchaͤ- met ſich nicht bey Verehrung des Fuͤrſten aller Fuͤrſten auch den niedrigſten Dienſt zu vertre- ten. Als alles dieſes vollbracht/ ward der Feld- herr und Thußnelde von den Prieſtern zu der heiligen Hoͤle gefuͤhret; da ſie denn der oberſte Prieſter Libys beym Eingange aus dem ge- weihten Brunnen beſprengte; hernach ſie nie- der zu knien/ ihr Gebete zu verrichten/ und end- lich ihre Haͤnde in einander zu ſchrencken erin- nerte. Dieſe band er mit einem von einem Sterbe-Kittel gemachten Bande zuſammen; Gleich als wenn die ehliche Liebe auch mit dem Tode nicht verrauchen ſolte. Hierauff guͤrtete er Thußnelden ihren Guͤrtel loß; nahm ihr den Krantz ab/ und gab jenen dem Feldherrn in die Haͤnde/ dieſen aber ſetzte ſie ihm auf das Haupt; Gleich als wenn er ihm hiemit die Gewalt uͤbeꝛ ihren Engliſchen Leib zueignete/ und die reinen [Spaltenumbruch] Bluͤthen ihrer keuſchen Jungfrauſchafft zu ge- nuͤſſen erlaubte. Nach dem Libys auch auff ſeinem Antlitze fuͤr ſie zwey inbruͤnſtig gebetet hatte; ſegnete er ſie/ goß eine Schale voll wol- ruͤchendes Waſſers uͤber ihre Scheiteln/ und wuͤnſchte: daß ſie ſo viel Kinder und Kindes- Kinder zehlen moͤchten; als er aus ſelbigem Geſchirre Tropffen gieſſe. Uber dieſen Wor- ten erhob ſich ein neues Waſſer-Geraͤuſche/ welches ſich ie laͤnger ie mehr vergroͤſſerte; und endlich brach dem alten Quelle gegen uͤber zwi- ſchen denen Steinfelſen ein neuer Brunn her- fuͤr/ welcher eines Armes dicke empor ſpruͤtzte. Alle Anweſenden/ und ſelbſt Libys wurden hier- uͤber Wunders voll. Denn ob zwar zuweilen nach ſich ereignenden Erdbeben/ welche die Felſen zerſpalten/ oder die Adern anderwaͤrti- ger Quelle verruͤcken/ oder auch/ wenn Waͤlder ausgerottet/ und dardurch die ſonſt in die Wur- tzeln gezogene Feuchtigkeit im Erdboden ver- ſammlet wird/ neue Brunnen entſpringen; wie ſich fuͤrnehmlich auf dem Gebuͤrge Haͤmus ereignet/ als Caſſander die Deutſchen darauff belaͤgerte; ſo waͤre doch hier keine dieſer Urſa- chen verhanden/ und es ſo viel nachdencklicher: daß dieſes neue Quell eben uͤber dieſem heiligen Hochzeit-Feyer herfuͤr braͤche. Ob auch wol ſonſt die ungewoͤhnliche Erguͤſſung der Brun- nen ein Vorbote bevorſtehenden Mißwachſes ſeyn ſoll; ſo wahrſagte doch der Prieſter Libys denen Fuͤrſtlichen Verlobten: daß ſo lange die- ſes neue Quell nicht verſaͤugen wuͤrde; ihre Nachkommen und Geſchlechte wachſen und bluͤhen muͤſten. Nach vielen von dem Volcke ausgelaſſenem Frolocken wurden ſie endlich in den Tanfaniſchen Tempel gefuͤhret; darin- nen die Barden an zwoͤlff ſteinernen Pfeilern ſo viel Sinnbilder dem Feldherrn zu Ehren/ und zu Ausdruͤckung ſeiner hefftigen Liebe/ auf- gerichtet; alle Erfindungen aber vom Feuer genommen hatten; theils/ weil Hertzog Herr- mann in Fuͤrſtlichen Entſchluͤſſungen allezeit eine
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Achtes Buch
und ruͤhmlich zu ſterben; wormit ihren Kin-
dern an ihrem Fuͤrſtlichen Erbtheile nichts ab-
gienge; ihrem Geſchlechte nichts verkleinerli-
ches zuwuͤchſe; ſondern/ was ihren Schnuren
ehrlich/ und ihren Enckeln ein erfreuliches Ge-
daͤchtnuͤs und Beyſpiel ſeyn wuͤrde. Wiewol
es nun bey denen Deutſchen nicht noͤthig iſt:
daß die Braut ihrem Braͤutigam eine Mitgift
zubringe/ ſo beſchaͤnckte ſie ihn doch auch mit ei-
nem ſchoͤnen Pferde und einem mit Edelgeſtei-
nen verſetzten Schwerdte; welches beydes ſie
in der Schlacht einem Roͤmiſchen Oberſten ab-
genommen hatte. Hiermit wurden die zum
Opffer beſtimmten Thiere herzu gebracht/ von
den Opffer-Knechten mit dem aus der heiligen
Hoͤle fluͤſſendem Waſſer abgewaſchen; Die A-
dern und Eingeweide ſorgfaͤltig durchſucht; und
alles auf eitel Gutes deutend befunden; endlich
von der krachenden Flamme auf denen aus Ra-
ſen zuſammen geſetzten Altaͤꝛen verbꝛennet; wel-
che die zwey Verlobten ſelbſt durch Anlegung
vielen Wacholder-Holtzes/ und durch darein
gegoſſenen Wein und Oel mehr lebhafft und
verzehrend machten. Denn die Andacht ſchaͤ-
met ſich nicht bey Verehrung des Fuͤrſten aller
Fuͤrſten auch den niedrigſten Dienſt zu vertre-
ten. Als alles dieſes vollbracht/ ward der Feld-
herr und Thußnelde von den Prieſtern zu der
heiligen Hoͤle gefuͤhret; da ſie denn der oberſte
Prieſter Libys beym Eingange aus dem ge-
weihten Brunnen beſprengte; hernach ſie nie-
der zu knien/ ihr Gebete zu verrichten/ und end-
lich ihre Haͤnde in einander zu ſchrencken erin-
nerte. Dieſe band er mit einem von einem
Sterbe-Kittel gemachten Bande zuſammen;
Gleich als wenn die ehliche Liebe auch mit dem
Tode nicht verrauchen ſolte. Hierauff guͤrtete
er Thußnelden ihren Guͤrtel loß; nahm ihr den
Krantz ab/ und gab jenen dem Feldherrn in die
Haͤnde/ dieſen aber ſetzte ſie ihm auf das Haupt;
Gleich als wenn er ihm hiemit die Gewalt uͤbeꝛ
ihren Engliſchen Leib zueignete/ und die reinen
Bluͤthen ihrer keuſchen Jungfrauſchafft zu ge-
nuͤſſen erlaubte. Nach dem Libys auch auff
ſeinem Antlitze fuͤr ſie zwey inbruͤnſtig gebetet
hatte; ſegnete er ſie/ goß eine Schale voll wol-
ruͤchendes Waſſers uͤber ihre Scheiteln/ und
wuͤnſchte: daß ſie ſo viel Kinder und Kindes-
Kinder zehlen moͤchten; als er aus ſelbigem
Geſchirre Tropffen gieſſe. Uber dieſen Wor-
ten erhob ſich ein neues Waſſer-Geraͤuſche/
welches ſich ie laͤnger ie mehr vergroͤſſerte; und
endlich brach dem alten Quelle gegen uͤber zwi-
ſchen denen Steinfelſen ein neuer Brunn her-
fuͤr/ welcher eines Armes dicke empor ſpruͤtzte.
Alle Anweſenden/ und ſelbſt Libys wurden hier-
uͤber Wunders voll. Denn ob zwar zuweilen
nach ſich ereignenden Erdbeben/ welche die
Felſen zerſpalten/ oder die Adern anderwaͤrti-
ger Quelle verruͤcken/ oder auch/ wenn Waͤlder
ausgerottet/ und dardurch die ſonſt in die Wur-
tzeln gezogene Feuchtigkeit im Erdboden ver-
ſammlet wird/ neue Brunnen entſpringen;
wie ſich fuͤrnehmlich auf dem Gebuͤrge Haͤmus
ereignet/ als Caſſander die Deutſchen darauff
belaͤgerte; ſo waͤre doch hier keine dieſer Urſa-
chen verhanden/ und es ſo viel nachdencklicher:
daß dieſes neue Quell eben uͤber dieſem heiligen
Hochzeit-Feyer herfuͤr braͤche. Ob auch wol
ſonſt die ungewoͤhnliche Erguͤſſung der Brun-
nen ein Vorbote bevorſtehenden Mißwachſes
ſeyn ſoll; ſo wahrſagte doch der Prieſter Libys
denen Fuͤrſtlichen Verlobten: daß ſo lange die-
ſes neue Quell nicht verſaͤugen wuͤrde; ihre
Nachkommen und Geſchlechte wachſen und
bluͤhen muͤſten. Nach vielen von dem Volcke
ausgelaſſenem Frolocken wurden ſie endlich
in den Tanfaniſchen Tempel gefuͤhret; darin-
nen die Barden an zwoͤlff ſteinernen Pfeilern
ſo viel Sinnbilder dem Feldherrn zu Ehren/
und zu Ausdruͤckung ſeiner hefftigen Liebe/ auf-
gerichtet; alle Erfindungen aber vom Feuer
genommen hatten; theils/ weil Hertzog Herr-
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