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Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.

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Achtes Buch
[Spaltenumbruch] ohne Zeit-Verlierung aus dem Wege geräu-
met werden solte. Der steinerne Fuß blieb
allein unversehrt/ und zeigete denen Anwesen-
den folgende Grabe-Schrifft der Unfrucht-
barkeit:

Der Liebe Mißgeburt/ die Mutter herber Pein/
Die Wehen ohne Kind/ und Affter-Bürden kriegt/
Das S[t]ieff-Kind der Natur/ der Stämme Wurmstich liegt
Durch eine heil'ge Glut allhier geäschert ein.
Denn kein gebrechlich Zwerg kan diesen Tag entweihn/
Da sich ein Hercules zu einer Göttin fügt/
Die ja die Liebe selbst auff ihren Brüsten wiegt/
Und aus den Augen streut nur fruchtbarn Sonnenschein.
Verwirff/ Thußnelde/ nun nicht diesen schlechten Rauch/
Vergnügt sich doch der Mohnd' an gelben Kühen auch/
Besämt ihr Silber-Horn gleich Himmel/ Erd und Meer.
Glück zu[!] ich sehe schon befruchtet Herrmanns Hauß.
Denn die Unfruchtbarkeit wird hier getilget aus/
Es kommt aus ihrer Asch' ein junger Fenix her.

Nach dem nun beyde Fürstliche Vermählte
an diesen Gedancken und Entwürffen der
Barden Augen und Gemüthe vergnüget; wur-
den sie auff zwey hocherhabene Stüle geleitet.
Sie hatten sich aber bey währendem anmuthi-
gen Gethöne der von denen Barden angestimm-
ten Lobgesänge kaum niedergelassen/ als sich
eine Cimbrische Wahrsagerin ihnen gegen über
stellte. Jhr um den Leib mit einem Ertztenen
Gürtel zusammen gezogenen Kleider waren
eben so wol/ als ihre flügenden Haare wegen
Alters schneeweiß; die Flüsse mit den Armen
aber gantz nackt. Dieser Art Weiber haben
ihren Nahmen von ihrer Uhrheberin Alironia/
pflegen die gefangenen Feinde abzuschlachten/
in den Schlachten auf ausgespannten Häuten
mit gewissen Klöppeln ein Geräusche zu ma-
chen/ und so wol aus denen Eingeweiden der
geschlachteten Thiere/ als andern Zufällen
künfftige Begebenheiten zu verkündigen. Die-
se Wahrsagerin hatte in der Hand eine aus Ertzt
gegossene Kugel; welche sie in das mitten im
Tempel brennende Hochzeit-Feuer warff/ und
so heiß werden ließ: daß sie bey nahe glüete/ und
[Spaltenumbruch] die Opffer - Knechte mit eisernen Zangen aus
denen glüenden Kohlen scharren musten. Sie
aber nahm diese Kugel und warf sie so geschwin-
de aus einer blaßen Hand in die ander: daß selbte
von der Hitze unversehrt blieben. Hiermit wen-
dete sie sich zugleich etliche hundert mahl auf der
Ferse ihres lincken Fußes in einen Kreiß her-
um; mit höchster Verwunderung der Zuschau-
er: daß ihr Haupt weder kringlicht ward/ noch
sie zu Bodem fiel. Am seltzamsten aber war: daß
sie endlich die Augen im Kopffe verdrehte/ und
gleichsam als entzückt sich gebehrdende/ mit ei-
ner durchdringenden und schwirrenden Stim-
me aber zu singen anfieng:

Nehm't eines neuen Quelles Lauff/
Der Aloe vor nie geseh'ne Blüthen/
Jhr Deutschen/ für kein Wunder auff!
Wenn alle Bäum' und Standen sich bemühten
Für Schleen Wein/ für schlechten Mah Jasmin/
Für Aepffel Gold/ für Laub Schmaragd/ für Obst Rubin/
Für Blumen Perl'n und Diamant zu bringen;
Wär' alles dieses Wachsthums Pracht
Ein Schatten gegen's Licht/ und eine düst're Nacht.
Weil eine einz'le Frucht allein/
Die über's Jahr uns wird Thußneld' ablegen/
Mehr Wunder ist/ und ein viel reicher Segen
Als Perlen/ Gold/ Jasmin/ Schmaragd und Wein.
Aus keinem Brunnen quillt auch so viel Wasser her/
Als Herrmann Wolthat wird auffs Vaterland ausströmen/
Kan doch ein Bürger auch des Volckes Heilbrunn seyn/
Gutthät'ge Fürsten aber sind ein unerschöpflich Meer.

Nach dem alle diese und andere zu der Ein-
weihung der Fürstlichen Vermählten gehörige
Verrichtungen vorbey waren; die Priester
auch in dem Tempel auff dem grossen Altare;
welches mit sieben und siebenzig aus Jung-
frauen-Wachse bereiteten Kertzen umsetzt stand/
ihre von angezündetem Weyrauch und Agstei-
ne bereitete Opffer verbracht hatten/ erhoben
sich die Vermählten von ihren Stülen; und
giengen in Begleitung der andern Fürsten aus
dem Tempel; an dessen Pforte sie der Priester
Libys mit abermaliger Besprengung aus dem
geweihten Brunnen/ und mit tausend Glücks-
Wünschen gesegnete.

Der

Achtes Buch
[Spaltenumbruch] ohne Zeit-Verlierung aus dem Wege geraͤu-
met werden ſolte. Der ſteinerne Fuß blieb
allein unverſehrt/ und zeigete denen Anweſen-
den folgende Grabe-Schrifft der Unfrucht-
barkeit:

Der Liebe Mißgeburt/ die Mutter herber Pein/
Die Wehen ohne Kind/ und Affter-Buͤrden kriegt/
Das S[t]ieff-Kind der Natur/ der Staͤmme Wurmſtich liegt
Durch eine heil’ge Glut allhier geaͤſchert ein.
Denn kein gebrechlich Zwerg kan dieſen Tag entweihn/
Da ſich ein Hercules zu einer Goͤttin fuͤgt/
Die ja die Liebe ſelbſt auff ihren Bruͤſten wiegt/
Und aus den Augen ſtreut nur fruchtbarn Sonnenſchein.
Verwirff/ Thußnelde/ nun nicht dieſen ſchlechten Rauch/
Vergnuͤgt ſich doch der Mohnd’ an gelben Kuͤhen auch/
Beſaͤmt ihr Silber-Horn gleich Himmel/ Erd und Meer.
Gluͤck zu[!] ich ſehe ſchon befruchtet Herrmanns Hauß.
Denn die Unfruchtbarkeit wird hier getilget aus/
Es kommt aus ihrer Aſch’ ein junger Fenix her.

Nach dem nun beyde Fuͤrſtliche Vermaͤhlte
an dieſen Gedancken und Entwuͤrffen der
Barden Augen und Gemuͤthe vergnuͤget; wur-
den ſie auff zwey hocherhabene Stuͤle geleitet.
Sie hatten ſich aber bey waͤhrendem anmuthi-
gen Gethoͤne der von denen Barden angeſtim̃-
ten Lobgeſaͤnge kaum niedergelaſſen/ als ſich
eine Cimbriſche Wahrſagerin ihnen gegen uͤber
ſtellte. Jhr um den Leib mit einem Ertztenen
Guͤrtel zuſammen gezogenen Kleider waren
eben ſo wol/ als ihre fluͤgenden Haare wegen
Alters ſchneeweiß; die Fluͤſſe mit den Armen
aber gantz nackt. Dieſer Art Weiber haben
ihren Nahmen von ihreꝛ Uhrheberin Alironia/
pflegen die gefangenen Feinde abzuſchlachten/
in den Schlachten auf ausgeſpannten Haͤuten
mit gewiſſen Kloͤppeln ein Geraͤuſche zu ma-
chen/ und ſo wol aus denen Eingeweiden der
geſchlachteten Thiere/ als andern Zufaͤllen
kuͤnfftige Begebenheiten zu verkuͤndigen. Die-
ſe Wahrſagerin hatte in der Hand eine aus Ertzt
gegoſſene Kugel; welche ſie in das mitten im
Tempel brennende Hochzeit-Feuer warff/ und
ſo heiß werden ließ: daß ſie bey nahe gluͤete/ und
[Spaltenumbruch] die Opffer - Knechte mit eiſernen Zangen aus
denen gluͤenden Kohlen ſcharren muſten. Sie
aber nahm dieſe Kugel und warf ſie ſo geſchwin-
de aus einer blaßen Hand in die andeꝛ: daß ſelbte
von der Hitze unverſehrt blieben. Hiermit wen-
dete ſie ſich zugleich etliche hundert mahl auf der
Ferſe ihres lincken Fußes in einen Kreiß her-
um; mit hoͤchſter Verwunderung der Zuſchau-
er: daß ihr Haupt weder kringlicht ward/ noch
ſie zu Bodem fiel. Am ſeltzamſten aber war: daß
ſie endlich die Augen im Kopffe verdrehte/ und
gleichſam als entzuͤckt ſich gebehrdende/ mit ei-
ner durchdringenden und ſchwirrenden Stim-
me aber zu ſingen anfieng:

Nehm’t eines neuen Quelles Lauff/
Der Aloe vor nie geſeh’ne Bluͤthen/
Jhr Deutſchen/ fuͤr kein Wunder auff!
Wenn alle Baͤum’ und Standen ſich bemuͤhten
Fuͤr Schleen Wein/ fuͤr ſchlechten Mah Jaſmin/
Fuͤr Aepffel Gold/ fuͤr Laub Schmaragd/ fuͤr Obſt Rubin/
Fuͤr Blumen Perl’n und Diamant zu bringen;
Waͤr’ alles dieſes Wachsthums Pracht
Ein Schatten gegen’s Licht/ und eine duͤſt’re Nacht.
Weil eine einz’le Frucht allein/
Die uͤber’s Jahr uns wird Thußneld’ ablegen/
Mehr Wunder iſt/ und ein viel reicher Segen
Als Perlen/ Gold/ Jaſmin/ Schmaragd und Wein.
Aus keinem Brunnen quillt auch ſo viel Waſſer her/
Als Herrmann Wolthat wird auffs Vaterland ausſtroͤmen/
Kan doch ein Buͤrger auch des Volckes Heilbrunn ſeyn/
Gutthaͤt’ge Fuͤrſten aber ſind ein unerſchoͤpflich Meer.

Nach dem alle dieſe und andere zu der Ein-
weihung der Fuͤrſtlichen Vermaͤhlten gehoͤrige
Verrichtungen vorbey waren; die Prieſter
auch in dem Tempel auff dem groſſen Altare;
welches mit ſieben und ſiebenzig aus Jung-
frauen-Wachſe bereiteten Kertzen umſetzt ſtand/
ihre von angezuͤndetem Weyrauch und Agſtei-
ne bereitete Opffer verbracht hatten/ erhoben
ſich die Vermaͤhlten von ihren Stuͤlen; und
giengen in Begleitung der andern Fuͤrſten aus
dem Tempel; an deſſen Pforte ſie der Prieſter
Libys mit abermaliger Beſprengung aus dem
geweihten Brunnen/ und mit tauſend Gluͤcks-
Wuͤnſchen geſegnete.

Der
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[1182[1184]/1248] Achtes Buch ohne Zeit-Verlierung aus dem Wege geraͤu- met werden ſolte. Der ſteinerne Fuß blieb allein unverſehrt/ und zeigete denen Anweſen- den folgende Grabe-Schrifft der Unfrucht- barkeit: Der Liebe Mißgeburt/ die Mutter herber Pein/ Die Wehen ohne Kind/ und Affter-Buͤrden kriegt/ Das Stieff-Kind der Natur/ der Staͤmme Wurmſtich liegt Durch eine heil’ge Glut allhier geaͤſchert ein. Denn kein gebrechlich Zwerg kan dieſen Tag entweihn/ Da ſich ein Hercules zu einer Goͤttin fuͤgt/ Die ja die Liebe ſelbſt auff ihren Bruͤſten wiegt/ Und aus den Augen ſtreut nur fruchtbarn Sonnenſchein. Verwirff/ Thußnelde/ nun nicht dieſen ſchlechten Rauch/ Vergnuͤgt ſich doch der Mohnd’ an gelben Kuͤhen auch/ Beſaͤmt ihr Silber-Horn gleich Himmel/ Erd und Meer. Gluͤck zu! ich ſehe ſchon befruchtet Herrmanns Hauß. Denn die Unfruchtbarkeit wird hier getilget aus/ Es kommt aus ihrer Aſch’ ein junger Fenix her. Nach dem nun beyde Fuͤrſtliche Vermaͤhlte an dieſen Gedancken und Entwuͤrffen der Barden Augen und Gemuͤthe vergnuͤget; wur- den ſie auff zwey hocherhabene Stuͤle geleitet. Sie hatten ſich aber bey waͤhrendem anmuthi- gen Gethoͤne der von denen Barden angeſtim̃- ten Lobgeſaͤnge kaum niedergelaſſen/ als ſich eine Cimbriſche Wahrſagerin ihnen gegen uͤber ſtellte. Jhr um den Leib mit einem Ertztenen Guͤrtel zuſammen gezogenen Kleider waren eben ſo wol/ als ihre fluͤgenden Haare wegen Alters ſchneeweiß; die Fluͤſſe mit den Armen aber gantz nackt. Dieſer Art Weiber haben ihren Nahmen von ihreꝛ Uhrheberin Alironia/ pflegen die gefangenen Feinde abzuſchlachten/ in den Schlachten auf ausgeſpannten Haͤuten mit gewiſſen Kloͤppeln ein Geraͤuſche zu ma- chen/ und ſo wol aus denen Eingeweiden der geſchlachteten Thiere/ als andern Zufaͤllen kuͤnfftige Begebenheiten zu verkuͤndigen. Die- ſe Wahrſagerin hatte in der Hand eine aus Ertzt gegoſſene Kugel; welche ſie in das mitten im Tempel brennende Hochzeit-Feuer warff/ und ſo heiß werden ließ: daß ſie bey nahe gluͤete/ und die Opffer - Knechte mit eiſernen Zangen aus denen gluͤenden Kohlen ſcharren muſten. Sie aber nahm dieſe Kugel und warf ſie ſo geſchwin- de aus einer blaßen Hand in die andeꝛ: daß ſelbte von der Hitze unverſehrt blieben. Hiermit wen- dete ſie ſich zugleich etliche hundert mahl auf der Ferſe ihres lincken Fußes in einen Kreiß her- um; mit hoͤchſter Verwunderung der Zuſchau- er: daß ihr Haupt weder kringlicht ward/ noch ſie zu Bodem fiel. Am ſeltzamſten aber war: daß ſie endlich die Augen im Kopffe verdrehte/ und gleichſam als entzuͤckt ſich gebehrdende/ mit ei- ner durchdringenden und ſchwirrenden Stim- me aber zu ſingen anfieng: Nehm’t eines neuen Quelles Lauff/ Der Aloe vor nie geſeh’ne Bluͤthen/ Jhr Deutſchen/ fuͤr kein Wunder auff! Wenn alle Baͤum’ und Standen ſich bemuͤhten Fuͤr Schleen Wein/ fuͤr ſchlechten Mah Jaſmin/ Fuͤr Aepffel Gold/ fuͤr Laub Schmaragd/ fuͤr Obſt Rubin/ Fuͤr Blumen Perl’n und Diamant zu bringen; Waͤr’ alles dieſes Wachsthums Pracht Ein Schatten gegen’s Licht/ und eine duͤſt’re Nacht. Weil eine einz’le Frucht allein/ Die uͤber’s Jahr uns wird Thußneld’ ablegen/ Mehr Wunder iſt/ und ein viel reicher Segen Als Perlen/ Gold/ Jaſmin/ Schmaragd und Wein. Aus keinem Brunnen quillt auch ſo viel Waſſer her/ Als Herrmann Wolthat wird auffs Vaterland ausſtroͤmen/ Kan doch ein Buͤrger auch des Volckes Heilbrunn ſeyn/ Gutthaͤt’ge Fuͤrſten aber ſind ein unerſchoͤpflich Meer. Nach dem alle dieſe und andere zu der Ein- weihung der Fuͤrſtlichen Vermaͤhlten gehoͤrige Verrichtungen vorbey waren; die Prieſter auch in dem Tempel auff dem groſſen Altare; welches mit ſieben und ſiebenzig aus Jung- frauen-Wachſe bereiteten Kertzen umſetzt ſtand/ ihre von angezuͤndetem Weyrauch und Agſtei- ne bereitete Opffer verbracht hatten/ erhoben ſich die Vermaͤhlten von ihren Stuͤlen; und giengen in Begleitung der andern Fuͤrſten aus dem Tempel; an deſſen Pforte ſie der Prieſter Libys mit abermaliger Beſprengung aus dem geweihten Brunnen/ und mit tauſend Gluͤcks- Wuͤnſchen geſegnete. Der

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Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 1182[1184]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/1248>, abgerufen am 23.11.2024.