Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.

Bild:
<< vorherige Seite

Achtes Buch
[Spaltenumbruch] Pracht/ als die Güte des reichen Dentschlan-
des rühmen musten. Zum Geträncke ward
zwar ein aus Gersten und Hopffen gekochtes
Bier/ ein aus Honig und Baumfrüchten ab-
gejohrner Meth; aber auch allerhand theils in
Gallien/ theils Pannonien/ theils so gar in den
Glücks-Eylanden gewachsener/ von denen
Friesen eingeführter Wein auffgesetzt; und
zum Theil aus Hörnern der Auer-Ochsen/
theils aus irrdenen Geschirren/ welche aus ei-
ner bey denen Marsingern unter dem Gebür-
ge auff zwey gähen Hügeln gegrabenen und
der Lemnischen gleichgeschätzten Erde geferti-
get werden/ auf Gesundheit der Vermählten
freudig herum getruncken. Hierunter wur-
den nun zwar vermenget etliche aus Berg-
Kristallen künstlich geschnittene; unterschiedene
Murrhinische oder von denen Serern gebacke-
ne; viel güldene mit kostbaren Edelgesteinen/
oder herrlich geetzte/ wie nichts minder aus gan-
tzen Jaspissen und Agathen ausgehölete
Trinck geschirre/ mit welchen der Kayser und
andere Grosse entweder den deutschen Feld-
Herrn beschencket; oder die Deutschen unter
dem Geräthe des Quintilius Varus/ von wel-
chem gantz Asien erschöpfft worden war/ zur
Beute bekommen hatte. Wiewol nun diesen
Geschirren bey denen Römern theils ihre Sel-
tzamkeit/ theils die Zerbrechligkeit einen un-
schätzbaren Werth beygelegt/ und das Gold be-
reitszu dem geringsten Beysatze gemacht hat-
te; so wurden diese doch denen Einländischen
irrdenen gar nicht fürgezogen; sondern selbte
meist nur zum Andencken derer vom Feldherrn
bey den Römern ausgeübten Helden-Thaten/
theils des letztern grossen Sieges wieder den
Varus aufgesetzt; und zwar diese Fürstliche
Taffel von eitel adelichen Jungfrauen bedie-
net; welche aber/ ob sie zwar nach der Landes-
Art grösten theils nackt/ und ihrer Schönheit
halber aller anderer Völcker Töchtern vorzu-
ziehen waren/ bey denen tugendhafften Deut-
[Spaltenumbruch] schen/ derer gute Sitten mehr/ als anderwerts
scharffe Gesetze Gutes stiffteten/ keine streitba-
re Regungen verursachten. Sintemahl doch
keine gewissere Unschuld zu finden ist; als wo
man von gewissen Lastern keine Wissenschafft
hat. Denn derselben Bekandtschafft klebt schon
ein so süchtiger Kitzel an: daß ihrer viel nicht so
wol aus Begierde sich zu vergnügen/ als aus
Vorwitze fremder Gebrechen Geschmack zu
erkundigen/ sich in den tieffsten Schlam ab-
scheulicher Boßheiten stürtzen; und durch an-
genommene böse Gewonheit auch aus der Bit-
terkeit beschwerlicher Sünden eine verzuckerte
Ergetzligkeit schöpffen. Zu geschweigen: daß
die gemeine Entblössung auch derselben weib-
lichen Gliedmassen; welche doch die Natur
gleichsam zu einer Rüst-Kammer der Liebe er-
kieset hat/ mehr eine Ursache des Eckels/ als ei-
nen Zunder der Begierden abgiebt. Sintemal
unsere verwehnte Zuneigung diese seltzame Art
an sich hat: daß sie den sich selbst anbietenden
Uberfluß verschmähet; an einer sich weigern-
den Vergnügligkeit aber sich nicht ersättigen
kan; also: daß der verliebte Jupiter so gar in
Ertzt zerschmiltzt/ um der verschlossenen Da-
nae zu genüssen.

Nach der um Mitternacht auffgehobenen
Taffel ward die Fürstin Thußnelde von hun-
dert edlen Jungfrauen in das Hertzogliche
Schlaff-Gemach geleitet; sie aber vorher un-
ter allerhand zierlichen Täntzen ihres Krantzes
beraubet/ und hernach gleichsam in die Hände
der Cattischen Hertzogin und anderer anwesen-
den Fürstinnen überlieffert; darauff in ein von
lauter Eysvogel-Federn gefülletes/ mit Gold
und Seiden herrlich aufgeputztes Bette beglei-
tet; und endlich dem über seinem Liebes Siege
nichts weniger als über dem erschlagenen Varus
freudigen Herrmann Raum gemacht/ der aller-
vollkommensten Früchte zu genüssen; welche
iemahls die Tugend von so reiner Keuschheit

und

Achtes Buch
[Spaltenumbruch] Pracht/ als die Guͤte des reichen Dentſchlan-
des ruͤhmen muſten. Zum Getraͤncke ward
zwar ein aus Gerſten und Hopffen gekochtes
Bier/ ein aus Honig und Baumfruͤchten ab-
gejohrner Meth; aber auch allerhand theils in
Gallien/ theils Pannonien/ theils ſo gar in den
Gluͤcks-Eylanden gewachſener/ von denen
Frieſen eingefuͤhrter Wein auffgeſetzt; und
zum Theil aus Hoͤrnern der Auer-Ochſen/
theils aus irrdenen Geſchirren/ welche aus ei-
ner bey denen Marſingern unter dem Gebuͤr-
ge auff zwey gaͤhen Huͤgeln gegrabenen und
der Lemniſchen gleichgeſchaͤtzten Erde geferti-
get werden/ auf Geſundheit der Vermaͤhlten
freudig herum getruncken. Hierunter wur-
den nun zwar vermenget etliche aus Berg-
Kriſtallen kuͤnſtlich geſchnittene; unterſchiedene
Murrhiniſche oder von denen Serern gebacke-
ne; viel guͤldene mit koſtbaren Edelgeſteinen/
oder herrlich geetzte/ wie nichts minder aus gan-
tzen Jaſpiſſen und Agathen ausgehoͤlete
Trinck geſchirre/ mit welchen der Kayſer und
andere Groſſe entweder den deutſchen Feld-
Herrn beſchencket; oder die Deutſchen unter
dem Geraͤthe des Quintilius Varus/ von wel-
chem gantz Aſien erſchoͤpfft worden war/ zur
Beute bekommen hatte. Wiewol nun dieſen
Geſchirren bey denen Roͤmern theils ihre Sel-
tzamkeit/ theils die Zerbrechligkeit einen un-
ſchaͤtzbaren Werth beygelegt/ und das Gold be-
reitszu dem geringſten Beyſatze gemacht hat-
te; ſo wurden dieſe doch denen Einlaͤndiſchen
irrdenen gar nicht fuͤrgezogen; ſondern ſelbte
meiſt nur zum Andencken derer vom Feldherrn
bey den Roͤmern ausgeuͤbten Helden-Thaten/
theils des letztern groſſen Sieges wieder den
Varus aufgeſetzt; und zwar dieſe Fuͤrſtliche
Taffel von eitel adelichen Jungfrauen bedie-
net; welche aber/ ob ſie zwar nach der Landes-
Art groͤſten theils nackt/ und ihrer Schoͤnheit
halber aller anderer Voͤlcker Toͤchtern vorzu-
ziehen waren/ bey denen tugendhafften Deut-
[Spaltenumbruch] ſchen/ derer gute Sitten mehr/ als anderwerts
ſcharffe Geſetze Gutes ſtiffteten/ keine ſtreitba-
re Regungen verurſachten. Sintemahl doch
keine gewiſſere Unſchuld zu finden iſt; als wo
man von gewiſſen Laſtern keine Wiſſenſchafft
hat. Denn derſelben Bekandtſchafft klebt ſchon
ein ſo ſuͤchtiger Kitzel an: daß ihrer viel nicht ſo
wol aus Begierde ſich zu vergnuͤgen/ als aus
Vorwitze fremder Gebrechen Geſchmack zu
erkundigen/ ſich in den tieffſten Schlam ab-
ſcheulicher Boßheiten ſtuͤrtzen; und durch an-
genommene boͤſe Gewonheit auch aus der Bit-
terkeit beſchwerlicher Suͤnden eine verzuckerte
Ergetzligkeit ſchoͤpffen. Zu geſchweigen: daß
die gemeine Entbloͤſſung auch derſelben weib-
lichen Gliedmaſſen; welche doch die Natur
gleichſam zu einer Ruͤſt-Kammer der Liebe er-
kieſet hat/ mehr eine Urſache des Eckels/ als ei-
nen Zunder der Begierden abgiebt. Sintemal
unſere verwehnte Zuneigung dieſe ſeltzame Art
an ſich hat: daß ſie den ſich ſelbſt anbietenden
Uberfluß verſchmaͤhet; an einer ſich weigern-
den Vergnuͤgligkeit aber ſich nicht erſaͤttigen
kan; alſo: daß der verliebte Jupiter ſo gar in
Ertzt zerſchmiltzt/ um der verſchloſſenen Da-
nae zu genuͤſſen.

Nach der um Mitternacht auffgehobenen
Taffel ward die Fuͤrſtin Thußnelde von hun-
dert edlen Jungfrauen in das Hertzogliche
Schlaff-Gemach geleitet; ſie aber vorher un-
ter allerhand zierlichen Taͤntzen ihres Krantzes
beraubet/ und hernach gleichſam in die Haͤnde
der Cattiſchen Hertzogin und anderer anweſen-
den Fuͤrſtinnen uͤberlieffert; darauff in ein von
lauter Eysvogel-Federn gefuͤlletes/ mit Gold
und Seiden herrlich aufgeputztes Bette beglei-
tet; und endlich dem uͤbeꝛ ſeinem Liebes Siege
nichts weniger als uͤber dem erſchlagenẽ Varus
freudigen Herrmañ Raum gemacht/ der aller-
vollkommenſten Fruͤchte zu genuͤſſen; welche
iemahls die Tugend von ſo reiner Keuſchheit

und
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f1250" n="1184[1186]"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Achtes Buch</hi></fw><lb/><cb/>
Pracht/ als die Gu&#x0364;te des reichen Dent&#x017F;chlan-<lb/>
des ru&#x0364;hmen mu&#x017F;ten. Zum Getra&#x0364;ncke ward<lb/>
zwar ein aus Ger&#x017F;ten und Hopffen gekochtes<lb/>
Bier/ ein aus Honig und Baumfru&#x0364;chten ab-<lb/>
gejohrner Meth; aber auch allerhand theils in<lb/>
Gallien/ theils Pannonien/ theils &#x017F;o gar in den<lb/>
Glu&#x0364;cks-Eylanden gewach&#x017F;ener/ von denen<lb/>
Frie&#x017F;en eingefu&#x0364;hrter Wein auffge&#x017F;etzt; und<lb/>
zum Theil aus Ho&#x0364;rnern der Auer-Och&#x017F;en/<lb/>
theils aus irrdenen Ge&#x017F;chirren/ welche aus ei-<lb/>
ner bey denen Mar&#x017F;ingern unter dem Gebu&#x0364;r-<lb/>
ge auff zwey ga&#x0364;hen Hu&#x0364;geln gegrabenen und<lb/>
der Lemni&#x017F;chen gleichge&#x017F;cha&#x0364;tzten Erde geferti-<lb/>
get werden/ auf Ge&#x017F;undheit der Verma&#x0364;hlten<lb/>
freudig herum getruncken. Hierunter wur-<lb/>
den nun zwar vermenget etliche aus Berg-<lb/>
Kri&#x017F;tallen ku&#x0364;n&#x017F;tlich ge&#x017F;chnittene; unter&#x017F;chiedene<lb/>
Murrhini&#x017F;che oder von denen Serern gebacke-<lb/>
ne; viel gu&#x0364;ldene mit ko&#x017F;tbaren Edelge&#x017F;teinen/<lb/>
oder herrlich geetzte/ wie nichts minder aus gan-<lb/>
tzen Ja&#x017F;pi&#x017F;&#x017F;en und Agathen ausgeho&#x0364;lete<lb/>
Trinck ge&#x017F;chirre/ mit welchen der Kay&#x017F;er und<lb/>
andere Gro&#x017F;&#x017F;e entweder den deut&#x017F;chen Feld-<lb/>
Herrn be&#x017F;chencket; oder die Deut&#x017F;chen unter<lb/>
dem Gera&#x0364;the des Quintilius Varus/ von wel-<lb/>
chem gantz A&#x017F;ien er&#x017F;cho&#x0364;pfft worden war/ zur<lb/>
Beute bekommen hatte. Wiewol nun die&#x017F;en<lb/>
Ge&#x017F;chirren bey denen Ro&#x0364;mern theils ihre Sel-<lb/>
tzamkeit/ theils die Zerbrechligkeit einen un-<lb/>
&#x017F;cha&#x0364;tzbaren Werth beygelegt/ und das Gold be-<lb/>
reitszu dem gering&#x017F;ten Bey&#x017F;atze gemacht hat-<lb/>
te; &#x017F;o wurden die&#x017F;e doch denen Einla&#x0364;ndi&#x017F;chen<lb/>
irrdenen gar nicht fu&#x0364;rgezogen; &#x017F;ondern &#x017F;elbte<lb/>
mei&#x017F;t nur zum Andencken derer vom Feldherrn<lb/>
bey den Ro&#x0364;mern ausgeu&#x0364;bten Helden-Thaten/<lb/>
theils des letztern gro&#x017F;&#x017F;en Sieges wieder den<lb/>
Varus aufge&#x017F;etzt; und zwar die&#x017F;e Fu&#x0364;r&#x017F;tliche<lb/>
Taffel von eitel adelichen Jungfrauen bedie-<lb/>
net; welche aber/ ob &#x017F;ie zwar nach der Landes-<lb/>
Art gro&#x0364;&#x017F;ten theils nackt/ und ihrer Scho&#x0364;nheit<lb/>
halber aller anderer Vo&#x0364;lcker To&#x0364;chtern vorzu-<lb/>
ziehen waren/ bey denen tugendhafften Deut-<lb/><cb/>
&#x017F;chen/ derer gute Sitten mehr/ als anderwerts<lb/>
&#x017F;charffe Ge&#x017F;etze Gutes &#x017F;tiffteten/ keine &#x017F;treitba-<lb/>
re Regungen verur&#x017F;achten. Sintemahl doch<lb/>
keine gewi&#x017F;&#x017F;ere Un&#x017F;chuld zu finden i&#x017F;t; als wo<lb/>
man von gewi&#x017F;&#x017F;en La&#x017F;tern keine Wi&#x017F;&#x017F;en&#x017F;chafft<lb/>
hat. Denn der&#x017F;elben Bekandt&#x017F;chafft klebt &#x017F;chon<lb/>
ein &#x017F;o &#x017F;u&#x0364;chtiger Kitzel an: daß ihrer viel nicht &#x017F;o<lb/>
wol aus Begierde &#x017F;ich zu vergnu&#x0364;gen/ als aus<lb/>
Vorwitze fremder Gebrechen Ge&#x017F;chmack zu<lb/>
erkundigen/ &#x017F;ich in den tieff&#x017F;ten Schlam ab-<lb/>
&#x017F;cheulicher Boßheiten &#x017F;tu&#x0364;rtzen; und durch an-<lb/>
genommene bo&#x0364;&#x017F;e Gewonheit auch aus der Bit-<lb/>
terkeit be&#x017F;chwerlicher Su&#x0364;nden eine verzuckerte<lb/>
Ergetzligkeit &#x017F;cho&#x0364;pffen. Zu ge&#x017F;chweigen: daß<lb/>
die gemeine Entblo&#x0364;&#x017F;&#x017F;ung auch der&#x017F;elben weib-<lb/>
lichen Gliedma&#x017F;&#x017F;en; welche doch die Natur<lb/>
gleich&#x017F;am zu einer Ru&#x0364;&#x017F;t-Kammer der Liebe er-<lb/>
kie&#x017F;et hat/ mehr eine Ur&#x017F;ache des Eckels/ als ei-<lb/>
nen Zunder der Begierden abgiebt. Sintemal<lb/>
un&#x017F;ere verwehnte Zuneigung die&#x017F;e &#x017F;eltzame Art<lb/>
an &#x017F;ich hat: daß &#x017F;ie den &#x017F;ich &#x017F;elb&#x017F;t anbietenden<lb/>
Uberfluß ver&#x017F;chma&#x0364;het; an einer &#x017F;ich weigern-<lb/>
den Vergnu&#x0364;gligkeit aber &#x017F;ich nicht er&#x017F;a&#x0364;ttigen<lb/>
kan; al&#x017F;o: daß der verliebte Jupiter &#x017F;o gar in<lb/>
Ertzt zer&#x017F;chmiltzt/ um der ver&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;enen Da-<lb/>
nae zu genu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en.</p><lb/>
          <p>Nach der um Mitternacht auffgehobenen<lb/>
Taffel ward die Fu&#x0364;r&#x017F;tin Thußnelde von hun-<lb/>
dert edlen Jungfrauen in das Hertzogliche<lb/>
Schlaff-Gemach geleitet; &#x017F;ie aber vorher un-<lb/>
ter allerhand zierlichen Ta&#x0364;ntzen ihres Krantzes<lb/>
beraubet/ und hernach gleich&#x017F;am in die Ha&#x0364;nde<lb/>
der Catti&#x017F;chen Hertzogin und anderer anwe&#x017F;en-<lb/>
den Fu&#x0364;r&#x017F;tinnen u&#x0364;berlieffert; darauff in ein von<lb/>
lauter Eysvogel-Federn gefu&#x0364;lletes/ mit Gold<lb/>
und Seiden herrlich aufgeputztes Bette beglei-<lb/>
tet; und endlich dem u&#x0364;be&#xA75B; &#x017F;einem Liebes Siege<lb/>
nichts weniger als u&#x0364;ber dem er&#x017F;chlagene&#x0303; Varus<lb/>
freudigen Herrman&#x0303; Raum gemacht/ der aller-<lb/>
vollkommen&#x017F;ten Fru&#x0364;chte zu genu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en; welche<lb/>
iemahls die Tugend von &#x017F;o reiner Keu&#x017F;chheit<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">und</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[1184[1186]/1250] Achtes Buch Pracht/ als die Guͤte des reichen Dentſchlan- des ruͤhmen muſten. Zum Getraͤncke ward zwar ein aus Gerſten und Hopffen gekochtes Bier/ ein aus Honig und Baumfruͤchten ab- gejohrner Meth; aber auch allerhand theils in Gallien/ theils Pannonien/ theils ſo gar in den Gluͤcks-Eylanden gewachſener/ von denen Frieſen eingefuͤhrter Wein auffgeſetzt; und zum Theil aus Hoͤrnern der Auer-Ochſen/ theils aus irrdenen Geſchirren/ welche aus ei- ner bey denen Marſingern unter dem Gebuͤr- ge auff zwey gaͤhen Huͤgeln gegrabenen und der Lemniſchen gleichgeſchaͤtzten Erde geferti- get werden/ auf Geſundheit der Vermaͤhlten freudig herum getruncken. Hierunter wur- den nun zwar vermenget etliche aus Berg- Kriſtallen kuͤnſtlich geſchnittene; unterſchiedene Murrhiniſche oder von denen Serern gebacke- ne; viel guͤldene mit koſtbaren Edelgeſteinen/ oder herrlich geetzte/ wie nichts minder aus gan- tzen Jaſpiſſen und Agathen ausgehoͤlete Trinck geſchirre/ mit welchen der Kayſer und andere Groſſe entweder den deutſchen Feld- Herrn beſchencket; oder die Deutſchen unter dem Geraͤthe des Quintilius Varus/ von wel- chem gantz Aſien erſchoͤpfft worden war/ zur Beute bekommen hatte. Wiewol nun dieſen Geſchirren bey denen Roͤmern theils ihre Sel- tzamkeit/ theils die Zerbrechligkeit einen un- ſchaͤtzbaren Werth beygelegt/ und das Gold be- reitszu dem geringſten Beyſatze gemacht hat- te; ſo wurden dieſe doch denen Einlaͤndiſchen irrdenen gar nicht fuͤrgezogen; ſondern ſelbte meiſt nur zum Andencken derer vom Feldherrn bey den Roͤmern ausgeuͤbten Helden-Thaten/ theils des letztern groſſen Sieges wieder den Varus aufgeſetzt; und zwar dieſe Fuͤrſtliche Taffel von eitel adelichen Jungfrauen bedie- net; welche aber/ ob ſie zwar nach der Landes- Art groͤſten theils nackt/ und ihrer Schoͤnheit halber aller anderer Voͤlcker Toͤchtern vorzu- ziehen waren/ bey denen tugendhafften Deut- ſchen/ derer gute Sitten mehr/ als anderwerts ſcharffe Geſetze Gutes ſtiffteten/ keine ſtreitba- re Regungen verurſachten. Sintemahl doch keine gewiſſere Unſchuld zu finden iſt; als wo man von gewiſſen Laſtern keine Wiſſenſchafft hat. Denn derſelben Bekandtſchafft klebt ſchon ein ſo ſuͤchtiger Kitzel an: daß ihrer viel nicht ſo wol aus Begierde ſich zu vergnuͤgen/ als aus Vorwitze fremder Gebrechen Geſchmack zu erkundigen/ ſich in den tieffſten Schlam ab- ſcheulicher Boßheiten ſtuͤrtzen; und durch an- genommene boͤſe Gewonheit auch aus der Bit- terkeit beſchwerlicher Suͤnden eine verzuckerte Ergetzligkeit ſchoͤpffen. Zu geſchweigen: daß die gemeine Entbloͤſſung auch derſelben weib- lichen Gliedmaſſen; welche doch die Natur gleichſam zu einer Ruͤſt-Kammer der Liebe er- kieſet hat/ mehr eine Urſache des Eckels/ als ei- nen Zunder der Begierden abgiebt. Sintemal unſere verwehnte Zuneigung dieſe ſeltzame Art an ſich hat: daß ſie den ſich ſelbſt anbietenden Uberfluß verſchmaͤhet; an einer ſich weigern- den Vergnuͤgligkeit aber ſich nicht erſaͤttigen kan; alſo: daß der verliebte Jupiter ſo gar in Ertzt zerſchmiltzt/ um der verſchloſſenen Da- nae zu genuͤſſen. Nach der um Mitternacht auffgehobenen Taffel ward die Fuͤrſtin Thußnelde von hun- dert edlen Jungfrauen in das Hertzogliche Schlaff-Gemach geleitet; ſie aber vorher un- ter allerhand zierlichen Taͤntzen ihres Krantzes beraubet/ und hernach gleichſam in die Haͤnde der Cattiſchen Hertzogin und anderer anweſen- den Fuͤrſtinnen uͤberlieffert; darauff in ein von lauter Eysvogel-Federn gefuͤlletes/ mit Gold und Seiden herrlich aufgeputztes Bette beglei- tet; und endlich dem uͤbeꝛ ſeinem Liebes Siege nichts weniger als uͤber dem erſchlagenẽ Varus freudigen Herrmañ Raum gemacht/ der aller- vollkommenſten Fruͤchte zu genuͤſſen; welche iemahls die Tugend von ſo reiner Keuſchheit und

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/1250
Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 1184[1186]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/1250>, abgerufen am 23.11.2024.