Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.Achtes Buch [Spaltenumbruch]
rentia zuletzt in einem grossen Saale das auff-gehenckte Bild der Juno mit zweyen an den Füssen hängenden Ambossen; hingegen des Jupiters aufgethröntes Bild fürstellete/ und die anwesenden Götter an einer güldenen Ket- te diesen Jupiter vom Himmel zu ziehen veran- laste/ für dißmahl Gelegenheit sich seiner zu ent- brechen bekam. Den vierdten Tag ergetzte Pola diese Götter-Gesell schafft auff dem Vor- werge Minervens. Sie ließ die Taffel in ei- nem wunderschönen Garten unter eitel Oel- Bäumen/ derer Blätter sie hatte die Helffte vergülden lassen/ anrichten. Die Speisen wur- den alle zu siebenen aufgetragenen; und keine ohne Oel und köstlichen Balsam zugerichtet. Die höchste Vergnügung aber brachte den Zu- schauern ein künstlicher Streit siebenmahl sie- ben auff Amazonisch gerüsteter Frauen-Zimmer; welche mit so viel Mohren sich zu Pferde und Fuße herum schlugen; und endlich ihren Krieg in einen künstlichen Pferde-Tantz verwandel- ten. August/ der sich zu Asblasten ans Ende eines Spatzierganges niedergelassen hatte/ setz- te ihr abermahls mit seinen Versuchungen zu; rühmte die Glückseligkeit der Amazonen; wel- che mit ihrer Liebe niemahls iemanden die Herrschafft über sich eingeräumt/ noch die Frey- heit sich an neuen Sternen zu erquicken bege- ben hätten. Asblaste hingegen schalt ihre un- gezähmte und dem weiblichen Geschlechte un- anständige Herrschenssucht; als welches ohne den Glantz ihrer Männer so wenig/ als der Mohnde ohne die Strahlen der Sonne Licht hätten. Sie schalt ihre Verwechselung der Liebhaber/ als eine blosse Geilheit; und daß die reine Liebe so wenig zweyerley Ziel/ als der Magnet ein anders Ende/ als die Nordspitze erkiesen; noch die Sonnenwende einem an- dern Gestirne/ als der Sonne nachsehen kön- te. Den fünfften Tag fuhren sie auf das Lust- Meere
Achtes Buch [Spaltenumbruch]
rentia zuletzt in einem groſſen Saale das auff-gehenckte Bild der Juno mit zweyen an den Fuͤſſen haͤngenden Amboſſen; hingegen des Jupiters aufgethroͤntes Bild fuͤrſtellete/ und die anweſenden Goͤtter an einer guͤldenen Ket- te dieſen Jupiter vom Himmel zu ziehen veran- laſte/ fuͤr dißmahl Gelegenheit ſich ſeiner zu ent- brechen bekam. Den vierdten Tag ergetzte Pola dieſe Goͤtter-Geſell ſchafft auff dem Vor- werge Minervens. Sie ließ die Taffel in ei- nem wunderſchoͤnen Garten unter eitel Oel- Baͤumen/ derer Blaͤtter ſie hatte die Helffte verguͤlden laſſen/ anrichten. Die Speiſen wur- den alle zu ſiebenen aufgetragenen; und keine ohne Oel und koͤſtlichen Balſam zugerichtet. Die hoͤchſte Vergnuͤgung aber brachte den Zu- ſchauern ein kuͤnſtlicher Streit ſiebenmahl ſie- ben auff Amazoniſch geruͤſteter Frauen-Zim̃er; welche mit ſo viel Mohren ſich zu Pferde und Fuße herum ſchlugen; und endlich ihren Krieg in einen kuͤnſtlichen Pferde-Tantz verwandel- ten. Auguſt/ der ſich zu Asblaſten ans Ende eines Spatzierganges niedergelaſſen hatte/ ſetz- te ihr abermahls mit ſeinen Verſuchungen zu; ruͤhmte die Gluͤckſeligkeit der Amazonen; wel- che mit ihrer Liebe niemahls iemanden die Herꝛſchafft uͤber ſich eingeraͤumt/ noch die Frey- heit ſich an neuen Sternen zu erquicken bege- ben haͤtten. Asblaſte hingegen ſchalt ihre un- gezaͤhmte und dem weiblichen Geſchlechte un- anſtaͤndige Herrſchensſucht; als welches ohne den Glantz ihrer Maͤnner ſo wenig/ als der Mohnde ohne die Strahlen der Sonne Licht haͤtten. Sie ſchalt ihre Verwechſelung der Liebhaber/ als eine bloſſe Geilheit; und daß die reine Liebe ſo wenig zweyerley Ziel/ als der Magnet ein anders Ende/ als die Nordſpitze erkieſen; noch die Sonnenwende einem an- dern Geſtirne/ als der Sonne nachſehen koͤn- te. Den fuͤnfften Tag fuhren ſie auf das Luſt- Meere
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Achtes Buch
rentia zuletzt in einem groſſen Saale das auff-
gehenckte Bild der Juno mit zweyen an den
Fuͤſſen haͤngenden Amboſſen; hingegen des
Jupiters aufgethroͤntes Bild fuͤrſtellete/ und
die anweſenden Goͤtter an einer guͤldenen Ket-
te dieſen Jupiter vom Himmel zu ziehen veran-
laſte/ fuͤr dißmahl Gelegenheit ſich ſeiner zu ent-
brechen bekam. Den vierdten Tag ergetzte
Pola dieſe Goͤtter-Geſell ſchafft auff dem Vor-
werge Minervens. Sie ließ die Taffel in ei-
nem wunderſchoͤnen Garten unter eitel Oel-
Baͤumen/ derer Blaͤtter ſie hatte die Helffte
verguͤlden laſſen/ anrichten. Die Speiſen wur-
den alle zu ſiebenen aufgetragenen; und keine
ohne Oel und koͤſtlichen Balſam zugerichtet.
Die hoͤchſte Vergnuͤgung aber brachte den Zu-
ſchauern ein kuͤnſtlicher Streit ſiebenmahl ſie-
ben auff Amazoniſch geruͤſteter Frauen-Zim̃er;
welche mit ſo viel Mohren ſich zu Pferde und
Fuße herum ſchlugen; und endlich ihren Krieg
in einen kuͤnſtlichen Pferde-Tantz verwandel-
ten. Auguſt/ der ſich zu Asblaſten ans Ende
eines Spatzierganges niedergelaſſen hatte/ ſetz-
te ihr abermahls mit ſeinen Verſuchungen zu;
ruͤhmte die Gluͤckſeligkeit der Amazonen; wel-
che mit ihrer Liebe niemahls iemanden die
Herꝛſchafft uͤber ſich eingeraͤumt/ noch die Frey-
heit ſich an neuen Sternen zu erquicken bege-
ben haͤtten. Asblaſte hingegen ſchalt ihre un-
gezaͤhmte und dem weiblichen Geſchlechte un-
anſtaͤndige Herrſchensſucht; als welches ohne
den Glantz ihrer Maͤnner ſo wenig/ als der
Mohnde ohne die Strahlen der Sonne Licht
haͤtten. Sie ſchalt ihre Verwechſelung der
Liebhaber/ als eine bloſſe Geilheit; und daß die
reine Liebe ſo wenig zweyerley Ziel/ als der
Magnet ein anders Ende/ als die Nordſpitze
erkieſen; noch die Sonnenwende einem an-
dern Geſtirne/ als der Sonne nachſehen koͤn-
te.
Den fuͤnfften Tag fuhren ſie auf das Luſt-
Hauß des Neptun; welches denen Sirenen-
Jnſeln gegen uͤber auf einem rings umher vom
Meere umſtroͤmten Stein-Felſen lag. Der als
ein Waſſer-Gott auffziehende Cajus fuhr die-
ſes mahl voran; und nach dem er mit ſeinem
Dreyzanck - Stabe ins Waſſer geſchlagen hat-
te/ kamen hinter denen Klippen eine Menge
Tritonen und Waſſer-Goͤtter herfuͤr/ und dem
Neptun entgegen geſchwummen. Als er noch
einmal ins Meer ſchlug/ ließ ſich ſeine Gemah-
lin Amphitrite ſehen. Sie fuhr auff einer groſ-
ſen Purper - Muſchel; welche auswendig/ ſo
weit ſie das Waſſer nicht deckte/ mit Schilffe/
Mooß und Korallen-Zincken bewachſen war;
und von zweyen abgerichteten Delfinen gezo-
gen ward. Jhr folgten zwoͤlff guͤldene Nachen
mit purpernen Segeln/ und ſilbernen Rudern;
auf derer iedem zwey Waſſer-Nymphen die
Schiffarth beſtellten. So bald dieſe ans Ufer
ſich naͤherten/ neigte ſich Amphitrite gegen de-
nen zwoͤlff Goͤttern; Die Delfinen wendeten
ſich gleich um; die Nymfen aber noͤthigten die
Goͤtter in ihre Nachen und fuͤhrten ſie zwiſchen
dem Gethoͤne der umher ſchwimmenden Tri-
tonen auff den Steinfelß; da ſie denn allererſt
Amphitrite bewillkommte. Weil ſie noch am
Ufer ſtanden/ erſchien Glaucus/ und hatte wol
dreyhundert theils mit Netzen/ theils Angeln/
theils Wurff-Spieſſen ausgeruͤſtete Fiſcher
hinter ſich; welche in einem Augenblicke durch
allerley Arten nicht nur eine groſſe Menge/
ſondern auch die ſeltzamſten und ſonſt in dieſem
Meere nicht zu fangen gewoͤhnliche Fiſche de-
nen Zuſchauern fuͤr ihre Fuͤſſe liefferten; alſo:
daß diß mehr einer Zauberey als einem Fiſch-
fange aͤhnlich war. Es hatte aber Cajus all-
hier zwiſchen der Ziegen-Jnſel und dieſem Fel-
ſen das kaum zwoͤlff Schuh tieffe Meer mit
Netzen genau beſetzen/ und in dieſes Gefaͤng-
nuͤs alle anderwerts hergebrachte Fiſche ein-
ſperren laſſen. Die Taffel war oben auff der
Spitze des Felſen/ und alſo mitten im Meer
gehalten; und zwar nichts/ als was aus dem
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