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Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.

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Arminius und Thußnelda.
[Spaltenumbruch] schändliche Verstellung des weiblichen Ge-
schlechtes die sonst trostlose Ceres zu Elevsis er-
freuet haben soll/ entblösseten/ theils das abscheu-
liche Bild des Mutinus; in welches bey den
unzüchtigen Römern die Bräute für ihrer Ver-
mählung künftiger Fruchtbarkeit wegen gesetzt
werden; herum zur Schaue trugen. Die keu-
sche Asblaste entsetzte sich über dem ersten An-
blicke dieses schandbaren Aufzugs; und suchte
die Einsamkeit der finstersten Neben-Höle/ um
auch nicht durch die Augen ihre reine Seele zu
besudeln. Gleichwol waren die Ohren ver-
drüßliche Bothen der in so finsterer Verwir-
rung fürgehender Uppigkeit; welche nicht un-
billich in diese höllische Grufft verdammt war;
weil sie das Tage - Licht zu genüssen nicht
verdiente. Alleine die tugendhaffte Asblaste
blieb in ihrer gesuchten Einsamkeit nicht unbe-
leidigt. Denn das an ihrer Stirne vergessene
Band von gläntzenden Edelsteinen ward ihr
endlich zum Verräther/ und dem nach ihr lech-
senden August zum Wegweiser. Welcher denn
anfangs mit allem ersinnlichen Liebkosen/ und
den grösten Versprechungen an ihre Keuschheit
setzte; fürnemlich aber die wieder der Fürstin As-
blaste ausgelassene Verschmähung so heßliche
Laster darmit zu beschönen vermeinte: daß die
Götter bey dem Elevsinischen Feyer denen Ge-
brechen der Menschen und so schönen Sünden
durch die Finger sehen; welche ohne diß mehr/
als denen vollkommensten Leuten anhängende
Schwachheiten zu übersehen/ denn als Laster zu
bestraffen wären. Asblaste aber setzte ihm mit ei-
ner ernsthafften Hefftigkeit entgegen: Gott wä-
re allezeit und allenthalben ein keuscher Geist;
und ein gerechter Rächer der Mißhandlungen;
kein grösser Kirchen-Raub aber wäre/ als wenn
man einem Gottesdienste diß Heiligthum näh-
me; und mit der Andacht die schändlichsten La-
ster überfirnste. Tugenden wären so reine Per-
len/ welche keinen schlimmen Beysatz der Geil-
heit vertrügen. Sie vermählten sich niemahls/
[Spaltenumbruch] als mit ihres gleichen. Ja wenn nur eine wurm-
stichig würde; so würden sie alle anbrüchig. Da-
her sollte der Kayser seinen bey der Welt erwor-
benen Ruhm; noch auch ihre Seele mit diesem
Schandflecke nicht besudeln; sondern vielmehr
feste glauben: daß ein so kaltsinniger Gottes-
dienst dem Gewissen hernach den Schweiß
heraus triebe/ und der beleidigte GOtt seine
Rache zwar anstehen liesse/ aber niemahls ver-
gässe. Ja wenn auch weder GOtt/ noch Straffe
des Bösen wären; solte der Kayser sich dieser
Schmach entschlagen. Denn alle andere Laster
hätten an sich was männliches; Dieses aber wä-
re durchaus weibisch/ oder vielmehr gar viehisch.
Allein weil die Begierden nicht nur die mensch-
liche Vernunfft bethören; sondern auch die al-
len Thieren gemeine Sinnen rauben; predig-
te Asblaste einem Tauben. Ja weil die Be-
gierde bey leicht genoßbaren Dingen verrau-
chet; gegen denen aber/ die schwer zu erlangen
sind/ auffs hefftigste sich entzündet; gerieth Au-
gust in Raserey: daß er Asblasten zu küssen un-
terfieng. Welches Asblasten so sehr aufbrachte:
daß sie Augusten von sich stieß; und ihm unter
Augen sagte: das Glücke hätte ihm zwar über
ihr Leben/ der Himmel ihm aber keines Weges
über ihre Keuschheit eine Botmäßigkeit einge-
räumt. Daher möchte er nur lieber ihr einen
gewaltsamen Tod verordnen; als durch solche
Zumuthungen das innerste ihrer Seele tödten/
und die köstlichste Uberbleibung ihres Besitz-
thums/ nehmlich die Ehre rauben. August/
welcher ungewohnt war: daß ihm einiger
Mensch etwas abschlüge/ weniger ihm seine
Meinung so hertzhafft und mit einer tugend-
hafften Entrüstung unter Augen sagte; erstarr-
te über dieser Begegnung; und lernte nunmehr:
daß die Lilgen der Keuschheit keine bloß in der
Schneefarbe bestehende Blume ohne Waffen/
sondern vielmehr eine Rose wäre; welche zwar
verschämt/ aber auch mit Dornen ausgerüstet
stünde; und ob zwar ihre Feinde sie meist nur

mit
Erster Theil. N n n n n n n

Arminius und Thußnelda.
[Spaltenumbruch] ſchaͤndliche Verſtellung des weiblichen Ge-
ſchlechtes die ſonſt troſtloſe Ceres zu Elevſis er-
freuet haben ſoll/ entbloͤſſeten/ theils das abſcheu-
liche Bild des Mutinus; in welches bey den
unzuͤchtigen Roͤmern die Braͤute fuͤr ihrer Ver-
maͤhlung kuͤnftiger Fruchtbarkeit wegen geſetzt
werden; herum zur Schaue trugen. Die keu-
ſche Asblaſte entſetzte ſich uͤber dem erſten An-
blicke dieſes ſchandbaren Aufzugs; und ſuchte
die Einſamkeit der finſterſten Neben-Hoͤle/ um
auch nicht durch die Augen ihre reine Seele zu
beſudeln. Gleichwol waren die Ohren ver-
druͤßliche Bothen der in ſo finſterer Verwir-
rung fuͤrgehender Uppigkeit; welche nicht un-
billich in dieſe hoͤlliſche Grufft verdammt war;
weil ſie das Tage - Licht zu genuͤſſen nicht
verdiente. Alleine die tugendhaffte Asblaſte
blieb in ihrer geſuchten Einſamkeit nicht unbe-
leidigt. Denn das an ihrer Stirne vergeſſene
Band von glaͤntzenden Edelſteinen ward ihr
endlich zum Verraͤther/ und dem nach ihr lech-
ſenden Auguſt zum Wegweiſer. Welcher denn
anfangs mit allem erſinnlichen Liebkoſen/ und
den groͤſten Verſprechungen an ihre Keuſchheit
ſetzte; fuͤrnemlich aber die wieder der Fuͤrſtin As-
blaſte ausgelaſſene Verſchmaͤhung ſo heßliche
Laſter darmit zu beſchoͤnen vermeinte: daß die
Goͤtter bey dem Elevſiniſchen Feyer denen Ge-
brechen der Menſchen und ſo ſchoͤnen Suͤnden
durch die Finger ſehen; welche ohne diß mehr/
als denen vollkommenſten Leuten anhaͤngende
Schwachheiten zu uͤberſehen/ denn als Laſter zu
beſtraffen waͤren. Asblaſte aber ſetzte ihm mit ei-
ner ernſthafften Hefftigkeit entgegen: Gott waͤ-
re allezeit und allenthalben ein keuſcher Geiſt;
und ein gerechter Raͤcher der Mißhandlungen;
kein groͤſſer Kirchen-Raub aber waͤre/ als wenn
man einem Gottesdienſte diß Heiligthum naͤh-
me; und mit der Andacht die ſchaͤndlichſten La-
ſter uͤberfirnſte. Tugenden waͤren ſo reine Per-
len/ welche keinen ſchlimmen Beyſatz der Geil-
heit vertruͤgen. Sie vermaͤhlten ſich niemahls/
[Spaltenumbruch] als mit ihres gleichen. Ja wenn nur eine wurm-
ſtichig wuͤrde; ſo wuͤrden ſie alle anbruͤchig. Da-
her ſollte der Kayſer ſeinen bey der Welt erwor-
benen Ruhm; noch auch ihre Seele mit dieſem
Schandflecke nicht beſudeln; ſondern vielmehr
feſte glauben: daß ein ſo kaltſinniger Gottes-
dienſt dem Gewiſſen hernach den Schweiß
heraus triebe/ und der beleidigte GOtt ſeine
Rache zwar anſtehen lieſſe/ aber niemahls ver-
gaͤſſe. Ja wenn auch weder GOtt/ noch Straffe
des Boͤſen waͤren; ſolte der Kayſer ſich dieſer
Schmach entſchlagen. Denn alle andere Laſter
haͤtten an ſich was maͤnnliches; Dieſes aber waͤ-
re durchaus weibiſch/ oder vielmehr gar viehiſch.
Allein weil die Begierden nicht nur die menſch-
liche Vernunfft bethoͤren; ſondern auch die al-
len Thieren gemeine Sinnen rauben; predig-
te Asblaſte einem Tauben. Ja weil die Be-
gierde bey leicht genoßbaren Dingen verrau-
chet; gegen denen aber/ die ſchwer zu erlangen
ſind/ auffs hefftigſte ſich entzuͤndet; gerieth Au-
guſt in Raſerey: daß er Asblaſten zu kuͤſſen un-
terfieng. Welches Asblaſten ſo ſehr aufbrachte:
daß ſie Auguſten von ſich ſtieß; und ihm unter
Augen ſagte: das Gluͤcke haͤtte ihm zwar uͤber
ihr Leben/ der Himmel ihm aber keines Weges
uͤber ihre Keuſchheit eine Botmaͤßigkeit einge-
raͤumt. Daher moͤchte er nur lieber ihr einen
gewaltſamen Tod verordnen; als durch ſolche
Zumuthungen das innerſte ihrer Seele toͤdten/
und die koͤſtlichſte Uberbleibung ihres Beſitz-
thums/ nehmlich die Ehre rauben. Auguſt/
welcher ungewohnt war: daß ihm einiger
Menſch etwas abſchluͤge/ weniger ihm ſeine
Meinung ſo hertzhafft und mit einer tugend-
hafften Entruͤſtung unter Augen ſagte; erſtarr-
te uͤber dieſer Begegnung; und lernte nunmehr:
daß die Lilgen der Keuſchheit keine bloß in der
Schneefarbe beſtehende Blume ohne Waffen/
ſondern vielmehr eine Roſe waͤre; welche zwar
verſchaͤmt/ aber auch mit Dornen ausgeruͤſtet
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mit
Erſter Theil. N n n n n n n
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Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 1201[1203]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/1267>, abgerufen am 23.11.2024.