Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.Arminius und Thußnelda. [Spaltenumbruch]
grosses Geld opffern; etliche Städte von demTage seiner Dahinkunfft die Jahrs-Rechnung anfangen; und in letzten Willen die Erlebung seiner Herrschafft für ein Glücke der güldenen Zeit anziehen mögen/ erlaubet; wie nichts min- der viel silberne Bilder der Götter eigennützig verschmeltzet; und aus ebenmäßigem Geitze eine ziemliche Anzahl Bürger ins Elend ver- jagt hätte/ um sich nur ihrer Corinthischen Ge- fässe zu bemächtigen. Die Zagheit hätte er fast in ieden Schlachten/ sein böses Gewissen aber bey allen Gewittern spüren lassen; und sich zu solcher Zeit in die tieffsten Hölen versteckt/ auch mit der Haut eines Meer-Kalbes/ oder mit Feigen bedecket/ aus gleichmäßigem Aberglau- ben: daß sie die Beleidigung des Blitzes ab- wendeten. Am allermeisten aber wäre seine Unzucht unersä[t]tlich gewest; weßwegen er von denen fremden Völckern/ mit welchen er Frie- den oder Bündnüße gemacht/ auff eine neue Art ihr schönstes Frauen-Zimmer zu Geißeln erkieset; aus denen zwantzigen/ welche zu Ve- stalischen Jungfrauen fürgestellet wurden/ die heßlichste dem Heiligthume/ die schönste seinem Bette geeignet/ die zärtesten Kinder der edlen Geschlechte unter dem Scheine sie mit seinen Enckeln zu erziehen zu seinem Mißbrauche an sich gezogen; die noch nicht reiffe Claudia/ und die schwangere Livia aus toller Brunst unzeitig geheyrathet; vielmahl unter dem Vorwand der Unpäßligkeit in Mecenas Hause geschlaf- fen; und schier aller schönen Weiber in Rom durch Dräuen oder Geschencke genoßbar ge- macht hätte. Die Gräfin von der Lippe stimmte Adgan- Nach dem die Reye nun an die Fürstin As- feurige N n n n n n n 2
Arminius und Thußnelda. [Spaltenumbruch]
groſſes Geld opffern; etliche Staͤdte von demTage ſeiner Dahinkunfft die Jahrs-Rechnung anfangen; und in letzten Willen die Erlebung ſeiner Herrſchafft fuͤr ein Gluͤcke der guͤldenen Zeit anziehen moͤgen/ erlaubet; wie nichts min- der viel ſilberne Bilder der Goͤtter eigennuͤtzig verſchmeltzet; und aus ebenmaͤßigem Geitze eine ziemliche Anzahl Buͤrger ins Elend ver- jagt haͤtte/ um ſich nur ihrer Corinthiſchen Ge- faͤſſe zu bemaͤchtigen. Die Zagheit haͤtte er faſt in ieden Schlachten/ ſein boͤſes Gewiſſen aber bey allen Gewittern ſpuͤren laſſen; und ſich zu ſolcher Zeit in die tieffſten Hoͤlen verſteckt/ auch mit der Haut eines Meer-Kalbes/ oder mit Feigen bedecket/ aus gleichmaͤßigem Aberglau- ben: daß ſie die Beleidigung des Blitzes ab- wendeten. Am allermeiſten aber waͤre ſeine Unzucht unerſaͤ[t]tlich geweſt; weßwegen er von denen fremden Voͤlckern/ mit welchen er Frie- den oder Buͤndnuͤße gemacht/ auff eine neue Art ihr ſchoͤnſtes Frauen-Zimmer zu Geißeln erkieſet; aus denen zwantzigen/ welche zu Ve- ſtaliſchen Jungfrauen fuͤrgeſtellet wurden/ die heßlichſte dem Heiligthume/ die ſchoͤnſte ſeinem Bette geeignet/ die zaͤrteſten Kinder der edlen Geſchlechte unter dem Scheine ſie mit ſeinen Enckeln zu erziehen zu ſeinem Mißbrauche an ſich gezogen; die noch nicht reiffe Claudia/ und die ſchwangere Livia aus toller Brunſt unzeitig geheyrathet; vielmahl unter dem Vorwand der Unpaͤßligkeit in Mecenas Hauſe geſchlaf- fen; und ſchier aller ſchoͤnen Weiber in Rom durch Draͤuen oder Geſchencke genoßbar ge- macht haͤtte. Die Graͤfin von der Lippe ſtimmte Adgan- Nach dem die Reye nun an die Fuͤrſtin As- feurige N n n n n n n 2
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Arminius und Thußnelda.
groſſes Geld opffern; etliche Staͤdte von dem
Tage ſeiner Dahinkunfft die Jahrs-Rechnung
anfangen; und in letzten Willen die Erlebung
ſeiner Herrſchafft fuͤr ein Gluͤcke der guͤldenen
Zeit anziehen moͤgen/ erlaubet; wie nichts min-
der viel ſilberne Bilder der Goͤtter eigennuͤtzig
verſchmeltzet; und aus ebenmaͤßigem Geitze
eine ziemliche Anzahl Buͤrger ins Elend ver-
jagt haͤtte/ um ſich nur ihrer Corinthiſchen Ge-
faͤſſe zu bemaͤchtigen. Die Zagheit haͤtte er faſt
in ieden Schlachten/ ſein boͤſes Gewiſſen aber
bey allen Gewittern ſpuͤren laſſen; und ſich zu
ſolcher Zeit in die tieffſten Hoͤlen verſteckt/ auch
mit der Haut eines Meer-Kalbes/ oder mit
Feigen bedecket/ aus gleichmaͤßigem Aberglau-
ben: daß ſie die Beleidigung des Blitzes ab-
wendeten. Am allermeiſten aber waͤre ſeine
Unzucht unerſaͤttlich geweſt; weßwegen er von
denen fremden Voͤlckern/ mit welchen er Frie-
den oder Buͤndnuͤße gemacht/ auff eine neue
Art ihr ſchoͤnſtes Frauen-Zimmer zu Geißeln
erkieſet; aus denen zwantzigen/ welche zu Ve-
ſtaliſchen Jungfrauen fuͤrgeſtellet wurden/ die
heßlichſte dem Heiligthume/ die ſchoͤnſte ſeinem
Bette geeignet/ die zaͤrteſten Kinder der edlen
Geſchlechte unter dem Scheine ſie mit ſeinen
Enckeln zu erziehen zu ſeinem Mißbrauche an
ſich gezogen; die noch nicht reiffe Claudia/ und
die ſchwangere Livia aus toller Brunſt unzeitig
geheyrathet; vielmahl unter dem Vorwand
der Unpaͤßligkeit in Mecenas Hauſe geſchlaf-
fen; und ſchier aller ſchoͤnen Weiber in Rom
durch Draͤuen oder Geſchencke genoßbar ge-
macht haͤtte.
Die Graͤfin von der Lippe ſtimmte Adgan-
deſtern bey/ mit Verſicherung: daß die gering-
ſten Laſter vom Auguſt waͤren ans Tagelicht
kommen; von denen aber die Fuͤrſtin Asblaſte
nebſt ihr auf der Ziegen-Jnſel alleine ſo viel
wahr genommen haͤtte: daß/ wenn ſie daran
gedaͤchte/ ihr noch die Haare zu Berge ſtuͤn-
den; und ſie ſich damahls mit einander bera-
then/ durch ſelbſt eigenen Tod/ wenn es durch
die Flucht unmoͤglich waͤre/ ſich dieſes zwar
euſſerlich guͤldenen/ inwendig aber vom Unfla-
te der Laſter ſtinckenden Gefaͤngnuͤßes zu ent-
brechen. Wiewol ſie dieſen Anſchlag moͤglichſt
verſtellen/ und Asblaſte ſich ſelbige Nacht in ih-
re angewieſene Zimmer; auff den Morgen a-
ber mit auffs Luſt-Hauß des Apollo verfuͤgen
muͤſſen. Dieſes ſchimmerte von Gold und
Edelgeſteinen/ und war rings umher dreyfach
mit Wacholder-Baͤumen umgeben; wie denn
auch alle Gaͤnge des wunderwuͤrdigen Gar-
tens darmit beſetzt/ alle Wacholder-Beeren a-
ber mit unſaͤglicher Arbeit verguͤldet warẽ. Wie
durch die Seltzamkeit der Speiſen gleichſam
die Erde/ die Lufft und das Meer erſchoͤpfft
war; alſo ſchimmerten auch alle Gerichte; in-
ſonderheit die zu Schau-Eſſen aus Wachs ge-
machten Bilder von Golde. Bey und nach
der Mahlzeit erluſtigte er ſeine Gaͤſte mit allen
Arten der Olympiſchen Spiele; bey welchen er
zwoͤlff Lorber-Kronen mit Golde und Dia-
manten reichlich ausgeputzt zum Preiß auff-
ſetzte. Dieſe Goͤtter ſelbſt erluſtigten ſich mit
einem Bogenſchuͤſſen nach einem hin und wie-
der durch kuͤnſtliches Raͤderwerck lauffenden
Drachen; zum Gedaͤchtnuͤße des Pithoniſchen/
welchen Apollo erlegt haben ſoll. Welchen Tag
es denn ſo zuͤchtig und anſehnlich hergieng: daß
es ſchien: es waͤren dieſe Menſchen/ ſo den Tag
vorher Vieh geweſt/ nunmehr in wahre Goͤt-
ter verwandelt worden.
Nach dem die Reye nun an die Fuͤrſtin As-
blaſte/ als eine wahrhafftig keuſche Veſta kam;
verfuͤgten ſie ſich alle des Morgens zu dem auf
einem luſtigen Berge liegenden/ und recht in
die rundte gebauten Luſt-Hauſe der Veſta; wel-
cher/ weil durch ſie der Geiſt der Erde fuͤr ge-
ſtellet wird/ auch die Tempel rundt gebauet
wurden. Es war mit eitel Vaͤumen oder
Stauden umſetzt/ welche feuerrothe Blumen
und Fruͤchte trugen. Jnwendig waren eitel
feurige
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