Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.Arminius und Thußnelda. [Spaltenumbruch]
zeucht/ und ein kräncklichtes Leben dem Ster-ben; ja den Auffenthaltin einem glüenden Och- sen einem unzeitigen/ wiewohl Ehrsüchtigen Begräbnüsse fürzeucht. Daß der vergnügte Mecenas bey seinem unauffhörlichen Feber gesunder Vernunfft ist; und bey seinem nahe drey Jahr entpehrten Schlaffe doch die Ruhe seines Gemüthes nie verlohren hat; Dieses ist die unverfälschte Weißheit/ welcher sich die Fürsten nicht schämen dörffen/ und von der auch die Niedrigen ihre Vergnügung haben. Bey dieser kan der reiche Licin/ und der arme Fabricius/ der wollebende Apicius/ und der mäßige Tubero nach Unterscheid der Zeit zu rechte kommen; und nichts minder der über- mäßigen Wollust abbrechen; als die zu scharffe Bitterkeit der Zufälle verzuckern. Mit diesen Lehren unterhielt Mecenas den Fürsten Herr- mann; und bestärckte selbte durch sein eigenes Beyspiel; in welchem er ihm seinen vollkomme- nen Lebens-Lauff abmahlete/ und viel ihm/ auch so gar mit seiner zänckischen und üppigen Terentia begegnete Zufälle/ wiewol unter ver- blümten Nahmen erleuterte; und Anleitung gab: wie ein Weiser hierzu lachen könte; wenn ein Thörichter darüber wolte aus der Haut fah- ren. Wie er durch diese Unempfindligkeit des Kaysers Gunst; die Obsicht über gantz Rom er- worben; bey dem Römischen Adel die Benei- dung seines Auffnehmens verhütet; Augusten mehrmahls von den hitzigsten Entschlüssungen/ ja von Niederlegung der Römischen Herr- schafft/ die ihm theils Agrippa/ theils die Ver- drüßligkeit der grossen Bemühung und öfftere Unpäßligkeit ver gällete/ zurück gehalten hätte. Nebst diesen Sitten - Lehren brachte er dem Fürsten Herrmann unter ihren Kurtzweilen/ oder/ wenn sie mit einander in denen Lust-Gär- ten die Zeit vertrieben/ allerhand Künste/ nem- lich geschwinder Rechnung/ einen von ihm selbst erfundenen Handgrieff so geschwinde zu schreiben/ als einer redete; die Feld- und Was- [Spaltenumbruch] ser-Mässung ohne gewöhnlichen Werckzeug/ und noch mehr andere Wissenschafften gleich- sam spielende bey; also: daß dieser nicht nur un- ter die vollkommenste Unterweisung/ welche nicht nach dem Staube roch/ noch im Schat- ten der Einsamen/ sondern in dem Lichte der erfahrnen Weisen begriffen ward/ gerieth; son- dern beym Mecenas gleichsam das Kind im Hause war. Wiewol ihm nun Terentia mehr- mahls/ theils durch ihre üppige Lebens-Art är- gerlich fiel/ theils durch ihre Liebkosungen die- sem jungen Fürsten offt die Neigung zu einer solchen Wollust/ welche keine Aufwärterin der Tugend ist/ beybringen wolte; waren doch die derselben wiedrige Sitten in seinem Hertzen so tieff eingewurtzelt: daß sie auch die empfindlich- sten Versuchungen heraus zu reissen viel zu un- vermögend waren. Denn ob zwar die ange- nommene Tugend nach Art des mit schlechter Erde mehrmahls vermengten Ertztes einen schlimmen Beysatz verträgt; so ist doch die Krafft der angebohrnen und durch die Sitten des Landes angewöhnten Tugend so starck: daß sie/ wie das Oel/ keinen schlechten Beysatz oder Feuchtigkeit mit ihr vermischen läst; sondern ihre köstliche Fettigkeit auch in den grösten Tieffen der Laster allezeit oben schwimmt. Uber diß stand des Fürsten Herrmanns Tugend in des Mecenas Hause und Terentiens Gemein- schafft gleichsam wie das Gold in dem Schmeltz- Ofen ihre richtige Prüfung aus. Sintemahl es unter eitel tugendhafften/ und wo man zu sündigen weder Anlaß noch Gelegenheit hat/ tugendhafft seyn eine so schlechte Kunst ist/ als bey stiller See und gutem Winde einen Schif- fer abgeben. Einer/ den sein Blut nicht reitzet/ ist mehr frostig; und den keine Schönheit lo- cket/ mehr eingeschlaffen/ als keusch. Daher verdienet nur der/ welchem sein frisches Alter/ sein kräfftiger Leib/ sein liebkosendes Glücke/ das Vermögen seine Uppigkeit auszuüben ge- ben/ und welchem schöne Terentien Körner der
Arminius und Thußnelda. [Spaltenumbruch]
zeucht/ und ein kraͤncklichtes Leben dem Ster-ben; ja den Auffenthaltin einem gluͤenden Och- ſen einem unzeitigen/ wiewohl Ehrſuͤchtigen Begraͤbnuͤſſe fuͤrzeucht. Daß der vergnuͤgte Mecenas bey ſeinem unauffhoͤrlichen Feber geſunder Vernunfft iſt; und bey ſeinem nahe drey Jahr entpehrten Schlaffe doch die Ruhe ſeines Gemuͤthes nie verlohren hat; Dieſes iſt die unverfaͤlſchte Weißheit/ welcher ſich die Fuͤrſten nicht ſchaͤmen doͤrffen/ und von der auch die Niedrigen ihre Vergnuͤgung haben. Bey dieſer kan der reiche Licin/ und der arme Fabricius/ der wollebende Apicius/ und der maͤßige Tubero nach Unterſcheid der Zeit zu rechte kommen; und nichts minder der uͤber- maͤßigen Wolluſt abbrechen; als die zu ſcharffe Bitterkeit der Zufaͤlle verzuckern. Mit dieſen Lehren unterhielt Mecenas den Fuͤrſten Herr- mann; und beſtaͤrckte ſelbte durch ſein eigenes Beyſpiel; in welchem er ihm ſeinen vollkomme- nen Lebens-Lauff abmahlete/ und viel ihm/ auch ſo gar mit ſeiner zaͤnckiſchen und uͤppigen Terentia begegnete Zufaͤlle/ wiewol unter ver- bluͤmten Nahmen erleuterte; und Anleitung gab: wie ein Weiſer hierzu lachen koͤnte; wenn ein Thoͤrichter daruͤber wolte aus der Haut fah- ren. Wie er durch dieſe Unempfindligkeit des Kayſers Gunſt; die Obſicht uͤber gantz Rom er- worben; bey dem Roͤmiſchen Adel die Benei- dung ſeines Auffnehmens verhuͤtet; Auguſten mehrmahls von den hitzigſten Entſchluͤſſungen/ ja von Niederlegung der Roͤmiſchen Herr- ſchafft/ die ihm theils Agrippa/ theils die Ver- druͤßligkeit der groſſen Bemuͤhung und oͤfftere Unpaͤßligkeit ver gaͤllete/ zuruͤck gehalten haͤtte. Nebſt dieſen Sitten - Lehren brachte er dem Fuͤrſten Herrmann unter ihren Kurtzweilen/ oder/ wenn ſie mit einander in denen Luſt-Gaͤr- ten die Zeit vertrieben/ allerhand Kuͤnſte/ nem- lich geſchwinder Rechnung/ einen von ihm ſelbſt erfundenen Handgrieff ſo geſchwinde zu ſchreiben/ als einer redete; die Feld- und Waſ- [Spaltenumbruch] ſer-Maͤſſung ohne gewoͤhnlichen Werckzeug/ und noch mehr andere Wiſſenſchafften gleich- ſam ſpielende bey; alſo: daß dieſer nicht nur un- ter die vollkommenſte Unterweiſung/ welche nicht nach dem Staube roch/ noch im Schat- ten der Einſamen/ ſondern in dem Lichte der erfahrnen Weiſen begriffen ward/ gerieth; ſon- dern beym Mecenas gleichſam das Kind im Hauſe war. Wiewol ihm nun Terentia mehr- mahls/ theils durch ihre uͤppige Lebens-Art aͤr- gerlich fiel/ theils durch ihre Liebkoſungen die- ſem jungen Fuͤrſten offt die Neigung zu einer ſolchen Wolluſt/ welche keine Aufwaͤrterin der Tugend iſt/ beybringen wolte; waren doch die derſelben wiedrige Sitten in ſeinem Hertzen ſo tieff eingewurtzelt: daß ſie auch die empfindlich- ſten Verſuchungen heraus zu reiſſen viel zu un- vermoͤgend waren. Denn ob zwar die ange- nommene Tugend nach Art des mit ſchlechter Erde mehrmahls vermengten Ertztes einen ſchlimmen Beyſatz vertraͤgt; ſo iſt doch die Krafft der angebohrnen und durch die Sitten des Landes angewoͤhnten Tugend ſo ſtarck: daß ſie/ wie das Oel/ keinen ſchlechten Beyſatz oder Feuchtigkeit mit ihr vermiſchen laͤſt; ſondern ihre koͤſtliche Fettigkeit auch in den groͤſten Tieffen der Laſter allezeit oben ſchwimmt. Uber diß ſtand des Fuͤrſten Herrmanns Tugend in des Mecenas Hauſe und Terentiens Gemein- ſchafft gleichſam wie das Gold in dem Schmeltz- Ofen ihre richtige Pruͤfung aus. Sintemahl es unter eitel tugendhafften/ und wo man zu ſuͤndigen weder Anlaß noch Gelegenheit hat/ tugendhafft ſeyn eine ſo ſchlechte Kunſt iſt/ als bey ſtiller See und gutem Winde einen Schif- fer abgeben. Einer/ den ſein Blut nicht reitzet/ iſt mehr froſtig; und den keine Schoͤnheit lo- cket/ mehr eingeſchlaffen/ als keuſch. Daher verdienet nur der/ welchem ſein friſches Alter/ ſein kraͤfftiger Leib/ ſein liebkoſendes Gluͤcke/ das Vermoͤgen ſeine Uppigkeit auszuuͤben ge- ben/ und welchem ſchoͤne Terentien Koͤrner der
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Arminius und Thußnelda.
zeucht/ und ein kraͤncklichtes Leben dem Ster-
ben; ja den Auffenthaltin einem gluͤenden Och-
ſen einem unzeitigen/ wiewohl Ehrſuͤchtigen
Begraͤbnuͤſſe fuͤrzeucht. Daß der vergnuͤgte
Mecenas bey ſeinem unauffhoͤrlichen Feber
geſunder Vernunfft iſt; und bey ſeinem nahe
drey Jahr entpehrten Schlaffe doch die Ruhe
ſeines Gemuͤthes nie verlohren hat; Dieſes iſt
die unverfaͤlſchte Weißheit/ welcher ſich die
Fuͤrſten nicht ſchaͤmen doͤrffen/ und von der
auch die Niedrigen ihre Vergnuͤgung haben.
Bey dieſer kan der reiche Licin/ und der arme
Fabricius/ der wollebende Apicius/ und der
maͤßige Tubero nach Unterſcheid der Zeit zu
rechte kommen; und nichts minder der uͤber-
maͤßigen Wolluſt abbrechen; als die zu ſcharffe
Bitterkeit der Zufaͤlle verzuckern. Mit dieſen
Lehren unterhielt Mecenas den Fuͤrſten Herr-
mann; und beſtaͤrckte ſelbte durch ſein eigenes
Beyſpiel; in welchem er ihm ſeinen vollkomme-
nen Lebens-Lauff abmahlete/ und viel ihm/
auch ſo gar mit ſeiner zaͤnckiſchen und uͤppigen
Terentia begegnete Zufaͤlle/ wiewol unter ver-
bluͤmten Nahmen erleuterte; und Anleitung
gab: wie ein Weiſer hierzu lachen koͤnte; wenn
ein Thoͤrichter daruͤber wolte aus der Haut fah-
ren. Wie er durch dieſe Unempfindligkeit des
Kayſers Gunſt; die Obſicht uͤber gantz Rom er-
worben; bey dem Roͤmiſchen Adel die Benei-
dung ſeines Auffnehmens verhuͤtet; Auguſten
mehrmahls von den hitzigſten Entſchluͤſſungen/
ja von Niederlegung der Roͤmiſchen Herr-
ſchafft/ die ihm theils Agrippa/ theils die Ver-
druͤßligkeit der groſſen Bemuͤhung und oͤfftere
Unpaͤßligkeit ver gaͤllete/ zuruͤck gehalten haͤtte.
Nebſt dieſen Sitten - Lehren brachte er dem
Fuͤrſten Herrmann unter ihren Kurtzweilen/
oder/ wenn ſie mit einander in denen Luſt-Gaͤr-
ten die Zeit vertrieben/ allerhand Kuͤnſte/ nem-
lich geſchwinder Rechnung/ einen von ihm
ſelbſt erfundenen Handgrieff ſo geſchwinde zu
ſchreiben/ als einer redete; die Feld- und Waſ-
ſer-Maͤſſung ohne gewoͤhnlichen Werckzeug/
und noch mehr andere Wiſſenſchafften gleich-
ſam ſpielende bey; alſo: daß dieſer nicht nur un-
ter die vollkommenſte Unterweiſung/ welche
nicht nach dem Staube roch/ noch im Schat-
ten der Einſamen/ ſondern in dem Lichte der
erfahrnen Weiſen begriffen ward/ gerieth; ſon-
dern beym Mecenas gleichſam das Kind im
Hauſe war. Wiewol ihm nun Terentia mehr-
mahls/ theils durch ihre uͤppige Lebens-Art aͤr-
gerlich fiel/ theils durch ihre Liebkoſungen die-
ſem jungen Fuͤrſten offt die Neigung zu einer
ſolchen Wolluſt/ welche keine Aufwaͤrterin der
Tugend iſt/ beybringen wolte; waren doch die
derſelben wiedrige Sitten in ſeinem Hertzen ſo
tieff eingewurtzelt: daß ſie auch die empfindlich-
ſten Verſuchungen heraus zu reiſſen viel zu un-
vermoͤgend waren. Denn ob zwar die ange-
nommene Tugend nach Art des mit ſchlechter
Erde mehrmahls vermengten Ertztes einen
ſchlimmen Beyſatz vertraͤgt; ſo iſt doch die
Krafft der angebohrnen und durch die Sitten
des Landes angewoͤhnten Tugend ſo ſtarck: daß
ſie/ wie das Oel/ keinen ſchlechten Beyſatz oder
Feuchtigkeit mit ihr vermiſchen laͤſt; ſondern
ihre koͤſtliche Fettigkeit auch in den groͤſten
Tieffen der Laſter allezeit oben ſchwimmt. Uber
diß ſtand des Fuͤrſten Herrmanns Tugend in
des Mecenas Hauſe und Terentiens Gemein-
ſchafft gleichſam wie das Gold in dem Schmeltz-
Ofen ihre richtige Pruͤfung aus. Sintemahl
es unter eitel tugendhafften/ und wo man zu
ſuͤndigen weder Anlaß noch Gelegenheit hat/
tugendhafft ſeyn eine ſo ſchlechte Kunſt iſt/ als
bey ſtiller See und gutem Winde einen Schif-
fer abgeben. Einer/ den ſein Blut nicht reitzet/
iſt mehr froſtig; und den keine Schoͤnheit lo-
cket/ mehr eingeſchlaffen/ als keuſch. Daher
verdienet nur der/ welchem ſein friſches Alter/
ſein kraͤfftiger Leib/ ſein liebkoſendes Gluͤcke/
das Vermoͤgen ſeine Uppigkeit auszuuͤben ge-
ben/ und welchem ſchoͤne Terentien Koͤrner
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