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Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.

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Arminius und Thußnelda.
[Spaltenumbruch] nach dem Vorbilde des Jupiters und Apollo
darein setzen ließ/ hatte Fürst Herrmann die
Ehre das Bild der Eintracht zu tragen/ gleich
als wenn August durch ihn die Deutschen und
Römer vereinbaren wolte. Wie auch Livien
und des Kaysers Mutter ein Tempel gewied-
met ward; überliefferte er Livien vom Kayser/
als obersten Priester/ die güldene Taffel/ in
welche die Ordnung des ihnen bestimmten Got-
tesdienstes geschrieben stand. Jngleichen als
Tiberius auffs neue wieder die Deutschen auf-
ziehen/ August Gallien in Ruhe zu erhalten da-
hin folgen muste; Cajus und Piso aber für des
Kaysers glückliche Rückkunfft kostbare Schau-
Spiele anstellten; und in selbten alle Völcker
die Heldenthaten ihres Hercules auf den Schau-
Platz brachten; ließ Herrmann in einem Kampfe
zu Fuße in Gestalt des deutschen Hercules für
allen andern seine Geschickligkeit sehen. Ja
der Kayser stellte die zwey deutschen Fürsten
den Herrmann und Flavius seinen zweyen aus
dem Geschirre schlagenden Enckeln dem Cajus
und Lucius mehrmahls zum lobwürdigen Bey-
spiele der Sittsamkeit und Tugenden für. Sin-
temahl das Gute vom Schädlichen selten durch
eigene Klugheit/ mehrmahls aber aus anderer
Beyspiele/ und dem Ausschlage der Sachen
unterschieden wird. Zugeschweigen: daß er
dem Herrmann Anlaß gab/ diese zwey freche
Jünglinge/ darunter der jüngste für den älte-
sten/ im offentlichen Schauplatze das Bürger-
meister-Amt zu begehren sich erkühnete; in ih-
rer Gesellschafft zur Bescheidenheit anzuweisen.
Alleine ihre Unart war weder durch des Kay-
sers Sorgfalt; und daß er den Cajus zum Prie-
ster machte/ in den Rath zu kommen/ bey denen
Raths-Herren zu sitzen und zu speisen erlaubte;
noch durch des Fürsten Herrmanns Vorbild
zu verändern. Sintemahl/ wenn das mensch-
liche Gemüthe schon einmahl verwildert ist/ selb-
tes schwerer/ als ein mit denen ungeheuersten
Hecken verwachsenes Feld zu rechte gebracht
werden kan. Ja ihre Verwegenheit stieg so hoch:
[Spaltenumbruch] daß Tiberius/ (welchen der Kayser zum Römi-
schen Zunfftmeister/ und zum Feldherrn in Ar-
menien erklärte/ um durch dieses Ansehen des
Cajus und Lucius Vermessenheit zu steuern/)
es länger nicht zu Rom auszustehen getraute;
sondern nach dem Beyspiele des Agrippa nach
Rhodus zoh; welcher auch dem Marcellus als
einer neuaufgehenden Sonne nach Mytilene/
um selbtem in Erlangung der höhern Würden
nicht am Wege zu stehen/ noch/ wenn er ihm et-
was zuvor thäte/ ihn zu verdüstern auswiche.
Und vermochten weder Liviens Thränen/ noch
daß August im Rathe von ihm verlassen zu wer-
den beklagte/ den Tiberius in Rom zu erhalten/
als welcher von ihnen Verlaub der Einsamkeit
durch viertägichte Enteusserung der Speise er-
preste. Nichts desto weniger wuste Herrmann sich
in allem seinem Beginnen derogestalt zu mäßi-
gen: daß er keinen Fuß breit von der Tugend
absetzte; durch seine Bescheidenheit aber nebst
dem Flavius noch die Zuneigung des Caius und
Lucius behielt.

Mitler Zeit als der verreisete Tiberius theils
in Armenien den Tigranes zum Könige einsetz-
te; theils auf dem Eylande Rhodus der Welt-
weißheit oblag; schien das Glücke die dem Für-
sten Herrmann zugethane Gewogenheit der
Menschen zu beneiden. Denn nach dem der
Kayser den Flaminischen Renne-Platz an-
wässerte/ und um das wegen verminderter
Austheilung des Getreydes unwillige Volck
mit Schau-Spielen zu gewinnen/ sechs
und dreyßig Krocodilen durch allerhand Arten
des Kampffes hinzurichten fürstellen ließ; wolte
der halb wahnsinnige Agrippa/ als ein eingebil-
deter Wasser-Gott/ darbey seine Tapfferkeit
und Geschickligkeit für andern Römern/ welche
diese Thiere nur durch Wurff-Spieße/ und ein-
gesenckte Angelhacken hinzurichten bemüht wa-
ren/ schauen lassen. Diesen seinen Enckel Agrip-
pa hatte August in seiner Kindheit noch nebst an-
dern Ubungen im Schwimmen unterweisen las-
sen. Denn wie er selbst ein fürtreflicher Schwimmer

war/

Arminius und Thußnelda.
[Spaltenumbruch] nach dem Vorbilde des Jupiters und Apollo
darein ſetzen ließ/ hatte Fuͤrſt Herrmann die
Ehre das Bild der Eintracht zu tragen/ gleich
als wenn Auguſt durch ihn die Deutſchen und
Roͤmer vereinbaren wolte. Wie auch Livien
und des Kayſers Mutter ein Tempel gewied-
met ward; uͤberliefferte er Livien vom Kayſer/
als oberſten Prieſter/ die guͤldene Taffel/ in
welche die Ordnung des ihnen beſtim̃ten Got-
tesdienſtes geſchrieben ſtand. Jngleichen als
Tiberius auffs neue wieder die Deutſchen auf-
ziehen/ Auguſt Gallien in Ruhe zu erhalten da-
hin folgen muſte; Cajus und Piſo aber fuͤr des
Kayſers gluͤckliche Ruͤckkunfft koſtbare Schau-
Spiele anſtellten; und in ſelbten alle Voͤlcker
die Heldenthaten ihres Hercules auf den Schau-
Platz brachten; ließ Herrmañ in einem Kampfe
zu Fuße in Geſtalt des deutſchen Hercules fuͤr
allen andern ſeine Geſchickligkeit ſehen. Ja
der Kayſer ſtellte die zwey deutſchen Fuͤrſten
den Herrmann und Flavius ſeinen zweyen aus
dem Geſchirre ſchlagenden Enckeln dem Cajus
und Lucius mehrmahls zum lobwuͤrdigen Bey-
ſpiele der Sittſamkeit und Tugenden fuͤr. Sin-
temahl das Gute vom Schaͤdlichen ſelten durch
eigene Klugheit/ mehrmahls aber aus anderer
Beyſpiele/ und dem Ausſchlage der Sachen
unterſchieden wird. Zugeſchweigen: daß er
dem Herrmann Anlaß gab/ dieſe zwey freche
Juͤnglinge/ darunter der juͤngſte fuͤr den aͤlte-
ſten/ im offentlichen Schauplatze das Buͤrger-
meiſter-Amt zu begehren ſich erkuͤhnete; in ih-
reꝛ Geſellſchafft zuꝛ Beſcheidenheit anzuweiſen.
Alleine ihre Unart war weder durch des Kay-
ſers Sorgfalt; und daß er den Cajus zum Prie-
ſter machte/ in den Rath zu kommen/ bey denen
Raths-Herren zu ſitzen und zu ſpeiſen erlaubte;
noch durch des Fuͤrſten Herrmanns Vorbild
zu veraͤndern. Sintemahl/ wenn das menſch-
liche Gemuͤthe ſchon einmahl verwildert iſt/ ſelb-
tes ſchwerer/ als ein mit denen ungeheuerſten
Hecken verwachſenes Feld zu rechte gebracht
werden kan. Ja ihre Verwegenheit ſtieg ſo hoch:
[Spaltenumbruch] daß Tiberius/ (welchen der Kayſer zum Roͤmi-
ſchen Zunfftmeiſter/ und zum Feldherrn in Ar-
menien erklaͤrte/ um durch dieſes Anſehen des
Cajus und Lucius Vermeſſenheit zu ſteuern/)
es laͤnger nicht zu Rom auszuſtehen getraute;
ſondern nach dem Beyſpiele des Agrippa nach
Rhodus zoh; welcher auch dem Marcellus als
einer neuaufgehenden Sonne nach Mytilene/
um ſelbtem in Erlangung der hoͤhern Wuͤrden
nicht am Wege zu ſtehen/ noch/ wenn er ihm et-
was zuvor thaͤte/ ihn zu verduͤſtern auswiche.
Und vermochten weder Liviens Thraͤnen/ noch
daß Auguſt im Rathe von ihm verlaſſen zu wer-
den beklagte/ den Tiberius in Rom zu erhalten/
als welcher von ihnen Verlaub der Einſamkeit
durch viertaͤgichte Enteuſſerung der Speiſe er-
preſte. Nichts deſto weniger wuſte Herrmañ ſich
in allem ſeinem Beginnen derogeſtalt zu maͤßi-
gen: daß er keinen Fuß breit von der Tugend
abſetzte; durch ſeine Beſcheidenheit aber nebſt
dem Flavius noch die Zuneigung des Caius und
Lucius behielt.

Mitler Zeit als der verreiſete Tiberius theils
in Armenien den Tigranes zum Koͤnige einſetz-
te; theils auf dem Eylande Rhodus der Welt-
weißheit oblag; ſchien das Gluͤcke die dem Fuͤr-
ſten Herrmann zugethane Gewogenheit der
Menſchen zu beneiden. Denn nach dem der
Kayſer den Flaminiſchen Renne-Platz an-
waͤſſerte/ und um das wegen verminderter
Austheilung des Getreydes unwillige Volck
mit Schau-Spielen zu gewinnen/ ſechs
und dreyßig Krocodilen durch allerhand Arten
des Kampffes hinzurichten fuͤrſtellen ließ; wolte
der halb wahnſinnige Agrippa/ als ein eingebil-
deter Waſſer-Gott/ darbey ſeine Tapfferkeit
und Geſchickligkeit fuͤr andern Roͤmern/ welche
dieſe Thiere nur durch Wurff-Spieße/ und ein-
geſenckte Angelhacken hinzurichten bemuͤht wa-
ren/ ſchauen laſſen. Dieſen ſeinen Enckel Agrip-
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Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 1223[1225]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/1289>, abgerufen am 23.11.2024.