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Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.

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Achtes Buch
[Spaltenumbruch] Kühnheit Alexanders/ und mit seinem Glücke
begleiten möchten. Cajus segelte mit der ihm
anvertrauten Kriegs-Macht gegen Syrien/
stieg aber auf dem Eylande Samus aus/ allwo
ihn der von Rhodus ihm zuvorkommende Ti-
berius auffs höflichste bewillkommte/ und mit
einem gantz vergüldeten Renn-Schiffe/ welches
mit eitel in der Schiffarth berühmten Rhodiern
besetzt war/ mit hundert Fässern des besten Rho-
dischen Weines/ mit etlichen Geschirren köst-
lichen Balsams/ frühzeitiger Feigen/ und dem
unvergleichlichen Hundes-Gemählde des Pro-
togenes/ weßwegen Demetrius die Stadt Rho-
dis nicht mit Feuer zur Ubergabe zwingen wol-
len/ beschenckte. Worüber zwar anfangs wie-
derum Cajus dem Tiberius so viel Ehrerbie-
tung/ als kaum einem Obern gehöret/ erwieß;
hernach aber auff des Lollius Vergällung und
Einredung: daß Tiberius alleine ihn in der
Nachfolge des Kayserthums abzustechen durch
seine tückischen Künste anzielte/ ihm kaum das
Gesichte gönnte. Ehe aber diese Veränderung
erfolgte/ hielt Cajus allerhand verschwenderi-
sche Gastmahle/ füllte sie mit Weine übermäßig
an/ und erwieß sich durchgehends mehr einen
Bacchus als einen Feldherrn. Hingegen rich-
tete Tiberius dem gesammten Kriegs-Volcke
eine auskommentliche Mahlzeit aus; beschenck-
te den grösten biß zum kleinsten; tranck denen
Kriegs-Obersten des Kaysers und Cajus Ge-
sundheit zu; und erinnerte dieselben Hauptleute/
welche durch seine Beförderung so hoch kommen
waren/ des gedrückten Tiberius nicht gar zu
vergessen. Welches alles Lollius dahin aus-
legte: daß Tiberius das Kriegs-Volck dem Ca-
jus abwendig; ihm selbst geneigt machen/ und
sie nichts minder zu einer gäntzlichen Neuerung
der gegenwärtigen Herrschafft/ als zum Auff-
stande wieder den Cajus bewegen wolte. Aus
solcher Verhetzung hätte der unbändige Cajus
sich am Tiberius gar vergrieffen; wenn nicht
Fürst Herrmann seine hitzige Entschlüssungen
[Spaltenumbruch] gemäßigt/ der schlaue Tiberius auch durch un-
gewöhnliche Demüthigung ihn besänfftiget
hätte. Gleichwol schied Cajus ohne von ihm
genommenen Abschied weg; und Lollius bemühte
sich den Tiberius beym Kayser auffs ärgste zu
vergällen; also: daß er um sich alles Verdach-
tes zu entschütten selbst einen Aufmercker aller
seiner Worte und Wercke verlangte; die ge-
wöhnlichen Pferderennen und Kriegs-Ubun-
gen unterließ; des Römischen Adels Geprän-
ge ablegte/ und die Tracht der Griechischen
Weltweisen annahm. Ja Tiberius war des
Cajus Schos-Kindern so verächtlich: daß ein
junger Hauptmann von freyen Stücken sich
gegen dem trunckenen Cajus erbot/ sonder ei-
niges Bedencken auff seinen Befehl zurück zu
schiffen/ und ihm des Tiberius Kopff zu lief-
fern. Welchen Meuchelmord Cajus verhan-
gen hätte; wenn er nicht abermals vom Fürsten
Herrmann durch bescheidene Einredung beru-
higet worden wäre. Cajus erreichte hierauff
Syrien/ darinnen Lollius mit Fleiß das Kriegs-
Volck über die Zeit aufhielt/ um die Einwohner
nach seinem Belieben zu schätzen; ja er führte
selbtes nicht allein durch allerhand ungebähnte
Umwege/ wormit er die verschonte/ welche ihn
bestochen hatten; sondern er hinderte auch den
zu Entsetzung der Stadt Artaxata voran gezo-
genen Censorin auff alle ersinnliche Weise an sei-
nem Vorhaben. Endlich kam Cajus mit dem
Römischen Heere gleichwol an den Phrat; traff
auch den Phraates mit seinem Persischen Lager
daselbst an. Wiewol nun die Persier viel stär-
cker als die Römer waren; auch beyde Ufer ein
flaches Feld an der Seite hatten/ da die Parthi-
sche Reuterey sich völlig ausbreiten konte/ und
derogestalt Fürst Herrmann nebst allen Römi-
schen Kriegs-Obersten daselbst den Feind anzu-
greiffen wiederriethen; so erhielt doch des vom
Phraates durch viel Gold und Edelgesteine
bestochenen Lollius Meynung die Uberwage
bey dem verwegenen Cajus; theils weil Lollius

durch

Achtes Buch
[Spaltenumbruch] Kuͤhnheit Alexanders/ und mit ſeinem Gluͤcke
begleiten moͤchten. Cajus ſegelte mit der ihm
anvertrauten Kriegs-Macht gegen Syrien/
ſtieg aber auf dem Eylande Samus aus/ allwo
ihn der von Rhodus ihm zuvorkommende Ti-
berius auffs hoͤflichſte bewillkommte/ und mit
einem gantz verguͤldeten Renn-Schiffe/ welches
mit eitel in der Schiffarth beruͤhmten Rhodiern
beſetzt war/ mit hundert Faͤſſern des beſten Rho-
diſchen Weines/ mit etlichen Geſchirren koͤſt-
lichen Balſams/ fruͤhzeitiger Feigen/ und dem
unvergleichlichen Hundes-Gemaͤhlde des Pro-
togenes/ weßwegen Demetrius die Stadt Rho-
dis nicht mit Feuer zur Ubergabe zwingen wol-
len/ beſchenckte. Woruͤber zwar anfangs wie-
derum Cajus dem Tiberius ſo viel Ehrerbie-
tung/ als kaum einem Obern gehoͤret/ erwieß;
hernach aber auff des Lollius Vergaͤllung und
Einredung: daß Tiberius alleine ihn in der
Nachfolge des Kayſerthums abzuſtechen durch
ſeine tuͤckiſchen Kuͤnſte anzielte/ ihm kaum das
Geſichte goͤnnte. Ehe aber dieſe Veraͤnderung
erfolgte/ hielt Cajus allerhand verſchwenderi-
ſche Gaſtmahle/ fuͤllte ſie mit Weine uͤbermaͤßig
an/ und erwieß ſich durchgehends mehr einen
Bacchus als einen Feldherrn. Hingegen rich-
tete Tiberius dem geſammten Kriegs-Volcke
eine auskommentliche Mahlzeit aus; beſchenck-
te den groͤſten biß zum kleinſten; tranck denen
Kriegs-Oberſten des Kayſers und Cajus Ge-
ſundheit zu; und erinnerte dieſelben Hauptleute/
welche durch ſeine Befoͤrderung ſo hoch kom̃en
waren/ des gedruͤckten Tiberius nicht gar zu
vergeſſen. Welches alles Lollius dahin aus-
legte: daß Tiberius das Kriegs-Volck dem Ca-
jus abwendig; ihm ſelbſt geneigt machen/ und
ſie nichts minder zu einer gaͤntzlichen Neuerung
der gegenwaͤrtigen Herrſchafft/ als zum Auff-
ſtande wieder den Cajus bewegen wolte. Aus
ſolcher Verhetzung haͤtte der unbaͤndige Cajus
ſich am Tiberius gar vergrieffen; wenn nicht
Fuͤrſt Herrmann ſeine hitzige Entſchluͤſſungen
[Spaltenumbruch] gemaͤßigt/ der ſchlaue Tiberius auch durch un-
gewoͤhnliche Demuͤthigung ihn beſaͤnfftiget
haͤtte. Gleichwol ſchied Cajus ohne von ihm
genom̃enen Abſchied weg; und Lollius bemuͤhte
ſich den Tiberius beym Kayſer auffs aͤrgſte zu
vergaͤllen; alſo: daß er um ſich alles Verdach-
tes zu entſchuͤtten ſelbſt einen Aufmercker aller
ſeiner Worte und Wercke verlangte; die ge-
woͤhnlichen Pferderennen und Kriegs-Ubun-
gen unterließ; des Roͤmiſchen Adels Gepraͤn-
ge ablegte/ und die Tracht der Griechiſchen
Weltweiſen annahm. Ja Tiberius war des
Cajus Schos-Kindern ſo veraͤchtlich: daß ein
junger Hauptmann von freyen Stuͤcken ſich
gegen dem trunckenen Cajus erbot/ ſonder ei-
niges Bedencken auff ſeinen Befehl zuruͤck zu
ſchiffen/ und ihm des Tiberius Kopff zu lief-
fern. Welchen Meuchelmord Cajus verhan-
gen haͤtte; wenn er nicht abermals vom Fuͤrſten
Herrmann durch beſcheidene Einredung beru-
higet worden waͤre. Cajus erreichte hierauff
Syrien/ dariñen Lollius mit Fleiß das Kriegs-
Volck uͤber die Zeit aufhielt/ um die Einwohner
nach ſeinem Belieben zu ſchaͤtzen; ja er fuͤhrte
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Umwege/ wormit er die verſchonte/ welche ihn
beſtochen hatten; ſondern er hinderte auch den
zu Entſetzung der Stadt Artaxata voran gezo-
genen Cenſorin auff alle erſiñliche Weiſe an ſei-
nem Vorhaben. Endlich kam Cajus mit dem
Roͤmiſchen Heere gleichwol an den Phrat; traff
auch den Phraates mit ſeinem Perſiſchen Lager
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cker als die Roͤmer waren; auch beyde Ufer ein
flaches Feld an der Seite hatten/ da die Parthi-
ſche Reuterey ſich voͤllig ausbreiten konte/ und
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ſchen Kriegs-Oberſten daſelbſt den Feind anzu-
greiffen wiederriethen; ſo erhielt doch des vom
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beſtochenen Lollius Meynung die Uberwage
bey dem verwegenen Cajus; theils weil Lollius

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Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 1230[1232]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/1296>, abgerufen am 23.11.2024.