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Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.

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Arminius und Thußnelda.
[Spaltenumbruch] durch Heucheley sich seines Gemüthes völlig
bemächtigt hatte; theils weil der Jugend die
hitzigsten Rathschläge am anständigsten sind.
Also musten dißmahl die Klugheit der unzeiti-
gen Verwegenheit/ und treuer Rathgeber heil-
same Meynung den schlimsten Verräthereyen
ausweichen. Das Römische Heer muste/ ehe
es von der beschwerlichen Reise verblasen konte/
auf den Morgen nicht so wol wieder die Par-
then/ als den strengen Phrat kämpffen; worü-
ber aber viel von dem Flusse verschlungen; und
die/ welche gleich das andere Ufer erreichten/
von dem Feinde erschlagen wurden. Fürst Herr-
mann setzte zwar mit fünffhundert Batavischen
Reutern auf dem festen Lande Fuß; aber/ weil
die Römischen Legionen mit ihrer schweren Rü-
stung ihn unmöglich entsetzen konten/ muste er
dem mit zwölff tausend Parthischen Edel-Leu-
ten andringenden Könige Phraates nur diß-
mahl die Ehre der Oberhand lassen; und nach
dem alle Bataver von so viel tausend Pfeilen/ er
auch selbst durch die Hand und den dicken
Schenckel verwundet war/ sich zurück ziehen.
Gleichwol hörte Cajus und Lollius nicht auff
das Kriegs-Volck gleich einer Heerde Schafe
wieder den Strom und die über solcher Thor-
heit lachenden Parther anzutreiben. Als auch
Fürst Herrmann die Unmögligkeit dem Cajus
augenscheinlich fürstellte/ und so tapfere Kriegs-
Leute zu schonen erinnerte; kriegte er zur Ant-
wort: Die vorhergehende Nacht wären zu Rom
mehr junge Kriegs-Leute gezeugt worden; als
ihrer diesen Tag darauff gehen würden. End-
lich muste bey sinckender Nacht nur Cajus zum
Abzuge blasen/ den Parthen nicht allein den
ohne sonderbahre Müh erworbenen Sieg mit
Schimpff und Schaden überlassen; und noch
darzu vertragen: daß ihm Phraates durch ei-
nen gefangenen Römer zurück entbieten ließ:
Er wolte auf den Morgen ihm selbst eine Brü-
cke von den erschlagenen Römern bauen helf-
fen/ wenn ihn die Lust sich mit den Parthen zu
[Spaltenumbruch] berüchen nicht vergangen wäre. So verwe-
gen Cajus anfangs gewest; so verzagt war er
nach diesem Verluste; besorgende: daß er nicht
glückseliger/ als Craßus und Antonius aus den
Klauen der Parthen entrinnen würde. Also
ist die Verachtung seines Feindes schon der hal-
be Verlust des Sieges; wie derselbe seine Kräff-
ten zweyfach vergrössert/ der zwar die Vollkom-
menheit seinem Gemüthe beylegt; niemahls
aber sie ihm in seine Einbildung kommen läst.
Den Fürsten Herrmann kränckte diese Nieder-
lage in der Seele. Denn ob er zwar daran kei-
ne Schuld trug/ sondern vielmehr diesen Tag
den Ruhm eines unvergleichlichen Löwen-
Muths erworben hatte; wuste er doch wohl:
daß wenn ein Kriegs-Oberster drey Spannen
seinem Feinde weichen muß/ er zwölff Pfund
von seinem Ansehen einbüße; und in verlohr-
nen Schlachten die tapfferen von den Furcht-
samen selten unterschieden werden. Diesem-
nach besetzte er selbige Nacht den Strom nicht
so wol wieder besorglichen Einfall der Parthen;
als daß der ihm bereit vielfach verdächtige Lol-
lius den Parthen seinen Anschlag nicht verra-
then möchte/ zum Theil mit Römischen Kriegs-
Leuten/ meist aber nur mit dem gemeinen
Droß; und ließ um die Menge der dahin gestell-
ten Bewahrer so viel mehr zu beglaubigen viel
Wachfeuer anzünden. Er aber nahm alle Deut-
schen und den Kern von den Römischen Legio-
nen/ führte selbte in aller Stille eine gute Meil-
weges Strom-auff; da ihm denn ein erkauffter
Armenier einen Furth durch den Phrat zeigte:
daß die Reuter/ derer ieder einen Fuß-Knecht
auffs Pferd nahm/ ehe der Feind das geringste
merckte/ überkam; das übrige Fuß-Volck/ dem
etliche Fahnen Reuterey in der Mitte die Ge-
walt des Stromes auffhielten; auch noch für
Tage das andere Ufer erreichte; und in dem da-
selbst püschichten Felde noch mit einem Graben
und Brust-Wehre verbaute. Mit anbrechen-
dem Tage machte Cajus auffs neue Anstalt/ als

ob

Arminius und Thußnelda.
[Spaltenumbruch] durch Heucheley ſich ſeines Gemuͤthes voͤllig
bemaͤchtigt hatte; theils weil der Jugend die
hitzigſten Rathſchlaͤge am anſtaͤndigſten ſind.
Alſo muſten dißmahl die Klugheit der unzeiti-
gen Verwegenheit/ und treuer Rathgeber heil-
ſame Meynung den ſchlimſten Verraͤthereyen
ausweichen. Das Roͤmiſche Heer muſte/ ehe
es von der beſchwerlichen Reiſe verblaſen konte/
auf den Morgen nicht ſo wol wieder die Par-
then/ als den ſtrengen Phrat kaͤmpffen; woruͤ-
ber aber viel von dem Fluſſe verſchlungen; und
die/ welche gleich das andere Ufer erreichten/
von dem Feinde erſchlagen wuꝛden. Fuͤrſt Herꝛ-
mann ſetzte zwar mit fuͤnffhundert Bataviſchen
Reutern auf dem feſten Lande Fuß; aber/ weil
die Roͤmiſchen Legionen mit ihrer ſchweren Ruͤ-
ſtung ihn unmoͤglich entſetzen konten/ muſte er
dem mit zwoͤlff tauſend Parthiſchen Edel-Leu-
ten andringenden Koͤnige Phraates nur diß-
mahl die Ehre der Oberhand laſſen; und nach
dem alle Bataver von ſo viel tauſend Pfeilen/ er
auch ſelbſt durch die Hand und den dicken
Schenckel verwundet war/ ſich zuruͤck ziehen.
Gleichwol hoͤrte Cajus und Lollius nicht auff
das Kriegs-Volck gleich einer Heerde Schafe
wieder den Strom und die uͤber ſolcher Thor-
heit lachenden Parther anzutreiben. Als auch
Fuͤrſt Herrmann die Unmoͤgligkeit dem Cajus
augenſcheinlich fuͤrſtellte/ und ſo tapfere Kriegs-
Leute zu ſchonen erinnerte; kriegte er zur Ant-
wort: Die vorhergehende Nacht waͤren zu Rom
mehr junge Kriegs-Leute gezeugt worden; als
ihrer dieſen Tag darauff gehen wuͤrden. End-
lich muſte bey ſinckender Nacht nur Cajus zum
Abzuge blaſen/ den Parthen nicht allein den
ohne ſonderbahre Muͤh erworbenen Sieg mit
Schimpff und Schaden uͤberlaſſen; und noch
darzu vertragen: daß ihm Phraates durch ei-
nen gefangenen Roͤmer zuruͤck entbieten ließ:
Er wolte auf den Morgen ihm ſelbſt eine Bruͤ-
cke von den erſchlagenen Roͤmern bauen helf-
fen/ wenn ihn die Luſt ſich mit den Parthen zu
[Spaltenumbruch] beruͤchen nicht vergangen waͤre. So verwe-
gen Cajus anfangs geweſt; ſo verzagt war er
nach dieſem Verluſte; beſorgende: daß er nicht
gluͤckſeliger/ als Craßus und Antonius aus den
Klauen der Parthen entrinnen wuͤrde. Alſo
iſt die Verachtung ſeines Feindes ſchon der hal-
be Verluſt des Sieges; wie derſelbe ſeine Kraͤff-
ten zweyfach vergroͤſſert/ der zwar die Vollkom-
menheit ſeinem Gemuͤthe beylegt; niemahls
aber ſie ihm in ſeine Einbildung kommen laͤſt.
Den Fuͤrſten Herrmann kraͤnckte dieſe Nieder-
lage in der Seele. Denn ob er zwar daran kei-
ne Schuld trug/ ſondern vielmehr dieſen Tag
den Ruhm eines unvergleichlichen Loͤwen-
Muths erworben hatte; wuſte er doch wohl:
daß wenn ein Kriegs-Oberſter drey Spannen
ſeinem Feinde weichen muß/ er zwoͤlff Pfund
von ſeinem Anſehen einbuͤße; und in verlohr-
nen Schlachten die tapfferen von den Furcht-
ſamen ſelten unterſchieden werden. Dieſem-
nach beſetzte er ſelbige Nacht den Strom nicht
ſo wol wieder beſorglichen Einfall der Parthen;
als daß der ihm bereit vielfach verdaͤchtige Lol-
lius den Parthen ſeinen Anſchlag nicht verra-
then moͤchte/ zum Theil mit Roͤmiſchen Kriegs-
Leuten/ meiſt aber nur mit dem gemeinen
Droß; und ließ um die Menge der dahin geſtell-
ten Bewahrer ſo viel mehr zu beglaubigen viel
Wachfeuer anzuͤnden. Er abeꝛ nahm alle Deut-
ſchen und den Kern von den Roͤmiſchen Legio-
nen/ fuͤhrte ſelbte in aller Stille eine gute Meil-
weges Strom-auff; da ihm denn ein erkauffter
Armenier einen Furth durch den Phrat zeigte:
daß die Reuter/ derer ieder einen Fuß-Knecht
auffs Pferd nahm/ ehe der Feind das geringſte
merckte/ uͤberkam; das uͤbrige Fuß-Volck/ dem
etliche Fahnen Reuterey in der Mitte die Ge-
walt des Stromes auffhielten; auch noch fuͤr
Tage das andere Ufer erreichte; und in dem da-
ſelbſt puͤſchichten Felde noch mit einem Graben
und Bruſt-Wehre verbaute. Mit anbrechen-
dem Tage machte Cajus auffs neue Anſtalt/ als

ob
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Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 1231[1233]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/1297>, abgerufen am 23.11.2024.