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Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.

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Arminius und Thußnelda.
[Spaltenumbruch] grausamer bezeigen; die auff die Gnade des
Siegers ihre übrige Wolfarth gebaut hätten;
und den mit den Klauen zerfleischen/ der unter
unsern Flügeln Schirm zu finden getrauet hät-
te. Weßwegen die/ welche sich nicht überwin-
den könten/ denen Ergebenden weniger als das
Leben zu nehmen/ die angebotene Ergebung de-
nen Feinden auszuschlagen/ und sie ihnen zu be-
deuten schuldig wären: daß sie nach der Schärffe
des Kriegs-Rechts das eusserste thun/ und hin-
wieder erwarten solten. Sintemahl es zwar
Rechtens ist/ aus seines Feindes weggeworffe-
nen Degen/ für ihn Fessel/ nicht aber Hencker-
Beile schmieden zu lassen. Und wäre daher
Scipio nichts minder wegen seiner Gerechtig-
keit/ als sonst wegen seiner Tapfferkeit zu rüh-
men: daß er von denen biß auffs eusserste ver-
stockten Numantiern keinen zu tödten begehret/
welche nicht selbst sich eigen beliebig hingerich-
tet hätten. Ja bey denen meisten Völckern
wäre auch die Dienstbarkeit der sich selbst er ge-
benden viel leidlicher/ als der Gefangenen. Die
sonder einige ihre Einwilligung Gefangenen
müsten freylich zwar dem Sieger den Nacken
gedultig hinrecken; daher er es den Römern
nicht für übel hielte: daß sie auf ihren Siegs-
Geprängen sich an so viel sterbenden Feinden
erlustigten; daß aber sich Freunde und Bunds-
Genossen selbst unter einander aufreiben mü-
sten/ hiesse der Natur einen Zwang anthun/ und
die Menschen sich in ein wildes Pantherthier
verwandeln. Germanicus bezohe sich zwar
auf das Beyspiel des von den Römern getödte-
ten Pometischen Fürstens/ der vom Sylla er-
schlagener Samniter/ der vom Julius nieder-
gehauener Numidier. Uber diß/ sagte er/ wäre
der denen Fechtern aufgedrungene Zwang
nichts so abscheuliches; weil die zwey vertraute-
sten Freunde Juba und Petrejus auff diese Art
einander selbst von der Uberlast des beschwerli-
chen Lebens geholffen hätten. Ja weil ihrer
so viel durch eigenhändigen Tod sich aus der
[Spaltenumbruch] Dienstbarkeit versetzten/ hätte ein Gefangener
kein Bedencken zu tragen/ auch diß gegen seinen
Bruder auszuüben/ was er gegen sich selbst zu
thun nicht für grausam hielte. Fürst Herrmann
aber bezohe sich auf viel mildere Sitten/ derer
bey den Römern für überaus grausam beschrie-
ner Völcker/ und daß die über sich selbst habende
Gewalt sich nicht gleich über andere ausdehnen
liesse. Jnsonderheit aber wüste er nicht: wor-
durch es die Deutschen verschuldet hätten: daß
sie mehr als andere zu so grimmigem Gefechte
angestrenget würden? Es würden gewiß hier-
durch dieselben/ welche mit so fester Treue für
das Römische Volck die Waffen geführet/ sehr
stutzig; die aber/ welche aus eingewurtzeltem
Mißtrauen ihnen noch die Spitze bieteten/ mehr
verbittert gemacht werden. Der kluge August
hörte dieser Wortwechselung mit Fleiß zu/ un-
terbrach aber selbte mit folgender Erklärung:
daß mit seinem Wissen kein sich gutwillig Er-
gebender einen Fechter abzugeben/ noch auch
andere Gefangenen mehr/ als einmahl den
Kampff auszustehen gezwungen/ sondern sodenn
bey nahe in völlige Freyheit gesetzet würden. Da
auch hiewieder/ insonderheit: daß man die tapf-
fern Deutschen für andern hierinnen anspan-
nete/ etwas gehandelt worden wäre; wolte er
solchem Mißbrauche zu so vieler verdienter Hel-
den Vergnügung vollkömmlich abhelffen.

Diese Empfindligkeit des Fürsten Herr-
manns vergnügte Thußnelden so sehr: daß sie
noch selbige Nacht/ als Germanicus und Tibe-
rius zu denen auf den dritten Tag bestimmten
Rennen die sämtlichen Gäste einlud/ ihn unter
dem Scheine der Landsmannschafft zu ihren
Gefärthen erkiesete. Denn weil Pollux und
Helena aus einem/ Castor und Clytemnestra
aus einem andern Ey/ welches Leda gebohren/
entsprossen seyn solten; pflegten in denen dem
Castor und Pollux zu Ehren gehaltenen Rit-
ter - Spielen allezeit die Helffte Frauen-
Zimmer untermengt zu werden. Thußnelda

nam
Erster Theil. S s s s s s s

Arminius und Thußnelda.
[Spaltenumbruch] grauſamer bezeigen; die auff die Gnade des
Siegers ihre uͤbrige Wolfarth gebaut haͤtten;
und den mit den Klauen zerfleiſchen/ der unter
unſern Fluͤgeln Schirm zu finden getrauet haͤt-
te. Weßwegen die/ welche ſich nicht uͤberwin-
den koͤnten/ denen Ergebenden weniger als das
Leben zu nehmen/ die angebotene Ergebung de-
nen Feinden auszuſchlagen/ und ſie ihnen zu be-
deuten ſchuldig waͤren: daß ſie nach der Schaͤrffe
des Kriegs-Rechts das euſſerſte thun/ und hin-
wieder erwarten ſolten. Sintemahl es zwar
Rechtens iſt/ aus ſeines Feindes weggeworffe-
nen Degen/ fuͤr ihn Feſſel/ nicht aber Hencker-
Beile ſchmieden zu laſſen. Und waͤre daher
Scipio nichts minder wegen ſeiner Gerechtig-
keit/ als ſonſt wegen ſeiner Tapfferkeit zu ruͤh-
men: daß er von denen biß auffs euſſerſte ver-
ſtockten Numantiern keinen zu toͤdten begehret/
welche nicht ſelbſt ſich eigen beliebig hingerich-
tet haͤtten. Ja bey denen meiſten Voͤlckern
waͤre auch die Dienſtbarkeit der ſich ſelbſt er ge-
benden viel leidlicher/ als der Gefangenen. Die
ſonder einige ihre Einwilligung Gefangenen
muͤſten freylich zwar dem Sieger den Nacken
gedultig hinrecken; daher er es den Roͤmern
nicht fuͤr uͤbel hielte: daß ſie auf ihren Siegs-
Gepraͤngen ſich an ſo viel ſterbenden Feinden
erluſtigten; daß aber ſich Freunde und Bunds-
Genoſſen ſelbſt unter einander aufreiben muͤ-
ſten/ hieſſe der Natur einen Zwang anthun/ und
die Menſchen ſich in ein wildes Pantherthier
verwandeln. Germanicus bezohe ſich zwar
auf das Beyſpiel des von den Roͤmern getoͤdte-
ten Pometiſchen Fuͤrſtens/ der vom Sylla er-
ſchlagener Samniter/ der vom Julius nieder-
gehauener Numidier. Uber diß/ ſagte er/ waͤre
der denen Fechtern aufgedrungene Zwang
nichts ſo abſcheuliches; weil die zwey vertraute-
ſten Freunde Juba und Petrejus auff dieſe Art
einander ſelbſt von der Uberlaſt des beſchwerli-
chen Lebens geholffen haͤtten. Ja weil ihrer
ſo viel durch eigenhaͤndigen Tod ſich aus der
[Spaltenumbruch] Dienſtbarkeit verſetzten/ haͤtte ein Gefangener
kein Bedencken zu tragen/ auch diß gegen ſeinen
Bruder auszuuͤben/ was er gegen ſich ſelbſt zu
thun nicht fuͤr grauſam hielte. Fuͤrſt Herrmann
aber bezohe ſich auf viel mildere Sitten/ derer
bey den Roͤmern fuͤr uͤberaus grauſam beſchrie-
ner Voͤlcker/ und daß die uͤber ſich ſelbſt habende
Gewalt ſich nicht gleich uͤber andere ausdehnen
lieſſe. Jnſonderheit aber wuͤſte er nicht: wor-
durch es die Deutſchen verſchuldet haͤtten: daß
ſie mehr als andere zu ſo grimmigem Gefechte
angeſtrenget wuͤrden? Es wuͤrden gewiß hier-
durch dieſelben/ welche mit ſo feſter Treue fuͤr
das Roͤmiſche Volck die Waffen gefuͤhret/ ſehr
ſtutzig; die aber/ welche aus eingewurtzeltem
Mißtrauen ihnen noch die Spitze bietetẽ/ mehr
verbittert gemacht werden. Der kluge Auguſt
hoͤrte dieſer Wortwechſelung mit Fleiß zu/ un-
terbrach aber ſelbte mit folgender Erklaͤrung:
daß mit ſeinem Wiſſen kein ſich gutwillig Er-
gebender einen Fechter abzugeben/ noch auch
andere Gefangenen mehr/ als einmahl den
Kampff auszuſtehen gezwungen/ ſondern ſodeñ
bey nahe in voͤllige Freyheit geſetzet wuͤrden. Da
auch hiewieder/ inſonderheit: daß man die tapf-
fern Deutſchen fuͤr andern hierinnen anſpan-
nete/ etwas gehandelt worden waͤre; wolte er
ſolchem Mißbrauche zu ſo vieler verdienter Hel-
den Vergnuͤgung vollkoͤmmlich abhelffen.

Dieſe Empfindligkeit des Fuͤrſten Herr-
manns vergnuͤgte Thußnelden ſo ſehr: daß ſie
noch ſelbige Nacht/ als Germanicus und Tibe-
rius zu denen auf den dritten Tag beſtimmten
Rennen die ſaͤmtlichen Gaͤſte einlud/ ihn unter
dem Scheine der Landsmannſchafft zu ihren
Gefaͤrthen erkieſete. Denn weil Pollux und
Helena aus einem/ Caſtor und Clytemneſtra
aus einem andern Ey/ welches Leda gebohren/
entſproſſen ſeyn ſolten; pflegten in denen dem
Caſtor und Pollux zu Ehren gehaltenen Rit-
ter - Spielen allezeit die Helffte Frauen-
Zimmer untermengt zu werden. Thußnelda

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Erſter Theil. S s s s s s s
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Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 1241[1243]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/1307>, abgerufen am 23.11.2024.