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Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.

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Arminius und Thußnelda.
[Spaltenumbruch] gend ausgezogen; oder nicht für rühmlicher ge-
achtet hätte den mir bevorstehenden schmählich-
sten Tod zu leiden/ als der durch mich verleite-
ten Unschuld zu Grabe zu leuchten. Die Rich-
ter erstarrten über diesem freymüthigem Be-
käntnüße/ liessen die Zauberin feste machen/ und
brachten diese Begebnüße dem König Frotho
umständlich bey. Alleine dieser hielt des Fenni-
schen Weibes Beginnen für ein Spiegelfech-
ten/ oder eine angestellte Sache; nach dem die
Zauberey über die der Göttlichen Herrschafft
unterworffene Seelen/ die Zeichen und Se-
gnungen über das Wesen und die Neigung der
Menschen keine Gewalt hätten. Die Liebe
würde entweder durch eine Göttliche Regung
unmittelbar im Hertzen/ oder durch eine kluge
Wahl im Haupte gezeuget; also: daß weder die
Zauberey noch die Hölle selbst/ als die Mutter
der Zerrüttung/ welche beyde mit unauflößli-
chen Ketten in den Abgrund eingekerckert wä-
ren/ solche zu gebehren vermöchte. Die Liebe
hätte so gar aus den Sternen als ein himmlischer
Balsam ihren Uhrsprung; ihr Geist wäre rein/
ihre Bewegung unverwirret; Die Zauberey
aber eine Mutter der Rasenden und Mond-
süchtigen. Diesemnach denn/ da in einem Din-
ge/ gewiß in Zauberey der Unglaube für die
Spann-Ader menschlicher Klugheit seyn mü-
ste. Die Richter hingegen stellten dem Könige
Frotho beweglich vor Augen: Die Flamme
keuscher Liebe wäre freylich wol ein zu schönes
Kind für die Zauberey/ welche als eine Tochter
der Hölle nichts als Mohren gebähren könte.
Die bösen Geister vermöchten eben so wenig der
Seele eine so reine Regung/ als die aus Schacht
und Thälern aufsteigenden Nebel der Welt
ein Licht anzuzünden; weniger könten so grau-
same Gespenster einen so holden Engel/ als
die Liebe wäre/ gebähren; Die Unholden wä-
ren viel zu ohnmächtig ihre von dem Abgrun-
de ausgespeite Kohlen in ein Gestirne/ und
[Spaltenumbruch] ihren gifftigen Tugend - Haß in das Ebenbild
der unbefleckten Zuneigung verwandeln. Al-
leine die Mißgeburt der Unzucht wäre aller-
dinges ein Brut der Höllischen Unholden; und
ob zwar Cirze aus den Menschen keine reine
Schwanen/ keine unbefleckte Fenixe oder Ad-
ler zu machen gewüst; hätte sie doch Ulyssens
Geferthen in Schweine/ Wölffe und Hunde
verwandelt. Diese Neigung wäre der Kern
des gifftigsten Hasses/ und eine rechte Nattern-
Buhlschafft/ die mit ihrer Umarmung mehr/
als Tiger und hauende Schweine mit ihren
Klauen und Zähnen zerfleischte/ und mit ihren
Liebes-Blicken grimmiger/ als Basilisken
tödtete. Diese verteuffelte Wissenschafft ge-
brauchte sich nicht nur seltzamer Kräuter/ die
den Verstand in Wahnwitz/ das Geblüte in ei-
ne lodernde Glut verkehrten; ja nicht selten
durch solche Liebes - Artzneyen den Menschen
gar das Licht ausleschten/ wie Lucilia ihren ei-
genen Ehmann Lucretz/ Callisthenes den Lu-
cullus hierdurch aufgerieben; sondern sie übte
auch durch Zeichen und fremde Worte zweif-
felsfrey mit Zuthat eines Höllischen Geistes
solche Greuel aus/ für welchen die Vernunfft
erstarren/ und der Himmel verschwartzen mü-
ste; wie sie an dieser Zauberin mit Augen gese-
hen; und die Perfische Kriegs-Flotte für Zei-
ten vom Nectabis erschrecklich erfahren hätte.
Ja die Zauberin selbst erbot sich durch grössere
Wunder die Warheit ihres bekennten Lasters
zu erhärten. Sie wunderte sich: daß man die
so viel tausend mahl bewehrte Kräfften der
Zauberey in Zweiffel züge; Da man doch
zu Bysantz eine Ertztene Schlange/ und
in Tripolis einen mit Storpivnen be-
zeichneten Stein allen gifftigen Thieren
in selbige Städte/ des Hercules Bild in
die Häuser schädlichen Dingen den Ein-
gang verwehren sehe. Da doch gewisse Wur-
tzeln Gemsen und Hirsche feste machten/

etliche
Erster Theil. G g g g g g g g

Arminius und Thußnelda.
[Spaltenumbruch] gend ausgezogen; oder nicht fuͤr ruͤhmlicher ge-
achtet haͤtte den mir bevorſtehenden ſchmaͤhlich-
ſten Tod zu leiden/ als der durch mich verleite-
ten Unſchuld zu Grabe zu leuchten. Die Rich-
ter erſtarrten uͤber dieſem freymuͤthigem Be-
kaͤntnuͤße/ lieſſen die Zauberin feſte machen/ und
brachten dieſe Begebnuͤße dem Koͤnig Frotho
umſtaͤndlich bey. Alleine dieſer hielt des Fenni-
ſchen Weibes Beginnen fuͤr ein Spiegelfech-
ten/ oder eine angeſtellte Sache; nach dem die
Zauberey uͤber die der Goͤttlichen Herrſchafft
unterworffene Seelen/ die Zeichen und Se-
gnungen uͤber das Weſen und die Neigung der
Menſchen keine Gewalt haͤtten. Die Liebe
wuͤrde entweder durch eine Goͤttliche Regung
unmittelbar im Hertzen/ oder durch eine kluge
Wahl im Haupte gezeuget; alſo: daß weder die
Zauberey noch die Hoͤlle ſelbſt/ als die Mutter
der Zerruͤttung/ welche beyde mit unaufloͤßli-
chen Ketten in den Abgrund eingekerckert waͤ-
ren/ ſolche zu gebehren vermoͤchte. Die Liebe
haͤtte ſo gar aus den Sternen als ein him̃liſcher
Balſam ihren Uhrſprung; ihr Geiſt waͤre rein/
ihre Bewegung unverwirret; Die Zauberey
aber eine Mutter der Raſenden und Mond-
ſuͤchtigen. Dieſemnach denn/ da in einem Din-
ge/ gewiß in Zauberey der Unglaube fuͤr die
Spann-Ader menſchlicher Klugheit ſeyn muͤ-
ſte. Die Richter hingegen ſtellten dem Koͤnige
Frotho beweglich vor Augen: Die Flamme
keuſcher Liebe waͤre freylich wol ein zu ſchoͤnes
Kind fuͤr die Zauberey/ welche als eine Tochter
der Hoͤlle nichts als Mohren gebaͤhren koͤnte.
Die boͤſen Geiſter vermoͤchten eben ſo wenig der
Seele eine ſo reine Regung/ als die aus Schacht
und Thaͤlern aufſteigenden Nebel der Welt
ein Licht anzuzuͤnden; weniger koͤnten ſo grau-
ſame Geſpenſter einen ſo holden Engel/ als
die Liebe waͤre/ gebaͤhren; Die Unholden waͤ-
ren viel zu ohnmaͤchtig ihre von dem Abgrun-
de ausgeſpeite Kohlen in ein Geſtirne/ und
[Spaltenumbruch] ihren gifftigen Tugend - Haß in das Ebenbild
der unbefleckten Zuneigung verwandeln. Al-
leine die Mißgeburt der Unzucht waͤre aller-
dinges ein Brut der Hoͤlliſchen Unholden; und
ob zwar Cirze aus den Menſchen keine reine
Schwanen/ keine unbefleckte Fenixe oder Ad-
ler zu machen gewuͤſt; haͤtte ſie doch Ulyſſens
Geferthen in Schweine/ Woͤlffe und Hunde
verwandelt. Dieſe Neigung waͤre der Kern
des gifftigſten Haſſes/ und eine rechte Nattern-
Buhlſchafft/ die mit ihrer Umarmung mehr/
als Tiger und hauende Schweine mit ihren
Klauen und Zaͤhnen zerfleiſchte/ und mit ihren
Liebes-Blicken grimmiger/ als Baſilisken
toͤdtete. Dieſe verteuffelte Wiſſenſchafft ge-
brauchte ſich nicht nur ſeltzamer Kraͤuter/ die
den Verſtand in Wahnwitz/ das Gebluͤte in ei-
ne lodernde Glut verkehrten; ja nicht ſelten
durch ſolche Liebes - Artzneyen den Menſchen
gar das Licht ausleſchten/ wie Lucilia ihren ei-
genen Ehmann Lucretz/ Calliſthenes den Lu-
cullus hierdurch aufgerieben; ſondern ſie uͤbte
auch durch Zeichen und fremde Worte zweif-
felsfrey mit Zuthat eines Hoͤlliſchen Geiſtes
ſolche Greuel aus/ fuͤr welchen die Vernunfft
erſtarren/ und der Himmel verſchwartzen muͤ-
ſte; wie ſie an dieſer Zauberin mit Augen geſe-
hen; und die Perfiſche Kriegs-Flotte fuͤr Zei-
ten vom Nectabis erſchrecklich erfahren haͤtte.
Ja die Zauberin ſelbſt erbot ſich durch groͤſſere
Wunder die Warheit ihres bekennten Laſters
zu erhaͤrten. Sie wunderte ſich: daß man die
ſo viel tauſend mahl bewehrte Kraͤfften der
Zauberey in Zweiffel zuͤge; Da man doch
zu Byſantz eine Ertztene Schlange/ und
in Tripolis einen mit Storpivnen be-
zeichneten Stein allen gifftigen Thieren
in ſelbige Staͤdte/ des Hercules Bild in
die Haͤuſer ſchaͤdlichen Dingen den Ein-
gang verwehren ſehe. Da doch gewiſſe Wur-
tzeln Gemſen und Hirſche feſte machten/

etliche
Erſter Theil. G g g g g g g g
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Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 1337[1339]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/1405>, abgerufen am 23.11.2024.