Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.Arminius und Thußnelda. [Spaltenumbruch]
Schlacht-Ordnung sätzten. So bald nun mitden Paucken und Krumhörnern das Zeichen zur Schlacht gegeben ward/ grief ein jeder zu seinem Bogen; also: daß durch die Pfeile/ wel- che die Scythen und Parthen meist nicht schnur gerade auf den Feind/ sondern empor in die Lufft schüssen/ umb durch den Herunter-Fall selbten zu beleidigen/ der gantze Schauplatz erfüllet ward/ und hierdurch unzehlbar viel verwundet wären worden/ wenn nicht bey diesem Schat- ten-Streite alle Spitzen der Pfeile mit Fleiß wären verbrochen oder stumpff gemacht gewest. Hier auf sätzten sie mit Schwerdtern und Wun- der-Spießen an einander; und wusten sich die Hauffen so artlich zu schwencken: daß die Deutschen und Scythen einmal mit den Per- sen/ das andermal wechsels-weise mit den Jndia- nern zu treffen kamen. Der Unterscheid der Kleidungen/ und die gute Ordnung/ wie immer ein geschlossenes Glied auf das andere traf/ gab dem Schauplatze eine ungemeine Vergnü- gung. Jnsonderheit ließen sich die vier Heer- führer tapfer schauen; und war insonderheit eine Lust; wie bald Hertzog Herrmann/ bald Catu- mer gegen des Fürsten Jubils Elefanten fochte/ und selbten bald mit brennenden Fackeln schüch- tern/ Jubil aber mit Maulbeer-Saffte wider hertzhafft machte/ und seine sich klüglich wenden- den Feinde verfolgte. Mit dem Hertzog Ga- nasch brach jeder auch drey Lantzen; also: daß/ wer mit seiner Tapfer- und Geschickligkeit dem andern etwas zuvor thät/ schwerlich zu unterschei- den war. Als nun alle Glieder dreymal mit einander Welch Unstern regt die Helden dieser Welt Durch Menschen-Blut mein Feyer zu entweihen! Wer weiß nicht: daß bey meinem holden Freyen Die Hochzeit-Lust durch Zwytracht wird vergällt. Das Blut/ wormit mein Hymen mich beschenckt/ Der Bräute Schatz/ die Blüte der Jungfrauen/ Mag nur allein mein friedsam Auge schauen: So werd' ich nun durch euren Streit gekränckt. Jch bin vergnügt mit einer Gans und Kuh. Ja/ welcher mir wil opfernde gefallen/ Muß über dis hinwegthun ihre Gallen; Und sich bey mir durch Eintracht liebeln zu. Wer aber scheut nicht Herrmanns blitzend Schwerdt? Wer spiegelt sich nicht an Jxions Straffen? Der Lust gewinnt Thußnelden beyznschlaffen/ Die GOtt und ich dem Herrmann hat beschert. Dis todte Bild dient durch sein rege-seyn Des Himmels Schluß/ und wem der Krantz gehöre Der Tapferkeit/ euch Frembdlingen zur Lehre; Wenn's Herrmanns Haupt mit Sternen hüllet ein. Uber diesen Worten bewegte sich die in der Doch/ lächs't in euch der Kriegs-Geist noch nach Blut/ So laßt es hier Luchs/ Bär und Pferd vergießen. Denn Menschen solln der süssen Ruh genüssen/ Krieg aber ist des Viehes Art und Gut. Nach vollendetem Gesange hob sich Juno und L l l l l l l l 3
Arminius und Thußnelda. [Spaltenumbruch]
Schlacht-Ordnung ſaͤtzten. So bald nun mitden Paucken und Krumhoͤrnern das Zeichen zur Schlacht gegeben ward/ grief ein jeder zu ſeinem Bogen; alſo: daß durch die Pfeile/ wel- che die Scythen und Parthen meiſt nicht ſchnur gerade auf den Feind/ ſondeꝛn empor in die Lufft ſchuͤſſen/ umb durch den Herunter-Fall ſelbten zu beleidigen/ der gantze Schauplatz erfuͤllet ward/ und hierdurch unzehlbar viel verwundet waͤren worden/ wenn nicht bey dieſem Schat- ten-Streite alle Spitzen der Pfeile mit Fleiß waͤren verbrochen oder ſtumpff gemacht geweſt. Hier auf ſaͤtzten ſie mit Schwerdteꝛn und Wun- der-Spießen an einander; und wuſten ſich die Hauffen ſo artlich zu ſchwencken: daß die Deutſchen und Scythen einmal mit den Per- ſen/ das andeꝛmal wechſels-weiſe mit den Jndia- nern zu treffen kamen. Der Unterſcheid der Kleidungen/ und die gute Ordnung/ wie im̃er ein geſchloſſenes Glied auf das andere traf/ gab dem Schauplatze eine ungemeine Vergnuͤ- gung. Jnſonderheit ließen ſich die vier Heer- fuͤhꝛer tapfer ſchauen; und war inſondeꝛheit eine Luſt; wie bald Hertzog Herrmann/ bald Catu- mer gegen des Fuͤrſten Jubils Elefanten fochte/ und ſelbten bald mit bꝛennenden Fackeln ſchuͤch- tern/ Jubil aber mit Maulbeer-Saffte wider heꝛtzhafft machte/ und ſeine ſich kluͤglich wenden- den Feinde verfolgte. Mit dem Hertzog Ga- naſch brach jeder auch drey Lantzen; alſo: daß/ wer mit ſeiner Tapfer- und Geſchickligkeit dem andeꝛn etwas zuvor thaͤt/ ſchweꝛlich zu unteꝛſchei- den war. Als nun alle Glieder dreymal mit einander Welch Unſtern regt die Helden dieſer Welt Durch Menſchen-Blut mein Feyer zu entweihen! Wer weiß nicht: daß bey meinem holden Freyen Die Hochzeit-Luſt durch Zwytracht wird vergaͤllt. Das Blut/ wormit mein Hymen mich beſchenckt/ Der Braͤute Schatz/ die Bluͤte der Jungfrauen/ Mag nur allein mein friedſam Auge ſchauen: So werd’ ich nun durch euren Streit gekraͤnckt. Jch bin vergnuͤgt mit einer Gans und Kuh. Ja/ welcher mir wil opfernde gefallen/ Muß uͤber dis hinwegthun ihre Gallen; Und ſich bey mir durch Eintracht liebeln zu. Wer aber ſcheut nicht Herrmanns blitzend Schwerdt? Wer ſpiegelt ſich nicht an Jxions Straffen? Der Luſt gewinnt Thußnelden beyznſchlaffen/ Die GOtt und ich dem Herrmann hat beſchert. Dis todte Bild dient durch ſein rege-ſeyn Des Himmels Schluß/ und wem der Krantz gehoͤre Der Tapferkeit/ euch Frembdlingen zur Lehre; Wenn’s Herrmanns Haupt mit Sternen huͤllet ein. Uber dieſen Worten bewegte ſich die in der Doch/ laͤchſ’t in euch der Kriegs-Geiſt noch nach Blut/ So laßt es hier Luchs/ Baͤr und Pferd vergießen. Denn Menſchen ſolln der ſuͤſſen Ruh genuͤſſen/ Krieg aber iſt des Viehes Art und Gut. Nach vollendetem Geſange hob ſich Juno und L l l l l l l l 3
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Arminius und Thußnelda.
Schlacht-Ordnung ſaͤtzten. So bald nun mit
den Paucken und Krumhoͤrnern das Zeichen
zur Schlacht gegeben ward/ grief ein jeder zu
ſeinem Bogen; alſo: daß durch die Pfeile/ wel-
che die Scythen und Parthen meiſt nicht ſchnur
gerade auf den Feind/ ſondeꝛn empor in die Lufft
ſchuͤſſen/ umb durch den Herunter-Fall ſelbten
zu beleidigen/ der gantze Schauplatz erfuͤllet
ward/ und hierdurch unzehlbar viel verwundet
waͤren worden/ wenn nicht bey dieſem Schat-
ten-Streite alle Spitzen der Pfeile mit Fleiß
waͤren verbrochen oder ſtumpff gemacht geweſt.
Hier auf ſaͤtzten ſie mit Schwerdteꝛn und Wun-
der-Spießen an einander; und wuſten ſich
die Hauffen ſo artlich zu ſchwencken: daß die
Deutſchen und Scythen einmal mit den Per-
ſen/ das andeꝛmal wechſels-weiſe mit den Jndia-
nern zu treffen kamen. Der Unterſcheid der
Kleidungen/ und die gute Ordnung/ wie im̃er
ein geſchloſſenes Glied auf das andere traf/ gab
dem Schauplatze eine ungemeine Vergnuͤ-
gung. Jnſonderheit ließen ſich die vier Heer-
fuͤhꝛer tapfer ſchauen; und war inſondeꝛheit eine
Luſt; wie bald Hertzog Herrmann/ bald Catu-
mer gegen des Fuͤrſten Jubils Elefanten fochte/
und ſelbten bald mit bꝛennenden Fackeln ſchuͤch-
tern/ Jubil aber mit Maulbeer-Saffte wider
heꝛtzhafft machte/ und ſeine ſich kluͤglich wenden-
den Feinde verfolgte. Mit dem Hertzog Ga-
naſch brach jeder auch drey Lantzen; alſo: daß/
wer mit ſeiner Tapfer- und Geſchickligkeit dem
andeꝛn etwas zuvor thaͤt/ ſchweꝛlich zu unteꝛſchei-
den war.
Als nun alle Glieder dreymal mit einander
getroffen/ ließ die Abgoͤttin Juno und Vorſte-
herin der Hochzeiten auf einem guͤldenen mit
Pfauen beſpannten Wagen in einer lichten
Wolcken ſich mitten auf den Schauplatz/ und
noͤthigte alſo die zu einem neuen Kampfe ſich ruͤ-
ſtende Hauffen auf ihrem Stande feſten Fuß
zu halten. Uber der Juno ſaß auf einem Re-
genbogen Jris/ und fuͤr ihr die Geiſter beyder
Angelſternen; und ſieben mit geſtirnten Klei-
dern bedeckte Jungfrauen; welche alle durch
Harffen und andere Saͤiten-Spiele gleichſam
die ſuͤſſe Ubereinſtimmung der himmliſchen
Geſtirne; welche die Egyptier ohne dis durch
eine ſiebenſeitichte Leyer/ die Griechen durch ſo
viel Pfeiffen des Paris fuͤrgebildet haben/ aus-
druͤckten. Jn dis annehmliche Gethoͤne ſang
Juno mit einer lebhafften Bewegung und
durchdringenden Anmuth folgende Reimen:
Welch Unſtern regt die Helden dieſer Welt
Durch Menſchen-Blut mein Feyer zu entweihen!
Wer weiß nicht: daß bey meinem holden Freyen
Die Hochzeit-Luſt durch Zwytracht wird vergaͤllt.
Das Blut/ wormit mein Hymen mich beſchenckt/
Der Braͤute Schatz/ die Bluͤte der Jungfrauen/
Mag nur allein mein friedſam Auge ſchauen:
So werd’ ich nun durch euren Streit gekraͤnckt.
Jch bin vergnuͤgt mit einer Gans und Kuh.
Ja/ welcher mir wil opfernde gefallen/
Muß uͤber dis hinwegthun ihre Gallen;
Und ſich bey mir durch Eintracht liebeln zu.
Wer aber ſcheut nicht Herrmanns blitzend Schwerdt?
Wer ſpiegelt ſich nicht an Jxions Straffen?
Der Luſt gewinnt Thußnelden beyznſchlaffen/
Die GOtt und ich dem Herrmann hat beſchert.
Dis todte Bild dient durch ſein rege-ſeyn
Des Himmels Schluß/ und wem der Krantz gehoͤre
Der Tapferkeit/ euch Frembdlingen zur Lehre;
Wenn’s Herrmanns Haupt mit Sternen huͤllet ein.
Uber dieſen Worten bewegte ſich die in der
Mitte des Schauplatzes ſtehende Seule/ und
das Bild Thußneldens naͤherte ſich dem an der
einen Ecken haltenden Feldherrn/ und ſaͤtzte ihm
den von der Tapferkeit empfangenen Sternen-
Krantz auf. Hierauf ſang Juno weiter:
Doch/ laͤchſ’t in euch der Kriegs-Geiſt noch nach Blut/
So laßt es hier Luchs/ Baͤr und Pferd vergießen.
Denn Menſchen ſolln der ſuͤſſen Ruh genuͤſſen/
Krieg aber iſt des Viehes Art und Gut.
Nach vollendetem Geſange hob ſich Juno
in ihrer Wolcke wieder empor; alle Fuͤrſten
und
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Zitationshilfe: | Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 1373[1375]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/1441>, abgerufen am 17.06.2024. |