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Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.

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Anderes Buch
[Spaltenumbruch] tannischen Königs Tochter vermählte/ welcher
mit seiner Schiffarth der grossen Tritonischen
oder Atlantischen Eylande bemächtigt hat. Das
selbige Eiland/ fragte Rhemetalces/ von welchem
Plato erzehlet/ daß es auserhalb der Seulen
Hereules liegen/ und grösser/ als Asien und
Africa zusammen/ seyn solle? Jch halte es da-
für/ sagte Malovend/ denn seine Gelegenheit
und Grösse trifft mit ihm ein. Aber sagte Ze-
no/ wird die Erfindung nicht der Stadt Cartha-
go zugeschrieben? Jch erinnere mich aus den al-
ten Geschicht-Schreibern: daß nach dem die
Carthaginenser ihr Gebiete biß an das Phile-
nische Altar und in Spanien erstrecket/ sie aus-
serhalb der Gaditanischen Meer-Enge (welche
sie stets mit einer Schiffs-Flotte besetzt gehalten/
und ausser selbtem alle betretende Frembden er-
säufft) insgemein nach den Jnseln Cassiterides
geschifft hätten. Von dar wäre ein Schiff durch
Ungewitter viel Tagereisen weit auff ein grosses
Eyland verschlagen worden/ welches hernach
durch ihre Fruchtbarkeit/ gesunde Lufft/ An-
muth/ Schiffreiche Flüsse viel Carthaginenser
dahin/ und ihr sandichtes von der Sonne und ste-
ter Kriegsflamme brennendes Vaterland zu ver-
lassen gelockt hätte; also daß die Suffetes in Sor
gen gerathen/ es würde Carthago dieser daselbst
so groß gemachten Herrligkeit und der stets
beliebenden Neuigkeit halber gar öde gelassen/
und ihr Reich dahin versetzt werden. Weßwe-
gen sie nicht allein bey Lebens-Straffen fernere
Schiffarth dahin verboten/ sondern auch den
Hanno mit einer Kriegs-Flotte dahin geschickt/
welcher die daselbst niedergelassenen Carthagi-
nenser auff die Schiffe gebracht/ und ungeach-
tet ihres erbärmlichen Wehklagens/ daß sie die
kaum gekostete Süßigkeit dieses neuen Vater-
landes verlassen solten/ zurück geführet hätte.
Ausser allem Zweiffel/ antwortete Marcomir/
sind die Carthaginenser dahin kommen/ sintemal
man daselbst hin und wieder Helffenbein/ da doch
daselbst, keine Elephanten sind/ gefunden hat;
[Spaltenumbruch] und es ist bekandt/ daß die Römer zu Carthago
noch in dem Tempel des Esculapius zwey
Häute von daselbst gefangenen rauchen Wei-
bern gefunden/ welche eben derselbe Hanno/
der gantz Africa umschifft/ alle Meere durch-
forscht/ also leicht das Atlantische Eyland fin-
den können/ zum ewigen Gedächtniß auffge-
henckt. Ja man glaubt numehro festiglich/ daß
der Carthaginenser Vor-Eltern die Phönicier
noch lange Zeit vorhero hinter diese Eylande
(die nichts minder als das Libysche Gebür ge
und das grosse Meer von dem Phönicischen
Könige Atlas den Nahmen bekommen) in das
grosse Reich Kekisem/ und dieselben mittägich-
ten Länder/ die von dem Färbe-Holtze theils be-
rühmt sind/ theils gar den Nahmen haben/ wor-
von der Egyptische Priester Santes dem So-
lon so viel zu erzehlen gewust/ gedrungen; als
wo biß an die Sudische Meer-Enge man von
ihnen viel Kennzeichen seit der Zeit angetrof-
fen. Jnsonderheit haben die Britannier noch
in dieser neuen Welt solche Riesen-Gebeine
ausgegraben/ die niemanden mehr als den Phö-
nicischen Enackitern und Chettern ähnlich ge-
sehen. Von diesen Riesen erzehlen noch itzige
Einwohner/ daß ihre Vor-Eltern durch gött-
lichen Beystand mitten durch die See für ih-
ren Feinden trocken geführet worden/ und aus
den Morgenländern übers Meer dahin kom-
men wären/ prächtige Gebäue und noch sicht-
bare Brunnen daselbst gebauet/ endlich durch
ihre abscheuliche Laster vom Himmlischen Feu-
er ihre Vertilgung erholet hätten. Zeno ver-
wunderte sich/ und meldete: Er könte nicht be-
greiffen/ warum und wie sie in so sehr entfernte
Länder gerathen? Ob sie die Sonne auff ihrem
Wagen mitgenommen? Malovend versetzte:
zum minsten hat ihnen so wohl die Sonne als
andere Gestirne den Weg gewiesen. Wie
denn auch oberwehnter König Atlas für des
Himmels Sohn/ des Saturnus Bruder/
und für den Erfinder der Sternkunst gehalten/

und

Anderes Buch
[Spaltenumbruch] tanniſchen Koͤnigs Tochter vermaͤhlte/ welcher
mit ſeiner Schiffarth der groſſen Tritoniſchen
oder Atlantiſchen Eylande bemaͤchtigt hat. Das
ſelbige Eiland/ fragte Rhemetalces/ von welchem
Plato erzehlet/ daß es auſerhalb der Seulen
Hereules liegen/ und groͤſſer/ als Aſien und
Africa zuſammen/ ſeyn ſolle? Jch halte es da-
fuͤr/ ſagte Malovend/ denn ſeine Gelegenheit
und Groͤſſe trifft mit ihm ein. Aber ſagte Ze-
no/ wird die Erfindung nicht der Stadt Cartha-
go zugeſchrieben? Jch erinnere mich aus den al-
ten Geſchicht-Schreibern: daß nach dem die
Carthaginenſer ihr Gebiete biß an das Phile-
niſche Altar und in Spanien erſtrecket/ ſie auſ-
ſerhalb der Gaditaniſchen Meer-Enge (welche
ſie ſtets mit einer Schiffs-Flotte beſetzt gehalten/
und auſſer ſelbtem alle betretende Frembden er-
ſaͤufft) insgemein nach den Jnſeln Caſſiterides
geſchifft haͤtten. Von dar waͤre ein Schiff durch
Ungewitter viel Tagereiſen weit auff ein groſſes
Eyland verſchlagen worden/ welches hernach
durch ihre Fruchtbarkeit/ geſunde Lufft/ An-
muth/ Schiffreiche Fluͤſſe viel Carthaginenſer
dahin/ und ihr ſandichtes von deꝛ Sonne und ſte-
ter Kriegsflam̃e brennendes Vaterland zu ver-
laſſen gelockt haͤtte; alſo daß die Suffetes in Sor
gen gerathen/ es wuͤrde Carthago dieſer daſelbſt
ſo groß gemachten Herrligkeit und der ſtets
beliebenden Neuigkeit halber gar oͤde gelaſſen/
und ihr Reich dahin verſetzt werden. Weßwe-
gen ſie nicht allein bey Lebens-Straffen fernere
Schiffarth dahin verboten/ ſondern auch den
Hanno mit einer Kriegs-Flotte dahin geſchickt/
welcher die daſelbſt niedergelaſſenen Carthagi-
nenſer auff die Schiffe gebracht/ und ungeach-
tet ihres erbaͤrmlichen Wehklagens/ daß ſie die
kaum gekoſtete Suͤßigkeit dieſes neuen Vater-
landes verlaſſen ſolten/ zuruͤck gefuͤhret haͤtte.
Auſſer allem Zweiffel/ antwortete Marcomir/
ſind die Carthaginenſer dahin kom̃en/ ſintemal
man daſelbſt hin und wieder Helffenbein/ da doch
daſelbſt, keine Elephanten ſind/ gefunden hat;
[Spaltenumbruch] und es iſt bekandt/ daß die Roͤmer zu Carthago
noch in dem Tempel des Eſculapius zwey
Haͤute von daſelbſt gefangenen rauchen Wei-
bern gefunden/ welche eben derſelbe Hanno/
der gantz Africa umſchifft/ alle Meere durch-
forſcht/ alſo leicht das Atlantiſche Eyland fin-
den koͤnnen/ zum ewigen Gedaͤchtniß auffge-
henckt. Ja man glaubt numehro feſtiglich/ daß
der Carthaginenſer Vor-Eltern die Phoͤnicier
noch lange Zeit vorhero hinter dieſe Eylande
(die nichts minder als das Libyſche Gebuͤr ge
und das groſſe Meer von dem Phoͤniciſchen
Koͤnige Atlas den Nahmen bekommen) in das
groſſe Reich Kekiſem/ und dieſelben mittaͤgich-
ten Laͤnder/ die von dem Faͤrbe-Holtze theils be-
ruͤhmt ſind/ theils gar den Nahmen haben/ wor-
von der Egyptiſche Prieſter Santes dem So-
lon ſo viel zu erzehlen gewuſt/ gedrungen; als
wo biß an die Sudiſche Meer-Enge man von
ihnen viel Kennzeichen ſeit der Zeit angetrof-
fen. Jnſonderheit haben die Britannier noch
in dieſer neuen Welt ſolche Rieſen-Gebeine
ausgegraben/ die niemanden mehr als den Phoͤ-
niciſchen Enackitern und Chettern aͤhnlich ge-
ſehen. Von dieſen Rieſen erzehlen noch itzige
Einwohner/ daß ihre Vor-Eltern durch goͤtt-
lichen Beyſtand mitten durch die See fuͤr ih-
ren Feinden trocken gefuͤhret worden/ und aus
den Morgenlaͤndern uͤbers Meer dahin kom-
men waͤren/ praͤchtige Gebaͤue und noch ſicht-
bare Brunnen daſelbſt gebauet/ endlich durch
ihre abſcheuliche Laſter vom Himmliſchen Feu-
er ihre Vertilgung erholet haͤtten. Zeno ver-
wunderte ſich/ und meldete: Er koͤnte nicht be-
greiffen/ warum und wie ſie in ſo ſehr entfernte
Laͤnder gerathen? Ob ſie die Sonne auff ihrem
Wagen mitgenommen? Malovend verſetzte:
zum minſten hat ihnen ſo wohl die Sonne als
andere Geſtirne den Weg gewieſen. Wie
denn auch oberwehnter Koͤnig Atlas fuͤr des
Himmels Sohn/ des Saturnus Bruder/
und fuͤr den Erfinder der Sternkunſt gehalten/

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Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 120. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/170>, abgerufen am 24.11.2024.