Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.

Bild:
<< vorherige Seite

Drittes Buch
[Spaltenumbruch] das menschliche Elend die Eigenschafft des Feu-
ers an sich/ welches/ seines Verderbens wegen/
Schaden und weh thäte/ gleichwohl aber an-
nehmlich anzuschauen wäre. Also hörete man
ins gemein die allertraurigsten Ebentheuer am
liebsten. Uber diß machte die Unglückseligkeit
ihr Geschlechte bey ihr weder schuldig noch ver-
dächtig. Das feinste Gold komme so geschwind
in den Schmeltz-Ofen/ als das schlimmen Bey-
satz hat/ und der Hagel schlage so geschwinde Wei-
tzen als Unkraut nieder. Das Verhängnüß
habe etliche Geschlechter zu grossem Glück/ an-
dere zu unaufhörlichem Jammer versehen/ ohne
daß es auf die Tugend oder die Laster ein oder
des andern ein Auge habe. Dahero erbete man
von seinen Eltern nicht nur die Aehnligkeit des
Gesichts/ und die Gemüths-Regungen/ sondern
auch die Gunst und Verfolgung des Glückes;
nicht anders/ als die jungen Panther von den
alten ihre Flecken/ und die Zibet-Katzen den
Geruch. Also habe in Hibernien ein Geschlech-
te geherrschet/ dessen Zweige fast alle vom Hen-
cker-Beile abgehauen worden. Ja was noch
seltzamer: Oftmals klebete einem gewissen Nah-
men ein unabsonderlich Unglück oder Schand-
-fleck an. Sie habe ihr offt erzehlen lassen/ daß
-in Armenien alle Tigranes/ im Pontus alle
-Mithridates/ in Persen alle Artaban tapfer/
-aber unglückselig gewest. Jn Gallien wären
-fast alle Jnducianarer eines gewaltsamen To-
-des gestorben/ einer sey in einem Strome er-
-schossen/ der andere auf seiner Schwester Bey-
-lager im Turnier von seinem Stallmeister
-mit der Lantze ins Auge gerennt/ der dritte
-von einem Druys in seinem Zimmer/ der vierd-
-te von einem Meuchelmörder in seinem Wagen
-erstochen worden. Salonine fing an: Da die
Fürstinnen ihr wieder gnädiges Gehöre verleihen
wolten/ würde ihre folgende Erzehlung die er-
mehnte Meynung so viel mehr verstärcken. Als
sie sämmtlich durch ihr Stillschweigen zu verste-
[Spaltenumbruch] hen gaben/ daß sie durch ihr darzwischen reden
nicht gern einigen Aufschub verursachen wolten/
fuhr sie derogestalt fort: Artaxias der neue Kö-
nigin Armenien rüstete sich nach seines Vatern
Artabazes Gefängnüsse alsofort möglichst zur
Gegenwehr/ und ob ihm schon Antonius sein an-
gestammetes Reich unter gewissen Bedingungen
antragen ließ/ so wolte er doch nichts zum Schim-
pfe seines gefangenen Vaters einwilligen/ son-
dern mit Behauptung der Ehre alles zufällige
lieber auf die Spitze setzen. Allein es zogen
wider ihn nicht alleine die Römer/ sondern auch
der König in Meden/ dessen Tochter der junge
Alexander geheyrathet hatte/ der König in Pon-
tus Polemon/ dem Antonius das kleinere Ar-
menien geschenckt/ und der hernach gar für einen
Bundsgenossen der Römer angenommen
ward; Archelaus der König in Cappadocien/ und
der Fürst in Galatien Amyntas ins Feld.
Gleichwohl ließ Artaxias sich diese zusammen-
ziehenden Gewitter nicht schrecken/ zohe ihnen
also entgegen/ und lieferte ihnen an der Medi-
schen Gräntze eine Schlacht/ in welcher er alle
Griffe eines klugen Feldherrn/ und alle Thaten
eines tapfern Kriegshelden ausübte. Sieg
und Verlust hingen den halben Tag auf einer
Wagschale. Denn was dem Artaxias an der
Grösse des Heeres abging/ ersetzte seine Groß-
müthigkeit. Diese aber ward von der Leicht-
fertigkeit des verrätherischen Artabazes/ wel-
chem Artaxias den Hinterhalt anvertrauet hat-
te/ endlich mürbe gemacht/ indem selbter sich zum
Feinde schlug/ und mit einem Theile seiner Rei-
terey seinem Könige in Rücken siel. Hierüber
geriethen die Armenier in Unordnung/ und/
nach dem Artaxias durch keine Müh sie aus
solcher Verwirrung bringen konte/ in die
Flucht. Der König kriegte selbst drey Wun-
den/ diese aber hinderten ihn nicht zu dem Par-
thischen Könige Tiridates seine Zuflucht zu neh-
men/ als er an dem Flusse Cyrus ein Theil sei-

nes

Drittes Buch
[Spaltenumbruch] das menſchliche Elend die Eigenſchafft des Feu-
ers an ſich/ welches/ ſeines Verderbens wegen/
Schaden und weh thaͤte/ gleichwohl aber an-
nehmlich anzuſchauen waͤre. Alſo hoͤrete man
ins gemein die allertraurigſten Ebentheuer am
liebſten. Uber diß machte die Ungluͤckſeligkeit
ihr Geſchlechte bey ihr weder ſchuldig noch ver-
daͤchtig. Das feinſte Gold komme ſo geſchwind
in den Schmeltz-Ofen/ als das ſchlimmen Bey-
ſatz hat/ und der Hagel ſchlage ſo geſchwinde Wei-
tzen als Unkraut nieder. Das Verhaͤngnuͤß
habe etliche Geſchlechter zu groſſem Gluͤck/ an-
dere zu unaufhoͤrlichem Jammer verſehen/ ohne
daß es auf die Tugend oder die Laſter ein oder
des andern ein Auge habe. Dahero erbete man
von ſeinen Eltern nicht nur die Aehnligkeit des
Geſichts/ und die Gemuͤths-Regungen/ ſondern
auch die Gunſt und Verfolgung des Gluͤckes;
nicht anders/ als die jungen Panther von den
alten ihre Flecken/ und die Zibet-Katzen den
Geruch. Alſo habe in Hibernien ein Geſchlech-
te geherrſchet/ deſſen Zweige faſt alle vom Hen-
cker-Beile abgehauen worden. Ja was noch
ſeltzamer: Oftmals klebete einem gewiſſen Nah-
men ein unabſonderlich Ungluͤck oder Schand-
-fleck an. Sie habe ihr offt erzehlen laſſen/ daß
-in Armenien alle Tigranes/ im Pontus alle
-Mithridates/ in Perſen alle Artaban tapfer/
-aber ungluͤckſelig geweſt. Jn Gallien waͤren
-faſt alle Jnducianarer eines gewaltſamen To-
-des geſtorben/ einer ſey in einem Strome er-
-ſchoſſen/ der andere auf ſeiner Schweſter Bey-
-lager im Turnier von ſeinem Stallmeiſter
-mit der Lantze ins Auge gerennt/ der dritte
-von einem Druys in ſeinem Zimmer/ der vierd-
-te von einem Meuchelmoͤrder in ſeinem Wagen
-erſtochen worden. Salonine fing an: Da die
Fuͤrſtiñen ihr wieder gnaͤdiges Gehoͤre verleihen
wolten/ wuͤrde ihre folgende Erzehlung die er-
mehnte Meynung ſo viel mehr verſtaͤrcken. Als
ſie ſaͤm̃tlich durch ihr Stillſchweigen zu verſte-
[Spaltenumbruch] hen gaben/ daß ſie durch ihr darzwiſchen reden
nicht gern einigen Aufſchub verurſachen wolten/
fuhr ſie derogeſtalt fort: Artaxias der neue Koͤ-
nigin Armenien ruͤſtete ſich nach ſeines Vatern
Artabazes Gefaͤngnuͤſſe alſofort moͤglichſt zur
Gegenwehr/ und ob ihm ſchon Antonius ſein an-
geſtam̃etes Reich unter gewiſſen Bedingungen
antragẽ ließ/ ſo wolte er doch nichts zum Schim-
pfe ſeines gefangenen Vaters einwilligen/ ſon-
dern mit Behauptung der Ehre alles zufaͤllige
lieber auf die Spitze ſetzen. Allein es zogen
wider ihn nicht alleine die Roͤmer/ ſondern auch
der Koͤnig in Meden/ deſſen Tochter der junge
Alexander geheyrathet hatte/ der Koͤnig in Pon-
tus Polemon/ dem Antonius das kleinere Ar-
menien geſchenckt/ und der hernach gar fuͤr einen
Bundsgenoſſen der Roͤmer angenommen
ward; Archelaus der Koͤnig in Cappadocien/ und
der Fuͤrſt in Galatien Amyntas ins Feld.
Gleichwohl ließ Artaxias ſich dieſe zuſammen-
ziehenden Gewitter nicht ſchrecken/ zohe ihnen
alſo entgegen/ und lieferte ihnen an der Medi-
ſchen Graͤntze eine Schlacht/ in welcher er alle
Griffe eines klugen Feldherrn/ und alle Thaten
eines tapfern Kriegshelden ausuͤbte. Sieg
und Verluſt hingen den halben Tag auf einer
Wagſchale. Denn was dem Artaxias an der
Groͤſſe des Heeres abging/ erſetzte ſeine Groß-
muͤthigkeit. Dieſe aber ward von der Leicht-
fertigkeit des verraͤtheriſchen Artabazes/ wel-
chem Artaxias den Hinterhalt anvertrauet hat-
te/ endlich muͤrbe gemacht/ indem ſelbter ſich zum
Feinde ſchlug/ und mit einem Theile ſeiner Rei-
terey ſeinem Koͤnige in Ruͤcken ſiel. Hieruͤber
geriethen die Armenier in Unordnung/ und/
nach dem Artaxias durch keine Muͤh ſie aus
ſolcher Verwirrung bringen konte/ in die
Flucht. Der Koͤnig kriegte ſelbſt drey Wun-
den/ dieſe aber hinderten ihn nicht zu dem Par-
thiſchen Koͤnige Tiridates ſeine Zuflucht zu neh-
men/ als er an dem Fluſſe Cyrus ein Theil ſei-

nes
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0278" n="226"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Drittes Buch</hi></fw><lb/><cb/>
das men&#x017F;chliche Elend die Eigen&#x017F;chafft des Feu-<lb/>
ers an &#x017F;ich/ welches/ &#x017F;eines Verderbens wegen/<lb/>
Schaden und weh tha&#x0364;te/ gleichwohl aber an-<lb/>
nehmlich anzu&#x017F;chauen wa&#x0364;re. Al&#x017F;o ho&#x0364;rete man<lb/>
ins gemein die allertraurig&#x017F;ten Ebentheuer am<lb/>
lieb&#x017F;ten. Uber diß machte die Unglu&#x0364;ck&#x017F;eligkeit<lb/>
ihr Ge&#x017F;chlechte bey ihr weder &#x017F;chuldig noch ver-<lb/>
da&#x0364;chtig. Das fein&#x017F;te Gold komme &#x017F;o ge&#x017F;chwind<lb/>
in den Schmeltz-Ofen/ als das &#x017F;chlimmen Bey-<lb/>
&#x017F;atz hat/ und der Hagel &#x017F;chlage &#x017F;o ge&#x017F;chwinde Wei-<lb/>
tzen als Unkraut nieder. Das Verha&#x0364;ngnu&#x0364;ß<lb/>
habe etliche Ge&#x017F;chlechter zu gro&#x017F;&#x017F;em Glu&#x0364;ck/ an-<lb/>
dere zu unaufho&#x0364;rlichem Jammer ver&#x017F;ehen/ ohne<lb/>
daß es auf die Tugend oder die La&#x017F;ter ein oder<lb/>
des andern ein Auge habe. Dahero erbete man<lb/>
von &#x017F;einen Eltern nicht nur die Aehnligkeit des<lb/>
Ge&#x017F;ichts/ und die Gemu&#x0364;ths-Regungen/ &#x017F;ondern<lb/>
auch die Gun&#x017F;t und Verfolgung des Glu&#x0364;ckes;<lb/>
nicht anders/ als die jungen Panther von den<lb/>
alten ihre Flecken/ und die Zibet-Katzen den<lb/>
Geruch. Al&#x017F;o habe in Hibernien ein Ge&#x017F;chlech-<lb/>
te geherr&#x017F;chet/ de&#x017F;&#x017F;en Zweige fa&#x017F;t alle vom Hen-<lb/>
cker-Beile abgehauen worden. Ja was noch<lb/>
&#x017F;eltzamer: Oftmals klebete einem gewi&#x017F;&#x017F;en Nah-<lb/>
men ein unab&#x017F;onderlich Unglu&#x0364;ck oder Schand-<lb/>
-fleck an. Sie habe ihr offt erzehlen la&#x017F;&#x017F;en/ daß<lb/>
-in Armenien alle Tigranes/ im Pontus alle<lb/>
-Mithridates/ in Per&#x017F;en alle Artaban tapfer/<lb/>
-aber unglu&#x0364;ck&#x017F;elig gewe&#x017F;t. Jn Gallien wa&#x0364;ren<lb/>
-fa&#x017F;t alle Jnducianarer eines gewalt&#x017F;amen To-<lb/>
-des ge&#x017F;torben/ einer &#x017F;ey in einem Strome er-<lb/>
-&#x017F;cho&#x017F;&#x017F;en/ der andere auf &#x017F;einer Schwe&#x017F;ter Bey-<lb/>
-lager im Turnier von &#x017F;einem Stallmei&#x017F;ter<lb/>
-mit der Lantze ins Auge gerennt/ der dritte<lb/>
-von einem Druys in &#x017F;einem Zimmer/ der vierd-<lb/>
-te von einem Meuchelmo&#x0364;rder in &#x017F;einem Wagen<lb/>
-er&#x017F;tochen worden. Salonine fing an: Da die<lb/>
Fu&#x0364;r&#x017F;tin&#x0303;en ihr wieder gna&#x0364;diges Geho&#x0364;re verleihen<lb/>
wolten/ wu&#x0364;rde ihre folgende Erzehlung die er-<lb/>
mehnte Meynung &#x017F;o viel mehr ver&#x017F;ta&#x0364;rcken. Als<lb/>
&#x017F;ie &#x017F;a&#x0364;m&#x0303;tlich durch ihr Still&#x017F;chweigen zu ver&#x017F;te-<lb/><cb/>
hen gaben/ daß &#x017F;ie durch ihr darzwi&#x017F;chen reden<lb/>
nicht gern einigen Auf&#x017F;chub verur&#x017F;achen wolten/<lb/>
fuhr &#x017F;ie deroge&#x017F;talt fort: Artaxias der neue Ko&#x0364;-<lb/>
nigin Armenien ru&#x0364;&#x017F;tete &#x017F;ich nach &#x017F;eines Vatern<lb/>
Artabazes Gefa&#x0364;ngnu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e al&#x017F;ofort mo&#x0364;glich&#x017F;t zur<lb/>
Gegenwehr/ und ob ihm &#x017F;chon Antonius &#x017F;ein an-<lb/>
ge&#x017F;tam&#x0303;etes Reich unter gewi&#x017F;&#x017F;en Bedingungen<lb/>
antrage&#x0303; ließ/ &#x017F;o wolte er doch nichts zum Schim-<lb/>
pfe &#x017F;eines gefangenen Vaters einwilligen/ &#x017F;on-<lb/>
dern mit Behauptung der Ehre alles zufa&#x0364;llige<lb/>
lieber auf die Spitze &#x017F;etzen. Allein es zogen<lb/>
wider ihn nicht alleine die Ro&#x0364;mer/ &#x017F;ondern auch<lb/>
der Ko&#x0364;nig in Meden/ de&#x017F;&#x017F;en Tochter der junge<lb/>
Alexander geheyrathet hatte/ der Ko&#x0364;nig in Pon-<lb/>
tus Polemon/ dem Antonius das kleinere Ar-<lb/>
menien ge&#x017F;chenckt/ und der hernach gar fu&#x0364;r einen<lb/>
Bundsgeno&#x017F;&#x017F;en der Ro&#x0364;mer angenommen<lb/>
ward; Archelaus der Ko&#x0364;nig in Cappadocien/ und<lb/>
der Fu&#x0364;r&#x017F;t in Galatien Amyntas ins Feld.<lb/>
Gleichwohl ließ Artaxias &#x017F;ich die&#x017F;e zu&#x017F;ammen-<lb/>
ziehenden Gewitter nicht &#x017F;chrecken/ zohe ihnen<lb/>
al&#x017F;o entgegen/ und lieferte ihnen an der Medi-<lb/>
&#x017F;chen Gra&#x0364;ntze eine Schlacht/ in welcher er alle<lb/>
Griffe eines klugen Feldherrn/ und alle Thaten<lb/>
eines tapfern Kriegshelden ausu&#x0364;bte. Sieg<lb/>
und Verlu&#x017F;t hingen den halben Tag auf einer<lb/>
Wag&#x017F;chale. Denn was dem Artaxias an der<lb/>
Gro&#x0364;&#x017F;&#x017F;e des Heeres abging/ er&#x017F;etzte &#x017F;eine Groß-<lb/>
mu&#x0364;thigkeit. Die&#x017F;e aber ward von der Leicht-<lb/>
fertigkeit des verra&#x0364;theri&#x017F;chen Artabazes/ wel-<lb/>
chem Artaxias den Hinterhalt anvertrauet hat-<lb/>
te/ endlich mu&#x0364;rbe gemacht/ indem &#x017F;elbter &#x017F;ich zum<lb/>
Feinde &#x017F;chlug/ und mit einem Theile &#x017F;einer Rei-<lb/>
terey &#x017F;einem Ko&#x0364;nige in Ru&#x0364;cken &#x017F;iel. Hieru&#x0364;ber<lb/>
geriethen die Armenier in Unordnung/ und/<lb/>
nach dem Artaxias durch keine Mu&#x0364;h &#x017F;ie aus<lb/>
&#x017F;olcher Verwirrung bringen konte/ in die<lb/>
Flucht. Der Ko&#x0364;nig kriegte &#x017F;elb&#x017F;t drey Wun-<lb/>
den/ die&#x017F;e aber hinderten ihn nicht zu dem Par-<lb/>
thi&#x017F;chen Ko&#x0364;nige Tiridates &#x017F;eine Zuflucht zu neh-<lb/>
men/ als er an dem Flu&#x017F;&#x017F;e Cyrus ein Theil &#x017F;ei-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">nes</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[226/0278] Drittes Buch das menſchliche Elend die Eigenſchafft des Feu- ers an ſich/ welches/ ſeines Verderbens wegen/ Schaden und weh thaͤte/ gleichwohl aber an- nehmlich anzuſchauen waͤre. Alſo hoͤrete man ins gemein die allertraurigſten Ebentheuer am liebſten. Uber diß machte die Ungluͤckſeligkeit ihr Geſchlechte bey ihr weder ſchuldig noch ver- daͤchtig. Das feinſte Gold komme ſo geſchwind in den Schmeltz-Ofen/ als das ſchlimmen Bey- ſatz hat/ und der Hagel ſchlage ſo geſchwinde Wei- tzen als Unkraut nieder. Das Verhaͤngnuͤß habe etliche Geſchlechter zu groſſem Gluͤck/ an- dere zu unaufhoͤrlichem Jammer verſehen/ ohne daß es auf die Tugend oder die Laſter ein oder des andern ein Auge habe. Dahero erbete man von ſeinen Eltern nicht nur die Aehnligkeit des Geſichts/ und die Gemuͤths-Regungen/ ſondern auch die Gunſt und Verfolgung des Gluͤckes; nicht anders/ als die jungen Panther von den alten ihre Flecken/ und die Zibet-Katzen den Geruch. Alſo habe in Hibernien ein Geſchlech- te geherrſchet/ deſſen Zweige faſt alle vom Hen- cker-Beile abgehauen worden. Ja was noch ſeltzamer: Oftmals klebete einem gewiſſen Nah- men ein unabſonderlich Ungluͤck oder Schand- -fleck an. Sie habe ihr offt erzehlen laſſen/ daß -in Armenien alle Tigranes/ im Pontus alle -Mithridates/ in Perſen alle Artaban tapfer/ -aber ungluͤckſelig geweſt. Jn Gallien waͤren -faſt alle Jnducianarer eines gewaltſamen To- -des geſtorben/ einer ſey in einem Strome er- -ſchoſſen/ der andere auf ſeiner Schweſter Bey- -lager im Turnier von ſeinem Stallmeiſter -mit der Lantze ins Auge gerennt/ der dritte -von einem Druys in ſeinem Zimmer/ der vierd- -te von einem Meuchelmoͤrder in ſeinem Wagen -erſtochen worden. Salonine fing an: Da die Fuͤrſtiñen ihr wieder gnaͤdiges Gehoͤre verleihen wolten/ wuͤrde ihre folgende Erzehlung die er- mehnte Meynung ſo viel mehr verſtaͤrcken. Als ſie ſaͤm̃tlich durch ihr Stillſchweigen zu verſte- hen gaben/ daß ſie durch ihr darzwiſchen reden nicht gern einigen Aufſchub verurſachen wolten/ fuhr ſie derogeſtalt fort: Artaxias der neue Koͤ- nigin Armenien ruͤſtete ſich nach ſeines Vatern Artabazes Gefaͤngnuͤſſe alſofort moͤglichſt zur Gegenwehr/ und ob ihm ſchon Antonius ſein an- geſtam̃etes Reich unter gewiſſen Bedingungen antragẽ ließ/ ſo wolte er doch nichts zum Schim- pfe ſeines gefangenen Vaters einwilligen/ ſon- dern mit Behauptung der Ehre alles zufaͤllige lieber auf die Spitze ſetzen. Allein es zogen wider ihn nicht alleine die Roͤmer/ ſondern auch der Koͤnig in Meden/ deſſen Tochter der junge Alexander geheyrathet hatte/ der Koͤnig in Pon- tus Polemon/ dem Antonius das kleinere Ar- menien geſchenckt/ und der hernach gar fuͤr einen Bundsgenoſſen der Roͤmer angenommen ward; Archelaus der Koͤnig in Cappadocien/ und der Fuͤrſt in Galatien Amyntas ins Feld. Gleichwohl ließ Artaxias ſich dieſe zuſammen- ziehenden Gewitter nicht ſchrecken/ zohe ihnen alſo entgegen/ und lieferte ihnen an der Medi- ſchen Graͤntze eine Schlacht/ in welcher er alle Griffe eines klugen Feldherrn/ und alle Thaten eines tapfern Kriegshelden ausuͤbte. Sieg und Verluſt hingen den halben Tag auf einer Wagſchale. Denn was dem Artaxias an der Groͤſſe des Heeres abging/ erſetzte ſeine Groß- muͤthigkeit. Dieſe aber ward von der Leicht- fertigkeit des verraͤtheriſchen Artabazes/ wel- chem Artaxias den Hinterhalt anvertrauet hat- te/ endlich muͤrbe gemacht/ indem ſelbter ſich zum Feinde ſchlug/ und mit einem Theile ſeiner Rei- terey ſeinem Koͤnige in Ruͤcken ſiel. Hieruͤber geriethen die Armenier in Unordnung/ und/ nach dem Artaxias durch keine Muͤh ſie aus ſolcher Verwirrung bringen konte/ in die Flucht. Der Koͤnig kriegte ſelbſt drey Wun- den/ dieſe aber hinderten ihn nicht zu dem Par- thiſchen Koͤnige Tiridates ſeine Zuflucht zu neh- men/ als er an dem Fluſſe Cyrus ein Theil ſei- nes

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/278
Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 226. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/278>, abgerufen am 22.11.2024.