Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.Drittes Buch [Spaltenumbruch]
würde/ auf eine durch Zeit und Kummer verun-gestaltete Gefangene ein Auge werffen/ und von der/ welche kaum noch lächsete/ Vergnügung hoffen solte. Der von toller Brunst mehr als blinde Artabazes konte diese ihm nie eingebildete Glückseligkeit kaum begreiffen/ und krönete sei- ne Begierden schon mit einem Braut-seine Ein- bildung mit einem Siegs-Krantze; meinte auch durch oftere Eydschwüre über seiner Liebe/ und durch Lobsprüche ihrer Vollkommenheit den Stein aller Hinderniß aus dem Wege zu räu- men. Endlich schloß er: Weil die Sonne und edelsten Gestirne nicht nur am fähigsten/ syndern auch gleichsam zu einer Verschwendung ge- neigt wären ihre vermögende Wolthaten über die Welt auszuschütten/ könte er von einer so schönen Olympie sich nichts anders/ als einer vollkommenen Beseligung versehen. Olympia stellte sich/ als wenn sie seinen Betheuerungen völligen Glauben gäbe/ begleitete auch selbten mit ein und anderm annehmlichen Blicke. Wor- mit aber einige Ubereilung ihr Thun nicht ver- dächtig machte/ bat sie zu ihrer Erklärung drey Tage Frist/ um durch solchen Aufschub diesen geilen Wollüster so viel blind und brünstiger zu machen. Denn wie der schwere und unzeitliche Genüß auch die hefftigste Liebe laulicht macht; also wird selbte durch nichts mehr/ als durch Verzug und halb kaltsinnige Bezeugung des Geliebten angezündet. Artabazes muste nach vergebens gesuchter Abkürtzung dieser Bedenck- Zeit in solche Gedult willigen/ ob ihm schon sei- ne unbändige Begierde iedern Augenblick zu einem Tage machte. Nach Verfliessung dieser Zeit/ und zum Scheine hierüber gehaltener Be- rathung unterschiedener Armenischer Fürsten/ welche bey Verlust ihrer Köpfe Artabazens An- sinnen nicht unlöblich und unheilsam schelten dorfften/ drückte Olympiens Vernunfft alle Dünste der Traurigkeit unter sich/ und ihr Ant- litz vermummte sich in einen gantz freudigen Geist/ gab auch Artabazen diese erwünschte Antwort: Sie müste es für eine Schickung der Götter er- [Spaltenumbruch] kennen/ daß sie/ welche sonst geartet wäre einen geringen Kummer zu Bergen zu machen/ nicht allein ihre grosse Unfälle so leicht aus dem Sin- ne schlagen könte/ sondern auch dessen Hertze/ dem das Verhängniß und Kriegs-Recht die Gewalt des Todes über ihr Leben verliehen/ mit so heisser Liebe gegen sie gerühret würde. Dahero wolte sie weder der Götter Schickung noch dem Willen Artabazens widerstreben/ nach dem sie zumal durch beständige Vermäh- lung ihre königliche Würde mit besserm Recht und grösserm Ruhm behielte/ als es die Königin Kleofis von dem grossen Alexander mit ihrer Lie- be erworben. Jedoch getröstete sie sich/ daß/ da Fürst Artaxias ihr Sohn zu Stande gebracht würde/ Artabazes die Heyrath nicht mit seinem Blute versiegeln/ und dadurch ihre aufrichtige Liebe ausleschen/ sondern nebst dem Leben einen zu seinem Fürstlichen Unterhalt auskommentli- chen Landstrich zu verwalten vergönnen würde. Artabazes kam für Freuden gantz auser ihm selbst. Denn da die hefftige Liebe gleichsam die Fächer des Gehixnes mit einem schwartzen Rau- che anzufüllen/ die warhafften Bilder der Din- ge in den Sinnen zu verstellen/ und die Ver- nunfft in eine gäntzliche Thorheit zu versetzen mächtig ist; so darf Leichtglaubigkeit und über- mäßige Freude für keine Chimere der Liebe ge- halten werden. Wiewol seine Boßheit hierdurch nicht entwaffnet ward/ noch seine Grausamkeit listigen Anschlägen nachzusinnen vergaß. Denn/ wormit er Olympien so viel mehr ihren Sohn herbey zu bringen bewegte/ er aber durch seine Hinrichtung ihm diesen beschwerlichen Dorn aus dem Fusse ziehen möchte/ verschwor er sich den Artaxias als sein Kind zu halten/ ihme die Stadt Careathiocerta mit der Sophenischen Land- schaft einzuräumen/ ja/ so viel an ihm läge/ zu der Medischen Krone seines Vaters zu verhelffen. Welch vergüldeter Vogel-Leim unschwer alle/ auser eine so nachdenckliche Olympia/ zu fangen fähig zu seyn scheinet. Hiermit machte Artabazes alsofort Anstalt zu einem prächtigen Beylager/ ver-
Drittes Buch [Spaltenumbruch]
wuͤrde/ auf eine durch Zeit und Kummer verun-geſtaltete Gefangene ein Auge werffen/ und von der/ welche kaum noch laͤchſete/ Vergnuͤgung hoffen ſolte. Der von toller Brunſt mehr als blinde Artabazes konte dieſe ihm nie eingebildete Gluͤckſeligkeit kaum begreiffen/ und kroͤnete ſei- ne Begierden ſchon mit einem Braut-ſeine Ein- bildung mit einem Siegs-Krantze; meinte auch durch oftere Eydſchwuͤre uͤber ſeiner Liebe/ und durch Lobſpruͤche ihrer Vollkommenheit den Stein aller Hinderniß aus dem Wege zu raͤu- men. Endlich ſchloß er: Weil die Sonne und edelſten Geſtirne nicht nuꝛ am faͤhigſten/ ſyndeꝛn auch gleichſam zu einer Verſchwendung ge- neigt waͤren ihre vermoͤgende Wolthaten uͤber die Welt auszuſchuͤtten/ koͤnte er von einer ſo ſchoͤnen Olympie ſich nichts anders/ als einer vollkommenen Beſeligung verſehen. Olympia ſtellte ſich/ als wenn ſie ſeinen Betheuerungen voͤlligen Glauben gaͤbe/ begleitete auch ſelbten mit ein und andeꝛm annehmlichen Blicke. Wor- mit aber einige Ubereilung ihr Thun nicht ver- daͤchtig machte/ bat ſie zu ihrer Erklaͤrung drey Tage Friſt/ um durch ſolchen Aufſchub dieſen geilen Wolluͤſter ſo viel blind und bruͤnſtiger zu machen. Denn wie der ſchwere und unzeitliche Genuͤß auch die hefftigſte Liebe laulicht macht; alſo wird ſelbte durch nichts mehr/ als durch Verzug und halb kaltſinnige Bezeugung des Geliebten angezuͤndet. Artabazes muſte nach vergebens geſuchter Abkuͤrtzung dieſer Bedenck- Zeit in ſolche Gedult willigen/ ob ihm ſchon ſei- ne unbaͤndige Begierde iedern Augenblick zu einem Tage machte. Nach Verflieſſung dieſer Zeit/ und zum Scheine hieruͤber gehaltener Be- rathung unterſchiedener Armeniſcher Fuͤrſten/ welche bey Verluſt ihrer Koͤpfe Artabazens An- ſinnen nicht unloͤblich und unheilſam ſchelten dorfften/ druͤckte Olympiens Vernunfft alle Duͤnſte der Traurigkeit unter ſich/ und ihr Ant- litz veꝛmum̃te ſich in einen gantz fꝛeudigen Geiſt/ gab auch Artabazen dieſe erwuͤnſchte Antwort: Sie muͤſte es fuͤr eine Schickung der Goͤtter er- [Spaltenumbruch] kennen/ daß ſie/ welche ſonſt geartet waͤre einen geringen Kummer zu Bergen zu machen/ nicht allein ihre groſſe Unfaͤlle ſo leicht aus dem Sin- ne ſchlagen koͤnte/ ſondern auch deſſen Hertze/ dem das Verhaͤngniß und Kriegs-Recht die Gewalt des Todes uͤber ihr Leben verliehen/ mit ſo heiſſer Liebe gegen ſie geruͤhret wuͤrde. Dahero wolte ſie weder der Goͤtter Schickung noch dem Willen Artabazens widerſtreben/ nach dem ſie zumal durch beſtaͤndige Vermaͤh- lung ihre koͤnigliche Wuͤrde mit beſſerm Recht und groͤſſerm Ruhm behielte/ als es die Koͤnigin Kleofis von dem groſſen Alexander mit ihrer Lie- be erworben. Jedoch getroͤſtete ſie ſich/ daß/ da Fuͤrſt Artaxias ihr Sohn zu Stande gebracht wuͤrde/ Artabazes die Heyrath nicht mit ſeinem Blute verſiegeln/ und dadurch ihre aufrichtige Liebe ausleſchen/ ſondern nebſt dem Leben einen zu ſeinem Fuͤrſtlichen Unterhalt auskom̃entli- chen Landſtrich zu verwalten vergoͤnnen wuͤrde. Artabazes kam fuͤr Freuden gantz auſer ihm ſelbſt. Denn da die hefftige Liebe gleichſam die Faͤcheꝛ des Gehixnes mit einem ſchwartzen Rau- che anzufuͤllen/ die warhafften Bilder der Din- ge in den Sinnen zu verſtellen/ und die Ver- nunfft in eine gaͤntzliche Thorheit zu verſetzen maͤchtig iſt; ſo darf Leichtglaubigkeit und uͤber- maͤßige Freude fuͤr keine Chimere der Liebe ge- halten werden. Wiewol ſeine Boßheit hierdurch nicht entwaffnet ward/ noch ſeine Grauſamkeit liſtigen Anſchlaͤgen nachzuſinnen vergaß. Deñ/ wormit er Olympien ſo viel mehr ihren Sohn herbey zu bringen bewegte/ er aber durch ſeine Hinrichtung ihm dieſen beſchwerlichẽ Dorn aus dem Fuſſe ziehen moͤchte/ verſchwor er ſich den Artaxias als ſein Kind zu halten/ ihme die Stadt Careathiocerta mit der Sopheniſchen Land- ſchaft einzuraͤumen/ ja/ ſo viel an ihm laͤge/ zu der Mediſchen Krone ſeines Vaters zu verhelffen. Welch verguͤldeter Vogel-Leim unſchwer alle/ auſer eine ſo nachdenckliche Olympia/ zu fangen faͤhig zu ſeyn ſcheinet. Hiermit machte Artabazes alſofort Anſtalt zu einem praͤchtigen Beylager/ ver-
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0292" n="240"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Drittes Buch</hi></fw><lb/><cb/> wuͤrde/ auf eine durch Zeit und Kummer verun-<lb/> geſtaltete Gefangene ein Auge werffen/ und von<lb/> der/ welche kaum noch laͤchſete/ Vergnuͤgung<lb/> hoffen ſolte. Der von toller Brunſt mehr als<lb/> blinde Artabazes konte dieſe ihm nie eingebildete<lb/> Gluͤckſeligkeit kaum begreiffen/ und kroͤnete ſei-<lb/> ne Begierden ſchon mit einem Braut-ſeine Ein-<lb/> bildung mit einem Siegs-Krantze; meinte auch<lb/> durch oftere Eydſchwuͤre uͤber ſeiner Liebe/ und<lb/> durch Lobſpruͤche ihrer Vollkommenheit den<lb/> Stein aller Hinderniß aus dem Wege zu raͤu-<lb/> men. Endlich ſchloß er: Weil die Sonne und<lb/> edelſten Geſtirne nicht nuꝛ am faͤhigſten/ ſyndeꝛn<lb/> auch gleichſam zu einer Verſchwendung ge-<lb/> neigt waͤren ihre vermoͤgende Wolthaten uͤber<lb/> die Welt auszuſchuͤtten/ koͤnte er von einer ſo<lb/> ſchoͤnen Olympie ſich nichts anders/ als einer<lb/> vollkommenen Beſeligung verſehen. Olympia<lb/> ſtellte ſich/ als wenn ſie ſeinen Betheuerungen<lb/> voͤlligen Glauben gaͤbe/ begleitete auch ſelbten<lb/> mit ein und andeꝛm annehmlichen Blicke. Wor-<lb/> mit aber einige Ubereilung ihr Thun nicht ver-<lb/> daͤchtig machte/ bat ſie zu ihrer Erklaͤrung drey<lb/> Tage Friſt/ um durch ſolchen Aufſchub dieſen<lb/> geilen Wolluͤſter ſo viel blind und bruͤnſtiger zu<lb/> machen. Denn wie der ſchwere und unzeitliche<lb/> Genuͤß auch die hefftigſte Liebe laulicht macht;<lb/> alſo wird ſelbte durch nichts mehr/ als durch<lb/> Verzug und halb kaltſinnige Bezeugung des<lb/> Geliebten angezuͤndet. Artabazes muſte nach<lb/> vergebens geſuchter Abkuͤrtzung dieſer Bedenck-<lb/> Zeit in ſolche Gedult willigen/ ob ihm ſchon ſei-<lb/> ne unbaͤndige Begierde iedern Augenblick zu<lb/> einem Tage machte. Nach Verflieſſung dieſer<lb/> Zeit/ und zum Scheine hieruͤber gehaltener Be-<lb/> rathung unterſchiedener Armeniſcher Fuͤrſten/<lb/> welche bey Verluſt ihrer Koͤpfe Artabazens An-<lb/> ſinnen nicht unloͤblich und unheilſam ſchelten<lb/> dorfften/ druͤckte Olympiens Vernunfft alle<lb/> Duͤnſte der Traurigkeit unter ſich/ und ihr Ant-<lb/> litz veꝛmum̃te ſich in einen gantz fꝛeudigen Geiſt/<lb/> gab auch Artabazen dieſe erwuͤnſchte Antwort:<lb/> Sie muͤſte es fuͤr eine Schickung der Goͤtter er-<lb/><cb/> kennen/ daß ſie/ welche ſonſt geartet waͤre einen<lb/> geringen Kummer zu Bergen zu machen/ nicht<lb/> allein ihre groſſe Unfaͤlle ſo leicht aus dem Sin-<lb/> ne ſchlagen koͤnte/ ſondern auch deſſen Hertze/<lb/> dem das Verhaͤngniß und Kriegs-Recht die<lb/> Gewalt des Todes uͤber ihr Leben verliehen/<lb/> mit ſo heiſſer Liebe gegen ſie geruͤhret wuͤrde.<lb/> Dahero wolte ſie weder der Goͤtter Schickung<lb/> noch dem Willen Artabazens widerſtreben/<lb/> nach dem ſie zumal durch beſtaͤndige Vermaͤh-<lb/> lung ihre koͤnigliche Wuͤrde mit beſſerm Recht<lb/> und groͤſſerm Ruhm behielte/ als es die Koͤnigin<lb/> Kleofis von dem groſſen Alexander mit ihrer Lie-<lb/> be erworben. Jedoch getroͤſtete ſie ſich/ daß/ da<lb/> Fuͤrſt Artaxias ihr Sohn zu Stande gebracht<lb/> wuͤrde/ Artabazes die Heyrath nicht mit ſeinem<lb/> Blute verſiegeln/ und dadurch ihre aufrichtige<lb/> Liebe ausleſchen/ ſondern nebſt dem Leben einen<lb/> zu ſeinem Fuͤrſtlichen Unterhalt auskom̃entli-<lb/> chen Landſtrich zu verwalten vergoͤnnen wuͤrde.<lb/> Artabazes kam fuͤr Freuden gantz auſer ihm<lb/> ſelbſt. Denn da die hefftige Liebe gleichſam die<lb/> Faͤcheꝛ des Gehixnes mit einem ſchwartzen Rau-<lb/> che anzufuͤllen/ die warhafften Bilder der Din-<lb/> ge in den Sinnen zu verſtellen/ und die Ver-<lb/> nunfft in eine gaͤntzliche Thorheit zu verſetzen<lb/> maͤchtig iſt; ſo darf Leichtglaubigkeit und uͤber-<lb/> maͤßige Freude fuͤr keine Chimere der Liebe ge-<lb/> halten werden. Wiewol ſeine Boßheit hierdurch<lb/> nicht entwaffnet ward/ noch ſeine Grauſamkeit<lb/> liſtigen Anſchlaͤgen nachzuſinnen vergaß. Deñ/<lb/> wormit er Olympien ſo viel mehr ihren Sohn<lb/> herbey zu bringen bewegte/ er aber durch ſeine<lb/> Hinrichtung ihm dieſen beſchwerlichẽ Dorn aus<lb/> dem Fuſſe ziehen moͤchte/ verſchwor er ſich den<lb/> Artaxias als ſein Kind zu halten/ ihme die Stadt<lb/> Careathiocerta mit der Sopheniſchen Land-<lb/> ſchaft einzuraͤumen/ ja/ ſo viel an ihm laͤge/ zu der<lb/> Mediſchen Krone ſeines Vaters zu verhelffen.<lb/> Welch verguͤldeter Vogel-Leim unſchwer alle/<lb/> auſer eine ſo nachdenckliche Olympia/ zu fangen<lb/> faͤhig zu ſeyn ſcheinet. Hiermit machte Artabazes<lb/> alſofort Anſtalt zu einem praͤchtigen Beylager/<lb/> <fw place="bottom" type="catch">ver-</fw><lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [240/0292]
Drittes Buch
wuͤrde/ auf eine durch Zeit und Kummer verun-
geſtaltete Gefangene ein Auge werffen/ und von
der/ welche kaum noch laͤchſete/ Vergnuͤgung
hoffen ſolte. Der von toller Brunſt mehr als
blinde Artabazes konte dieſe ihm nie eingebildete
Gluͤckſeligkeit kaum begreiffen/ und kroͤnete ſei-
ne Begierden ſchon mit einem Braut-ſeine Ein-
bildung mit einem Siegs-Krantze; meinte auch
durch oftere Eydſchwuͤre uͤber ſeiner Liebe/ und
durch Lobſpruͤche ihrer Vollkommenheit den
Stein aller Hinderniß aus dem Wege zu raͤu-
men. Endlich ſchloß er: Weil die Sonne und
edelſten Geſtirne nicht nuꝛ am faͤhigſten/ ſyndeꝛn
auch gleichſam zu einer Verſchwendung ge-
neigt waͤren ihre vermoͤgende Wolthaten uͤber
die Welt auszuſchuͤtten/ koͤnte er von einer ſo
ſchoͤnen Olympie ſich nichts anders/ als einer
vollkommenen Beſeligung verſehen. Olympia
ſtellte ſich/ als wenn ſie ſeinen Betheuerungen
voͤlligen Glauben gaͤbe/ begleitete auch ſelbten
mit ein und andeꝛm annehmlichen Blicke. Wor-
mit aber einige Ubereilung ihr Thun nicht ver-
daͤchtig machte/ bat ſie zu ihrer Erklaͤrung drey
Tage Friſt/ um durch ſolchen Aufſchub dieſen
geilen Wolluͤſter ſo viel blind und bruͤnſtiger zu
machen. Denn wie der ſchwere und unzeitliche
Genuͤß auch die hefftigſte Liebe laulicht macht;
alſo wird ſelbte durch nichts mehr/ als durch
Verzug und halb kaltſinnige Bezeugung des
Geliebten angezuͤndet. Artabazes muſte nach
vergebens geſuchter Abkuͤrtzung dieſer Bedenck-
Zeit in ſolche Gedult willigen/ ob ihm ſchon ſei-
ne unbaͤndige Begierde iedern Augenblick zu
einem Tage machte. Nach Verflieſſung dieſer
Zeit/ und zum Scheine hieruͤber gehaltener Be-
rathung unterſchiedener Armeniſcher Fuͤrſten/
welche bey Verluſt ihrer Koͤpfe Artabazens An-
ſinnen nicht unloͤblich und unheilſam ſchelten
dorfften/ druͤckte Olympiens Vernunfft alle
Duͤnſte der Traurigkeit unter ſich/ und ihr Ant-
litz veꝛmum̃te ſich in einen gantz fꝛeudigen Geiſt/
gab auch Artabazen dieſe erwuͤnſchte Antwort:
Sie muͤſte es fuͤr eine Schickung der Goͤtter er-
kennen/ daß ſie/ welche ſonſt geartet waͤre einen
geringen Kummer zu Bergen zu machen/ nicht
allein ihre groſſe Unfaͤlle ſo leicht aus dem Sin-
ne ſchlagen koͤnte/ ſondern auch deſſen Hertze/
dem das Verhaͤngniß und Kriegs-Recht die
Gewalt des Todes uͤber ihr Leben verliehen/
mit ſo heiſſer Liebe gegen ſie geruͤhret wuͤrde.
Dahero wolte ſie weder der Goͤtter Schickung
noch dem Willen Artabazens widerſtreben/
nach dem ſie zumal durch beſtaͤndige Vermaͤh-
lung ihre koͤnigliche Wuͤrde mit beſſerm Recht
und groͤſſerm Ruhm behielte/ als es die Koͤnigin
Kleofis von dem groſſen Alexander mit ihrer Lie-
be erworben. Jedoch getroͤſtete ſie ſich/ daß/ da
Fuͤrſt Artaxias ihr Sohn zu Stande gebracht
wuͤrde/ Artabazes die Heyrath nicht mit ſeinem
Blute verſiegeln/ und dadurch ihre aufrichtige
Liebe ausleſchen/ ſondern nebſt dem Leben einen
zu ſeinem Fuͤrſtlichen Unterhalt auskom̃entli-
chen Landſtrich zu verwalten vergoͤnnen wuͤrde.
Artabazes kam fuͤr Freuden gantz auſer ihm
ſelbſt. Denn da die hefftige Liebe gleichſam die
Faͤcheꝛ des Gehixnes mit einem ſchwartzen Rau-
che anzufuͤllen/ die warhafften Bilder der Din-
ge in den Sinnen zu verſtellen/ und die Ver-
nunfft in eine gaͤntzliche Thorheit zu verſetzen
maͤchtig iſt; ſo darf Leichtglaubigkeit und uͤber-
maͤßige Freude fuͤr keine Chimere der Liebe ge-
halten werden. Wiewol ſeine Boßheit hierdurch
nicht entwaffnet ward/ noch ſeine Grauſamkeit
liſtigen Anſchlaͤgen nachzuſinnen vergaß. Deñ/
wormit er Olympien ſo viel mehr ihren Sohn
herbey zu bringen bewegte/ er aber durch ſeine
Hinrichtung ihm dieſen beſchwerlichẽ Dorn aus
dem Fuſſe ziehen moͤchte/ verſchwor er ſich den
Artaxias als ſein Kind zu halten/ ihme die Stadt
Careathiocerta mit der Sopheniſchen Land-
ſchaft einzuraͤumen/ ja/ ſo viel an ihm laͤge/ zu der
Mediſchen Krone ſeines Vaters zu verhelffen.
Welch verguͤldeter Vogel-Leim unſchwer alle/
auſer eine ſo nachdenckliche Olympia/ zu fangen
faͤhig zu ſeyn ſcheinet. Hiermit machte Artabazes
alſofort Anſtalt zu einem praͤchtigen Beylager/
ver-
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |