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Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.

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Arminius und Thußnelda.
[Spaltenumbruch] zu Rom auch darinnen gewohnt/ und seinem
Sohne daraus mit denen geköpfften Maah-
Häuptern die blutgierige Lehre zuentboten; Cu-
rius aber nach überwundenem Pyrrhus mit sei-
nen sieben Huben Ackers/ mit der schlechten
Kohl- und Rüben-Kost sich so vergnüget/ daß er
das von Samnitern ihm geschickte Gold anzu-
nehmen nicht gewürdigt. Das Schoos-Kind
des Glücks Sylla wäre seiner Siegs-Geprän-
ge überdrüßig worden/ und hätte um auff sei-
nem Cumanischen Vorwerge der Fisch- und
Jagt-Lust zu geniessen die höchste Gewalt in
Rom nieder gelegt. Dem Scipio und Lelius
wäre es annehmlicher gewest in Campanien die
Bäume/ als in Africa die sieghafften Kriegs-
Schaaren in Ordnung zu stellen; und beyde
hätten zuletzt freudiger an dem Meer-Ufer mit
den Muscheln/ als in Spanien mit der Beute
der Mohren gespielet. Ja der Käyser August
selbst hätte seinem Kriegs-Gefehrten Agrippa
in dem Eylande Mitylene/ und dem vertraute-
sten Mecänas in der Stadt Rom gleichsam ei-
ne entfernte Einsamkeit erlaubet. Also hoffte
er durch seine Treue und Gehorsam eine kurtze
Erhol- und Lufftschöpffung verdient zu haben.
Sintemal auch die unausleschlichen Gestirne
der Ruh benöthigt wären/ und ihren Schein
mit ihrer Verhüllung abwechselten.

Dieser beständige Vorsatz gewann endlich/
oder vergnügte vielmehr den Käyser/ daß er in
des Tyberius Reise willigte. Denn weil er
des Agrippa Söhne zu sehr verdüsterte/ war Au-
gust gleichsam mit seinem Stieff-Sohne für sei-
ne Enckel eyversüchtig; und Tiberius selbst
pflegte hierüber zu schertzen: Er würde das Al-
ter der Egyptischen Spitz-Thürme bey Hofe
nicht erreichen/ weil er/ wie viel kleiner er auch
wäre/ mehr Schatten als jene von sich würffe.
So bald nun Tiberius Rom gesegnete/ warff
die übermäßige Liebe des Käysers dem Cajus ei-
ne solche Geschickligkeit zu/ daß er ihm den Arme-
nischen Krieg anzuvertrauen fähig hielt. Sin-
[Spaltenumbruch] temahl die Neigung zu seinem Geblüte nichts
minder als Selbst-Liebe insgemein auch einem
untüchtigen Wunderwercke zutrauet. Ehe
aber die Römische Macht in Armenien anlang-
te/ kam Phraates für die Stadt Artaxata/ und
beängstigte theils dieser Feind/ theils die auffsä-
tzigen Armenier/ theils sein böses Gewissen den
wollüstigen Tigranes derogestalt/ daß er dem
Römischen Bündnüße abzusagen/ und mit
Phraaten Armenien zu theilen sich erbot. Als
aber diß nicht verfing/ und die Parthen der
Stadt mit Stürmen hefftig zusetzten/ sich/ um
nach einem weibischen Leben auch durch einen
männlichen Tod seinem wahrhafften Ebenbilde
dem lüsternen Sardanapal gantz ähnlich zu wer-
den/ mit seiner wollüstigen Mallien auff einen
Holtzstoß setzte/ und nach dem eines das andere
tödtlich verwundet/ sich mit einander verbrenn-
ten/ und also der Grausamkeit ihres Uberwin-
ders entrissen. Artaxata lag nun in letzten
Zügen/ und stand auff der Ubergabe; als Censo-
rinus mit seinen zweyen Legionen des Nachts/
ehe es die Parthen gewahr wurden/ hinein kam;
und weil Cajus ohne diß vom Käyser Befehl hat-
te/ den weibischen Tigranes ab/ und seinen Sohn
an die Stelle zu setzen/ um dadurch die Gemü-
ther der Armenier wieder ein wenig an sich zu
ziehen; erklärte er alsofort Artavasden zum
Könige Armeniens. Wie nun Cajus an die
Armenische Grentze ankam/ ward Phraates
gezwungen Artaxata zu verlassen/ und dem Ca-
jus entgegen zu ziehen/ wie denn auch beyde Hee-
re an dem Fluß Phrat bey Metilene gegenein-
ander zu stehen kamen. Allwo die Römer
zwar mit Gewalt an einem seichten Furthe über
den Fluß setzen wolten/ aber mit grossem Ver-
lust zurück getrieben wurden. Als Ca-
jus ihm derogestalt die Stirne bieten sahe/ sich
auch an des Crassus und des Antonius Nieder-
lage spiegelte/ ließ er dem Phraates zu gütlicher
Hinlegung ihrer Zwistigkeiten eine Unterredung
antragen; massen sie beyde denn auch auff einer

mitten

Arminius und Thußnelda.
[Spaltenumbruch] zu Rom auch darinnen gewohnt/ und ſeinem
Sohne daraus mit denen gekoͤpfften Maah-
Haͤuptern die blutgierige Lehre zuentboten; Cu-
rius aber nach uͤberwundenem Pyrꝛhus mit ſei-
nen ſieben Huben Ackers/ mit der ſchlechten
Kohl- und Ruͤben-Koſt ſich ſo vergnuͤget/ daß er
das von Samnitern ihm geſchickte Gold anzu-
nehmen nicht gewuͤrdigt. Das Schoos-Kind
des Gluͤcks Sylla waͤre ſeiner Siegs-Gepraͤn-
ge uͤberdruͤßig worden/ und haͤtte um auff ſei-
nem Cumaniſchen Vorwerge der Fiſch- und
Jagt-Luſt zu genieſſen die hoͤchſte Gewalt in
Rom nieder gelegt. Dem Scipio und Lelius
waͤre es annehmlicher geweſt in Campanien die
Baͤume/ als in Africa die ſieghafften Kriegs-
Schaaren in Ordnung zu ſtellen; und beyde
haͤtten zuletzt freudiger an dem Meer-Ufer mit
den Muſcheln/ als in Spanien mit der Beute
der Mohren geſpielet. Ja der Kaͤyſer Auguſt
ſelbſt haͤtte ſeinem Kriegs-Gefehrten Agrippa
in dem Eylande Mitylene/ und dem vertraute-
ſten Mecaͤnas in der Stadt Rom gleichſam ei-
ne entfernte Einſamkeit erlaubet. Alſo hoffte
er durch ſeine Treue und Gehorſam eine kurtze
Erhol- und Lufftſchoͤpffung verdient zu haben.
Sintemal auch die unausleſchlichen Geſtirne
der Ruh benoͤthigt waͤren/ und ihren Schein
mit ihrer Verhuͤllung abwechſelten.

Dieſer beſtaͤndige Vorſatz gewann endlich/
oder vergnuͤgte vielmehr den Kaͤyſer/ daß er in
des Tyberius Reiſe willigte. Denn weil er
des Agrippa Soͤhne zu ſehr verduͤſterte/ war Au-
guſt gleichſam mit ſeinem Stieff-Sohne fuͤr ſei-
ne Enckel eyverſuͤchtig; und Tiberius ſelbſt
pflegte hieruͤber zu ſchertzen: Er wuͤrde das Al-
ter der Egyptiſchen Spitz-Thuͤrme bey Hofe
nicht erreichen/ weil er/ wie viel kleiner er auch
waͤre/ mehr Schatten als jene von ſich wuͤrffe.
So bald nun Tiberius Rom geſegnete/ warff
die uͤbermaͤßige Liebe des Kaͤyſers dem Cajus ei-
ne ſolche Geſchickligkeit zu/ daß er ihm den Aꝛme-
niſchen Krieg anzuvertrauen faͤhig hielt. Sin-
[Spaltenumbruch] temahl die Neigung zu ſeinem Gebluͤte nichts
minder als Selbſt-Liebe insgemein auch einem
untuͤchtigen Wunderwercke zutrauet. Ehe
aber die Roͤmiſche Macht in Armenien anlang-
te/ kam Phraates fuͤr die Stadt Artaxata/ und
beaͤngſtigte theils dieſer Feind/ theils die auffſaͤ-
tzigen Armenier/ theils ſein boͤſes Gewiſſen den
wolluͤſtigen Tigranes derogeſtalt/ daß er dem
Roͤmiſchen Buͤndnuͤße abzuſagen/ und mit
Phraaten Armenien zu theilen ſich erbot. Als
aber diß nicht verfing/ und die Parthen der
Stadt mit Stuͤrmen hefftig zuſetzten/ ſich/ um
nach einem weibiſchen Leben auch durch einen
maͤnnlichen Tod ſeinem wahrhafften Ebenbilde
dem luͤſternen Sardanapal gantz aͤhnlich zu weꝛ-
den/ mit ſeiner wolluͤſtigen Mallien auff einen
Holtzſtoß ſetzte/ und nach dem eines das andere
toͤdtlich verwundet/ ſich mit einander verbrenn-
ten/ und alſo der Grauſamkeit ihres Uberwin-
ders entriſſen. Artaxata lag nun in letzten
Zuͤgen/ und ſtand auff der Ubergabe; als Cenſo-
rinus mit ſeinen zweyen Legionen des Nachts/
ehe es die Parthen gewahr wurden/ hinein kam;
und weil Cajus ohne diß vom Kaͤyſer Befehl hat-
te/ den weibiſchen Tigranes ab/ und ſeinen Sohn
an die Stelle zu ſetzen/ um dadurch die Gemuͤ-
ther der Armenier wieder ein wenig an ſich zu
ziehen; erklaͤrte er alſofort Artavasden zum
Koͤnige Armeniens. Wie nun Cajus an die
Armeniſche Grentze ankam/ ward Phraates
gezwungen Artaxata zu verlaſſen/ und dem Ca-
jus entgegen zu ziehen/ wie denn auch beyde Hee-
re an dem Fluß Phrat bey Metilene gegenein-
ander zu ſtehen kamen. Allwo die Roͤmer
zwar mit Gewalt an einem ſeichten Furthe uͤber
den Fluß ſetzen wolten/ aber mit groſſem Ver-
luſt zuruͤck getrieben wurden. Als Ca-
jus ihm derogeſtalt die Stirne bieten ſahe/ ſich
auch an des Craſſus und des Antonius Nieder-
lage ſpiegelte/ ließ er dem Phraates zu guͤtlicher
Hinlegung ihrer Zwiſtigkeitẽ eine Unterredung
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[247/0299] Arminius und Thußnelda. zu Rom auch darinnen gewohnt/ und ſeinem Sohne daraus mit denen gekoͤpfften Maah- Haͤuptern die blutgierige Lehre zuentboten; Cu- rius aber nach uͤberwundenem Pyrꝛhus mit ſei- nen ſieben Huben Ackers/ mit der ſchlechten Kohl- und Ruͤben-Koſt ſich ſo vergnuͤget/ daß er das von Samnitern ihm geſchickte Gold anzu- nehmen nicht gewuͤrdigt. Das Schoos-Kind des Gluͤcks Sylla waͤre ſeiner Siegs-Gepraͤn- ge uͤberdruͤßig worden/ und haͤtte um auff ſei- nem Cumaniſchen Vorwerge der Fiſch- und Jagt-Luſt zu genieſſen die hoͤchſte Gewalt in Rom nieder gelegt. Dem Scipio und Lelius waͤre es annehmlicher geweſt in Campanien die Baͤume/ als in Africa die ſieghafften Kriegs- Schaaren in Ordnung zu ſtellen; und beyde haͤtten zuletzt freudiger an dem Meer-Ufer mit den Muſcheln/ als in Spanien mit der Beute der Mohren geſpielet. Ja der Kaͤyſer Auguſt ſelbſt haͤtte ſeinem Kriegs-Gefehrten Agrippa in dem Eylande Mitylene/ und dem vertraute- ſten Mecaͤnas in der Stadt Rom gleichſam ei- ne entfernte Einſamkeit erlaubet. Alſo hoffte er durch ſeine Treue und Gehorſam eine kurtze Erhol- und Lufftſchoͤpffung verdient zu haben. Sintemal auch die unausleſchlichen Geſtirne der Ruh benoͤthigt waͤren/ und ihren Schein mit ihrer Verhuͤllung abwechſelten. Dieſer beſtaͤndige Vorſatz gewann endlich/ oder vergnuͤgte vielmehr den Kaͤyſer/ daß er in des Tyberius Reiſe willigte. Denn weil er des Agrippa Soͤhne zu ſehr verduͤſterte/ war Au- guſt gleichſam mit ſeinem Stieff-Sohne fuͤr ſei- ne Enckel eyverſuͤchtig; und Tiberius ſelbſt pflegte hieruͤber zu ſchertzen: Er wuͤrde das Al- ter der Egyptiſchen Spitz-Thuͤrme bey Hofe nicht erreichen/ weil er/ wie viel kleiner er auch waͤre/ mehr Schatten als jene von ſich wuͤrffe. So bald nun Tiberius Rom geſegnete/ warff die uͤbermaͤßige Liebe des Kaͤyſers dem Cajus ei- ne ſolche Geſchickligkeit zu/ daß er ihm den Aꝛme- niſchen Krieg anzuvertrauen faͤhig hielt. Sin- temahl die Neigung zu ſeinem Gebluͤte nichts minder als Selbſt-Liebe insgemein auch einem untuͤchtigen Wunderwercke zutrauet. Ehe aber die Roͤmiſche Macht in Armenien anlang- te/ kam Phraates fuͤr die Stadt Artaxata/ und beaͤngſtigte theils dieſer Feind/ theils die auffſaͤ- tzigen Armenier/ theils ſein boͤſes Gewiſſen den wolluͤſtigen Tigranes derogeſtalt/ daß er dem Roͤmiſchen Buͤndnuͤße abzuſagen/ und mit Phraaten Armenien zu theilen ſich erbot. Als aber diß nicht verfing/ und die Parthen der Stadt mit Stuͤrmen hefftig zuſetzten/ ſich/ um nach einem weibiſchen Leben auch durch einen maͤnnlichen Tod ſeinem wahrhafften Ebenbilde dem luͤſternen Sardanapal gantz aͤhnlich zu weꝛ- den/ mit ſeiner wolluͤſtigen Mallien auff einen Holtzſtoß ſetzte/ und nach dem eines das andere toͤdtlich verwundet/ ſich mit einander verbrenn- ten/ und alſo der Grauſamkeit ihres Uberwin- ders entriſſen. Artaxata lag nun in letzten Zuͤgen/ und ſtand auff der Ubergabe; als Cenſo- rinus mit ſeinen zweyen Legionen des Nachts/ ehe es die Parthen gewahr wurden/ hinein kam; und weil Cajus ohne diß vom Kaͤyſer Befehl hat- te/ den weibiſchen Tigranes ab/ und ſeinen Sohn an die Stelle zu ſetzen/ um dadurch die Gemuͤ- ther der Armenier wieder ein wenig an ſich zu ziehen; erklaͤrte er alſofort Artavasden zum Koͤnige Armeniens. Wie nun Cajus an die Armeniſche Grentze ankam/ ward Phraates gezwungen Artaxata zu verlaſſen/ und dem Ca- jus entgegen zu ziehen/ wie denn auch beyde Hee- re an dem Fluß Phrat bey Metilene gegenein- ander zu ſtehen kamen. Allwo die Roͤmer zwar mit Gewalt an einem ſeichten Furthe uͤber den Fluß ſetzen wolten/ aber mit groſſem Ver- luſt zuruͤck getrieben wurden. Als Ca- jus ihm derogeſtalt die Stirne bieten ſahe/ ſich auch an des Craſſus und des Antonius Nieder- lage ſpiegelte/ ließ er dem Phraates zu guͤtlicher Hinlegung ihrer Zwiſtigkeitẽ eine Unterredung antragen; maſſen ſie beyde denn auch auff einer mitten

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Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 247. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/299>, abgerufen am 22.11.2024.