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Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.

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Arminius und Thußnelda.
[Spaltenumbruch] man mir einen Eydam aufsdringen/ dessen Va-
ter von seinem eigenen zum Tode verdammet
worden? Nein sicher/ dein Anschlag wird dir
sicher in Brunn fallen: ich will meine Tochter
mit nichts unedlerm vermischen/ als ihr Ur-
sprung ist. Der vollkommenste Leib bildet eine
Mißgeburt ab/wenn man ihm einen Cyclopen-
Kopff auffsetzt. Bley und Zien/ ja auch das
Silber selbst/ verunehret und vergeringert das
Gold/ wenn es untereinander geschmeltzet wird.
Man setzt Marmel und Jaspis-Bilder nur in
der Götter und Könige/ nicht in Geringerer
Wohnungen. Die Natur ist auffs eusserste
bemüht/ daß nichts ungleiches zusammen wach-
se. Eben dieses soll die Klugheit/ fürnehmlich
aber in der Liebe beobachten/ welche von den Al-
ten für blind und ein Kind gehalten worden/ weil
sie am meisten vorsichtiger Leitung vonnöthen
hat. Jch versehe mich also zu Arsinoen/ wo ich
sie anders für meine Tochter halten soll/ sie wer-
de nicht von der Art deß den Pöfel abbildenden
Epheus seyn/ welcher/ so bald eine Hasel-Stau-
de/ als einen Dattelbaum umarmet. Edle
Pflantzen kehren ihr Haupt gegen den Him-
mel; Die Rosen schliessen ihr Haupt nur der an-
wesenden Sonne auff; die Palmen vertragen
sich mit keinem geringen Gewächse. Ja der
todte Magnet-Stein folget keinem geringern/
als dem so hoch geschätzten Angelsterne. Und
Polemons Haus solte sich zu den Nachkommen
des knechtischen Machares abneigen? Die
Niedrigkeit des Gemüthes ist wie alle andere
Schwachheiten nichts minder als die Seuchen
anfällig. Zwey Tropffen bösen Geblütes ste-
cken den gantzen Leib an/ und eines einigen Fi-
sches Farbe schwärtzet ein groß Theil des
Meeres. Das menschliche Gemüthe ist gear-
tet wie das Thier/ das alle Farben annimmt;
am leichtesten aber die Schwärtze der Boßheit.
Hat es seine Neigung zu Napel/ so vergifftet
sichs. Liebet es Unflat/ so besudelt es sich. Die
besten Schnaten verlieren ihre Güte/ wenn
[Spaltenumbruch] man sie auff einen herben Stamm pfropffet.
Das Feuer verlieret seinen Glantz/ wenn es
mit Wasser oder Erde vermischt wird; Aus
Vereinbarung eines Menschen und Pferdes
wird ein häßlicher Centaur/ und die niedrigen
Vermählungen sind ein ewiger Schandfleck
hoher Geschlechter/ welchen König Hiero in Si-
cilien mit allen seinen tugendhafften Thaten/
auch bey der Nachwelt nicht auszuleschen ver-
mocht hat. Diesem nach ist diß mein End- und
unveränderlicher Schluß/ daß Arsinoe den edel-
sten Fürsten der Welt/ den grossen Ariobarzanes
heyrathen soll. Und ich befehle dir/ Arsinoe/
dich ohne einigen Worts-Einwand darzu fertig
zu halten. Des Vaters und der Götter Wil-
le hat keinen Richter über sich. Jhre Vorsor-
ge ist die vernünfftigste und treueste/ welche sich
weder durch eigenen Dünckel/ noch durch ande-
rer Träume verbessern läst.

Hiermit ging Polemon unwillig aus dem
Zimmer/ ließ sie in vollem Jammer stehen/ und
versprach noch selbigen Tag dem Ariobarzanes
seine Arsinoe. Der Heyrath-Schluß und
das neue Bündniß ward von beyden Königen
in dem Tempel des Friedens auff dem Alta-
re der Eintracht unterschrieben und besiegelt/
auch alle Anstalt zu dem Königlichen Beyla-
ger gemacht/ als inzwischen Arsinoe/ Dyna-
mis und Erato ihrem Kummer kein Ende/
ihren Thränen keine Maas/ und ihrem Un-
glücke keinen Rath wusten. Beyde Könige
kamen aus dem Tempel in ihr Zimmer/ und wie-
wohl Dynamis und Arsinoe ihre Traurigkeit
zu verbergen sich eusserst bemüheten/ sahe sie ih-
nen doch beyden mehr als zu viel aus den Au-
gen. Ariobarzanes kriegte hierüber Nachden-
cken/ und vermeinte Arsinoen durch die höff lich-
sten Liebkosungen zu gewinnen/ welche ihm aber
mit einer gezwungenen oder vielmehr kaltsin-
nigen Freundligkeit begegnete. Diese Neu-
igkeit verstörte ihm die Ruhe der Nacht und des
Gemüthes/ noch mehr aber ein Schreiben/

wel-
Erster Theil. N n

Arminius und Thußnelda.
[Spaltenumbruch] man mir einen Eydam aufſdringen/ deſſen Va-
ter von ſeinem eigenen zum Tode verdammet
worden? Nein ſicher/ dein Anſchlag wird dir
ſicher in Brunn fallen: ich will meine Tochter
mit nichts unedlerm vermiſchen/ als ihr Ur-
ſprung iſt. Der vollkommenſte Leib bildet eine
Mißgeburt ab/wenn man ihm einen Cyclopen-
Kopff auffſetzt. Bley und Zien/ ja auch das
Silber ſelbſt/ verunehret und vergeringert das
Gold/ wenn es untereinander geſchmeltzet wird.
Man ſetzt Marmel und Jaſpis-Bilder nur in
der Goͤtter und Koͤnige/ nicht in Geringerer
Wohnungen. Die Natur iſt auffs euſſerſte
bemuͤht/ daß nichts ungleiches zuſammen wach-
ſe. Eben dieſes ſoll die Klugheit/ fuͤrnehmlich
aber in der Liebe beobachten/ welche von den Al-
ten fuͤr blind und ein Kind gehalten worden/ weil
ſie am meiſten vorſichtiger Leitung vonnoͤthen
hat. Jch verſehe mich alſo zu Arſinoen/ wo ich
ſie anders fuͤr meine Tochter halten ſoll/ ſie wer-
de nicht von der Art deß den Poͤfel abbildenden
Epheus ſeyn/ welcher/ ſo bald eine Haſel-Stau-
de/ als einen Dattelbaum umarmet. Edle
Pflantzen kehren ihr Haupt gegen den Him-
mel; Die Roſen ſchlieſſen ihr Haupt nur der an-
weſenden Sonne auff; die Palmen vertragen
ſich mit keinem geringen Gewaͤchſe. Ja der
todte Magnet-Stein folget keinem geringern/
als dem ſo hoch geſchaͤtzten Angelſterne. Und
Polemons Haus ſolte ſich zu den Nachkommen
des knechtiſchen Machares abneigen? Die
Niedrigkeit des Gemuͤthes iſt wie alle andere
Schwachheiten nichts minder als die Seuchen
anfaͤllig. Zwey Tropffen boͤſen Gebluͤtes ſte-
cken den gantzen Leib an/ und eines einigen Fi-
ſches Farbe ſchwaͤrtzet ein groß Theil des
Meeres. Das menſchliche Gemuͤthe iſt gear-
tet wie das Thier/ das alle Farben annimmt;
am leichteſten aber die Schwaͤrtze der Boßheit.
Hat es ſeine Neigung zu Napel/ ſo vergifftet
ſichs. Liebet es Unflat/ ſo beſudelt es ſich. Die
beſten Schnaten verlieren ihre Guͤte/ wenn
[Spaltenumbruch] man ſie auff einen herben Stamm pfropffet.
Das Feuer verlieret ſeinen Glantz/ wenn es
mit Waſſer oder Erde vermiſcht wird; Aus
Vereinbarung eines Menſchen und Pferdes
wird ein haͤßlicher Centaur/ und die niedrigen
Vermaͤhlungen ſind ein ewiger Schandfleck
hoher Geſchlechter/ welchen Koͤnig Hiero in Si-
cilien mit allen ſeinen tugendhafften Thaten/
auch bey der Nachwelt nicht auszuleſchen ver-
mocht hat. Dieſem nach iſt diß mein End- und
unveraͤnderlicher Schluß/ daß Arſinoe den edel-
ſten Fuͤrſten der Welt/ den groſſen Ariobarzanes
heyrathen ſoll. Und ich befehle dir/ Arſinoe/
dich ohne einigen Worts-Einwand darzu fertig
zu halten. Des Vaters und der Goͤtter Wil-
le hat keinen Richter uͤber ſich. Jhre Vorſor-
ge iſt die vernuͤnfftigſte und treueſte/ welche ſich
weder durch eigenen Duͤnckel/ noch durch ande-
rer Traͤume verbeſſern laͤſt.

Hiermit ging Polemon unwillig aus dem
Zimmer/ ließ ſie in vollem Jammer ſtehen/ und
verſprach noch ſelbigen Tag dem Ariobarzanes
ſeine Arſinoe. Der Heyrath-Schluß und
das neue Buͤndniß ward von beyden Koͤnigen
in dem Tempel des Friedens auff dem Alta-
re der Eintracht unterſchrieben und beſiegelt/
auch alle Anſtalt zu dem Koͤniglichen Beyla-
ger gemacht/ als inzwiſchen Arſinoe/ Dyna-
mis und Erato ihrem Kummer kein Ende/
ihren Thraͤnen keine Maas/ und ihrem Un-
gluͤcke keinen Rath wuſten. Beyde Koͤnige
kamen aus dem Tempel in ihr Zim̃er/ und wie-
wohl Dynamis und Arſinoe ihre Traurigkeit
zu verbergen ſich euſſerſt bemuͤheten/ ſahe ſie ih-
nen doch beyden mehr als zu viel aus den Au-
gen. Ariobarzanes kriegte hieruͤber Nachden-
cken/ und vermeinte Arſinoen durch die hoͤff lich-
ſten Liebkoſungen zu gewinnen/ welche ihm aber
mit einer gezwungenen oder vielmehr kaltſin-
nigen Freundligkeit begegnete. Dieſe Neu-
igkeit verſtoͤrte ihm die Ruhe der Nacht und des
Gemuͤthes/ noch mehr aber ein Schreiben/

wel-
Erſter Theil. N n
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Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 281. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/333>, abgerufen am 22.11.2024.