Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.Drittes Buch [Spaltenumbruch]
unerfahrnes Weib könte ihr nicht mehr Klug-heit/ als so viel Weisen/ und nicht mehr Heilig- keit/ als gantze Völcker zumessen. Die Ent- blössung der Geburts-Glieder wäre mehr un- gewöhnlich/ als unverschämt; am wenigsten aber eine Abscheu der Natur/ oder ein Ver- brechen. Die ersten Menschen wären insge- samt nackt gewest/ und das gröste Theil Jn- diens/ ja fast gantz Africa gienge nicht anders. Die Blösse wäre das angenehmste Kleid der Unschuld/ die Kleider aber grossen Theils Hül- len der Hoffarth. Die Geburts-Glieder wä- ren bey nahe die vornehmsten/ unter allen die nützlichsten/ deßhalben aber nicht die häßlich- sten; dahero sie etliche Weltweisen nebst dem Hertzen für nicht schlechte Theile/ sondern für absondere Thiere zu halten/ oder auch den Sitz der eigentlichen Lebens-Rrafft eben so/ wie in den Lampreten und Neun-Augen/ dahin ein- zusperren vermeint hätten. Andere hätten ihnen einen sechsten Sinn zugeeignet/ dessen kein ander Glied/ eben so als wie die Zunge/ nur des Geschmacks fähig wäre. Fürnehmlich aber hätte sich keines Volckes Andacht geschä- met diese Glieder zu Sinnbildern ihres Gottesdienstes zu gebrauchen. Diese hätte dem männlichen unter dem Nahmen des Pria- pus eine Gottheit zugeeignet; Bacchus mit zwey solchen Bildern seine Stief-Mutter Ju- no beschencket. Sintemal hierdurch die wür- ckende Zeugnüß-Krafft der göttlichen Verse- hung sinnreich angedeutet würde. Jn diesem Absehen trügen die Egyptischen Frauen auff dem von der Jsis angestellten Feyer des Osy- ris Geburts-Glied offentlich herum/ mahlten auch den Priapus so häßlich/ als kein Esel von Natur gebildet wäre/ um dadurch seine Frucht- barkeit oder übermäßige Zeugungs-Krafft zu beehren/ oder gar zu verewigen. Denen E- gyptiern thäten es die Griechen nach/ und in Jtalien würde ein grosses Bild dieses Gliedes [Spaltenumbruch] dem Wein-Gotte zu Ehren um die Felder und durch die Städte auff einem zierlichen Wagen geführt. Zu Lavinium müste eine der keu- schesten Frauen selbtem einen Krantz aufsetzen; welches/ aufer dieser zum Weinwachse dienen- den Andacht/ doch keine gemeine Hure/ auff den Schauspielen in dem Gesichte des Frauen- zimmers sich unterwinden dörfte. Zu Rom würde der Syrer Beel Phegor oder Priapus unter dem Nahmen des Mutinus Tetinus verehret/ und ritten die verliebten Frauen und Jungfrauen für ihrer Hochzeit vorher auff sei- nem Gliede/ gleich als wenn sie ihre Keusch- heit vorher einem Gotte ablieferten. Jn an- dern Orten hingen die Frauen solche Bilder an den Hals/ oder an die Lenden. Die Sy- rischen Weiber spielten mit selbtem/ als wie mit denen durch verborgene Dräte tantzenden Tocken. Des Mercurius Bild/ das nichts anders als ein Abriß der gantzen Natur wäre/ würde allezeit mit stehender Ruthe gemahlet. Das weibliche Geburts-Glied wäre ebenfalls nichts minder der Brunnqvell der Nachkom- men/ als ein Sinnen-Bild/ welches den Uhr- sprung der empfangenden Fruchtbarkeit an- deutete. Die Frauen der reinlichen Völcker versorgten wegen des erstern es mit den köst- lichsten Balsamen. Die in Africa zierten es mit güldenen Ringen/ und angehenckten Kleinodten. Wegen der andern Ursache wür- de es auff dem Thesmophorischen Feyer zu Syracuse verehret/ und ein derogestalt gebil- deter Kuchen oder Käse in Sicilien herumb getragen/ verspeiset/ aus einem solchen glä- sernen Gliede getruncken; bey andern Völ- ckern es in der Gestalt eines Dreyecks ange- betet. Der Egyptische König Sesostris hät- te bey denen weibischen von ihm bezwungenen Syriern das Weibliche/ bey streitbaren Völ- ckern das Männliche seinen Göttern zu Danckmahlen seiner Siege auff hohen Säu- len
Drittes Buch [Spaltenumbruch]
unerfahrnes Weib koͤnte ihr nicht mehr Klug-heit/ als ſo viel Weiſen/ und nicht mehr Heilig- keit/ als gantze Voͤlcker zumeſſen. Die Ent- bloͤſſung der Geburts-Glieder waͤre mehr un- gewoͤhnlich/ als unverſchaͤmt; am wenigſten aber eine Abſcheu der Natur/ oder ein Ver- brechen. Die erſten Menſchen waͤren insge- ſamt nackt geweſt/ und das groͤſte Theil Jn- diens/ ja faſt gantz Africa gienge nicht anders. Die Bloͤſſe waͤre das angenehmſte Kleid der Unſchuld/ die Kleider aber groſſen Theils Huͤl- len der Hoffarth. Die Geburts-Glieder waͤ- ren bey nahe die vornehmſten/ unter allen die nuͤtzlichſten/ deßhalben aber nicht die haͤßlich- ſten; dahero ſie etliche Weltweiſen nebſt dem Hertzen fuͤr nicht ſchlechte Theile/ ſondern fuͤr abſondere Thiere zu halten/ oder auch den Sitz der eigentlichen Lebens-Rrafft eben ſo/ wie in den Lampreten und Neun-Augen/ dahin ein- zuſperren vermeint haͤtten. Andere haͤtten ihnen einen ſechſten Sinn zugeeignet/ deſſen kein ander Glied/ eben ſo als wie die Zunge/ nur des Geſchmacks faͤhig waͤre. Fuͤrnehmlich aber haͤtte ſich keines Volckes Andacht geſchaͤ- met dieſe Glieder zu Sinnbildern ihres Gottesdienſtes zu gebrauchen. Dieſe haͤtte dem maͤnnlichen unter dem Nahmen des Pria- pus eine Gottheit zugeeignet; Bacchus mit zwey ſolchen Bildern ſeine Stief-Mutter Ju- no beſchencket. Sintemal hierdurch die wuͤr- ckende Zeugnuͤß-Krafft der goͤttlichen Verſe- hung ſinnreich angedeutet wuͤrde. Jn dieſem Abſehen truͤgen die Egyptiſchen Frauen auff dem von der Jſis angeſtellten Feyer des Oſy- ris Geburts-Glied offentlich herum/ mahlten auch den Priapus ſo haͤßlich/ als kein Eſel von Natur gebildet waͤre/ um dadurch ſeine Frucht- barkeit oder uͤbermaͤßige Zeugungs-Krafft zu beehren/ oder gar zu verewigen. Denen E- gyptiern thaͤten es die Griechen nach/ und in Jtalien wuͤrde ein groſſes Bild dieſes Gliedes [Spaltenumbruch] dem Wein-Gotte zu Ehren um die Felder und durch die Staͤdte auff einem zierlichen Wagen gefuͤhrt. Zu Lavinium muͤſte eine der keu- ſcheſten Frauen ſelbtem einen Krantz aufſetzen; welches/ aufer dieſer zum Weinwachſe dienen- den Andacht/ doch keine gemeine Hure/ auff den Schauſpielen in dem Geſichte des Frauen- zimmers ſich unterwinden doͤrfte. Zu Rom wuͤrde der Syrer Beel Phegor oder Priapus unter dem Nahmen des Mutinus Tetinus verehret/ und ritten die verliebten Frauen und Jungfrauen fuͤr ihrer Hochzeit vorher auff ſei- nem Gliede/ gleich als wenn ſie ihre Keuſch- heit vorher einem Gotte ablieferten. Jn an- dern Orten hingen die Frauen ſolche Bilder an den Hals/ oder an die Lenden. Die Sy- riſchen Weiber ſpielten mit ſelbtem/ als wie mit denen durch verborgene Draͤte tantzenden Tocken. Des Mercurius Bild/ das nichts anders als ein Abriß der gantzen Natur waͤre/ wuͤrde allezeit mit ſtehender Ruthe gemahlet. Das weibliche Geburts-Glied waͤre ebenfalls nichts minder der Brunnqvell der Nachkom- men/ als ein Sinnen-Bild/ welches den Uhr- ſprung der empfangenden Fruchtbarkeit an- deutete. Die Frauen der reinlichen Voͤlcker verſorgten wegen des erſtern es mit den koͤſt- lichſten Balſamen. Die in Africa zierten es mit guͤldenen Ringen/ und angehenckten Kleinodten. Wegen der andern Urſache wuͤr- de es auff dem Theſmophoriſchen Feyer zu Syracuſe verehret/ und ein derogeſtalt gebil- deter Kuchen oder Kaͤſe in Sicilien herumb getragen/ verſpeiſet/ aus einem ſolchen glaͤ- ſernen Gliede getruncken; bey andern Voͤl- ckern es in der Geſtalt eines Dreyecks ange- betet. Der Egyptiſche Koͤnig Seſoſtris haͤt- te bey denen weibiſchen von ihm bezwungenen Syriern das Weibliche/ bey ſtreitbaren Voͤl- ckern das Maͤnnliche ſeinen Goͤttern zu Danckmahlen ſeiner Siege auff hohen Saͤu- len
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Drittes Buch
unerfahrnes Weib koͤnte ihr nicht mehr Klug-
heit/ als ſo viel Weiſen/ und nicht mehr Heilig-
keit/ als gantze Voͤlcker zumeſſen. Die Ent-
bloͤſſung der Geburts-Glieder waͤre mehr un-
gewoͤhnlich/ als unverſchaͤmt; am wenigſten
aber eine Abſcheu der Natur/ oder ein Ver-
brechen. Die erſten Menſchen waͤren insge-
ſamt nackt geweſt/ und das groͤſte Theil Jn-
diens/ ja faſt gantz Africa gienge nicht anders.
Die Bloͤſſe waͤre das angenehmſte Kleid der
Unſchuld/ die Kleider aber groſſen Theils Huͤl-
len der Hoffarth. Die Geburts-Glieder waͤ-
ren bey nahe die vornehmſten/ unter allen die
nuͤtzlichſten/ deßhalben aber nicht die haͤßlich-
ſten; dahero ſie etliche Weltweiſen nebſt dem
Hertzen fuͤr nicht ſchlechte Theile/ ſondern fuͤr
abſondere Thiere zu halten/ oder auch den Sitz
der eigentlichen Lebens-Rrafft eben ſo/ wie in
den Lampreten und Neun-Augen/ dahin ein-
zuſperren vermeint haͤtten. Andere haͤtten
ihnen einen ſechſten Sinn zugeeignet/ deſſen
kein ander Glied/ eben ſo als wie die Zunge/ nur
des Geſchmacks faͤhig waͤre. Fuͤrnehmlich
aber haͤtte ſich keines Volckes Andacht geſchaͤ-
met dieſe Glieder zu Sinnbildern ihres
Gottesdienſtes zu gebrauchen. Dieſe haͤtte
dem maͤnnlichen unter dem Nahmen des Pria-
pus eine Gottheit zugeeignet; Bacchus mit
zwey ſolchen Bildern ſeine Stief-Mutter Ju-
no beſchencket. Sintemal hierdurch die wuͤr-
ckende Zeugnuͤß-Krafft der goͤttlichen Verſe-
hung ſinnreich angedeutet wuͤrde. Jn dieſem
Abſehen truͤgen die Egyptiſchen Frauen auff
dem von der Jſis angeſtellten Feyer des Oſy-
ris Geburts-Glied offentlich herum/ mahlten
auch den Priapus ſo haͤßlich/ als kein Eſel von
Natur gebildet waͤre/ um dadurch ſeine Frucht-
barkeit oder uͤbermaͤßige Zeugungs-Krafft zu
beehren/ oder gar zu verewigen. Denen E-
gyptiern thaͤten es die Griechen nach/ und in
Jtalien wuͤrde ein groſſes Bild dieſes Gliedes
dem Wein-Gotte zu Ehren um die Felder und
durch die Staͤdte auff einem zierlichen Wagen
gefuͤhrt. Zu Lavinium muͤſte eine der keu-
ſcheſten Frauen ſelbtem einen Krantz aufſetzen;
welches/ aufer dieſer zum Weinwachſe dienen-
den Andacht/ doch keine gemeine Hure/ auff
den Schauſpielen in dem Geſichte des Frauen-
zimmers ſich unterwinden doͤrfte. Zu Rom
wuͤrde der Syrer Beel Phegor oder Priapus
unter dem Nahmen des Mutinus Tetinus
verehret/ und ritten die verliebten Frauen und
Jungfrauen fuͤr ihrer Hochzeit vorher auff ſei-
nem Gliede/ gleich als wenn ſie ihre Keuſch-
heit vorher einem Gotte ablieferten. Jn an-
dern Orten hingen die Frauen ſolche Bilder
an den Hals/ oder an die Lenden. Die Sy-
riſchen Weiber ſpielten mit ſelbtem/ als wie
mit denen durch verborgene Draͤte tantzenden
Tocken. Des Mercurius Bild/ das nichts
anders als ein Abriß der gantzen Natur waͤre/
wuͤrde allezeit mit ſtehender Ruthe gemahlet.
Das weibliche Geburts-Glied waͤre ebenfalls
nichts minder der Brunnqvell der Nachkom-
men/ als ein Sinnen-Bild/ welches den Uhr-
ſprung der empfangenden Fruchtbarkeit an-
deutete. Die Frauen der reinlichen Voͤlcker
verſorgten wegen des erſtern es mit den koͤſt-
lichſten Balſamen. Die in Africa zierten es
mit guͤldenen Ringen/ und angehenckten
Kleinodten. Wegen der andern Urſache wuͤr-
de es auff dem Theſmophoriſchen Feyer zu
Syracuſe verehret/ und ein derogeſtalt gebil-
deter Kuchen oder Kaͤſe in Sicilien herumb
getragen/ verſpeiſet/ aus einem ſolchen glaͤ-
ſernen Gliede getruncken; bey andern Voͤl-
ckern es in der Geſtalt eines Dreyecks ange-
betet. Der Egyptiſche Koͤnig Seſoſtris haͤt-
te bey denen weibiſchen von ihm bezwungenen
Syriern das Weibliche/ bey ſtreitbaren Voͤl-
ckern das Maͤnnliche ſeinen Goͤttern zu
Danckmahlen ſeiner Siege auff hohen Saͤu-
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Zitationshilfe: | Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 302. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/354>, abgerufen am 26.06.2024. |