Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.Drittes Buch [Spaltenumbruch]
ihrer Leichtsinnigkeit wären ihre Zeugnisse beyvielen Völckern/ und fürnehmlich in wichtigen Sachen verwerfflich. Der berühmte/ aber all- zu weibische Weltweise/ der sich nicht enthalten konte dem Kebsweibe des Hermias zu opffern/ hätte gezwungen gestehen müssen/ daß sie zu männlichen Aemtern unfähig/ und ihnen oder den wilden Thieren nachzuarten einerley wäre. Die alten Römer hätten deßwegen sie nicht bür- gerliche Güter miterben lassen/ und Voconius habe verbothen/ daß man ihnen etwas über das vierdte Theil seines Vermögens verma- chen dörffe; also wüste er nicht/ wie ihm gewesen wäre/ daß er die Erato auff den Armenischen Thron hätte befördern helffen? Aller Weiber Herrschafft wäre der Freyheit Ende/ und der Rei- che Untergang gewest. Olympias hätte nicht wie eine Königin/ sondern henckermäßig über das Blut der Edlen gewüttet. Der kluge Antipa- ter aber auff dem Todt-Bette seinen Macedoni- ern/ als eine göttliche Wahrsagung vorgetra- gen/ daß sie in eusserstes Unglück verfallen würden/ da iemahls ein Weib über sie zu herr- schen käme. Ja auch dieselben Völcker/ wel- che der Dienstbarkeit gewohnt wären/ hätten den den Weibern geleisteten Gehorsam nicht nur für eine der Freyheit widrige Unart/ sondern auch für was ärgers/ als eine Knecht- schafft gehalten. Mit diesem hätte den Län- dern das Unglück geblühet. Hecube hätte den Priamus überredet/ oder vielmehr bezau- bert/ daß er den Griechen die geraubte Helena nicht wiedergegeben/ und hiermit hätte sie Tro- ja eingeäschert. Arsinoe hätte mit ihrer Geil- heit das Cyrenische Reich zerrüttet/ Parysa- tis das Persische mit Kinder- und Brüder- Blute überschwemmet. Semiramis würde zwar von der Vor-Welt für einen Ausbund der Königinnen/ und eine behertzte Taube ausgestri- chen/ aber sie hätte durch Königs-Mord den ihr auf fünff Tage vergünstigten Assyrischen Stuel an sich gebracht/ sie wäre ein schädlicher Raubvo- [Spaltenumbruch] gel der Welt/ und ein Pful grausamster Laster ge- west/ welchen anders nicht/ als durch das Mord- Eisen ihres eigenen Sohnes hätte abgeholffen werden können. Zwar müste er bekennen: E- rato hätte unvergleichliche Leibes- und Gemüts- Gaben; aber es wären die Weiber den Seri- schen Rosen gleich/ welche alle Tage ihre weisse Farbe in Purper verwandelten/ und bey ihrem Glantze einen stinckenden Geruch hätten. Ja wenn Weiber am vollkommensten wären/ hät- ten sie doch/ wie der Voll-Monde/ die grössesten Flecken. Livia hätte anfangs den Ruhm ge- habt/ daß dieses verschmitzte Weib dem Käyser August die heilsamsten Rathschläge an die Hand gebe; numehr aber beschuldigte man sie/ daß sie ihrer Ehrsucht und Grausamkeit nicht mehr mächtig/ und ein Brunn alles Unheils wäre. Erato hätte alle Tugenden einer Königin/ aber auch alle Laster eines Weibes. Jene wären bekant/ weil sie mehr als diese in die Augen lieffen/ diese verborgen/ weil sie sie so meisterlich zu verstecken wüste. Zu dem könte er nicht läugnen/ daß weil die Schwachheiten der Fürsten so wie die Ver- finsterungen der grossen Gestirne allezeit den Völckern Schrecken einjagten/ er der Königin Fehler selbst hätte verdrücken helffen. Nach dem er aber ihre Rachgier gegen die Vorsteher des Reichs/ welche die Freyheit nicht wolten zu Boden treten lassen/ thre Uppigkeit/ welche deß- halben zeither alle Heyrathen ausgeschlagen/ und also die Wollust der Befestigung des Thro- nes fürgezogen/ länger nicht zu verdecken ge- wüst/ ja er wegen seiner aufrichtigen Einrathun- gen offtmals scheel angesehen/ wegen seiner ihm von Gott verliehenen Gaben beneidet worden wäre; hätte er es für ehrlicher gehalten/ sich des Hofes zu entbrechen/ ehe ihn selbter als einen Verhaßten/ wie das Meer einen todten Leich- nam auswürffe/ oder ihn der Grimm der Königin gar einäscherte. Denn der Fürsten Zorn wäre wie der Blitz/ den man eher empfinde/ als hörte/ von ihren Schlägen sehe man eher das Blut/ als die
Drittes Buch [Spaltenumbruch]
ihrer Leichtſinnigkeit waͤren ihre Zeugniſſe beyvielen Voͤlckern/ und fuͤrnehmlich in wichtigen Sachen verwerfflich. Der beruͤhmte/ aber all- zu weibiſche Weltweiſe/ der ſich nicht enthalten konte dem Kebsweibe des Hermias zu opffern/ haͤtte gezwungen geſtehen muͤſſen/ daß ſie zu maͤnnlichen Aemtern unfaͤhig/ und ihnen oder den wilden Thieren nachzuarten einerley waͤre. Die alten Roͤmer haͤtten deßwegen ſie nicht buͤr- gerliche Guͤter miterben laſſen/ und Voconius habe verbothen/ daß man ihnen etwas uͤber das vierdte Theil ſeines Vermoͤgens verma- chen doͤrffe; alſo wuͤſte er nicht/ wie ihm geweſen waͤre/ daß er die Erato auff den Armeniſchen Thron haͤtte befoͤrdern helffen? Aller Weiber Herꝛſchafft waͤre deꝛ Freyheit Ende/ und deꝛ Rei- che Untergang geweſt. Olympias haͤtte nicht wie eine Koͤnigin/ ſondern henckermaͤßig uͤber das Blut der Edlen gewuͤttet. Der kluge Antipa- ter aber auff dem Todt-Bette ſeinen Macedoni- ern/ als eine goͤttliche Wahrſagung vorgetra- gen/ daß ſie in euſſerſtes Ungluͤck verfallen wuͤrden/ da iemahls ein Weib uͤber ſie zu herr- ſchen kaͤme. Ja auch dieſelben Voͤlcker/ wel- che der Dienſtbarkeit gewohnt waͤren/ haͤtten den den Weibern geleiſteten Gehorſam nicht nur fuͤr eine der Freyheit widrige Unart/ ſondern auch fuͤr was aͤrgers/ als eine Knecht- ſchafft gehalten. Mit dieſem haͤtte den Laͤn- dern das Ungluͤck gebluͤhet. Hecube haͤtte den Priamus uͤberredet/ oder vielmehr bezau- bert/ daß er den Griechen die geraubte Helena nicht wiedergegeben/ und hiermit haͤtte ſie Tro- ja eingeaͤſchert. Arſinoe haͤtte mit ihrer Geil- heit das Cyreniſche Reich zerruͤttet/ Paryſa- tis das Perſiſche mit Kinder- und Bruͤder- Blute uͤberſchwemmet. Semiramis wuͤrde zwar von der Vor-Welt fuͤr einen Ausbund der Koͤniginnen/ und eine behertzte Taube ausgeſtri- chen/ aber ſie haͤtte durch Koͤnigs-Mord den ihr auf fuͤnff Tage verguͤnſtigten Aſſyriſchen Stuel an ſich gebracht/ ſie waͤre ein ſchaͤdlicher Raubvo- [Spaltenumbruch] gel der Welt/ und ein Pful grauſamſter Laſter ge- weſt/ welchen anders nicht/ als durch das Mord- Eiſen ihres eigenen Sohnes haͤtte abgeholffen werden koͤnnen. Zwar muͤſte er bekennen: E- rato haͤtte unvergleichliche Leibes- und Gemuͤts- Gaben; aber es waͤren die Weiber den Seri- ſchen Roſen gleich/ welche alle Tage ihre weiſſe Farbe in Purper verwandelten/ und bey ihrem Glantze einen ſtinckenden Geruch haͤtten. Ja wenn Weiber am vollkommenſten waͤren/ haͤt- ten ſie doch/ wie der Voll-Monde/ die groͤſſeſten Flecken. Livia haͤtte anfangs den Ruhm ge- habt/ daß dieſes verſchmitzte Weib dem Kaͤyſer Auguſt die heilſamſten Rathſchlaͤge an die Hand gebe; numehr aber beſchuldigte man ſie/ daß ſie ihrer Ehrſucht und Grauſamkeit nicht mehr maͤchtig/ und ein Brunn alles Unheils waͤre. Erato haͤtte alle Tugenden einer Koͤnigin/ aber auch alle Laſteꝛ eines Weibes. Jene waͤrẽ bekant/ weil ſie mehr als dieſe in die Augen lieffen/ dieſe verborgen/ weil ſie ſie ſo meiſterlich zu verſtecken wuͤſte. Zu dem koͤnte er nicht laͤugnen/ daß weil die Schwachheiten der Fuͤrſten ſo wie die Ver- finſterungen der groſſen Geſtirne allezeit den Voͤlckern Schrecken einjagten/ er der Koͤnigin Fehler ſelbſt haͤtte verdruͤcken helffen. Nach dem er aber ihre Rachgier gegen die Vorſteher des Reichs/ welche die Freyheit nicht wolten zu Boden treten laſſen/ thre Uppigkeit/ welche deß- halben zeither alle Heyrathen ausgeſchlagen/ und alſo die Wolluſt der Befeſtigung des Thro- nes fuͤrgezogen/ laͤnger nicht zu verdecken ge- wuͤſt/ ja er wegen ſeiner aufrichtigen Einrathun- gen offtmals ſcheel angeſehen/ wegen ſeiner ihm von Gott verliehenen Gaben beneidet worden waͤre; haͤtte er es fuͤr ehrlicher gehalten/ ſich des Hofes zu entbrechen/ ehe ihn ſelbter als einen Verhaßten/ wie das Meer einen todten Leich- nam auswuͤrffe/ oder ihn der Grim̃ der Koͤnigin gar einaͤſcherte. Denn der Fuͤrſten Zorn waͤre wie der Blitz/ den man eher empfinde/ als hoͤrte/ von ihren Schlaͤgen ſehe man eher das Blut/ als die
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Drittes Buch
ihrer Leichtſinnigkeit waͤren ihre Zeugniſſe bey
vielen Voͤlckern/ und fuͤrnehmlich in wichtigen
Sachen verwerfflich. Der beruͤhmte/ aber all-
zu weibiſche Weltweiſe/ der ſich nicht enthalten
konte dem Kebsweibe des Hermias zu opffern/
haͤtte gezwungen geſtehen muͤſſen/ daß ſie zu
maͤnnlichen Aemtern unfaͤhig/ und ihnen oder
den wilden Thieren nachzuarten einerley waͤre.
Die alten Roͤmer haͤtten deßwegen ſie nicht buͤr-
gerliche Guͤter miterben laſſen/ und Voconius
habe verbothen/ daß man ihnen etwas uͤber
das vierdte Theil ſeines Vermoͤgens verma-
chen doͤrffe; alſo wuͤſte er nicht/ wie ihm geweſen
waͤre/ daß er die Erato auff den Armeniſchen
Thron haͤtte befoͤrdern helffen? Aller Weiber
Herꝛſchafft waͤre deꝛ Freyheit Ende/ und deꝛ Rei-
che Untergang geweſt. Olympias haͤtte nicht wie
eine Koͤnigin/ ſondern henckermaͤßig uͤber das
Blut der Edlen gewuͤttet. Der kluge Antipa-
ter aber auff dem Todt-Bette ſeinen Macedoni-
ern/ als eine goͤttliche Wahrſagung vorgetra-
gen/ daß ſie in euſſerſtes Ungluͤck verfallen
wuͤrden/ da iemahls ein Weib uͤber ſie zu herr-
ſchen kaͤme. Ja auch dieſelben Voͤlcker/ wel-
che der Dienſtbarkeit gewohnt waͤren/ haͤtten
den den Weibern geleiſteten Gehorſam nicht
nur fuͤr eine der Freyheit widrige Unart/
ſondern auch fuͤr was aͤrgers/ als eine Knecht-
ſchafft gehalten. Mit dieſem haͤtte den Laͤn-
dern das Ungluͤck gebluͤhet. Hecube haͤtte
den Priamus uͤberredet/ oder vielmehr bezau-
bert/ daß er den Griechen die geraubte Helena
nicht wiedergegeben/ und hiermit haͤtte ſie Tro-
ja eingeaͤſchert. Arſinoe haͤtte mit ihrer Geil-
heit das Cyreniſche Reich zerruͤttet/ Paryſa-
tis das Perſiſche mit Kinder- und Bruͤder-
Blute uͤberſchwemmet. Semiramis wuͤrde
zwar von der Vor-Welt fuͤr einen Ausbund der
Koͤniginnen/ und eine behertzte Taube ausgeſtri-
chen/ aber ſie haͤtte durch Koͤnigs-Mord den ihr
auf fuͤnff Tage verguͤnſtigten Aſſyriſchen Stuel
an ſich gebracht/ ſie waͤre ein ſchaͤdlicher Raubvo-
gel der Welt/ und ein Pful grauſamſter Laſter ge-
weſt/ welchen anders nicht/ als durch das Mord-
Eiſen ihres eigenen Sohnes haͤtte abgeholffen
werden koͤnnen. Zwar muͤſte er bekennen: E-
rato haͤtte unvergleichliche Leibes- und Gemuͤts-
Gaben; aber es waͤren die Weiber den Seri-
ſchen Roſen gleich/ welche alle Tage ihre weiſſe
Farbe in Purper verwandelten/ und bey ihrem
Glantze einen ſtinckenden Geruch haͤtten. Ja
wenn Weiber am vollkommenſten waͤren/ haͤt-
ten ſie doch/ wie der Voll-Monde/ die groͤſſeſten
Flecken. Livia haͤtte anfangs den Ruhm ge-
habt/ daß dieſes verſchmitzte Weib dem Kaͤyſer
Auguſt die heilſamſten Rathſchlaͤge an die Hand
gebe; numehr aber beſchuldigte man ſie/ daß ſie
ihrer Ehrſucht und Grauſamkeit nicht mehr
maͤchtig/ und ein Brunn alles Unheils waͤre.
Erato haͤtte alle Tugenden einer Koͤnigin/ aber
auch alle Laſteꝛ eines Weibes. Jene waͤrẽ bekant/
weil ſie mehr als dieſe in die Augen lieffen/ dieſe
verborgen/ weil ſie ſie ſo meiſterlich zu verſtecken
wuͤſte. Zu dem koͤnte er nicht laͤugnen/ daß weil
die Schwachheiten der Fuͤrſten ſo wie die Ver-
finſterungen der groſſen Geſtirne allezeit den
Voͤlckern Schrecken einjagten/ er der Koͤnigin
Fehler ſelbſt haͤtte verdruͤcken helffen. Nach
dem er aber ihre Rachgier gegen die Vorſteher
des Reichs/ welche die Freyheit nicht wolten zu
Boden treten laſſen/ thre Uppigkeit/ welche deß-
halben zeither alle Heyrathen ausgeſchlagen/
und alſo die Wolluſt der Befeſtigung des Thro-
nes fuͤrgezogen/ laͤnger nicht zu verdecken ge-
wuͤſt/ ja er wegen ſeiner aufrichtigen Einrathun-
gen offtmals ſcheel angeſehen/ wegen ſeiner ihm
von Gott verliehenen Gaben beneidet worden
waͤre; haͤtte er es fuͤr ehrlicher gehalten/ ſich des
Hofes zu entbrechen/ ehe ihn ſelbter als einen
Verhaßten/ wie das Meer einen todten Leich-
nam auswuͤrffe/ oder ihn der Grim̃ der Koͤnigin
gar einaͤſcherte. Denn der Fuͤrſten Zorn waͤre
wie der Blitz/ den man eher empfinde/ als hoͤrte/
von ihren Schlaͤgen ſehe man eher das Blut/ als
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Zitationshilfe: | Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 308. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/360>, abgerufen am 26.06.2024. |