Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.Arminius und Thußnelda. gespissct wird/ welche der Käyser vor einen neuen Friedens-Bruch annimmt/ den Dysidiataufs neue überziehet/ Tiberius die Festung Anderium/ Germanicus durch des Flavi- us Hülffe die von den inwohnenden Weibern aufs äuserste beschützte Stadt Arduba erobert/ und endlich die Dalmatier/ Pannonier/ Dacier und Sarmater nach vielen harten Treffen/ worüber der tapfere Silan sein Leben einbüsset/ am Jster und Drave- Strom gäntzlich erleget/ Dysidiat aber dergestalt ins Enge gebracht wird/ daß er zu den Füssen des Tiberius mit Darreichung seines Kopfes umb Gnade bitten/ und sein gantzer Anhang sich unter des Kaisers Gehorsam beugen muß/ welcher Ursachen halber denn vor den Tiberius und Germanicus zu Rom neue Siegs-Gepränge/ vor den Fla- vius und den auf dem Bette der Ehren gestorbenen Silan zwey Sieges-Bogen in Pannonien aufgerichtet/ und auf der Wallstadt den sich dabey sonderlich wol gehal- tenen Deutschen zu Ehren die Stadt Deutschburg aufgerichtet worden. Die inzwi- schen zu Rom erschollene grosse Niederlage des Varus/ dessen Ursache Hertzog Herr- mann sein des Flavius Bruder gewesen/ habe alle seine Dienste vertilget/ die deut- sche Leibwacht abzuschaffen/ und aus Furcht mit andern Deutschen erschlagen zu wer- den/ dem Käyser Ursach zu geben/ ihn nach dem Eylande Dianium zu senden/ an dessen Ufer er unversehens mit der Dido angelendet/ ihr mit tieffster Ehrerbietigkeit bege- gnet/ beyder Unfall nochmals beklaget/ und dabey berichtet habe/ daß Juba den ober- sten Priester mit Löwen zerreissen/ die andern aber alle entmannen lassen: Sie wäre er- heblicher Ursachen halber nach Rom gereiset/ ihm aber zu seiner Flucht das eine Schiff abgetreten/ dessen er sich mit Vergiessung vieler Thränen bedienet/ und also mit seinen zwey Deutschen Edelleuten zu Massilien angelanget. Nach dieser Erzehlung und des Flavius von der Fürstin Thußnelde/ Jßmene/ und übrigem Cattischen Frauenzim- mer erlangtem Handkuß/ scheidet diese vornehme Gesellschafft von einander. Das Vierdte Buch. [Spaltenumbruch]
DAs Schimmer der schläfrigen tem/
Arminius und Thußnelda. geſpiſſct wird/ welche der Kaͤyſer vor einen neuen Friedens-Bruch annim̃t/ den Dyſidiataufs neue uͤberziehet/ Tiberius die Feſtung Anderium/ Germanicus durch des Flavi- us Huͤlffe die von den inwohnenden Weibern aufs aͤuſerſte beſchuͤtzte Stadt Arduba erobert/ und endlich die Dalmatier/ Pannonier/ Dacier und Sarmater nach vielen harten Treffen/ woruͤber der tapfere Silan ſein Leben einbuͤſſet/ am Jſter und Drave- Strom gaͤntzlich erleget/ Dyſidiat aber dergeſtalt ins Enge gebracht wird/ daß er zu den Fuͤſſen des Tiberius mit Darreichung ſeines Kopfes umb Gnade bitten/ und ſein gantzer Anhang ſich unter des Kaiſers Gehorſam beugen muß/ welcher Urſachen halber denn vor den Tiberius und Germanicus zu Rom neue Siegs-Gepraͤnge/ vor den Fla- vius und den auf dem Bette der Ehren geſtorbenen Silan zwey Sieges-Bogen in Pannonien aufgerichtet/ und auf der Wallſtadt den ſich dabey ſonderlich wol gehal- tenen Deutſchen zu Ehren die Stadt Deutſchburg aufgerichtet worden. Die inzwi- ſchen zu Rom erſchollene groſſe Niederlage des Varus/ deſſen Urſache Hertzog Herr- mann ſein des Flavius Bruder geweſen/ habe alle ſeine Dienſte vertilget/ die deut- ſche Leibwacht abzuſchaffen/ und aus Furcht mit andern Deutſchen erſchlagen zu wer- den/ dem Kaͤyſer Urſach zu geben/ ihn nach dem Eylande Dianium zu ſenden/ an deſſen Ufer er unverſehens mit der Dido angelendet/ ihr mit tieffſter Ehrerbietigkeit bege- gnet/ beyder Unfall nochmals beklaget/ und dabey berichtet habe/ daß Juba den ober- ſten Prieſter mit Loͤwen zerreiſſen/ die andern aber alle entmannen laſſen: Sie waͤre er- heblicher Urſachen halber nach Rom gereiſet/ ihm aber zu ſeiner Flucht das eine Schiff abgetreten/ deſſen er ſich mit Vergieſſung vieler Thraͤnen bedienet/ und alſo mit ſeinen zwey Deutſchen Edelleuten zu Maſſilien angelanget. Nach dieſer Erzehlung und des Flavius von der Fuͤrſtin Thußnelde/ Jßmene/ und uͤbrigem Cattiſchen Frauenzim- mer erlangtem Handkuß/ ſcheidet dieſe vornehme Geſellſchafft von einander. Das Vierdte Buch. [Spaltenumbruch]
DAs Schimmer der ſchlaͤfrigen tem/
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Arminius und Thußnelda.
geſpiſſct wird/ welche der Kaͤyſer vor einen neuen Friedens-Bruch annim̃t/ den Dyſidiat
aufs neue uͤberziehet/ Tiberius die Feſtung Anderium/ Germanicus durch des Flavi-
us Huͤlffe die von den inwohnenden Weibern aufs aͤuſerſte beſchuͤtzte Stadt Arduba
erobert/ und endlich die Dalmatier/ Pannonier/ Dacier und Sarmater nach vielen
harten Treffen/ woruͤber der tapfere Silan ſein Leben einbuͤſſet/ am Jſter und Drave-
Strom gaͤntzlich erleget/ Dyſidiat aber dergeſtalt ins Enge gebracht wird/ daß er zu
den Fuͤſſen des Tiberius mit Darreichung ſeines Kopfes umb Gnade bitten/ und ſein
gantzer Anhang ſich unter des Kaiſers Gehorſam beugen muß/ welcher Urſachen halber
denn vor den Tiberius und Germanicus zu Rom neue Siegs-Gepraͤnge/ vor den Fla-
vius und den auf dem Bette der Ehren geſtorbenen Silan zwey Sieges-Bogen in
Pannonien aufgerichtet/ und auf der Wallſtadt den ſich dabey ſonderlich wol gehal-
tenen Deutſchen zu Ehren die Stadt Deutſchburg aufgerichtet worden. Die inzwi-
ſchen zu Rom erſchollene groſſe Niederlage des Varus/ deſſen Urſache Hertzog Herr-
mann ſein des Flavius Bruder geweſen/ habe alle ſeine Dienſte vertilget/ die deut-
ſche Leibwacht abzuſchaffen/ und aus Furcht mit andern Deutſchen erſchlagen zu wer-
den/ dem Kaͤyſer Urſach zu geben/ ihn nach dem Eylande Dianium zu ſenden/ an deſſen
Ufer er unverſehens mit der Dido angelendet/ ihr mit tieffſter Ehrerbietigkeit bege-
gnet/ beyder Unfall nochmals beklaget/ und dabey berichtet habe/ daß Juba den ober-
ſten Prieſter mit Loͤwen zerreiſſen/ die andern aber alle entmannen laſſen: Sie waͤre er-
heblicher Urſachen halber nach Rom gereiſet/ ihm aber zu ſeiner Flucht das eine Schiff
abgetreten/ deſſen er ſich mit Vergieſſung vieler Thraͤnen bedienet/ und alſo mit ſeinen
zwey Deutſchen Edelleuten zu Maſſilien angelanget. Nach dieſer Erzehlung und des
Flavius von der Fuͤrſtin Thußnelde/ Jßmene/ und uͤbrigem Cattiſchen Frauenzim-
mer erlangtem Handkuß/ ſcheidet dieſe vornehme Geſellſchafft von einander.
Das Vierdte Buch.
DAs Schimmer der ſchlaͤfrigen
Morgenroͤthe hatte noch nicht
den Schatten der Nacht ver-
trieben/ noch die aufgehende
Sonne die Geſtirne gar ver-
duͤſtert/ als die vielfache Sorg-
falt ſchon dem Hofe den Schlaf
aus den Augen geſtrichen; inſonderheit aber die
Liebe in unterſchiedenen Gemuͤthern alle Ge-
muͤths-Regungen ausgeleſcht hatte. Fuͤr-
nehmlich aber machte die Begierde der Koͤnigin
Erato und den Fuͤrſten Zeno wache/ umb ihre
beyderſeits uͤberſtandene Zufaͤlle zu vernehmen.
Thuſnelde und Jſmene/ wie auch die Cattiſche
Hertzogin und Fraͤulein wurden auf dieſer An-
leitung nach Erfahrung ſolcher Ebentheuer
gleichfalls luͤſtern; Weswegen ſie ſaͤm̃tlich mit
Saloninen ſich in den eine Stunde von der Her-
tzoglichen Burg gelegenen Luſt-Garten verfuͤg-
ten/ umb in ihren Erzehlungen von niemanden
geſtoͤret zu werden. Adgandeſter aber des
Feldherrn obriſter Staats-Rath brachte ſelb-
tem/
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