Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.

Bild:
<< vorherige Seite

Arminius und Thußnelda.
[Spaltenumbruch] Ellbogen hefftig verwundet; Daher/ und weil
er den schlimsten Tod vor Augen sahe/ wenn er
noch einmal gefangen würde/ machte er sich zum
ersten aus dem Staube. Der inzwischen auch
verwundete König Marobod versuchte zwar
alle sein Heil zu siegen/ kriegte aber von des
Feldherrn Wurffspiesse noch eine Wunde in die
Achsel/ und also muste er mit verfluchter Ver-
lassung seiner in der Hoffnung schon verschlun-
genen Thußnelda auch aus dem Gefechte sich zu-
rücke ziehen. Hiermit kriegte der Feldherr Platz
die ungewaffnete Thußnelda aus so gefährli-
chem Gedränge zu bringen. Weil aber die
Liebe in gekrönten Häuptern all zu zart und un-
gedultig/ des geliebten Dinges Verlust uner-
träglich ist/ und kein Zorn rasender/ als derselbe
zu seyn pflegt/ welcher eine hefftige Liebe zur
Mutter hat; schoß der erboste Marobod bey sei-
ner Zurückweichung einen Pfeil iedoch verge-
bens nach der schönen Thußnelde. Die Marck-
männer fochten hierauf alsobald laulichter/ hin-
gegen wuchs den Cheruskern wegen theils wie-
der erstrittener Beute/ und daß etliche neue
Hauffen ihnen zu Hülffe kamen/ das Hertze;
wiewohl die Longobarden mit solcher Hartnä-
ckigkeit stritten/ daß sielieber sterben/ als einen
Schritt aus ihrem Gliede weichen wolten.
Endlich gaben die Marckmänner die Flucht/
welche der Feldherr all zuweit zu verfolgen nicht
für rathsam hielt/ weil er seinen geraubten
Schatz dem Feinde wieder abgeschlagen/ und
von den Gefangenen den grossen Hinterhalt
an der kaum drey Meilweges von dar entfern-
ten Weser ausgeforscht hatte/ zumal ihm die all-
zu zeitliche Flucht des sonst so streitbaren Maro-
bods all zu verdächtig fürkam.

Diese Zurückhaltung war auch so viel nöthi-
ger und heilsam/ weil der hertzhaffte Jubil in-
zwischen in euserster Noth badete. Denn die-
ser war mit seinem in dreyhundert Männern
bestehenden Hauffen auf dreyhundert streitbare
Marsinger unter ihrem Hertzoge Tapis/ dessen
[Spaltenumbruch] Sitz an dem Flusse Guttalus in der Stadt Bu-
dorigum ist/ und dessen Gebiete sich an solchem
Strome von dem Marcomannisehen Gebür-
ge biß an die Bartsch erstrecket/ gestossen. Jhre
Sprache bezeuget/ daß sie von Uhrsprunge
Schwaben sind. Neben diesen hielten noch
fünf hundert Sarmater den Hertzog der Her-
mundurer warm; welch Volck zwar zu Fusse
nichts taugt/ zu Pferde aber ist es so schnell/ daß
wenn es mit seinen über Stock und Stein ren-
nenden Hauffen anfällt/ auch die geschlossenste
Schlacht-Ordnung zertrennet wird. Diese
führte des Sarmatischen Königs Jagelle
Sohn/ dessen Reich sich von der Weichsel biß an
den Fluß Tanais/ und vom Baltischen biß an
das schwartze Meer/ und die Meotische Pfütze
erstreckte. Jhre Grausamkeit haben auch die
Römer schon unter dem Lucullus im Thraci-
schen Kriege/ und noch für weniger Zeit Augu-
stus erfahren/ nach dem sie über die gefrorne
Donau den Römern oftmals eingefallen/ und
grossen Schaden gethan/ also daß der Käyser ih-
retwegen den Lentulus mit dreyen Legionen zu
Besetzung selbigen Flusses halten müssen/ biß
endlich durch Vermittelung des Dacischen Kö-
nigs Cotisan die Römer und Sarmater mit ein-
ander einen Frieden gemacht/ als jene zu dem
Jagello nach Kiov/ diese aber zum Käyser biß in
Hispanien nach Tarracon eine prächtige Ge-
sandschafft abgehen lassen. Dieses Königs
Sohn Boris/ ein zwantzig jähriger streitbarer
Fürst/ hatte sich an des Königs Marobods Hoffe
etliche Monat auf gehalten/ und um seine schöne
Tochter Adelmund geworben; also um ihm
durch seine Tapfferkeit Gunst und Ansehn zu
erwerben/ sich diesem eilfertigen Anschlage des
König Marobods zugesellet. Hertzog Jubil
und Melo musten bey solcher Beschaffenheit
sich auch in zwey Hauffen theilen/ und also nahm
dieser den Marsingischen Hertzog/ jener den ü-
ber alle andere hervorragenden und mit einer
abscheulichen Rüstung alles grausame dräuen-

den
Erster Theil. H h h

Arminius und Thußnelda.
[Spaltenumbruch] Ellbogen hefftig verwundet; Daher/ und weil
er den ſchlimſten Tod vor Augen ſahe/ wenn er
noch einmal gefangen wuͤrde/ machte er ſich zum
erſten aus dem Staube. Der inzwiſchen auch
verwundete Koͤnig Marobod verſuchte zwar
alle ſein Heil zu ſiegen/ kriegte aber von des
Feldherrn Wurffſpieſſe noch eine Wunde in die
Achſel/ und alſo muſte er mit verfluchter Ver-
laſſung ſeiner in der Hoffnung ſchon verſchlun-
genen Thußnelda auch aus dem Gefechte ſich zu-
ruͤcke ziehen. Hiermit kriegte der Feldherr Platz
die ungewaffnete Thußnelda aus ſo gefaͤhrli-
chem Gedraͤnge zu bringen. Weil aber die
Liebe in gekroͤnten Haͤuptern all zu zart und un-
gedultig/ des geliebten Dinges Verluſt uner-
traͤglich iſt/ und kein Zorn raſender/ als derſelbe
zu ſeyn pflegt/ welcher eine hefftige Liebe zur
Mutter hat; ſchoß der erboſte Marobod bey ſei-
ner Zuruͤckweichung einen Pfeil iedoch verge-
bens nach der ſchoͤnen Thußnelde. Die Marck-
maͤnner fochten hierauf alſobald laulichter/ hin-
gegen wuchs den Cheruskern wegen theils wie-
der erſtrittener Beute/ und daß etliche neue
Hauffen ihnen zu Huͤlffe kamen/ das Hertze;
wiewohl die Longobarden mit ſolcher Hartnaͤ-
ckigkeit ſtritten/ daß ſielieber ſterben/ als einen
Schritt aus ihrem Gliede weichen wolten.
Endlich gaben die Marckmaͤnner die Flucht/
welche der Feldherr all zuweit zu verfolgen nicht
fuͤr rathſam hielt/ weil er ſeinen geraubten
Schatz dem Feinde wieder abgeſchlagen/ und
von den Gefangenen den groſſen Hinterhalt
an der kaum drey Meilweges von dar entfern-
ten Weſer ausgeforſcht hatte/ zumal ihm die all-
zu zeitliche Flucht des ſonſt ſo ſtreitbaren Maro-
bods all zu verdaͤchtig fuͤrkam.

Dieſe Zuruͤckhaltung war auch ſo viel noͤthi-
ger und heilſam/ weil der hertzhaffte Jubil in-
zwiſchen in euſerſter Noth badete. Denn die-
ſer war mit ſeinem in dreyhundert Maͤnnern
beſtehenden Hauffen auf dreyhundert ſtreitbare
Marſinger unter ihrem Hertzoge Tapis/ deſſen
[Spaltenumbruch] Sitz an dem Fluſſe Guttalus in der Stadt Bu-
dorigum iſt/ und deſſen Gebiete ſich an ſolchem
Strome von dem Marcomanniſehen Gebuͤr-
ge biß an die Bartſch erſtrecket/ geſtoſſen. Jhre
Sprache bezeuget/ daß ſie von Uhrſprunge
Schwaben ſind. Neben dieſen hielten noch
fuͤnf hundert Sarmater den Hertzog der Her-
mundurer warm; welch Volck zwar zu Fuſſe
nichts taugt/ zu Pferde aber iſt es ſo ſchnell/ daß
wenn es mit ſeinen uͤber Stock und Stein ren-
nenden Hauffen anfaͤllt/ auch die geſchloſſenſte
Schlacht-Ordnung zertrennet wird. Dieſe
fuͤhrte des Sarmatiſchen Koͤnigs Jagelle
Sohn/ deſſen Reich ſich von der Weichſel biß an
den Fluß Tanais/ und vom Baltiſchen biß an
das ſchwartze Meer/ und die Meotiſche Pfuͤtze
erſtreckte. Jhre Grauſamkeit haben auch die
Roͤmer ſchon unter dem Lucullus im Thraci-
ſchen Kriege/ und noch fuͤr weniger Zeit Augu-
ſtus erfahren/ nach dem ſie uͤber die gefrorne
Donau den Roͤmern oftmals eingefallen/ und
groſſen Schaden gethan/ alſo daß der Kaͤyſer ih-
retwegen den Lentulus mit dreyen Legionen zu
Beſetzung ſelbigen Fluſſes halten muͤſſen/ biß
endlich durch Vermittelung des Daciſchen Koͤ-
nigs Cotiſan die Roͤmer und Sarmater mit ein-
ander einen Frieden gemacht/ als jene zu dem
Jagello nach Kiov/ dieſe aber zum Kaͤyſer biß in
Hiſpanien nach Tarracon eine praͤchtige Ge-
ſandſchafft abgehen laſſen. Dieſes Koͤnigs
Sohn Boris/ ein zwantzig jaͤhriger ſtreitbarer
Fuͤrſt/ hatte ſich an des Koͤnigs Marobods Hoffe
etliche Monat auf gehalten/ und um ſeine ſchoͤne
Tochter Adelmund geworben; alſo um ihm
durch ſeine Tapfferkeit Gunſt und Anſehn zu
erwerben/ ſich dieſem eilfertigen Anſchlage des
Koͤnig Marobods zugeſellet. Hertzog Jubil
und Melo muſten bey ſolcher Beſchaffenheit
ſich auch in zwey Hauffen theilen/ und alſo nahm
dieſer den Marſingiſchen Hertzog/ jener den uͤ-
ber alle andere hervorragenden und mit einer
abſcheulichen Ruͤſtung alles grauſame draͤuen-

den
Erſter Theil. H h h
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0479" n="425"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Arminius und Thußnelda.</hi></fw><lb/><cb/>
Ellbogen hefftig verwundet; Daher/ und weil<lb/>
er den &#x017F;chlim&#x017F;ten Tod vor Augen &#x017F;ahe/ wenn er<lb/>
noch einmal gefangen wu&#x0364;rde/ machte er &#x017F;ich zum<lb/>
er&#x017F;ten aus dem Staube. Der inzwi&#x017F;chen auch<lb/>
verwundete Ko&#x0364;nig Marobod ver&#x017F;uchte zwar<lb/>
alle &#x017F;ein Heil zu &#x017F;iegen/ kriegte aber von des<lb/>
Feldherrn Wurff&#x017F;pie&#x017F;&#x017F;e noch eine Wunde in die<lb/>
Ach&#x017F;el/ und al&#x017F;o mu&#x017F;te er mit verfluchter Ver-<lb/>
la&#x017F;&#x017F;ung &#x017F;einer in der Hoffnung &#x017F;chon ver&#x017F;chlun-<lb/>
genen Thußnelda auch aus dem Gefechte &#x017F;ich zu-<lb/>
ru&#x0364;cke ziehen. Hiermit kriegte der Feldherr Platz<lb/>
die ungewaffnete Thußnelda aus &#x017F;o gefa&#x0364;hrli-<lb/>
chem Gedra&#x0364;nge zu bringen. Weil aber die<lb/>
Liebe in gekro&#x0364;nten Ha&#x0364;uptern all zu zart und un-<lb/>
gedultig/ des geliebten Dinges Verlu&#x017F;t uner-<lb/>
tra&#x0364;glich i&#x017F;t/ und kein Zorn ra&#x017F;ender/ als der&#x017F;elbe<lb/>
zu &#x017F;eyn pflegt/ welcher eine hefftige Liebe zur<lb/>
Mutter hat; &#x017F;choß der erbo&#x017F;te Marobod bey &#x017F;ei-<lb/>
ner Zuru&#x0364;ckweichung einen Pfeil iedoch verge-<lb/>
bens nach der &#x017F;cho&#x0364;nen Thußnelde. Die Marck-<lb/>
ma&#x0364;nner fochten hierauf al&#x017F;obald laulichter/ hin-<lb/>
gegen wuchs den Cheruskern wegen theils wie-<lb/>
der er&#x017F;trittener Beute/ und daß etliche neue<lb/>
Hauffen ihnen zu Hu&#x0364;lffe kamen/ das Hertze;<lb/>
wiewohl die Longobarden mit &#x017F;olcher Hartna&#x0364;-<lb/>
ckigkeit &#x017F;tritten/ daß &#x017F;ielieber &#x017F;terben/ als einen<lb/>
Schritt aus ihrem Gliede weichen wolten.<lb/>
Endlich gaben die Marckma&#x0364;nner die Flucht/<lb/>
welche der Feldherr all zuweit zu verfolgen nicht<lb/>
fu&#x0364;r rath&#x017F;am hielt/ weil er &#x017F;einen geraubten<lb/>
Schatz dem Feinde wieder abge&#x017F;chlagen/ und<lb/>
von den Gefangenen den gro&#x017F;&#x017F;en Hinterhalt<lb/>
an der kaum drey Meilweges von dar entfern-<lb/>
ten We&#x017F;er ausgefor&#x017F;cht hatte/ zumal ihm die all-<lb/>
zu zeitliche Flucht des &#x017F;on&#x017F;t &#x017F;o &#x017F;treitbaren Maro-<lb/>
bods all zu verda&#x0364;chtig fu&#x0364;rkam.</p><lb/>
          <p>Die&#x017F;e Zuru&#x0364;ckhaltung war auch &#x017F;o viel no&#x0364;thi-<lb/>
ger und heil&#x017F;am/ weil der hertzhaffte Jubil in-<lb/>
zwi&#x017F;chen in eu&#x017F;er&#x017F;ter Noth badete. Denn die-<lb/>
&#x017F;er war mit &#x017F;einem in dreyhundert Ma&#x0364;nnern<lb/>
be&#x017F;tehenden Hauffen auf dreyhundert &#x017F;treitbare<lb/>
Mar&#x017F;inger unter ihrem Hertzoge Tapis/ de&#x017F;&#x017F;en<lb/><cb/>
Sitz an dem Flu&#x017F;&#x017F;e Guttalus in der Stadt Bu-<lb/>
dorigum i&#x017F;t/ und de&#x017F;&#x017F;en Gebiete &#x017F;ich an &#x017F;olchem<lb/>
Strome von dem Marcomanni&#x017F;ehen Gebu&#x0364;r-<lb/>
ge biß an die Bart&#x017F;ch er&#x017F;trecket/ ge&#x017F;to&#x017F;&#x017F;en. Jhre<lb/>
Sprache bezeuget/ daß &#x017F;ie von Uhr&#x017F;prunge<lb/>
Schwaben &#x017F;ind. Neben die&#x017F;en hielten noch<lb/>
fu&#x0364;nf hundert Sarmater den Hertzog der Her-<lb/>
mundurer warm; welch Volck zwar zu Fu&#x017F;&#x017F;e<lb/>
nichts taugt/ zu Pferde aber i&#x017F;t es &#x017F;o &#x017F;chnell/ daß<lb/>
wenn es mit &#x017F;einen u&#x0364;ber Stock und Stein ren-<lb/>
nenden Hauffen anfa&#x0364;llt/ auch die ge&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en&#x017F;te<lb/>
Schlacht-Ordnung zertrennet wird. Die&#x017F;e<lb/>
fu&#x0364;hrte des Sarmati&#x017F;chen Ko&#x0364;nigs Jagelle<lb/>
Sohn/ de&#x017F;&#x017F;en Reich &#x017F;ich von der Weich&#x017F;el biß an<lb/>
den Fluß Tanais/ und vom Balti&#x017F;chen biß an<lb/>
das &#x017F;chwartze Meer/ und die Meoti&#x017F;che Pfu&#x0364;tze<lb/>
er&#x017F;treckte. Jhre Grau&#x017F;amkeit haben auch die<lb/>
Ro&#x0364;mer &#x017F;chon unter dem Lucullus im Thraci-<lb/>
&#x017F;chen Kriege/ und noch fu&#x0364;r weniger Zeit Augu-<lb/>
&#x017F;tus erfahren/ nach dem &#x017F;ie u&#x0364;ber die gefrorne<lb/>
Donau den Ro&#x0364;mern oftmals eingefallen/ und<lb/>
gro&#x017F;&#x017F;en Schaden gethan/ al&#x017F;o daß der Ka&#x0364;y&#x017F;er ih-<lb/>
retwegen den Lentulus mit dreyen Legionen zu<lb/>
Be&#x017F;etzung &#x017F;elbigen Flu&#x017F;&#x017F;es halten mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en/ biß<lb/>
endlich durch Vermittelung des Daci&#x017F;chen Ko&#x0364;-<lb/>
nigs Coti&#x017F;an die Ro&#x0364;mer und Sarmater mit ein-<lb/>
ander einen Frieden gemacht/ als jene zu dem<lb/>
Jagello nach Kiov/ die&#x017F;e aber zum Ka&#x0364;y&#x017F;er biß in<lb/>
Hi&#x017F;panien nach Tarracon eine pra&#x0364;chtige Ge-<lb/>
&#x017F;and&#x017F;chafft abgehen la&#x017F;&#x017F;en. Die&#x017F;es Ko&#x0364;nigs<lb/>
Sohn Boris/ ein zwantzig ja&#x0364;hriger &#x017F;treitbarer<lb/>
Fu&#x0364;r&#x017F;t/ hatte &#x017F;ich an des Ko&#x0364;nigs Marobods Hoffe<lb/>
etliche Monat auf gehalten/ und um &#x017F;eine &#x017F;cho&#x0364;ne<lb/>
Tochter Adelmund geworben; al&#x017F;o um ihm<lb/>
durch &#x017F;eine Tapfferkeit Gun&#x017F;t und An&#x017F;ehn zu<lb/>
erwerben/ &#x017F;ich die&#x017F;em eilfertigen An&#x017F;chlage des<lb/>
Ko&#x0364;nig Marobods zuge&#x017F;ellet. Hertzog Jubil<lb/>
und Melo mu&#x017F;ten bey &#x017F;olcher Be&#x017F;chaffenheit<lb/>
&#x017F;ich auch in zwey Hauffen theilen/ und al&#x017F;o nahm<lb/>
die&#x017F;er den Mar&#x017F;ingi&#x017F;chen Hertzog/ jener den u&#x0364;-<lb/>
ber alle andere hervorragenden und mit einer<lb/>
ab&#x017F;cheulichen Ru&#x0364;&#x017F;tung alles grau&#x017F;ame dra&#x0364;uen-<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">Er&#x017F;ter Theil. H h h</fw><fw place="bottom" type="catch">den</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[425/0479] Arminius und Thußnelda. Ellbogen hefftig verwundet; Daher/ und weil er den ſchlimſten Tod vor Augen ſahe/ wenn er noch einmal gefangen wuͤrde/ machte er ſich zum erſten aus dem Staube. Der inzwiſchen auch verwundete Koͤnig Marobod verſuchte zwar alle ſein Heil zu ſiegen/ kriegte aber von des Feldherrn Wurffſpieſſe noch eine Wunde in die Achſel/ und alſo muſte er mit verfluchter Ver- laſſung ſeiner in der Hoffnung ſchon verſchlun- genen Thußnelda auch aus dem Gefechte ſich zu- ruͤcke ziehen. Hiermit kriegte der Feldherr Platz die ungewaffnete Thußnelda aus ſo gefaͤhrli- chem Gedraͤnge zu bringen. Weil aber die Liebe in gekroͤnten Haͤuptern all zu zart und un- gedultig/ des geliebten Dinges Verluſt uner- traͤglich iſt/ und kein Zorn raſender/ als derſelbe zu ſeyn pflegt/ welcher eine hefftige Liebe zur Mutter hat; ſchoß der erboſte Marobod bey ſei- ner Zuruͤckweichung einen Pfeil iedoch verge- bens nach der ſchoͤnen Thußnelde. Die Marck- maͤnner fochten hierauf alſobald laulichter/ hin- gegen wuchs den Cheruskern wegen theils wie- der erſtrittener Beute/ und daß etliche neue Hauffen ihnen zu Huͤlffe kamen/ das Hertze; wiewohl die Longobarden mit ſolcher Hartnaͤ- ckigkeit ſtritten/ daß ſielieber ſterben/ als einen Schritt aus ihrem Gliede weichen wolten. Endlich gaben die Marckmaͤnner die Flucht/ welche der Feldherr all zuweit zu verfolgen nicht fuͤr rathſam hielt/ weil er ſeinen geraubten Schatz dem Feinde wieder abgeſchlagen/ und von den Gefangenen den groſſen Hinterhalt an der kaum drey Meilweges von dar entfern- ten Weſer ausgeforſcht hatte/ zumal ihm die all- zu zeitliche Flucht des ſonſt ſo ſtreitbaren Maro- bods all zu verdaͤchtig fuͤrkam. Dieſe Zuruͤckhaltung war auch ſo viel noͤthi- ger und heilſam/ weil der hertzhaffte Jubil in- zwiſchen in euſerſter Noth badete. Denn die- ſer war mit ſeinem in dreyhundert Maͤnnern beſtehenden Hauffen auf dreyhundert ſtreitbare Marſinger unter ihrem Hertzoge Tapis/ deſſen Sitz an dem Fluſſe Guttalus in der Stadt Bu- dorigum iſt/ und deſſen Gebiete ſich an ſolchem Strome von dem Marcomanniſehen Gebuͤr- ge biß an die Bartſch erſtrecket/ geſtoſſen. Jhre Sprache bezeuget/ daß ſie von Uhrſprunge Schwaben ſind. Neben dieſen hielten noch fuͤnf hundert Sarmater den Hertzog der Her- mundurer warm; welch Volck zwar zu Fuſſe nichts taugt/ zu Pferde aber iſt es ſo ſchnell/ daß wenn es mit ſeinen uͤber Stock und Stein ren- nenden Hauffen anfaͤllt/ auch die geſchloſſenſte Schlacht-Ordnung zertrennet wird. Dieſe fuͤhrte des Sarmatiſchen Koͤnigs Jagelle Sohn/ deſſen Reich ſich von der Weichſel biß an den Fluß Tanais/ und vom Baltiſchen biß an das ſchwartze Meer/ und die Meotiſche Pfuͤtze erſtreckte. Jhre Grauſamkeit haben auch die Roͤmer ſchon unter dem Lucullus im Thraci- ſchen Kriege/ und noch fuͤr weniger Zeit Augu- ſtus erfahren/ nach dem ſie uͤber die gefrorne Donau den Roͤmern oftmals eingefallen/ und groſſen Schaden gethan/ alſo daß der Kaͤyſer ih- retwegen den Lentulus mit dreyen Legionen zu Beſetzung ſelbigen Fluſſes halten muͤſſen/ biß endlich durch Vermittelung des Daciſchen Koͤ- nigs Cotiſan die Roͤmer und Sarmater mit ein- ander einen Frieden gemacht/ als jene zu dem Jagello nach Kiov/ dieſe aber zum Kaͤyſer biß in Hiſpanien nach Tarracon eine praͤchtige Ge- ſandſchafft abgehen laſſen. Dieſes Koͤnigs Sohn Boris/ ein zwantzig jaͤhriger ſtreitbarer Fuͤrſt/ hatte ſich an des Koͤnigs Marobods Hoffe etliche Monat auf gehalten/ und um ſeine ſchoͤne Tochter Adelmund geworben; alſo um ihm durch ſeine Tapfferkeit Gunſt und Anſehn zu erwerben/ ſich dieſem eilfertigen Anſchlage des Koͤnig Marobods zugeſellet. Hertzog Jubil und Melo muſten bey ſolcher Beſchaffenheit ſich auch in zwey Hauffen theilen/ und alſo nahm dieſer den Marſingiſchen Hertzog/ jener den uͤ- ber alle andere hervorragenden und mit einer abſcheulichen Ruͤſtung alles grauſame draͤuen- den Erſter Theil. H h h

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/479
Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 425. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/479>, abgerufen am 22.11.2024.