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Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.

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Vierdtes Buch
[Spaltenumbruch] Zeno ihr Leben gar aufgeopferthätten. Her-
tzog Jubil begegnete ihr mit einer freymüthigen
Ehrerbietung/ und weil die Königin Erato sich
ihrer Sänfte näherte/ versicherte er sie/ daß Her-
tzog Zeno ausser aller Gefahr/ sonst aber mehr
Helden für eine so tugendhafte Fürstin zu sterben
verbunden wären/ als das thörichte Griechen-
land für eine unkeusche Helena auf die Schlacht-
banck in Phrygien geliefert hätten. Hertzog
Malovend antwortete: Der den Griechischen
Helden zu gewachsene Nachruhm machte nichts
desto weniger ihre Baare glückselig/ und die/
welche für die unsterbliche Thußnelde iemals ih-
ren Degen gezücket/ würden gleichfalls nimmer-
mehr vergessen werden; zumal sie das Glücke
gehabt hätten so viel Zuschauer ihrer Helden-
Thaten zu haben. Nach dem aber der gerühm-
ten Tapferkeit des Fürsten Zeno so viel Zuschau-
er abgegangen wären; würde es zu ihrer allge-
meinen Vergnügung/ und zum verdienten
Preise dieses Helden gereichen/ wenn sie der Wis-
enschafft solcher Begebnüß theilhaftig würden.

Als nun auch die andern Fürsten ihre Begier-
de den Verlauff des geschehenen Raubes zu ver-
nehmen mercken liessen/ erzehlte die liebreiche
Thußnelda: Sie wäre früh mit der Königin
Erato/ dem Fürsten Zeno und Saloninen in den
Fürstlichen Lust-Garten bey Deutschburg ge-
fahren/ in Meynung von erwehntem Fürsten
die vertröstete Erzehlung seiner wundersamen
Zufälle zu vernehmen. Wir setzten uns/ sagte
sie/ zu dem Ende auf den Umbgang des letztern
Lust - Hauses/ theils dem annehmlichen
Spring-Brunnen/ allwo aus vier ertztenen
Wallfischen vier grosse Ströme Wasser in die
marmelne von so viel unterbückenden Meer-
Göttern gehaltene Schale ausspritzen/ zu zuschau-
en/ theils auch unsere Augen in die selbige Ge-
gend gleich eines Krantzes umbgebende Hügel
und Wälder auszutreiben. Der Fürst hatte
nach etlichen andern annehmlichen Unterredun-
gen kaum seine Geschichte berühret/ als wir aus
[Spaltenumbruch] Deutschburg einen zu Pferde spornstreichs dem
dicksten Walde zurennen sahen/ uns aber als von
allen Feinden weit entfernet/ hierüber das we-
nigste bedenckliche träumen liessen; wiewohl wir
hernach aus dem Ausschlage gemuthmasset/ daß
durch eben selbten unsere Anwesenheit in dem
Lust-Garten verrathen sey worden. Wenige
Zeit hernach kamen aus drey unterschiedenen
Ecken des Waldes etwan zwölf Pferde gegen
Deutschburg Fuß für Fuß geritten/ die wir aber
ebenfals/ zumal sie auf Cheruskische Art bekleidet
waren/ aus der Acht liessen/ und des Fürsten Ze-
no anmuthiger Erzehlung Sinnen und Gemü-
the wiedmeten. Der Feldherr brach ein: Es
ist sicher eine höchst vermessene That/ aus unserm
mit so viel tausend Mann besetztem Fürstlichen
Läger bey hellem Tage mit so weniger Mann-
schafft einzubrechen/ und Erlauchte Personen
freventlich anzutasten. Aber es gehen keine
Anschläge glücklicher von statten/ als derer man
sich am wenigsten versihet/ und der Vernunft
am wenigsten ähnlich sind/ entweder weil das
Glücke seine Oberhand über alle Klugheit hier-
durch bezeugen/ oder diese uns für aller Unacht-
sam - und Sicherheit warnigen wil. Thuß-
nelda fuhr fort: Bey dieser letztern verlohren
wir sie ein par Gewende lang unter der ziemlich
hohen Garten-Mauer aus dem Gesicht und Ge-
dancken/ wurden ihrer auch nicht ehe gewahr/
als biß derer sechs oben auf der Mauer stan-
den/ an einer angehenckten Leiter von Stricken
in Garten stiegen/ das nahe darbey sich befin-
dende Thor innwendig aufriegelten/ und noch
wohl zwantzig andern den Eingang öffneten.
Wir eilten wider des Fürsten Zeno Vermah-
nung die Stiege an dem Lusthause herab/ in Hoff-
nung/ wir würden dieser Gewalt noch durch
die Flucht in den innern Garten entkommen/
oder zum minsten durch unser Geschrey ieman-
den eher als an diesem allzu weit entfernten
Theile erruffen können. Allein diese Räuber
hatten so gute Kundschafft der sich daselbst

befin-

Vierdtes Buch
[Spaltenumbruch] Zeno ihr Leben gar aufgeopferthaͤtten. Her-
tzog Jubil begegnete ihr mit einer freymuͤthigen
Ehrerbietung/ und weil die Koͤnigin Erato ſich
ihrer Saͤnfte naͤherte/ verſicherte er ſie/ daß Her-
tzog Zeno auſſer aller Gefahr/ ſonſt aber mehr
Helden fuͤr eine ſo tugendhafte Fuͤrſtin zu ſterben
verbunden waͤren/ als das thoͤrichte Griechen-
land fuͤr eine unkeuſche Helena auf die Schlacht-
banck in Phrygien geliefert haͤtten. Hertzog
Malovend antwortete: Der den Griechiſchen
Helden zu gewachſene Nachruhm machte nichts
deſto weniger ihre Baare gluͤckſelig/ und die/
welche fuͤr die unſterbliche Thußnelde iemals ih-
ren Degen gezuͤcket/ wuͤrden gleichfalls nimmer-
mehr vergeſſen werden; zumal ſie das Gluͤcke
gehabt haͤtten ſo viel Zuſchauer ihrer Helden-
Thaten zu haben. Nach dem aber der geruͤhm-
ten Tapferkeit des Fuͤrſten Zeno ſo viel Zuſchau-
er abgegangen waͤren; wuͤrde es zu ihrer allge-
meinen Vergnuͤgung/ und zum verdienten
Preiſe dieſes Helden gereichen/ wenn ſie der Wiſ-
enſchafft ſolcher Begebnuͤß theilhaftig wuͤrden.

Als nun auch die andern Fuͤrſten ihre Begier-
de den Verlauff des geſchehenen Raubes zu ver-
nehmen mercken lieſſen/ erzehlte die liebreiche
Thußnelda: Sie waͤre fruͤh mit der Koͤnigin
Erato/ dem Fuͤrſten Zeno und Saloninen in den
Fuͤrſtlichen Luſt-Garten bey Deutſchburg ge-
fahren/ in Meynung von erwehntem Fuͤrſten
die vertroͤſtete Erzehlung ſeiner wunderſamen
Zufaͤlle zu vernehmen. Wir ſetzten uns/ ſagte
ſie/ zu dem Ende auf den Umbgang des letztern
Luſt - Hauſes/ theils dem annehmlichen
Spring-Brunnen/ allwo aus vier ertztenen
Wallfiſchen vier groſſe Stroͤme Waſſer in die
marmelne von ſo viel unterbuͤckenden Meer-
Goͤttern gehaltene Schale ausſpritzẽ/ zu zuſchau-
en/ theils auch unſere Augen in die ſelbige Ge-
gend gleich eines Krantzes umbgebende Huͤgel
und Waͤlder auszutreiben. Der Fuͤrſt hatte
nach etlichen andern annehmlichen Unterredun-
gen kaum ſeine Geſchichte beruͤhret/ als wir aus
[Spaltenumbruch] Deutſchburg einen zu Pferde ſpornſtreichs dem
dickſten Walde zurennen ſahen/ uns aber als von
allen Feinden weit entfernet/ hieruͤber das we-
nigſte bedenckliche traͤumen lieſſen; wiewohl wir
hernach aus dem Ausſchlage gemuthmaſſet/ daß
durch eben ſelbten unſere Anweſenheit in dem
Luſt-Garten verrathen ſey worden. Wenige
Zeit hernach kamen aus drey unterſchiedenen
Ecken des Waldes etwan zwoͤlf Pferde gegen
Deutſchburg Fuß fuͤr Fuß geritten/ die wir aber
ebenfals/ zumal ſie auf Cheruskiſche Art bekleidet
waren/ aus der Acht lieſſen/ und des Fuͤrſten Ze-
no anmuthiger Erzehlung Sinnen und Gemuͤ-
the wiedmeten. Der Feldherr brach ein: Es
iſt ſicher eine hoͤchſt vermeſſene That/ aus unſerm
mit ſo viel tauſend Mann beſetztem Fuͤrſtlichen
Laͤger bey hellem Tage mit ſo weniger Mann-
ſchafft einzubrechen/ und Erlauchte Perſonen
freventlich anzutaſten. Aber es gehen keine
Anſchlaͤge gluͤcklicher von ſtatten/ als derer man
ſich am wenigſten verſihet/ und der Vernunft
am wenigſten aͤhnlich ſind/ entweder weil das
Gluͤcke ſeine Oberhand uͤber alle Klugheit hier-
durch bezeugen/ oder dieſe uns fuͤr aller Unacht-
ſam - und Sicherheit warnigen wil. Thuß-
nelda fuhr fort: Bey dieſer letztern verlohren
wir ſie ein par Gewende lang unter der ziemlich
hohen Gartẽ-Mauer aus dem Geſicht und Ge-
dancken/ wurden ihrer auch nicht ehe gewahr/
als biß derer ſechs oben auf der Mauer ſtan-
den/ an einer angehenckten Leiter von Stricken
in Garten ſtiegen/ das nahe darbey ſich befin-
dende Thor innwendig aufriegelten/ und noch
wohl zwantzig andern den Eingang oͤffneten.
Wir eilten wider des Fuͤrſten Zeno Vermah-
nung die Stiege an dem Luſthauſe herab/ in Hoff-
nung/ wir wuͤrden dieſer Gewalt noch durch
die Flucht in den innern Garten entkommen/
oder zum minſten durch unſer Geſchrey ieman-
den eher als an dieſem allzu weit entfernten
Theile erruffen koͤnnen. Allein dieſe Raͤuber
hatten ſo gute Kundſchafft der ſich daſelbſt

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Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 440. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/494>, abgerufen am 22.11.2024.