Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.

Bild:
<< vorherige Seite

Arminius und Thußnelda.
[Spaltenumbruch] des Cajus und Lucius Verfallung im Hertzen
erfreuete. So boßhafft ist die Ehrsucht/ daß sie
mit eigner Boßheit sich empor zu schwingen; an-
dere aber mit ihrer in Abgrund zu drücken vor
hat. Der Käyser befahl endlich nach langem
Nachdencken: Man solte den Aristippus/ Cy-
renen und alle ihre Gefährten/ wie auch die
Mohrischen Weiber und Knaben im Kercker
erwürgen/ ihnen Steine an Hals hencken/ und
sie des Nachts in die Tiber werffen. Nachdem
auch August selbst dem Cajus und Lucius das
Gesetze geschärfft/ und ihnen bey nachbleiben-
der Besserung die Verweisung in das ungesun-
de Sardinien angedräuet hatte/ wurden sie/ und
zwar/ wormit das Verbrechen nicht einem
Ubersehen an dem andern gestrafft zu werden
schiene/ alle Römische Gefangene loß gelassen.
Alle Epicurische Weltweisen wurden aus Rom
und Jtalien verbannet. Sotion hingegen kam
bey den Römern in grosses Ansehen/ und beym
Käyser in solche Gnade/ daß er die Weißheit
öffentlich lehren/ die Druyden auch den halb-
zerstörten Tempel der Bellona/ weil man dar-
innen viel mit Menschenfleische gefüllte Töpffe
gefunden hatte/ ergäntzen/ und für sich und an-
dere Ausländer ihren gewohnten Gottesdienst
üben dorfften. Denn den Römischen Bür-
gern wolte der Staatskluge August weder die-
sen noch einigen andern fremden zulassen. Ca-
jus und Lucius faßten mich zwar in Verdacht/
als wenn von mir Aristippus und sein böses Be-
ginnen angegeben worden wäre/ aber der Käy-
ser hatte dißfals selbst Sorgfalt für mich; indem
er durch einen mir in ihrer Anwesenheit gege-
benen empfindlichen Verweiß/ daß ich auch
des Aristippus Verleitung gefolget hätte/ mich
aus dem gefaßten Argwohne klüglich ver-
setzte.

Cajus und Lucius wurden durch diese Be-
gebniß genöthiget ihre Unart zwar zu verber-
gen/ aber nicht mächtig sich selbter zu entäus-
sern. Denn die in dem Hertzen eingewur-
tzelten Laster sind schwerer als Unkraut aus
[Spaltenumbruch] geilem Erdreiche auszurotten. Ja die Men-
schen haben durchgehends mehr den Firniß/
als das Wesen der Tugend an sich. Dahe-
ro denn beyde junge Fürsten/ als der Eyfer
des Käysers verrauchte/ und seine gewohnte
Leutseligkeit zu ein und anderm Fehler ein Au-
ge zudrückte; insonderheit aber das Beyspiel
des Hofes und die kuplerische Heucheley sie wie-
der auff die alten Wege verleitete/ sie dem Athe-
nodor zwar ihre Ohren; aber denen Wollü-
sten ihre Hertzen verliehen. Wormit aber
meine Zunge nicht scheine ein Register frem-
der Schwachheiten zu seyn/ und daß ich mich
mit anderer Kohlen weiß brennen wolte/ will
ich alleine diß/ worvon zugleich mein Glücks-
Fadem gehangen/ berühren. Lucius war durch
des Aristippus Verleitung so verwehnt/ daß er
gleichsam für allem weissen Frauenzimmer ei-
ne Abscheu/ zu denen Morischen aber einen
hefftigen Zug hatte. Daher er ihm etliche
schwartze Sclavinnen kauffte/ selbte in einem
Garten unterhielt/ und sich diesen Mägden
zum Knechte machte. Es trug sich aber zu/
daß König Juba/ welchem August die junge
Cleopatra vermählt/ und das Königreich Nu-
midien wegen seines Vaters Juba ihm gelei-
steten treuen Beystandes eingeräumet hatte/
seine Tochter Dido nach Rom schickte/ um die
Römischen Sitten zu fassen/ und bey dem Käy-
serlichen Hause sich beliebt zu machen. Die-
se war eine Fürstin von sechzehn Jahren; aber
von reiffem Verstande. Sintemal die Ein-
wohner der heißen Länder ohne diß tieffsinni-
ger/ als kalte Völcker/ diese hingegen hertz-
haffter/ als jene seyn sollen. Sie war zwar ih-
rer Numidischen Landes-Art nach schwartz; a-
ber die Anmuth leuchtete ihr aus den Augen/
die Freundligkeit lachte auff ihrem Munde;
dessen Lippen nicht nach Morischer Art auff-
geworffen/ sondern wie alle andere Glieder
ihr rechtes Maaß und ihre vollkommene Ein-
theilung hatten. Lucius hatte diese Fürstin
so geschwinde nicht gesehen/ als die Kohlen ihres

Lei-
Erster Theil. N n n

Arminius und Thußnelda.
[Spaltenumbruch] des Cajus und Lucius Verfallung im Hertzen
erfreuete. So boßhafft iſt die Ehrſucht/ daß ſie
mit eigner Boßheit ſich empor zu ſchwingen; an-
dere aber mit ihrer in Abgrund zu druͤcken vor
hat. Der Kaͤyſer befahl endlich nach langem
Nachdencken: Man ſolte den Ariſtippus/ Cy-
renen und alle ihre Gefaͤhrten/ wie auch die
Mohriſchen Weiber und Knaben im Kercker
erwuͤrgen/ ihnen Steine an Hals hencken/ und
ſie des Nachts in die Tiber werffen. Nachdem
auch Auguſt ſelbſt dem Cajus und Lucius das
Geſetze geſchaͤrfft/ und ihnen bey nachbleiben-
der Beſſerung die Verweiſung in das ungeſun-
de Sardinien angedraͤuet hatte/ wurden ſie/ und
zwar/ wormit das Verbrechen nicht einem
Uberſehen an dem andern geſtrafft zu werden
ſchiene/ alle Roͤmiſche Gefangene loß gelaſſen.
Alle Epicuriſche Weltweiſen wurden aus Rom
und Jtalien verbannet. Sotion hingegen kam
bey den Roͤmern in groſſes Anſehen/ und beym
Kaͤyſer in ſolche Gnade/ daß er die Weißheit
oͤffentlich lehren/ die Druyden auch den halb-
zerſtoͤrten Tempel der Bellona/ weil man dar-
innen viel mit Menſchenfleiſche gefuͤllte Toͤpffe
gefunden hatte/ ergaͤntzen/ und fuͤr ſich und an-
dere Auslaͤnder ihren gewohnten Gottesdienſt
uͤben dorfften. Denn den Roͤmiſchen Buͤr-
gern wolte der Staatskluge Auguſt weder die-
ſen noch einigen andern fremden zulaſſen. Ca-
jus und Lucius faßten mich zwar in Verdacht/
als wenn von mir Ariſtippus und ſein boͤſes Be-
ginnen angegeben worden waͤre/ aber der Kaͤy-
ſer hatte dißfals ſelbſt Sorgfalt fuͤr mich; indem
er durch einen mir in ihrer Anweſenheit gege-
benen empfindlichen Verweiß/ daß ich auch
des Ariſtippus Verleitung gefolget haͤtte/ mich
aus dem gefaßten Argwohne kluͤglich ver-
ſetzte.

Cajus und Lucius wurden durch dieſe Be-
gebniß genoͤthiget ihre Unart zwar zu verber-
gen/ aber nicht maͤchtig ſich ſelbter zu entaͤuſ-
ſern. Denn die in dem Hertzen eingewur-
tzelten Laſter ſind ſchwerer als Unkraut aus
[Spaltenumbruch] geilem Erdreiche auszurotten. Ja die Men-
ſchen haben durchgehends mehr den Firniß/
als das Weſen der Tugend an ſich. Dahe-
ro denn beyde junge Fuͤrſten/ als der Eyfer
des Kaͤyſers verrauchte/ und ſeine gewohnte
Leutſeligkeit zu ein und anderm Fehler ein Au-
ge zudruͤckte; inſonderheit aber das Beyſpiel
des Hofes und die kupleriſche Heucheley ſie wie-
der auff die alten Wege verleitete/ ſie dem Athe-
nodor zwar ihre Ohren; aber denen Wolluͤ-
ſten ihre Hertzen verliehen. Wormit aber
meine Zunge nicht ſcheine ein Regiſter frem-
der Schwachheiten zu ſeyn/ und daß ich mich
mit anderer Kohlen weiß brennen wolte/ will
ich alleine diß/ worvon zugleich mein Gluͤcks-
Fadem gehangen/ beruͤhren. Lucius war durch
des Ariſtippus Verleitung ſo verwehnt/ daß er
gleichſam fuͤr allem weiſſen Frauenzimmer ei-
ne Abſcheu/ zu denen Moriſchen aber einen
hefftigen Zug hatte. Daher er ihm etliche
ſchwartze Sclavinnen kauffte/ ſelbte in einem
Garten unterhielt/ und ſich dieſen Maͤgden
zum Knechte machte. Es trug ſich aber zu/
daß Koͤnig Juba/ welchem Auguſt die junge
Cleopatra vermaͤhlt/ und das Koͤnigreich Nu-
midien wegen ſeines Vaters Juba ihm gelei-
ſteten treuen Beyſtandes eingeraͤumet hatte/
ſeine Tochter Dido nach Rom ſchickte/ um die
Roͤmiſchen Sitten zu faſſen/ und bey dem Kaͤy-
ſerlichen Hauſe ſich beliebt zu machen. Die-
ſe war eine Fuͤrſtin von ſechzehn Jahren; aber
von reiffem Verſtande. Sintemal die Ein-
wohner der heißen Laͤnder ohne diß tieffſinni-
ger/ als kalte Voͤlcker/ dieſe hingegen hertz-
haffter/ als jene ſeyn ſollen. Sie war zwar ih-
rer Numidiſchen Landes-Art nach ſchwartz; a-
ber die Anmuth leuchtete ihr aus den Augen/
die Freundligkeit lachte auff ihrem Munde;
deſſen Lippen nicht nach Moriſcher Art auff-
geworffen/ ſondern wie alle andere Glieder
ihr rechtes Maaß und ihre vollkommene Ein-
theilung hatten. Lucius hatte dieſe Fuͤrſtin
ſo geſchwinde nicht geſehen/ als die Kohlen ihres

Lei-
Erſter Theil. N n n
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0519" n="465"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Arminius und Thußnelda.</hi></fw><lb/><cb/>
des Cajus und Lucius Verfallung im Hertzen<lb/>
erfreuete. So boßhafft i&#x017F;t die Ehr&#x017F;ucht/ daß &#x017F;ie<lb/>
mit eigner Boßheit &#x017F;ich empor zu &#x017F;chwingen; an-<lb/>
dere aber mit ihrer in Abgrund zu dru&#x0364;cken vor<lb/>
hat. Der Ka&#x0364;y&#x017F;er befahl endlich nach langem<lb/>
Nachdencken: Man &#x017F;olte den Ari&#x017F;tippus/ Cy-<lb/>
renen und alle ihre Gefa&#x0364;hrten/ wie auch die<lb/>
Mohri&#x017F;chen Weiber und Knaben im Kercker<lb/>
erwu&#x0364;rgen/ ihnen Steine an Hals hencken/ und<lb/>
&#x017F;ie des Nachts in die Tiber werffen. Nachdem<lb/>
auch Augu&#x017F;t &#x017F;elb&#x017F;t dem Cajus und Lucius das<lb/>
Ge&#x017F;etze ge&#x017F;cha&#x0364;rfft/ und ihnen bey nachbleiben-<lb/>
der Be&#x017F;&#x017F;erung die Verwei&#x017F;ung in das unge&#x017F;un-<lb/>
de Sardinien angedra&#x0364;uet hatte/ wurden &#x017F;ie/ und<lb/>
zwar/ wormit das Verbrechen nicht einem<lb/>
Uber&#x017F;ehen an dem andern ge&#x017F;trafft zu werden<lb/>
&#x017F;chiene/ alle Ro&#x0364;mi&#x017F;che Gefangene loß gela&#x017F;&#x017F;en.<lb/>
Alle Epicuri&#x017F;che Weltwei&#x017F;en wurden aus Rom<lb/>
und Jtalien verbannet. Sotion hingegen kam<lb/>
bey den Ro&#x0364;mern in gro&#x017F;&#x017F;es An&#x017F;ehen/ und beym<lb/>
Ka&#x0364;y&#x017F;er in &#x017F;olche Gnade/ daß er die Weißheit<lb/>
o&#x0364;ffentlich lehren/ die Druyden auch den halb-<lb/>
zer&#x017F;to&#x0364;rten Tempel der Bellona/ weil man dar-<lb/>
innen viel mit Men&#x017F;chenflei&#x017F;che gefu&#x0364;llte To&#x0364;pffe<lb/>
gefunden hatte/ erga&#x0364;ntzen/ und fu&#x0364;r &#x017F;ich und an-<lb/>
dere Ausla&#x0364;nder ihren gewohnten Gottesdien&#x017F;t<lb/>
u&#x0364;ben dorfften. Denn den Ro&#x0364;mi&#x017F;chen Bu&#x0364;r-<lb/>
gern wolte der Staatskluge Augu&#x017F;t weder die-<lb/>
&#x017F;en noch einigen andern fremden zula&#x017F;&#x017F;en. Ca-<lb/>
jus und Lucius faßten mich zwar in Verdacht/<lb/>
als wenn von mir Ari&#x017F;tippus und &#x017F;ein bo&#x0364;&#x017F;es Be-<lb/>
ginnen angegeben worden wa&#x0364;re/ aber der Ka&#x0364;y-<lb/>
&#x017F;er hatte dißfals &#x017F;elb&#x017F;t Sorgfalt fu&#x0364;r mich; indem<lb/>
er durch einen mir in ihrer Anwe&#x017F;enheit gege-<lb/>
benen empfindlichen Verweiß/ daß ich auch<lb/>
des Ari&#x017F;tippus Verleitung gefolget ha&#x0364;tte/ mich<lb/>
aus dem gefaßten Argwohne klu&#x0364;glich ver-<lb/>
&#x017F;etzte.</p><lb/>
          <p>Cajus und Lucius wurden durch die&#x017F;e Be-<lb/>
gebniß geno&#x0364;thiget ihre Unart zwar zu verber-<lb/>
gen/ aber nicht ma&#x0364;chtig &#x017F;ich &#x017F;elbter zu enta&#x0364;u&#x017F;-<lb/>
&#x017F;ern. Denn die in dem Hertzen eingewur-<lb/>
tzelten La&#x017F;ter &#x017F;ind &#x017F;chwerer als Unkraut aus<lb/><cb/>
geilem Erdreiche auszurotten. Ja die Men-<lb/>
&#x017F;chen haben durchgehends mehr den Firniß/<lb/>
als das We&#x017F;en der Tugend an &#x017F;ich. Dahe-<lb/>
ro denn beyde junge Fu&#x0364;r&#x017F;ten/ als der Eyfer<lb/>
des Ka&#x0364;y&#x017F;ers verrauchte/ und &#x017F;eine gewohnte<lb/>
Leut&#x017F;eligkeit zu ein und anderm Fehler ein Au-<lb/>
ge zudru&#x0364;ckte; in&#x017F;onderheit aber das Bey&#x017F;piel<lb/>
des Hofes und die kupleri&#x017F;che Heucheley &#x017F;ie wie-<lb/>
der auff die alten Wege verleitete/ &#x017F;ie dem Athe-<lb/>
nodor zwar ihre Ohren; aber denen Wollu&#x0364;-<lb/>
&#x017F;ten ihre Hertzen verliehen. Wormit aber<lb/>
meine Zunge nicht &#x017F;cheine ein Regi&#x017F;ter frem-<lb/>
der Schwachheiten zu &#x017F;eyn/ und daß ich mich<lb/>
mit anderer Kohlen weiß brennen wolte/ will<lb/>
ich alleine diß/ worvon zugleich mein Glu&#x0364;cks-<lb/>
Fadem gehangen/ beru&#x0364;hren. Lucius war durch<lb/>
des Ari&#x017F;tippus Verleitung &#x017F;o verwehnt/ daß er<lb/>
gleich&#x017F;am fu&#x0364;r allem wei&#x017F;&#x017F;en Frauenzimmer ei-<lb/>
ne Ab&#x017F;cheu/ zu denen Mori&#x017F;chen aber einen<lb/>
hefftigen Zug hatte. Daher er ihm etliche<lb/>
&#x017F;chwartze Sclavinnen kauffte/ &#x017F;elbte in einem<lb/>
Garten unterhielt/ und &#x017F;ich die&#x017F;en Ma&#x0364;gden<lb/>
zum Knechte machte. Es trug &#x017F;ich aber zu/<lb/>
daß Ko&#x0364;nig Juba/ welchem Augu&#x017F;t die junge<lb/>
Cleopatra verma&#x0364;hlt/ und das Ko&#x0364;nigreich Nu-<lb/>
midien wegen &#x017F;eines Vaters Juba ihm gelei-<lb/>
&#x017F;teten treuen Bey&#x017F;tandes eingera&#x0364;umet hatte/<lb/>
&#x017F;eine Tochter Dido nach Rom &#x017F;chickte/ um die<lb/>
Ro&#x0364;mi&#x017F;chen Sitten zu fa&#x017F;&#x017F;en/ und bey dem Ka&#x0364;y-<lb/>
&#x017F;erlichen Hau&#x017F;e &#x017F;ich beliebt zu machen. Die-<lb/>
&#x017F;e war eine Fu&#x0364;r&#x017F;tin von &#x017F;echzehn Jahren; aber<lb/>
von reiffem Ver&#x017F;tande. Sintemal die Ein-<lb/>
wohner der heißen La&#x0364;nder ohne diß tieff&#x017F;inni-<lb/>
ger/ als kalte Vo&#x0364;lcker/ die&#x017F;e hingegen hertz-<lb/>
haffter/ als jene &#x017F;eyn &#x017F;ollen. Sie war zwar ih-<lb/>
rer Numidi&#x017F;chen Landes-Art nach &#x017F;chwartz; a-<lb/>
ber die Anmuth leuchtete ihr aus den Augen/<lb/>
die Freundligkeit lachte auff ihrem Munde;<lb/>
de&#x017F;&#x017F;en Lippen nicht nach Mori&#x017F;cher Art auff-<lb/>
geworffen/ &#x017F;ondern wie alle andere Glieder<lb/>
ihr rechtes Maaß und ihre vollkommene Ein-<lb/>
theilung hatten. Lucius hatte die&#x017F;e Fu&#x0364;r&#x017F;tin<lb/>
&#x017F;o ge&#x017F;chwinde nicht ge&#x017F;ehen/ als die Kohlen ihres<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">Er&#x017F;ter Theil. N n n</fw><fw place="bottom" type="catch">Lei-</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[465/0519] Arminius und Thußnelda. des Cajus und Lucius Verfallung im Hertzen erfreuete. So boßhafft iſt die Ehrſucht/ daß ſie mit eigner Boßheit ſich empor zu ſchwingen; an- dere aber mit ihrer in Abgrund zu druͤcken vor hat. Der Kaͤyſer befahl endlich nach langem Nachdencken: Man ſolte den Ariſtippus/ Cy- renen und alle ihre Gefaͤhrten/ wie auch die Mohriſchen Weiber und Knaben im Kercker erwuͤrgen/ ihnen Steine an Hals hencken/ und ſie des Nachts in die Tiber werffen. Nachdem auch Auguſt ſelbſt dem Cajus und Lucius das Geſetze geſchaͤrfft/ und ihnen bey nachbleiben- der Beſſerung die Verweiſung in das ungeſun- de Sardinien angedraͤuet hatte/ wurden ſie/ und zwar/ wormit das Verbrechen nicht einem Uberſehen an dem andern geſtrafft zu werden ſchiene/ alle Roͤmiſche Gefangene loß gelaſſen. Alle Epicuriſche Weltweiſen wurden aus Rom und Jtalien verbannet. Sotion hingegen kam bey den Roͤmern in groſſes Anſehen/ und beym Kaͤyſer in ſolche Gnade/ daß er die Weißheit oͤffentlich lehren/ die Druyden auch den halb- zerſtoͤrten Tempel der Bellona/ weil man dar- innen viel mit Menſchenfleiſche gefuͤllte Toͤpffe gefunden hatte/ ergaͤntzen/ und fuͤr ſich und an- dere Auslaͤnder ihren gewohnten Gottesdienſt uͤben dorfften. Denn den Roͤmiſchen Buͤr- gern wolte der Staatskluge Auguſt weder die- ſen noch einigen andern fremden zulaſſen. Ca- jus und Lucius faßten mich zwar in Verdacht/ als wenn von mir Ariſtippus und ſein boͤſes Be- ginnen angegeben worden waͤre/ aber der Kaͤy- ſer hatte dißfals ſelbſt Sorgfalt fuͤr mich; indem er durch einen mir in ihrer Anweſenheit gege- benen empfindlichen Verweiß/ daß ich auch des Ariſtippus Verleitung gefolget haͤtte/ mich aus dem gefaßten Argwohne kluͤglich ver- ſetzte. Cajus und Lucius wurden durch dieſe Be- gebniß genoͤthiget ihre Unart zwar zu verber- gen/ aber nicht maͤchtig ſich ſelbter zu entaͤuſ- ſern. Denn die in dem Hertzen eingewur- tzelten Laſter ſind ſchwerer als Unkraut aus geilem Erdreiche auszurotten. Ja die Men- ſchen haben durchgehends mehr den Firniß/ als das Weſen der Tugend an ſich. Dahe- ro denn beyde junge Fuͤrſten/ als der Eyfer des Kaͤyſers verrauchte/ und ſeine gewohnte Leutſeligkeit zu ein und anderm Fehler ein Au- ge zudruͤckte; inſonderheit aber das Beyſpiel des Hofes und die kupleriſche Heucheley ſie wie- der auff die alten Wege verleitete/ ſie dem Athe- nodor zwar ihre Ohren; aber denen Wolluͤ- ſten ihre Hertzen verliehen. Wormit aber meine Zunge nicht ſcheine ein Regiſter frem- der Schwachheiten zu ſeyn/ und daß ich mich mit anderer Kohlen weiß brennen wolte/ will ich alleine diß/ worvon zugleich mein Gluͤcks- Fadem gehangen/ beruͤhren. Lucius war durch des Ariſtippus Verleitung ſo verwehnt/ daß er gleichſam fuͤr allem weiſſen Frauenzimmer ei- ne Abſcheu/ zu denen Moriſchen aber einen hefftigen Zug hatte. Daher er ihm etliche ſchwartze Sclavinnen kauffte/ ſelbte in einem Garten unterhielt/ und ſich dieſen Maͤgden zum Knechte machte. Es trug ſich aber zu/ daß Koͤnig Juba/ welchem Auguſt die junge Cleopatra vermaͤhlt/ und das Koͤnigreich Nu- midien wegen ſeines Vaters Juba ihm gelei- ſteten treuen Beyſtandes eingeraͤumet hatte/ ſeine Tochter Dido nach Rom ſchickte/ um die Roͤmiſchen Sitten zu faſſen/ und bey dem Kaͤy- ſerlichen Hauſe ſich beliebt zu machen. Die- ſe war eine Fuͤrſtin von ſechzehn Jahren; aber von reiffem Verſtande. Sintemal die Ein- wohner der heißen Laͤnder ohne diß tieffſinni- ger/ als kalte Voͤlcker/ dieſe hingegen hertz- haffter/ als jene ſeyn ſollen. Sie war zwar ih- rer Numidiſchen Landes-Art nach ſchwartz; a- ber die Anmuth leuchtete ihr aus den Augen/ die Freundligkeit lachte auff ihrem Munde; deſſen Lippen nicht nach Moriſcher Art auff- geworffen/ ſondern wie alle andere Glieder ihr rechtes Maaß und ihre vollkommene Ein- theilung hatten. Lucius hatte dieſe Fuͤrſtin ſo geſchwinde nicht geſehen/ als die Kohlen ihres Lei- Erſter Theil. N n n

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/519
Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 465. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/519>, abgerufen am 26.06.2024.