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Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.

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Vierdtes Buch
[Spaltenumbruch] Regungen. Jch sann nunmehr auff Mittel
und Wege meinen Grimm an ihm auszuü-
ben; als ein deutscher Edelmann mir wissend
machte/ daß der Diana oberster Priester mit
noch sechs andern nach Aphrodistum ankom-
men wäre/ daselbst der Diana zum Danckmal
ein Heiligthum einzuweihen/ und die Fürstin
Dido nach Cirtha zu begleiten. Keine erwünsch-
tere Zeitung konte mir damahls zu Ohren kom-
men. Jch verstellte daher möglichst meinen
Schmertz und meinen Eiver/ veranlaßte auch
die Dido/ daß sie zur See und auff dem Fluße
Pagyda nach Cirtha zu kehren schlüssig ward.
Weil nun ohne diß mir weder die Landes-Ge-
wonheit/ noch Höffligkeit zuließ meinen Auff-
enthalt auff dem die Dido führenden Schiffe zu
haben/ nahm ich die sieben Priester auff mein
meist mit lauter Deutschen besetztes Schiff.
Meinen Vorsatz zu vollziehen schien mir Him-
mel und Wind gleichsam seine Hülffe anzubie-
ten. Denn dieser beunruhigte ein wenig das
Meer/ daß die Schiffe von einander etwas ent-
fernet wurden/ und die Wolcken umhülleten
des Nachts den Monden/ daß sie einander aus
dem Gesichte kamen. Hiermit befahl ich mit
meinem Schiffe an der gantz nahen Jnsel Ca-
lathe anzuländen. Daselbst trat ich mit etlichen
meiner Getreuesten aus/ und ließ die Priester
auch dahin leiten. Jch hieß aber ausser dem
Obersten sich alle andere entfernen/ und fragte
ihn mit ernsthafftem Gesichte: Durch was für
ein Mittel sich Dido von ihrem Gelübde be-
freyet hätte? Er erblaßte und verstummte zu-
gleich; endlich aber fing er an: Es liesse sich die-
ses Geheimnis niemanden offenbahren. Aber/
versetzte ich/ die offenbaren Laster wohl bestraf-
fen. Du unheiliger Mensch! hat dir nicht ge-
grauset deine tolle Brunst mit der Andacht einer
keuschen Göttin zu verlarven? Hastu dich nicht
entröthet eine so reine Fürstin mit dem Unflathe
deiner Unzucht zu besudeln/ und die mir gewied-
mete Myrthen in so traurige Cypressen zu ver-
[Spaltenumbruch] wandeln? Der Priester stand nicht anders/ als
wenn er vom Blitz gerühret wäre; gleichwol er-
holete er sich und fing an: Was er gethan/ wäre
aus keiner Geilheit/ sondern nach dem Willen
Dianens/ nach der Stifftung des Alterthums/
nach den Sitten der meisten Morgenländer/ und
mir selbst zu Gefallen geschehen. Die Jung-
frauschafft bestünde ohne diß mehr in einer ein-
fältigen Einbildung/ als in einem wahrhafften
Wesen der Natur. Ja in Africa und Jndien
hielte man sie mehr für einen Fehler/ als für was
schätzbares. Dido hätte sie auch nicht ihm/ son-
dern nur durch ihn/ als ein Werckzeug Dianen
auffgeopffert/ und er hiervon nicht die wenigste
Lust/ wohl aber die Göttin ihre Vergnügung
geschöpffet. Diese hätte ihn/ er aber die Dido
so heilig überschattet/ daß ihre Reinigkeit so we-
nig hätte Flecken/ als der Amianthen-Stein in
der Flamme Rauch oder Versehrung fangen
können. Er glaubte nicht/ daß ich die ihrer Di-
anen geschehene Opfferung der Jungfrauschafft
scheltbarer als der Jndianischen Götter/ und
wie sie auff den Eleysinischen Feyern durch
höltzerne Götzen geschehe/ halten würde. Ja
zu allem Uberflusse hätte das heilige Wasser
des Brunnen Canathus alles unreine abgewa-
schen. Woran so viel weniger zu zweiffeln wä-
re/ weil die Egyptier durch das Bad der Jsis/
die Perser durch das des Mithra/ die Grie-
chen durch die Apollinar- und Eleusinischen
Besprengungen/ und insonderheit durch das
Wasser des Flusses Jlissus so wohl alle See-
len-als Leibes-Flecken abwischen. Jch ward
verdrüßlich diese scheinheilige Thorheiten anzu-
hören/ unterbrach sie also und sagte ihm: Er sol-
te seine thörichte Wasser-Würckungen nur die
überreden/ die aus dem Paphlagonischen Brun-
nen sich vollgetruncken hätten/ und deutete ihm
an: Weil er ja so eine heilige Sünde began-
gen zu haben vermeinte/ wolte ich keine Straf-
fe an ihm ausüben/ als die ihre Götter selbst
vollzogen hätten. Weil sich Attis gelüsten las-

sen

Vierdtes Buch
[Spaltenumbruch] Regungen. Jch ſann nunmehr auff Mittel
und Wege meinen Grimm an ihm auszuuͤ-
ben; als ein deutſcher Edelmann mir wiſſend
machte/ daß der Diana oberſter Prieſter mit
noch ſechs andern nach Aphrodiſtum ankom-
men waͤre/ daſelbſt der Diana zum Danckmal
ein Heiligthum einzuweihen/ und die Fuͤrſtin
Dido nach Cirtha zu begleiten. Keine erwuͤnſch-
tere Zeitung konte mir damahls zu Ohren kom-
men. Jch verſtellte daher moͤglichſt meinen
Schmertz und meinen Eiver/ veranlaßte auch
die Dido/ daß ſie zur See und auff dem Fluße
Pagyda nach Cirtha zu kehren ſchluͤſſig ward.
Weil nun ohne diß mir weder die Landes-Ge-
wonheit/ noch Hoͤffligkeit zuließ meinen Auff-
enthalt auff dem die Dido fuͤhrenden Schiffe zu
haben/ nahm ich die ſieben Prieſter auff mein
meiſt mit lauter Deutſchen beſetztes Schiff.
Meinen Vorſatz zu vollziehen ſchien mir Him-
mel und Wind gleichſam ſeine Huͤlffe anzubie-
ten. Denn dieſer beunruhigte ein wenig das
Meer/ daß die Schiffe von einander etwas ent-
fernet wurden/ und die Wolcken umhuͤlleten
des Nachts den Monden/ daß ſie einander aus
dem Geſichte kamen. Hiermit befahl ich mit
meinem Schiffe an der gantz nahen Jnſel Ca-
lathe anzulaͤnden. Daſelbſt trat ich mit etlichen
meiner Getreueſten aus/ und ließ die Prieſter
auch dahin leiten. Jch hieß aber auſſer dem
Oberſten ſich alle andere entfernen/ und fragte
ihn mit ernſthafftem Geſichte: Durch was fuͤr
ein Mittel ſich Dido von ihrem Geluͤbde be-
freyet haͤtte? Er erblaßte und verſtummte zu-
gleich; endlich aber fing er an: Es lieſſe ſich die-
ſes Geheimnis niemanden offenbahren. Aber/
verſetzte ich/ die offenbaren Laſter wohl beſtraf-
fen. Du unheiliger Menſch! hat dir nicht ge-
grauſet deine tolle Brunſt mit der Andacht einer
keuſchen Goͤttin zu verlarven? Haſtu dich nicht
entroͤthet eine ſo reine Fuͤrſtin mit dem Unflathe
deiner Unzucht zu beſudeln/ und die mir gewied-
mete Myrthen in ſo traurige Cypreſſen zu ver-
[Spaltenumbruch] wandeln? Der Prieſter ſtand nicht anders/ als
wenn er vom Blitz geruͤhret waͤre; gleichwol er-
holete er ſich und fing an: Was er gethan/ waͤre
aus keiner Geilheit/ ſondern nach dem Willen
Dianens/ nach der Stifftung des Alterthums/
nach den Sitten der meiſten Morgenlaͤnder/ und
mir ſelbſt zu Gefallen geſchehen. Die Jung-
frauſchafft beſtuͤnde ohne diß mehr in einer ein-
faͤltigen Einbildung/ als in einem wahrhafften
Weſen der Natur. Ja in Africa und Jndien
hielte man ſie mehr fuͤr einen Fehler/ als fuͤr was
ſchaͤtzbares. Dido haͤtte ſie auch nicht ihm/ ſon-
dern nur durch ihn/ als ein Werckzeug Dianen
auffgeopffert/ und er hiervon nicht die wenigſte
Luſt/ wohl aber die Goͤttin ihre Vergnuͤgung
geſchoͤpffet. Dieſe haͤtte ihn/ er aber die Dido
ſo heilig uͤberſchattet/ daß ihre Reinigkeit ſo we-
nig haͤtte Flecken/ als der Amianthen-Stein in
der Flamme Rauch oder Verſehrung fangen
koͤnnen. Er glaubte nicht/ daß ich die ihrer Di-
anen geſchehene Opfferung der Jungfrauſchafft
ſcheltbarer als der Jndianiſchen Goͤtter/ und
wie ſie auff den Eleyſiniſchen Feyern durch
hoͤltzerne Goͤtzen geſchehe/ halten wuͤrde. Ja
zu allem Uberfluſſe haͤtte das heilige Waſſer
des Brunnen Canathus alles unreine abgewa-
ſchen. Woran ſo viel weniger zu zweiffeln waͤ-
re/ weil die Egyptier durch das Bad der Jſis/
die Perſer durch das des Mithra/ die Grie-
chen durch die Apollinar- und Eleuſiniſchen
Beſprengungen/ und inſonderheit durch das
Waſſer des Fluſſes Jliſſus ſo wohl alle See-
len-als Leibes-Flecken abwiſchen. Jch ward
verdruͤßlich dieſe ſcheinheilige Thorheiten anzu-
hoͤren/ unterbrach ſie alſo und ſagte ihm: Er ſol-
te ſeine thoͤrichte Waſſer-Wuͤrckungen nur die
uͤberreden/ die aus dem Paphlagoniſchen Brun-
nen ſich vollgetruncken haͤtten/ und deutete ihm
an: Weil er ja ſo eine heilige Suͤnde began-
gen zu haben vermeinte/ wolte ich keine Straf-
fe an ihm ausuͤben/ als die ihre Goͤtter ſelbſt
vollzogen haͤtten. Weil ſich Attis geluͤſten laſ-

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[488/0542] Vierdtes Buch Regungen. Jch ſann nunmehr auff Mittel und Wege meinen Grimm an ihm auszuuͤ- ben; als ein deutſcher Edelmann mir wiſſend machte/ daß der Diana oberſter Prieſter mit noch ſechs andern nach Aphrodiſtum ankom- men waͤre/ daſelbſt der Diana zum Danckmal ein Heiligthum einzuweihen/ und die Fuͤrſtin Dido nach Cirtha zu begleiten. Keine erwuͤnſch- tere Zeitung konte mir damahls zu Ohren kom- men. Jch verſtellte daher moͤglichſt meinen Schmertz und meinen Eiver/ veranlaßte auch die Dido/ daß ſie zur See und auff dem Fluße Pagyda nach Cirtha zu kehren ſchluͤſſig ward. Weil nun ohne diß mir weder die Landes-Ge- wonheit/ noch Hoͤffligkeit zuließ meinen Auff- enthalt auff dem die Dido fuͤhrenden Schiffe zu haben/ nahm ich die ſieben Prieſter auff mein meiſt mit lauter Deutſchen beſetztes Schiff. Meinen Vorſatz zu vollziehen ſchien mir Him- mel und Wind gleichſam ſeine Huͤlffe anzubie- ten. Denn dieſer beunruhigte ein wenig das Meer/ daß die Schiffe von einander etwas ent- fernet wurden/ und die Wolcken umhuͤlleten des Nachts den Monden/ daß ſie einander aus dem Geſichte kamen. Hiermit befahl ich mit meinem Schiffe an der gantz nahen Jnſel Ca- lathe anzulaͤnden. Daſelbſt trat ich mit etlichen meiner Getreueſten aus/ und ließ die Prieſter auch dahin leiten. Jch hieß aber auſſer dem Oberſten ſich alle andere entfernen/ und fragte ihn mit ernſthafftem Geſichte: Durch was fuͤr ein Mittel ſich Dido von ihrem Geluͤbde be- freyet haͤtte? Er erblaßte und verſtummte zu- gleich; endlich aber fing er an: Es lieſſe ſich die- ſes Geheimnis niemanden offenbahren. Aber/ verſetzte ich/ die offenbaren Laſter wohl beſtraf- fen. Du unheiliger Menſch! hat dir nicht ge- grauſet deine tolle Brunſt mit der Andacht einer keuſchen Goͤttin zu verlarven? Haſtu dich nicht entroͤthet eine ſo reine Fuͤrſtin mit dem Unflathe deiner Unzucht zu beſudeln/ und die mir gewied- mete Myrthen in ſo traurige Cypreſſen zu ver- wandeln? Der Prieſter ſtand nicht anders/ als wenn er vom Blitz geruͤhret waͤre; gleichwol er- holete er ſich und fing an: Was er gethan/ waͤre aus keiner Geilheit/ ſondern nach dem Willen Dianens/ nach der Stifftung des Alterthums/ nach den Sitten der meiſten Morgenlaͤnder/ und mir ſelbſt zu Gefallen geſchehen. Die Jung- frauſchafft beſtuͤnde ohne diß mehr in einer ein- faͤltigen Einbildung/ als in einem wahrhafften Weſen der Natur. Ja in Africa und Jndien hielte man ſie mehr fuͤr einen Fehler/ als fuͤr was ſchaͤtzbares. Dido haͤtte ſie auch nicht ihm/ ſon- dern nur durch ihn/ als ein Werckzeug Dianen auffgeopffert/ und er hiervon nicht die wenigſte Luſt/ wohl aber die Goͤttin ihre Vergnuͤgung geſchoͤpffet. Dieſe haͤtte ihn/ er aber die Dido ſo heilig uͤberſchattet/ daß ihre Reinigkeit ſo we- nig haͤtte Flecken/ als der Amianthen-Stein in der Flamme Rauch oder Verſehrung fangen koͤnnen. Er glaubte nicht/ daß ich die ihrer Di- anen geſchehene Opfferung der Jungfrauſchafft ſcheltbarer als der Jndianiſchen Goͤtter/ und wie ſie auff den Eleyſiniſchen Feyern durch hoͤltzerne Goͤtzen geſchehe/ halten wuͤrde. Ja zu allem Uberfluſſe haͤtte das heilige Waſſer des Brunnen Canathus alles unreine abgewa- ſchen. Woran ſo viel weniger zu zweiffeln waͤ- re/ weil die Egyptier durch das Bad der Jſis/ die Perſer durch das des Mithra/ die Grie- chen durch die Apollinar- und Eleuſiniſchen Beſprengungen/ und inſonderheit durch das Waſſer des Fluſſes Jliſſus ſo wohl alle See- len-als Leibes-Flecken abwiſchen. Jch ward verdruͤßlich dieſe ſcheinheilige Thorheiten anzu- hoͤren/ unterbrach ſie alſo und ſagte ihm: Er ſol- te ſeine thoͤrichte Waſſer-Wuͤrckungen nur die uͤberreden/ die aus dem Paphlagoniſchen Brun- nen ſich vollgetruncken haͤtten/ und deutete ihm an: Weil er ja ſo eine heilige Suͤnde began- gen zu haben vermeinte/ wolte ich keine Straf- fe an ihm ausuͤben/ als die ihre Goͤtter ſelbſt vollzogen haͤtten. Weil ſich Attis geluͤſten laſ- ſen

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Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 488. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/542>, abgerufen am 22.11.2024.