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Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.

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Fünfftes Buch
[Spaltenumbruch] stentheils nieder gehauen/ und hierdurch daselbst
ein neues Weiber-Reich auffgerichtet. Van-
dala baute auff der Wallstatt eine Stadt/ und
nennte sie zum Gedächtnisse/ daß bey währen-
der Schlacht sich ihr die Haarlocken auffgefloch-
ten/ sie aber solche biß zum Ende fliegende ge-
lassen hatte/ nach angenommener Griechischen
Redens-Art Komana. Jn dieser Stadtrich-
tete sie von eitel rothem aus dem Taurischen
Gebürge gehauenem Marmel der Kriegs-
Göttin unter dem Nahmen der Taurischen Di-
ana einen prächtigen Tempel auff/ ordnete
hundert Priesterinnen dahin/ darunter die O-
berste nach der Königin die höchste Gewalt im
Reiche hatte; Sechs tausend Gefangene mach-
te sie zu Opffer-Knechten/ welche aber auff ge-
wisse Feyer einander selbst auffreiben musten.
Die Griechen und alle andere Völcker verehre-
ten hernach dieses Heiligthum für allen andern/
und Agamemnon wiedmete darein das Opffer-
Messer/ wormit seine Tochter Jphigenia ab-
geschlachtet worden war. Weil auch einige
bey ihnen nachbliebene Männer nicht mit in
die Schlacht kommen waren/ tödteten die Go-
thischen Weiber sie vollends/ und nahmen hier-
von den Nahmen der Amazonen und die erstern
Gesetze der Vandala an; welche ihnen die zwey
tapffersten Frauen Marpesia und Lampeto zu
Königinnen fürsetzte/ die ihnen ihre rechten
Brüste den Bogen desto besser zu gebrauchen
weggebrennet hatten/ und sich des Krieges-Got-
tes und der Diane Töchter nannten/ die erste
auch einem Theile des Caucasischen Gebürges/
aus dem die Flüsse Corax und Astelephus ent-
springen/ ihren Nahmen zugeeignet hatte/ weil
sie die daselbst einbrechenden Scythen so hertz-
hafft zurück geschlagen. Vandala selbst aber
kehrte wieder in ihr Nordliches Reich/ alldar
sie nach vielen Siegen endlich starb/ von den
ihrigen aber für eine Göttin und Fürbild der
Tapfferkeit in unerleschlichem Gedächtniße
behalten ward. Lampeto und Marpesia aber
[Spaltenumbruch] übten ihr Frauenzimmer an statt des verächtli-
chen Spinnens in Ritter-Spielen/ theilten sich
in zwey Heere ab; Marpesia bemächtigte sich
Armeniens/ und nennte denselbigen gantzen
Strich des Caucasus nach ihrem Nahmen das
Marpesische Gebürge/ wiewohl sie hernach bey
einem Einfall der Assyrer durch einen Pfeil tödt-
lich verwundet ward/ iedoch erst nach erlangtem
Siege ihren Helden-Geist auffgab. Dieser ihre
Tochter Gorgonia verfolgte ihre Siege/ fuhr
auf dem Tigris über das Persische/ und nach Er-
legung der Araber über das rothe Meer/ allwo
sie dem Egyptischen Könige Horus der Jsis
Sohne ihre Tochter Myrina auff eine gewisse
Zeit vermählte/ und ein Bündniß auffrichtete.
Von dar zohe sie durch die Cyrenische Wüsten in
Numidien/ baute zu dem Tritonischen See eine
Stadt/ und unterwarff ihr theils durch Tapffer-
keit/ theils durch Schrecken/ indem die von ihr so
genannten Gorgones ihre Schilde und Waffen
mit Schlangen behingen/ viel Völcker; Ward
aber endlich durch Arglist vom Perseus erlegt.
Nach ihr maßte sich der Herrschafft die Königin
Myrina an/ schlug die Einwohner in Cercene/
worauff sich die andern Atlantischen Völcker
ihr gutwillig untergaben. Von dar drang sie
wieder in Arabien/ bemächtigte sich der Syrer
durchs Schwerdt/ der Cilicier durch Schrecken/
baute die Städte Cyme/ Pitame/ Priene und
Mitilene. Blieb endlich in der Schlacht mit den
Thracischen Königen Sipylus und Mopsus;
Nach welcher Tode diese Amazonen wieder in
Lybien zurück kehrten. Lampeto eroberte inzwi-
schen auff der andern Seite Galatien/ Pisidien/
Cilicien/ und ein Theil Syriens/ baute die
Stadt Smyrna/ Cuma/ Myrina/ Paphus/
Ephesus/ und der Diane Wunder-Tempel; Ja
endlich drang sie biß in Thracien. Vandalens
Nachfolgerinnen aber machten ihnen auff der
Nord-Seite des Euxinischen Meeres biß an
den Einfluß der Tanais alle Völcker dienst-
bar. Marpesien folgte ihre Tochter Orithia/

welche

Fuͤnfftes Buch
[Spaltenumbruch] ſtentheils nieder gehauen/ und hierdurch daſelbſt
ein neues Weiber-Reich auffgerichtet. Van-
dala baute auff der Wallſtatt eine Stadt/ und
nennte ſie zum Gedaͤchtniſſe/ daß bey waͤhren-
der Schlacht ſich ihr die Haarlocken auffgefloch-
ten/ ſie aber ſolche biß zum Ende fliegende ge-
laſſen hatte/ nach angenommener Griechiſchen
Redens-Art Komana. Jn dieſer Stadtrich-
tete ſie von eitel rothem aus dem Tauriſchen
Gebuͤrge gehauenem Marmel der Kriegs-
Goͤttin unter dem Nahmen der Tauriſchen Di-
ana einen praͤchtigen Tempel auff/ ordnete
hundert Prieſterinnen dahin/ darunter die O-
berſte nach der Koͤnigin die hoͤchſte Gewalt im
Reiche hatte; Sechs tauſend Gefangene mach-
te ſie zu Opffer-Knechten/ welche aber auff ge-
wiſſe Feyer einander ſelbſt auffreiben muſten.
Die Griechen und alle andere Voͤlcker verehre-
ten hernach dieſes Heiligthum fuͤr allen andern/
und Agamemnon wiedmete darein das Opffer-
Meſſer/ wormit ſeine Tochter Jphigenia ab-
geſchlachtet worden war. Weil auch einige
bey ihnen nachbliebene Maͤnner nicht mit in
die Schlacht kommen waren/ toͤdteten die Go-
thiſchen Weiber ſie vollends/ und nahmen hier-
von den Nahmen der Amazonen und die erſtern
Geſetze der Vandala an; welche ihnen die zwey
tapfferſten Frauen Marpeſia und Lampeto zu
Koͤniginnen fuͤrſetzte/ die ihnen ihre rechten
Bruͤſte den Bogen deſto beſſer zu gebrauchen
weggebrennet hatten/ und ſich des Krieges-Got-
tes und der Diane Toͤchter nannten/ die erſte
auch einem Theile des Caucaſiſchen Gebuͤrges/
aus dem die Fluͤſſe Corax und Aſtelephus ent-
ſpringen/ ihren Nahmen zugeeignet hatte/ weil
ſie die daſelbſt einbrechenden Scythen ſo hertz-
hafft zuruͤck geſchlagen. Vandala ſelbſt aber
kehrte wieder in ihr Nordliches Reich/ alldar
ſie nach vielen Siegen endlich ſtarb/ von den
ihrigen aber fuͤr eine Goͤttin und Fuͤrbild der
Tapfferkeit in unerleſchlichem Gedaͤchtniße
behalten ward. Lampeto und Marpeſia aber
[Spaltenumbruch] uͤbten ihr Frauenzimmer an ſtatt des veraͤchtli-
chen Spinnens in Ritter-Spielen/ theilten ſich
in zwey Heere ab; Marpeſia bemaͤchtigte ſich
Armeniens/ und nennte denſelbigen gantzen
Strich des Caucaſus nach ihrem Nahmen das
Marpeſiſche Gebuͤrge/ wiewohl ſie hernach bey
einem Einfall der Aſſyrer durch einen Pfeil toͤdt-
lich verwundet ward/ iedoch erſt nach erlangtem
Siege ihren Helden-Geiſt auffgab. Dieſer ihre
Tochter Gorgonia verfolgte ihre Siege/ fuhr
auf dem Tigris uͤber das Perſiſche/ und nach Eꝛ-
legung der Araber uͤber das rothe Meer/ allwo
ſie dem Egyptiſchen Koͤnige Horus der Jſis
Sohne ihre Tochter Myrina auff eine gewiſſe
Zeit vermaͤhlte/ und ein Buͤndniß auffrichtete.
Von dar zohe ſie durch die Cyreniſche Wuͤſten in
Numidien/ baute zu dem Tritoniſchen See eine
Stadt/ und unterwarff ihr theils durch Tapffer-
keit/ theils durch Schrecken/ indem die von ihr ſo
genannten Gorgones ihre Schilde und Waffen
mit Schlangen behingen/ viel Voͤlcker; Ward
aber endlich durch Argliſt vom Perſeus erlegt.
Nach ihr maßte ſich der Herrſchafft die Koͤnigin
Myrina an/ ſchlug die Einwohner in Cercene/
worauff ſich die andern Atlantiſchen Voͤlcker
ihr gutwillig untergaben. Von dar drang ſie
wieder in Arabien/ bemaͤchtigte ſich der Syrer
durchs Schwerdt/ der Cilicier durch Schrecken/
baute die Staͤdte Cyme/ Pitame/ Priene und
Mitilene. Blieb endlich in der Schlacht mit den
Thraciſchen Koͤnigen Sipylus und Mopſus;
Nach welcher Tode dieſe Amazonen wieder in
Lybien zuruͤck kehrten. Lampeto eroberte inzwi-
ſchen auff der andern Seite Galatien/ Piſidien/
Cilicien/ und ein Theil Syriens/ baute die
Stadt Smyrna/ Cuma/ Myrina/ Paphus/
Epheſus/ und der Diane Wunder-Tempel; Ja
endlich drang ſie biß in Thracien. Vandalens
Nachfolgerinnen aber machten ihnen auff der
Nord-Seite des Euxiniſchen Meeres biß an
den Einfluß der Tanais alle Voͤlcker dienſt-
bar. Marpeſien folgte ihre Tochter Orithia/

welche
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[526/0582] Fuͤnfftes Buch ſtentheils nieder gehauen/ und hierdurch daſelbſt ein neues Weiber-Reich auffgerichtet. Van- dala baute auff der Wallſtatt eine Stadt/ und nennte ſie zum Gedaͤchtniſſe/ daß bey waͤhren- der Schlacht ſich ihr die Haarlocken auffgefloch- ten/ ſie aber ſolche biß zum Ende fliegende ge- laſſen hatte/ nach angenommener Griechiſchen Redens-Art Komana. Jn dieſer Stadtrich- tete ſie von eitel rothem aus dem Tauriſchen Gebuͤrge gehauenem Marmel der Kriegs- Goͤttin unter dem Nahmen der Tauriſchen Di- ana einen praͤchtigen Tempel auff/ ordnete hundert Prieſterinnen dahin/ darunter die O- berſte nach der Koͤnigin die hoͤchſte Gewalt im Reiche hatte; Sechs tauſend Gefangene mach- te ſie zu Opffer-Knechten/ welche aber auff ge- wiſſe Feyer einander ſelbſt auffreiben muſten. Die Griechen und alle andere Voͤlcker verehre- ten hernach dieſes Heiligthum fuͤr allen andern/ und Agamemnon wiedmete darein das Opffer- Meſſer/ wormit ſeine Tochter Jphigenia ab- geſchlachtet worden war. Weil auch einige bey ihnen nachbliebene Maͤnner nicht mit in die Schlacht kommen waren/ toͤdteten die Go- thiſchen Weiber ſie vollends/ und nahmen hier- von den Nahmen der Amazonen und die erſtern Geſetze der Vandala an; welche ihnen die zwey tapfferſten Frauen Marpeſia und Lampeto zu Koͤniginnen fuͤrſetzte/ die ihnen ihre rechten Bruͤſte den Bogen deſto beſſer zu gebrauchen weggebrennet hatten/ und ſich des Krieges-Got- tes und der Diane Toͤchter nannten/ die erſte auch einem Theile des Caucaſiſchen Gebuͤrges/ aus dem die Fluͤſſe Corax und Aſtelephus ent- ſpringen/ ihren Nahmen zugeeignet hatte/ weil ſie die daſelbſt einbrechenden Scythen ſo hertz- hafft zuruͤck geſchlagen. Vandala ſelbſt aber kehrte wieder in ihr Nordliches Reich/ alldar ſie nach vielen Siegen endlich ſtarb/ von den ihrigen aber fuͤr eine Goͤttin und Fuͤrbild der Tapfferkeit in unerleſchlichem Gedaͤchtniße behalten ward. Lampeto und Marpeſia aber uͤbten ihr Frauenzimmer an ſtatt des veraͤchtli- chen Spinnens in Ritter-Spielen/ theilten ſich in zwey Heere ab; Marpeſia bemaͤchtigte ſich Armeniens/ und nennte denſelbigen gantzen Strich des Caucaſus nach ihrem Nahmen das Marpeſiſche Gebuͤrge/ wiewohl ſie hernach bey einem Einfall der Aſſyrer durch einen Pfeil toͤdt- lich verwundet ward/ iedoch erſt nach erlangtem Siege ihren Helden-Geiſt auffgab. Dieſer ihre Tochter Gorgonia verfolgte ihre Siege/ fuhr auf dem Tigris uͤber das Perſiſche/ und nach Eꝛ- legung der Araber uͤber das rothe Meer/ allwo ſie dem Egyptiſchen Koͤnige Horus der Jſis Sohne ihre Tochter Myrina auff eine gewiſſe Zeit vermaͤhlte/ und ein Buͤndniß auffrichtete. Von dar zohe ſie durch die Cyreniſche Wuͤſten in Numidien/ baute zu dem Tritoniſchen See eine Stadt/ und unterwarff ihr theils durch Tapffer- keit/ theils durch Schrecken/ indem die von ihr ſo genannten Gorgones ihre Schilde und Waffen mit Schlangen behingen/ viel Voͤlcker; Ward aber endlich durch Argliſt vom Perſeus erlegt. Nach ihr maßte ſich der Herrſchafft die Koͤnigin Myrina an/ ſchlug die Einwohner in Cercene/ worauff ſich die andern Atlantiſchen Voͤlcker ihr gutwillig untergaben. Von dar drang ſie wieder in Arabien/ bemaͤchtigte ſich der Syrer durchs Schwerdt/ der Cilicier durch Schrecken/ baute die Staͤdte Cyme/ Pitame/ Priene und Mitilene. Blieb endlich in der Schlacht mit den Thraciſchen Koͤnigen Sipylus und Mopſus; Nach welcher Tode dieſe Amazonen wieder in Lybien zuruͤck kehrten. Lampeto eroberte inzwi- ſchen auff der andern Seite Galatien/ Piſidien/ Cilicien/ und ein Theil Syriens/ baute die Stadt Smyrna/ Cuma/ Myrina/ Paphus/ Epheſus/ und der Diane Wunder-Tempel; Ja endlich drang ſie biß in Thracien. Vandalens Nachfolgerinnen aber machten ihnen auff der Nord-Seite des Euxiniſchen Meeres biß an den Einfluß der Tanais alle Voͤlcker dienſt- bar. Marpeſien folgte ihre Tochter Orithia/ welche

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Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 526. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/582>, abgerufen am 25.11.2024.