Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.

Bild:
<< vorherige Seite

Arminius und Thußnelda.
[Spaltenumbruch] bekommt/ der Glantzbaum der des Nachts mit
seinem Scheine die Finsternüß erleuchtet/ ja
alle und iede Kräuter gäben mit ihren wunder-
würdigen und dem unachtsamen Menschen
noch grossen theils verborgenen Würckungen
ihre Danckbarkeit gegen ihrem ewigen Schöpf-
fer zu verstehen/ und dienten Gott unbefleckter
als die alberen Menschen/ welche das durch ei-
ne unzertrennliche Einigkeit in einander ver-
knüpffte Wesen der Natur/ oder vielmehr den
einträchtigen Einfluß des Schöpffers zerglie-
derten/ und wenn dieser die Sonne/ ein ander
die Sternen/ der dritte die Erde/ der vierdte
das Wasser/ der fünffte das Feuer/ etliche nur
Bäume und Steine anbeteten/ das Stück-
werck für das gantze verehreten/ oder vielmehr
Gott den alles beseelenden Geist in ein so enges
Gefässe einsperveten. Da doch sie mit Augen
wahrnehmen/ daß die Zeder einen grössern
Raum zu seinem Wachsthum/ als der Jsop be-
dürffe. Ja der Mensch/ das unvollkommene
Nachbild Gottes liesse sich nicht in einen Wald
wie der Elefant/ nicht in eine Wiese/ wie das
Pferd/ nicht in einen Seebusem/ wie der Wall-
fisch/ nicht in einen Teich/ wie der Schwan/
nicht in eine Pfütze/ wie der Frosch/ noch auch
allein in die weite Lufft/ wie der Adler einrie-
geln/ sondern die Erde sey ihm zu seichte; er
durchgrabe ihre innersten Eingeweide/ daß
Gold und Silber seinen Geitz sättige; Er baue
Wolcken-hohe Schlösser in die Lüffte/ seinen
Hochmuth zu vergnügen; Er fahre über/ und in
die Tieffen des Meeres/ um seiner Eitelkeit
Perlen/ Corallen und Ambra zu opffern; ja sei-
ne Gedancken meisterten den Lauff und die
Würckung der Gestirne; sein Nachdencken lö-
sete die Rähtsel auff/ die die ewige Versehung
mit verborgenen Ziffern in die Himmels-Kreis-
se verzeichnet; und die Schrancken der Natur
wären der Grösse seines Gemüthes/ oder seinen
unmäßigen Begierden zu enge. Wie viel
weniger könte nun ein Stern/ oder was gerin-
[Spaltenumbruch] gers/ ein genungsamer Begriff einer uner-
mäßlichen Gottheit seyn? Diesemnach wäre
zwar eine Eichel/ aus der so ein grosser Baum
wüchse/ eine Biene/ die so künstlich baute/ eine
Ameisse/ die so sorgfältig wäre/ eine Schnecke
in ihrem Wunder-Hause/ eine Muschel/ in der
die Natur mit so viel Farben spielet/ ein kleiner
Stein/ der das Zu- und Abnehmen des Mon-
den fürbildet/ ein gläntzender Nachtwurm mit
seinem Wunder-Lichte ihnen ein genungsamer
Beweiß einer wahrhafftigseyenden/ kein Ge-
schöpffe aber/ ja die gantze Welt selbst nicht ein
anständiges Behältnüß einer unumspannlichen
Gottheit. Es sey zwar die Grösse der Himmels-
Bogen mit der Geschwindigkeit der darinnen
geschehenden/ und die Blicke der Augen überei-
lenden Bewegungen unbegreiflich; Die Schön-
heit und Eigenschafften der zwar nicht nach der
Schnur oder dem Zirckel eines Feldmessers ge-
setzten-aber mit einem gewissen Lauff und durch-
dringenden Tugenden begabten Gestirne/ in
dem wie iedes Kraut/ also auch ieder Stern sei-
ne absonderliche Würckung hat/ unermäßlich;
die zwey grossen Lichter Sonne und Monde/
derer jene die Erde erwärmte und trocknete/
dieser die Meere benetzte/ und die Pflantzen be-
thaute/ jene den Tag/ dieser die Nacht erleuchte-
te/ jener dem Jahre/ dieser den Monaten ihr
Maaß gäbe/ wären zwar die zwey Wagscha-
len der Zeit/ die zwey Pfeiler/ an denen die
Wunder der göttlichen Versehung geschrieben
wären; Alleine wie ein hundertäugichter
Mensch viel zu wenig Augen hätte den Himmel
genungsam zu betrachten; also wären die fünff
Sinnen viel zu wenig die Fruchtbarkeit der Er-
de/ welche täglich mit neuen Gewächsen unse-
rer eckelnden Zärtligkeit abhülffe/ zu genüssen/
oder nur in einer Rose die Schönheit zu be-
schauen/ die Vielheit der Blätter zu zehlen/
mit dem Geruche sich zu erqvicken. Der U-
berfluß der unzehlbaren Gewächse wäre ein
Kennzeichen ihrer Freygebigkeit/ der grosse

Unter-
Erster Theil. A a a a

Arminius und Thußnelda.
[Spaltenumbruch] bekommt/ der Glantzbaum der des Nachts mit
ſeinem Scheine die Finſternuͤß erleuchtet/ ja
alle und iede Kraͤuter gaͤben mit ihren wunder-
wuͤrdigen und dem unachtſamen Menſchen
noch groſſen theils verborgenen Wuͤrckungen
ihre Danckbarkeit gegen ihrem ewigen Schoͤpf-
fer zu verſtehen/ und dienten Gott unbefleckter
als die alberen Menſchen/ welche das durch ei-
ne unzertrennliche Einigkeit in einander ver-
knuͤpffte Weſen der Natur/ oder vielmehr den
eintraͤchtigen Einfluß des Schoͤpffers zerglie-
derten/ und wenn dieſer die Sonne/ ein ander
die Sternen/ der dritte die Erde/ der vierdte
das Waſſer/ der fuͤnffte das Feuer/ etliche nur
Baͤume und Steine anbeteten/ das Stuͤck-
werck fuͤr das gantze verehreten/ oder vielmehr
Gott den alles beſeelenden Geiſt in ein ſo enges
Gefaͤſſe einſperveten. Da doch ſie mit Augen
wahrnehmen/ daß die Zeder einen groͤſſern
Raum zu ſeinem Wachsthum/ als der Jſop be-
duͤrffe. Ja der Menſch/ das unvollkommene
Nachbild Gottes lieſſe ſich nicht in einen Wald
wie der Elefant/ nicht in eine Wieſe/ wie das
Pferd/ nicht in einen Seebuſem/ wie der Wall-
fiſch/ nicht in einen Teich/ wie der Schwan/
nicht in eine Pfuͤtze/ wie der Froſch/ noch auch
allein in die weite Lufft/ wie der Adler einrie-
geln/ ſondern die Erde ſey ihm zu ſeichte; er
durchgrabe ihre innerſten Eingeweide/ daß
Gold und Silber ſeinen Geitz ſaͤttige; Er baue
Wolcken-hohe Schloͤſſer in die Luͤffte/ ſeinen
Hochmuth zu vergnuͤgen; Er fahre uͤber/ und in
die Tieffen des Meeres/ um ſeiner Eitelkeit
Perlen/ Corallen und Ambra zu opffern; ja ſei-
ne Gedancken meiſterten den Lauff und die
Wuͤrckung der Geſtirne; ſein Nachdencken loͤ-
ſete die Raͤhtſel auff/ die die ewige Verſehung
mit verborgenen Ziffern in die Himmels-Kreiſ-
ſe verzeichnet; und die Schrancken der Natur
waͤren der Groͤſſe ſeines Gemuͤthes/ oder ſeinen
unmaͤßigen Begierden zu enge. Wie viel
weniger koͤnte nun ein Stern/ oder was gerin-
[Spaltenumbruch] gers/ ein genungſamer Begriff einer uner-
maͤßlichen Gottheit ſeyn? Dieſemnach waͤre
zwar eine Eichel/ aus der ſo ein groſſer Baum
wuͤchſe/ eine Biene/ die ſo kuͤnſtlich baute/ eine
Ameiſſe/ die ſo ſorgfaͤltig waͤre/ eine Schnecke
in ihrem Wunder-Hauſe/ eine Muſchel/ in der
die Natur mit ſo viel Farben ſpielet/ ein kleiner
Stein/ der das Zu- und Abnehmen des Mon-
den fuͤrbildet/ ein glaͤntzender Nachtwurm mit
ſeinem Wunder-Lichte ihnen ein genungſamer
Beweiß einer wahrhafftigſeyenden/ kein Ge-
ſchoͤpffe aber/ ja die gantze Welt ſelbſt nicht ein
anſtaͤndiges Behaͤltnuͤß einer unumſpannlichen
Gottheit. Es ſey zwar die Groͤſſe der Himmels-
Bogen mit der Geſchwindigkeit der darinnen
geſchehenden/ und die Blicke der Augen uͤberei-
lenden Bewegungen unbegreiflich; Die Schoͤn-
heit und Eigenſchafften der zwar nicht nach der
Schnur oder dem Zirckel eines Feldmeſſers ge-
ſetzten-aber mit einem gewiſſen Lauff und durch-
dringenden Tugenden begabten Geſtirne/ in
dem wie iedes Kraut/ alſo auch ieder Stern ſei-
ne abſonderliche Wuͤrckung hat/ unermaͤßlich;
die zwey groſſen Lichter Sonne und Monde/
derer jene die Erde erwaͤrmte und trocknete/
dieſer die Meere benetzte/ und die Pflantzen be-
thaute/ jene den Tag/ dieſer die Nacht erleuchte-
te/ jener dem Jahre/ dieſer den Monaten ihr
Maaß gaͤbe/ waͤren zwar die zwey Wagſcha-
len der Zeit/ die zwey Pfeiler/ an denen die
Wunder der goͤttlichen Verſehung geſchrieben
waͤren; Alleine wie ein hundertaͤugichter
Menſch viel zu wenig Augen haͤtte den Himmel
genungſam zu betrachten; alſo waͤren die fuͤnff
Sinnen viel zu wenig die Fruchtbarkeit der Er-
de/ welche taͤglich mit neuen Gewaͤchſen unſe-
rer eckelnden Zaͤrtligkeit abhuͤlffe/ zu genuͤſſen/
oder nur in einer Roſe die Schoͤnheit zu be-
ſchauen/ die Vielheit der Blaͤtter zu zehlen/
mit dem Geruche ſich zu erqvicken. Der U-
berfluß der unzehlbaren Gewaͤchſe waͤre ein
Kennzeichen ihrer Freygebigkeit/ der groſſe

Unter-
Erſter Theil. A a a a
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0609" n="553"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Arminius und Thußnelda.</hi></fw><lb/><cb/>
bekommt/ der Glantzbaum der des Nachts mit<lb/>
&#x017F;einem Scheine die Fin&#x017F;ternu&#x0364;ß erleuchtet/ ja<lb/>
alle und iede Kra&#x0364;uter ga&#x0364;ben mit ihren wunder-<lb/>
wu&#x0364;rdigen und dem unacht&#x017F;amen Men&#x017F;chen<lb/>
noch gro&#x017F;&#x017F;en theils verborgenen Wu&#x0364;rckungen<lb/>
ihre Danckbarkeit gegen ihrem ewigen Scho&#x0364;pf-<lb/>
fer zu ver&#x017F;tehen/ und dienten Gott unbefleckter<lb/>
als die alberen Men&#x017F;chen/ welche das durch ei-<lb/>
ne unzertrennliche Einigkeit in einander ver-<lb/>
knu&#x0364;pffte We&#x017F;en der Natur/ oder vielmehr den<lb/>
eintra&#x0364;chtigen Einfluß des Scho&#x0364;pffers zerglie-<lb/>
derten/ und wenn die&#x017F;er die Sonne/ ein ander<lb/>
die Sternen/ der dritte die Erde/ der vierdte<lb/>
das Wa&#x017F;&#x017F;er/ der fu&#x0364;nffte das Feuer/ etliche nur<lb/>
Ba&#x0364;ume und Steine anbeteten/ das Stu&#x0364;ck-<lb/>
werck fu&#x0364;r das gantze verehreten/ oder vielmehr<lb/>
Gott den alles be&#x017F;eelenden Gei&#x017F;t in ein &#x017F;o enges<lb/>
Gefa&#x0364;&#x017F;&#x017F;e ein&#x017F;perveten. Da doch &#x017F;ie mit Augen<lb/>
wahrnehmen/ daß die Zeder einen gro&#x0364;&#x017F;&#x017F;ern<lb/>
Raum zu &#x017F;einem Wachsthum/ als der J&#x017F;op be-<lb/>
du&#x0364;rffe. Ja der Men&#x017F;ch/ das unvollkommene<lb/>
Nachbild Gottes lie&#x017F;&#x017F;e &#x017F;ich nicht in einen Wald<lb/>
wie der Elefant/ nicht in eine Wie&#x017F;e/ wie das<lb/>
Pferd/ nicht in einen Seebu&#x017F;em/ wie der Wall-<lb/>
fi&#x017F;ch/ nicht in einen Teich/ wie der Schwan/<lb/>
nicht in eine Pfu&#x0364;tze/ wie der Fro&#x017F;ch/ noch auch<lb/>
allein in die weite Lufft/ wie der Adler einrie-<lb/>
geln/ &#x017F;ondern die Erde &#x017F;ey ihm zu &#x017F;eichte; er<lb/>
durchgrabe ihre inner&#x017F;ten Eingeweide/ daß<lb/>
Gold und Silber &#x017F;einen Geitz &#x017F;a&#x0364;ttige; Er baue<lb/>
Wolcken-hohe Schlo&#x0364;&#x017F;&#x017F;er in die Lu&#x0364;ffte/ &#x017F;einen<lb/>
Hochmuth zu vergnu&#x0364;gen; Er fahre u&#x0364;ber/ und in<lb/>
die Tieffen des Meeres/ um &#x017F;einer Eitelkeit<lb/>
Perlen/ Corallen und Ambra zu opffern; ja &#x017F;ei-<lb/>
ne Gedancken mei&#x017F;terten den Lauff und die<lb/>
Wu&#x0364;rckung der Ge&#x017F;tirne; &#x017F;ein Nachdencken lo&#x0364;-<lb/>
&#x017F;ete die Ra&#x0364;ht&#x017F;el auff/ die die ewige Ver&#x017F;ehung<lb/>
mit verborgenen Ziffern in die Himmels-Krei&#x017F;-<lb/>
&#x017F;e verzeichnet; und die Schrancken der Natur<lb/>
wa&#x0364;ren der Gro&#x0364;&#x017F;&#x017F;e &#x017F;eines Gemu&#x0364;thes/ oder &#x017F;einen<lb/>
unma&#x0364;ßigen Begierden zu enge. Wie viel<lb/>
weniger ko&#x0364;nte nun ein Stern/ oder was gerin-<lb/><cb/>
gers/ ein genung&#x017F;amer Begriff einer uner-<lb/>
ma&#x0364;ßlichen Gottheit &#x017F;eyn? Die&#x017F;emnach wa&#x0364;re<lb/>
zwar eine Eichel/ aus der &#x017F;o ein gro&#x017F;&#x017F;er Baum<lb/>
wu&#x0364;ch&#x017F;e/ eine Biene/ die &#x017F;o ku&#x0364;n&#x017F;tlich baute/ eine<lb/>
Amei&#x017F;&#x017F;e/ die &#x017F;o &#x017F;orgfa&#x0364;ltig wa&#x0364;re/ eine Schnecke<lb/>
in ihrem Wunder-Hau&#x017F;e/ eine Mu&#x017F;chel/ in der<lb/>
die Natur mit &#x017F;o viel Farben &#x017F;pielet/ ein kleiner<lb/>
Stein/ der das Zu- und Abnehmen des Mon-<lb/>
den fu&#x0364;rbildet/ ein gla&#x0364;ntzender Nachtwurm mit<lb/>
&#x017F;einem Wunder-Lichte ihnen ein genung&#x017F;amer<lb/>
Beweiß einer wahrhafftig&#x017F;eyenden/ kein Ge-<lb/>
&#x017F;cho&#x0364;pffe aber/ ja die gantze Welt &#x017F;elb&#x017F;t nicht ein<lb/>
an&#x017F;ta&#x0364;ndiges Beha&#x0364;ltnu&#x0364;ß einer unum&#x017F;pannlichen<lb/>
Gottheit. Es &#x017F;ey zwar die Gro&#x0364;&#x017F;&#x017F;e der Himmels-<lb/>
Bogen mit der Ge&#x017F;chwindigkeit der darinnen<lb/>
ge&#x017F;chehenden/ und die Blicke der Augen u&#x0364;berei-<lb/>
lenden Bewegungen unbegreiflich; Die Scho&#x0364;n-<lb/>
heit und Eigen&#x017F;chafften der zwar nicht nach der<lb/>
Schnur oder dem Zirckel eines Feldme&#x017F;&#x017F;ers ge-<lb/>
&#x017F;etzten-aber mit einem gewi&#x017F;&#x017F;en Lauff und durch-<lb/>
dringenden Tugenden begabten Ge&#x017F;tirne/ in<lb/>
dem wie iedes Kraut/ al&#x017F;o auch ieder Stern &#x017F;ei-<lb/>
ne ab&#x017F;onderliche Wu&#x0364;rckung hat/ unerma&#x0364;ßlich;<lb/>
die zwey gro&#x017F;&#x017F;en Lichter Sonne und Monde/<lb/>
derer jene die Erde erwa&#x0364;rmte und trocknete/<lb/>
die&#x017F;er die Meere benetzte/ und die Pflantzen be-<lb/>
thaute/ jene den Tag/ die&#x017F;er die Nacht erleuchte-<lb/>
te/ jener dem Jahre/ die&#x017F;er den Monaten ihr<lb/>
Maaß ga&#x0364;be/ wa&#x0364;ren zwar die zwey Wag&#x017F;cha-<lb/>
len der Zeit/ die zwey Pfeiler/ an denen die<lb/>
Wunder der go&#x0364;ttlichen Ver&#x017F;ehung ge&#x017F;chrieben<lb/>
wa&#x0364;ren; Alleine wie ein hunderta&#x0364;ugichter<lb/>
Men&#x017F;ch viel zu wenig Augen ha&#x0364;tte den Himmel<lb/>
genung&#x017F;am zu betrachten; al&#x017F;o wa&#x0364;ren die fu&#x0364;nff<lb/>
Sinnen viel zu wenig die Fruchtbarkeit der Er-<lb/>
de/ welche ta&#x0364;glich mit neuen Gewa&#x0364;ch&#x017F;en un&#x017F;e-<lb/>
rer eckelnden Za&#x0364;rtligkeit abhu&#x0364;lffe/ zu genu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en/<lb/>
oder nur in einer Ro&#x017F;e die Scho&#x0364;nheit zu be-<lb/>
&#x017F;chauen/ die Vielheit der Bla&#x0364;tter zu zehlen/<lb/>
mit dem Geruche &#x017F;ich zu erqvicken. Der U-<lb/>
berfluß der unzehlbaren Gewa&#x0364;ch&#x017F;e wa&#x0364;re ein<lb/>
Kennzeichen ihrer Freygebigkeit/ der gro&#x017F;&#x017F;e<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">Er&#x017F;ter Theil. A a a a</fw><fw place="bottom" type="catch">Unter-</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[553/0609] Arminius und Thußnelda. bekommt/ der Glantzbaum der des Nachts mit ſeinem Scheine die Finſternuͤß erleuchtet/ ja alle und iede Kraͤuter gaͤben mit ihren wunder- wuͤrdigen und dem unachtſamen Menſchen noch groſſen theils verborgenen Wuͤrckungen ihre Danckbarkeit gegen ihrem ewigen Schoͤpf- fer zu verſtehen/ und dienten Gott unbefleckter als die alberen Menſchen/ welche das durch ei- ne unzertrennliche Einigkeit in einander ver- knuͤpffte Weſen der Natur/ oder vielmehr den eintraͤchtigen Einfluß des Schoͤpffers zerglie- derten/ und wenn dieſer die Sonne/ ein ander die Sternen/ der dritte die Erde/ der vierdte das Waſſer/ der fuͤnffte das Feuer/ etliche nur Baͤume und Steine anbeteten/ das Stuͤck- werck fuͤr das gantze verehreten/ oder vielmehr Gott den alles beſeelenden Geiſt in ein ſo enges Gefaͤſſe einſperveten. Da doch ſie mit Augen wahrnehmen/ daß die Zeder einen groͤſſern Raum zu ſeinem Wachsthum/ als der Jſop be- duͤrffe. Ja der Menſch/ das unvollkommene Nachbild Gottes lieſſe ſich nicht in einen Wald wie der Elefant/ nicht in eine Wieſe/ wie das Pferd/ nicht in einen Seebuſem/ wie der Wall- fiſch/ nicht in einen Teich/ wie der Schwan/ nicht in eine Pfuͤtze/ wie der Froſch/ noch auch allein in die weite Lufft/ wie der Adler einrie- geln/ ſondern die Erde ſey ihm zu ſeichte; er durchgrabe ihre innerſten Eingeweide/ daß Gold und Silber ſeinen Geitz ſaͤttige; Er baue Wolcken-hohe Schloͤſſer in die Luͤffte/ ſeinen Hochmuth zu vergnuͤgen; Er fahre uͤber/ und in die Tieffen des Meeres/ um ſeiner Eitelkeit Perlen/ Corallen und Ambra zu opffern; ja ſei- ne Gedancken meiſterten den Lauff und die Wuͤrckung der Geſtirne; ſein Nachdencken loͤ- ſete die Raͤhtſel auff/ die die ewige Verſehung mit verborgenen Ziffern in die Himmels-Kreiſ- ſe verzeichnet; und die Schrancken der Natur waͤren der Groͤſſe ſeines Gemuͤthes/ oder ſeinen unmaͤßigen Begierden zu enge. Wie viel weniger koͤnte nun ein Stern/ oder was gerin- gers/ ein genungſamer Begriff einer uner- maͤßlichen Gottheit ſeyn? Dieſemnach waͤre zwar eine Eichel/ aus der ſo ein groſſer Baum wuͤchſe/ eine Biene/ die ſo kuͤnſtlich baute/ eine Ameiſſe/ die ſo ſorgfaͤltig waͤre/ eine Schnecke in ihrem Wunder-Hauſe/ eine Muſchel/ in der die Natur mit ſo viel Farben ſpielet/ ein kleiner Stein/ der das Zu- und Abnehmen des Mon- den fuͤrbildet/ ein glaͤntzender Nachtwurm mit ſeinem Wunder-Lichte ihnen ein genungſamer Beweiß einer wahrhafftigſeyenden/ kein Ge- ſchoͤpffe aber/ ja die gantze Welt ſelbſt nicht ein anſtaͤndiges Behaͤltnuͤß einer unumſpannlichen Gottheit. Es ſey zwar die Groͤſſe der Himmels- Bogen mit der Geſchwindigkeit der darinnen geſchehenden/ und die Blicke der Augen uͤberei- lenden Bewegungen unbegreiflich; Die Schoͤn- heit und Eigenſchafften der zwar nicht nach der Schnur oder dem Zirckel eines Feldmeſſers ge- ſetzten-aber mit einem gewiſſen Lauff und durch- dringenden Tugenden begabten Geſtirne/ in dem wie iedes Kraut/ alſo auch ieder Stern ſei- ne abſonderliche Wuͤrckung hat/ unermaͤßlich; die zwey groſſen Lichter Sonne und Monde/ derer jene die Erde erwaͤrmte und trocknete/ dieſer die Meere benetzte/ und die Pflantzen be- thaute/ jene den Tag/ dieſer die Nacht erleuchte- te/ jener dem Jahre/ dieſer den Monaten ihr Maaß gaͤbe/ waͤren zwar die zwey Wagſcha- len der Zeit/ die zwey Pfeiler/ an denen die Wunder der goͤttlichen Verſehung geſchrieben waͤren; Alleine wie ein hundertaͤugichter Menſch viel zu wenig Augen haͤtte den Himmel genungſam zu betrachten; alſo waͤren die fuͤnff Sinnen viel zu wenig die Fruchtbarkeit der Er- de/ welche taͤglich mit neuen Gewaͤchſen unſe- rer eckelnden Zaͤrtligkeit abhuͤlffe/ zu genuͤſſen/ oder nur in einer Roſe die Schoͤnheit zu be- ſchauen/ die Vielheit der Blaͤtter zu zehlen/ mit dem Geruche ſich zu erqvicken. Der U- berfluß der unzehlbaren Gewaͤchſe waͤre ein Kennzeichen ihrer Freygebigkeit/ der groſſe Unter- Erſter Theil. A a a a

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/609
Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 553. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/609>, abgerufen am 22.11.2024.