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Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.

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Arminius und Thußnelda.
[Spaltenumbruch] durch lange Ubung zu Kriegesleuten gemacht
hatten/ diese auch an Vermögen und Menge
des Volcks/ als denen zwey Spann - Adern
eines Reiches denen wegen steten Reitens zum
Kinderzeugen nicht so geschickten Tattern
weit überlegen waren; insonderheit aber diese
durch Zertheilung ihres Reiches sich allzu sehr
geschwächt hatten. Jhr Unstern aber ging ih-
nen mit des Hiaokings Sohne dem Könige
Hiaovus auf/ wiewohl anfangs mit zweifel-
haftem Lichte. Denn weder das Glücke noch
die Natur ist gewohnt von einer äusersten
Spitze auf die andere einen Sprung zu thun.
Hiaovus hatte mit den Tattern bey Antre-
tung seines Reichs mit Versprechung eines
jährlichen Soldes einen ewigen Frieden ge-
macht. Als er es aber nundurch Gesetze und
seine getreuen Landvögte genungsam befestiget
hatte/ rieth ihm Quei/ oder vielmehr seine Ehr-
sucht/ daß er nunmehr ein so schimpfliches
Bündnüß zerreissen möchte. Gleichwohl
traute er seinen Kräfften nicht zu/ durch offe-
nen Krieg diesem behertzten Feinde einige Fe-
der auszuziehen; sondern schickte den Ligvang
und Puve mit zweyen Heeren ab/ unter dem
Scheine/ die Wache an der langen Reichs-
Mauer abzulösen/ und er selbst folgte mit drey
hundert tausend Mann biß nach Maye. Weil
aber die Tattern durch einen Gefangenen
hiervon Wind kriegten/ begegneten sie ihnen
mit unerschrockenem Muthe. Hiaovus
meynte die Tattern zwar durch Bestraffung
des Quei zu bestillen; alleine sie hielten für
schimpfliche Kleinmuth der Seren Meyneid
ungerächet zu lassen. Hiermit trieben sie
drey Serische Heere über Hals und Kopf zu-
rücke. Wie aber Ligvang/ welchen sie denn
seiner Geschwindigkeit halber den flügenden
Heerführer nennten/ mit noch einer stär-
ckern Macht ankam/ riethen ihnen ihre Wahr-
sager sich zurücke zu ziehen; Ohne daß die
Serer sie ausser der Mauer zu verfolgen das
[Spaltenumbruch] Hertz hatten. Hierauf schickte Hiaovus den
Chenkiang/ das von dem Könige Xius erober-
te/ aber inzwischen wieder abgefallene Reich
Junnan einzunehmen; welches er nicht allein
mit grossem Glücke verrichtete/ sondern auch
noch darzu die zwey Reiche Tavon/ und Ta-
kiam zwischen denen Flüssen Caor/ Cosmin und
Martaban eroberte/ und derogestalt die Seri-
sche Herrschafft biß an das Jndianische Sud-
Meer erweiterte. Dieser glückliche Streich
und die Einrathung des Feldhauptmanns
Gveicing/ welcher den Feind in seiner Grän-
tze erwarten für schädliche Kleinmuth/ sein
Pferd aber an des Feindes Zaum binden/ für
ruhmbare Klugheit hielt/ bewegte den Hiaovus
zu der Entschlüssung die Tattern zu überzie-
hen/ welche nur in ihrem Neste wie Cacus in
seiner Höle von einem Hercules erleget werden
könten. Weil nun das West-Tatterische Reich
Tibet unter dem Amasischen Gebürge alle Tat-
tern schier mit herrlichen Pferden ausrüstete/ de-
rer Wiegern nicht einst die schlechten Serischen
Pferde vertragen kunten/ fiel der Schluß/ ihnen
am ersten diese Rüst-Kammer abzuschneiden. Also
zohen wider sie durch Xensi vier solche Kriegs-
heere auf/ derer iedes/ wie des Xerxes/ Berge
abzutragen/ und Flüsse auszutrincken mächtig
war. Die West-Tattern musten für dieser
Menge sich theils in die Damasischen Gebür-
ge/ theils über den Saffran - Fluß begeben.
Wormit nun die Seren in der Tatterischen
Fläche festen Fuß setzen/ und im Fall der Noth
irgendswohin eine sichere Zuflucht finden möch-
ten/ baute er in der Tarterey Tanyu etliche
Schantzen/ und an den Saffran - Fluß ein
grosses viereckichtes/ und mit vielen Vorra-
then versorgetes Läger. Weil nun die Tat-
tern wohl sahen/ daß ihnen hierdurch ein ge-
waltiger Kapzaum angeleget ward/ versuchten
sie durch öfftere Uberfälle das Werck zu hin-
dern; und als dis nicht verfing/ mit ihrem
gantzen Heere zu treffen. Alleine Gveicing

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Arminius und Thußnelda.
[Spaltenumbruch] durch lange Ubung zu Kriegesleuten gemacht
hatten/ dieſe auch an Vermoͤgen und Menge
des Volcks/ als denen zwey Spann - Adern
eines Reiches denen wegen ſteten Reitens zum
Kinderzeugen nicht ſo geſchickten Tattern
weit uͤberlegen waren; inſonderheit aber dieſe
durch Zertheilung ihres Reiches ſich allzu ſehr
geſchwaͤcht hatten. Jhr Unſtern aber ging ih-
nen mit des Hiaokings Sohne dem Koͤnige
Hiaovus auf/ wiewohl anfangs mit zweifel-
haftem Lichte. Denn weder das Gluͤcke noch
die Natur iſt gewohnt von einer aͤuſerſten
Spitze auf die andere einen Sprung zu thun.
Hiaovus hatte mit den Tattern bey Antre-
tung ſeines Reichs mit Verſprechung eines
jaͤhrlichen Soldes einen ewigen Frieden ge-
macht. Als er es aber nundurch Geſetze und
ſeine getreuen Landvoͤgte genungſam befeſtiget
hatte/ rieth ihm Quei/ oder vielmehr ſeine Ehr-
ſucht/ daß er nunmehr ein ſo ſchimpfliches
Buͤndnuͤß zerreiſſen moͤchte. Gleichwohl
traute er ſeinen Kraͤfften nicht zu/ durch offe-
nen Krieg dieſem behertzten Feinde einige Fe-
der auszuziehen; ſondern ſchickte den Ligvang
und Puve mit zweyen Heeren ab/ unter dem
Scheine/ die Wache an der langen Reichs-
Mauer abzuloͤſen/ und er ſelbſt folgte mit drey
hundert tauſend Mann biß nach Maye. Weil
aber die Tattern durch einen Gefangenen
hiervon Wind kriegten/ begegneten ſie ihnen
mit unerſchrockenem Muthe. Hiaovus
meynte die Tattern zwar durch Beſtraffung
des Quei zu beſtillen; alleine ſie hielten fuͤr
ſchimpfliche Kleinmuth der Seren Meyneid
ungeraͤchet zu laſſen. Hiermit trieben ſie
drey Seriſche Heere uͤber Hals und Kopf zu-
ruͤcke. Wie aber Ligvang/ welchen ſie denn
ſeiner Geſchwindigkeit halber den fluͤgenden
Heerfuͤhrer nennten/ mit noch einer ſtaͤr-
ckern Macht ankam/ riethen ihnen ihre Wahr-
ſager ſich zuruͤcke zu ziehen; Ohne daß die
Serer ſie auſſer der Mauer zu verfolgen das
[Spaltenumbruch] Hertz hatten. Hierauf ſchickte Hiaovus den
Chenkiang/ das von dem Koͤnige Xius erober-
te/ aber inzwiſchen wieder abgefallene Reich
Junnan einzunehmen; welches er nicht allein
mit groſſem Gluͤcke verrichtete/ ſondern auch
noch darzu die zwey Reiche Tavon/ und Ta-
kiam zwiſchen denen Fluͤſſen Caor/ Coſmin und
Martaban eroberte/ und derogeſtalt die Seri-
ſche Herrſchafft biß an das Jndianiſche Sud-
Meer erweiterte. Dieſer gluͤckliche Streich
und die Einrathung des Feldhauptmanns
Gveicing/ welcher den Feind in ſeiner Graͤn-
tze erwarten fuͤr ſchaͤdliche Kleinmuth/ ſein
Pferd aber an des Feindes Zaum binden/ fuͤr
ruhmbare Klugheit hielt/ bewegte den Hiaovus
zu der Entſchluͤſſung die Tattern zu uͤberzie-
hen/ welche nur in ihrem Neſte wie Cacus in
ſeiner Hoͤle von einem Hercules erleget werden
koͤnten. Weil nun das Weſt-Tatteriſche Reich
Tibet unter dem Amaſiſchen Gebuͤrge alle Tat-
tern ſchier mit herrlichen Pferden ausruͤſtete/ de-
rer Wiegern nicht einſt die ſchlechten Seriſchen
Pferde vertragen kunten/ fiel der Schluß/ ihnen
am erſten dieſe Ruͤſt-Kammer abzuſchneidẽ. Alſo
zohen wider ſie durch Xenſi vier ſolche Kriegs-
heere auf/ derer iedes/ wie des Xerxes/ Berge
abzutragen/ und Fluͤſſe auszutrincken maͤchtig
war. Die Weſt-Tattern muſten fuͤr dieſer
Menge ſich theils in die Damaſiſchen Gebuͤr-
ge/ theils uͤber den Saffran - Fluß begeben.
Wormit nun die Seren in der Tatteriſchen
Flaͤche feſten Fuß ſetzen/ und im Fall der Noth
irgendswohin eine ſichere Zuflucht finden moͤch-
ten/ baute er in der Tarterey Tanyu etliche
Schantzen/ und an den Saffran - Fluß ein
groſſes viereckichtes/ und mit vielen Vorra-
then verſorgetes Laͤger. Weil nun die Tat-
tern wohl ſahen/ daß ihnen hierdurch ein ge-
waltiger Kapzaum angeleget ward/ verſuchten
ſie durch oͤfftere Uberfaͤlle das Werck zu hin-
dern; und als dis nicht verfing/ mit ihrem
gantzen Heere zu treffen. Alleine Gveicing

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[603/0659] Arminius und Thußnelda. durch lange Ubung zu Kriegesleuten gemacht hatten/ dieſe auch an Vermoͤgen und Menge des Volcks/ als denen zwey Spann - Adern eines Reiches denen wegen ſteten Reitens zum Kinderzeugen nicht ſo geſchickten Tattern weit uͤberlegen waren; inſonderheit aber dieſe durch Zertheilung ihres Reiches ſich allzu ſehr geſchwaͤcht hatten. Jhr Unſtern aber ging ih- nen mit des Hiaokings Sohne dem Koͤnige Hiaovus auf/ wiewohl anfangs mit zweifel- haftem Lichte. Denn weder das Gluͤcke noch die Natur iſt gewohnt von einer aͤuſerſten Spitze auf die andere einen Sprung zu thun. Hiaovus hatte mit den Tattern bey Antre- tung ſeines Reichs mit Verſprechung eines jaͤhrlichen Soldes einen ewigen Frieden ge- macht. Als er es aber nundurch Geſetze und ſeine getreuen Landvoͤgte genungſam befeſtiget hatte/ rieth ihm Quei/ oder vielmehr ſeine Ehr- ſucht/ daß er nunmehr ein ſo ſchimpfliches Buͤndnuͤß zerreiſſen moͤchte. Gleichwohl traute er ſeinen Kraͤfften nicht zu/ durch offe- nen Krieg dieſem behertzten Feinde einige Fe- der auszuziehen; ſondern ſchickte den Ligvang und Puve mit zweyen Heeren ab/ unter dem Scheine/ die Wache an der langen Reichs- Mauer abzuloͤſen/ und er ſelbſt folgte mit drey hundert tauſend Mann biß nach Maye. Weil aber die Tattern durch einen Gefangenen hiervon Wind kriegten/ begegneten ſie ihnen mit unerſchrockenem Muthe. Hiaovus meynte die Tattern zwar durch Beſtraffung des Quei zu beſtillen; alleine ſie hielten fuͤr ſchimpfliche Kleinmuth der Seren Meyneid ungeraͤchet zu laſſen. Hiermit trieben ſie drey Seriſche Heere uͤber Hals und Kopf zu- ruͤcke. Wie aber Ligvang/ welchen ſie denn ſeiner Geſchwindigkeit halber den fluͤgenden Heerfuͤhrer nennten/ mit noch einer ſtaͤr- ckern Macht ankam/ riethen ihnen ihre Wahr- ſager ſich zuruͤcke zu ziehen; Ohne daß die Serer ſie auſſer der Mauer zu verfolgen das Hertz hatten. Hierauf ſchickte Hiaovus den Chenkiang/ das von dem Koͤnige Xius erober- te/ aber inzwiſchen wieder abgefallene Reich Junnan einzunehmen; welches er nicht allein mit groſſem Gluͤcke verrichtete/ ſondern auch noch darzu die zwey Reiche Tavon/ und Ta- kiam zwiſchen denen Fluͤſſen Caor/ Coſmin und Martaban eroberte/ und derogeſtalt die Seri- ſche Herrſchafft biß an das Jndianiſche Sud- Meer erweiterte. Dieſer gluͤckliche Streich und die Einrathung des Feldhauptmanns Gveicing/ welcher den Feind in ſeiner Graͤn- tze erwarten fuͤr ſchaͤdliche Kleinmuth/ ſein Pferd aber an des Feindes Zaum binden/ fuͤr ruhmbare Klugheit hielt/ bewegte den Hiaovus zu der Entſchluͤſſung die Tattern zu uͤberzie- hen/ welche nur in ihrem Neſte wie Cacus in ſeiner Hoͤle von einem Hercules erleget werden koͤnten. Weil nun das Weſt-Tatteriſche Reich Tibet unter dem Amaſiſchen Gebuͤrge alle Tat- tern ſchier mit herrlichen Pferden ausruͤſtete/ de- rer Wiegern nicht einſt die ſchlechten Seriſchen Pferde vertragen kunten/ fiel der Schluß/ ihnen am erſten dieſe Ruͤſt-Kammer abzuſchneidẽ. Alſo zohen wider ſie durch Xenſi vier ſolche Kriegs- heere auf/ derer iedes/ wie des Xerxes/ Berge abzutragen/ und Fluͤſſe auszutrincken maͤchtig war. Die Weſt-Tattern muſten fuͤr dieſer Menge ſich theils in die Damaſiſchen Gebuͤr- ge/ theils uͤber den Saffran - Fluß begeben. Wormit nun die Seren in der Tatteriſchen Flaͤche feſten Fuß ſetzen/ und im Fall der Noth irgendswohin eine ſichere Zuflucht finden moͤch- ten/ baute er in der Tarterey Tanyu etliche Schantzen/ und an den Saffran - Fluß ein groſſes viereckichtes/ und mit vielen Vorra- then verſorgetes Laͤger. Weil nun die Tat- tern wohl ſahen/ daß ihnen hierdurch ein ge- waltiger Kapzaum angeleget ward/ verſuchten ſie durch oͤfftere Uberfaͤlle das Werck zu hin- dern; und als dis nicht verfing/ mit ihrem gantzen Heere zu treffen. Alleine Gveicing ver- G g g g 2

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Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 603. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/659>, abgerufen am 29.06.2024.