Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.Fünfftes Buch [Spaltenumbruch]
neues/ gleich als sie mehr herrschen könte/ als ver-langte. Sie erklärte sich hierauf mit einer an- nehmlichen Erbietung: Das weibliche Ge- schlecht wäre die Centner-Last eines Reiches auf seine Schultern zu heben allzu unvermögend; ihre geringe Dienste aber allzu unwürdig/ daß sie ihr den Siegs-Preiß zueignen solte/ wel- chen die Tapferkeit des grossen Huhansien/ und die Waffen der streitbaren Scythen mit ihrem Blute erworben hätten. Sie bestärckte in die- ser Meynung das Beyspiel des in diesem Reiche so sehr berühmten Fürsten Sungous/ welcher dieses Ampt seinem grossen Verstande überlegen zu seyn gemeynet. Bey ihrer Unfähigkeit wü- ste sie doch dieses: daß es einem Unvermögenden rühmlicher wäre/ sich einer angetragenen Bür- de zu entäusern/ als einem Vermessenen die übernommene schimpflich einzubüssen. Bey solcher Beschaffenheit würde sie für eine Gnade annehmen/ da der König sie ihre Schwachheiten auf dem grossen Schauplatze der Welt zu ent- blössen nicht in Gefahr setzen/ seinen eigenen Siegs-Preiß aber nicht in die Schantze schlagen würde. Da aber der Befehl des Königs so un- erbittlich/ als der Schluß des Verhängnüsses unveränderlich wäre/ müste sie sich bescheiden/ daß wie den Göttern auch schlechte Opfer ange- nehm wären/ und sie ihre untüchtigen Werck- zeuge geschickt machten; also wolle Huhansien durch Erhöhung ihrer Niedrigkeit die Grösse seiner Gewalt zeigen/ ihren Gehorsam seinem eigenen Vortheil vorziehen/ und durch seine Be- schirmung eine Ohnmächtige zu Beherrschung eines so grossen Volckes fähig machen. Jedoch würde sie auf allen Fall unter dem Schatten der Königlichen Würde das Ampt einer wesent- lichen Stadthalterin des grossen Huhansiens be- kleiden. Die 4. Scythischen Fürsten überlie- ferten der neuen Königin hierauf die Königli- chen Kleinode/ welches war ein blau und gelber Bund mit einem Pusch Reiger-Federn und grossen Diamanten ausgeschmückt/ ein mit Rubinen über und über versetzte Sebel/ ein göl- [Spaltenumbruch] dener Köcher und Bogen mit Smaragden gantz bedeckt/ und das Königliche Siegel/ darein ein Drache gegraben/ welchem alle/ die zu der Kö- niglichen Verhör gelangen wollen/ ja auch der König selbst bey seiner Wahl tieffe Ehrerbietung bezeugen müssen. Das allerschätzbarste aber war eine küpferne vergüldete Kugel/ auf welcher einen Helfte die Landschafft Suchuen/ auf der andern aber die Gestirne/ welchen diß Land un- terworffen/ sehr künstlich gestochen waren. Die- se Kugel war zwar nicht von denselbigen 9. Ge- fässen/ welche König Jvus schon für 2200. Jahren als Merckmale seiner 9. Länder hatte bereiten lassen/ und wormit als einem heiligen Geheim- nüsse den Königen die Herrschafft des Reiches übergeben ward. Alleine es war ein Gemäch- te des Fürsten Xius/ der allererst für 200. Jahren von dem Fürsten Xo und Pei/ welche beyde mit ihrem Vater sich dem grossen Alexander unter- warffen/ Suchuen erobert/ und also des Yvus Reichs-Geschirre mit Vergrösserung des Rei- ches vermehret/ Huhansien aber solche unter dem Geräthe des Königs Juen erobert hatte. Alles Volck/ welches die Eroberung dieser Gefässe für eine Göttliche Zuwerffung des Reiches hielt/ verwandelte bey Erhebung der Fürstin Syrma- nis sein Stillschweigen in ein Frolocken/ und be- gleitete den König der Scythen und die neue Königin mit höchster Pracht und Glücks-Zu- ruffungen wieder nach Chunking. Also zeitlich verwandelte sich das Trauren/ welches doch einem so neuen Betrübnüsse/ als der schmertzhafte Tod ihres erschlagenen Königes war/ wohl anstehet/ in Freuden; ja/ weil so wohl die Serer als Persen ihre Reichs-Häupter nicht ohne Geschencke be- grüssen/ ward die Königin Syrmanis in wenig Tagen mit tausenderley Gaben gleichsam über- schüttet. Massen denn auch den sechsten Tag von der an der Gräntze des Reiches Huquang liegen- genden Stadt Jungning/ und von der für- nehmsten Haupt-Stadt Suchuens Chnigtu/ an dem Flusse Kin/ in welcher Gebiete ein Brunn wie das Meer ab- und zunimmt/ und
Fuͤnfftes Buch [Spaltenumbruch]
neues/ gleich als ſie mehr herrſchen koͤnte/ als ver-langte. Sie erklaͤrte ſich hierauf mit einer an- nehmlichen Erbietung: Das weibliche Ge- ſchlecht waͤre die Centner-Laſt eines Reiches auf ſeine Schultern zu heben allzu unvermoͤgend; ihre geringe Dienſte aber allzu unwuͤrdig/ daß ſie ihr den Siegs-Preiß zueignen ſolte/ wel- chen die Tapferkeit des groſſen Huhanſien/ und die Waffen der ſtreitbaren Scythen mit ihrem Blute erworben haͤtten. Sie beſtaͤrckte in die- ſer Meynung das Beyſpiel des in dieſem Reiche ſo ſehr beruͤhmten Fuͤrſten Sungous/ welcher dieſes Ampt ſeinem groſſen Verſtande uͤberlegen zu ſeyn gemeynet. Bey ihrer Unfaͤhigkeit wuͤ- ſte ſie doch dieſes: daß es einem Unvermoͤgenden ruͤhmlicher waͤre/ ſich einer angetragenen Buͤr- de zu entaͤuſern/ als einem Vermeſſenen die uͤbernommene ſchimpflich einzubuͤſſen. Bey ſolcher Beſchaffenheit wuͤrde ſie fuͤr eine Gnade annehmen/ da der Koͤnig ſie ihre Schwachheiten auf dem groſſen Schauplatze der Welt zu ent- bloͤſſen nicht in Gefahr ſetzen/ ſeinen eigenen Siegs-Preiß aber nicht in die Schantze ſchlagen wuͤrde. Da aber der Befehl des Koͤnigs ſo un- erbittlich/ als der Schluß des Verhaͤngnuͤſſes unveraͤnderlich waͤre/ muͤſte ſie ſich beſcheiden/ daß wie den Goͤttern auch ſchlechte Opfer ange- nehm waͤren/ und ſie ihre untuͤchtigen Werck- zeuge geſchickt machten; alſo wolle Huhanſien durch Erhoͤhung ihrer Niedrigkeit die Groͤſſe ſeiner Gewalt zeigen/ ihren Gehorſam ſeinem eigenen Vortheil vorziehen/ und durch ſeine Be- ſchirmung eine Ohnmaͤchtige zu Beherrſchung eines ſo groſſen Volckes faͤhig machen. Jedoch wuͤrde ſie auf allen Fall unter dem Schatten der Koͤniglichen Wuͤrde das Ampt einer weſent- lichen Stadthalterin des groſſen Huhanſiens be- kleiden. Die 4. Scythiſchen Fuͤrſten uͤberlie- ferten der neuen Koͤnigin hierauf die Koͤnigli- chen Kleinode/ welches war ein blau und gelber Bund mit einem Puſch Reiger-Federn und groſſen Diamanten ausgeſchmuͤckt/ ein mit Rubinen uͤber und uͤber verſetzte Sebel/ ein goͤl- [Spaltenumbruch] dener Koͤcher und Bogen mit Smaragden gantz bedeckt/ und das Koͤnigliche Siegel/ darein ein Drache gegraben/ welchem alle/ die zu der Koͤ- niglichen Verhoͤr gelangen wollen/ ja auch der Koͤnig ſelbſt bey ſeiner Wahl tieffe Ehrerbietung bezeugen muͤſſen. Das allerſchaͤtzbarſte aber war eine kuͤpferne verguͤldete Kugel/ auf welcher einen Helfte die Landſchafft Suchuen/ auf der andern aber die Geſtirne/ welchen diß Land un- terworffen/ ſehr kuͤnſtlich geſtochen waren. Die- ſe Kugel war zwar nicht von denſelbigen 9. Ge- faͤſſen/ welche Koͤnig Jvus ſchon fuͤr 2200. Jahrẽ als Merckmale ſeiner 9. Laͤnder hatte bereiten laſſen/ und wormit als einem heiligen Geheim- nuͤſſe den Koͤnigen die Herrſchafft des Reiches uͤbergeben ward. Alleine es war ein Gemaͤch- te des Fuͤrſten Xius/ der allererſt fuͤr 200. Jahren von dem Fuͤrſten Xo und Pei/ welche beyde mit ihrem Vater ſich dem groſſen Alexander unter- warffen/ Suchuen erobert/ und alſo des Yvus Reichs-Geſchirre mit Vergroͤſſerung des Rei- ches vermehret/ Huhanſien aber ſolche unter dem Geraͤthe des Koͤnigs Juen erobert hatte. Alles Volck/ welches die Eroberung dieſer Gefaͤſſe fuͤr eine Goͤttliche Zuwerffung des Reiches hielt/ verwandelte bey Erhebung der Fuͤrſtin Syrma- nis ſein Stillſchweigen in ein Frolocken/ und be- gleitete den Koͤnig der Scythen und die neue Koͤnigin mit hoͤchſter Pracht und Gluͤcks-Zu- ruffungen wieder nach Chunking. Alſo zeitlich verwandelte ſich das Traurẽ/ welches doch einem ſo neuen Betruͤbnuͤſſe/ als der ſchmertzhafte Tod ihres erſchlagenen Koͤniges war/ wohl anſtehet/ in Freuden; ja/ weil ſo wohl die Serer als Perſen ihre Reichs-Haͤupter nicht ohne Geſchencke be- gruͤſſen/ ward die Koͤnigin Syrmanis in wenig Tagen mit tauſenderley Gaben gleichſam uͤber- ſchuͤttet. Maſſen denn auch den ſechſten Tag von der an der Graͤntze des Reiches Huquang liegen- genden Stadt Jungning/ und von der fuͤr- nehmſten Haupt-Stadt Suchuens Chnigtu/ an dem Fluſſe Kin/ in welcher Gebiete ein Brunn wie das Meer ab- und zunimmt/ und
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Fuͤnfftes Buch
neues/ gleich als ſie mehr herrſchen koͤnte/ als ver-
langte. Sie erklaͤrte ſich hierauf mit einer an-
nehmlichen Erbietung: Das weibliche Ge-
ſchlecht waͤre die Centner-Laſt eines Reiches auf
ſeine Schultern zu heben allzu unvermoͤgend;
ihre geringe Dienſte aber allzu unwuͤrdig/
daß ſie ihr den Siegs-Preiß zueignen ſolte/ wel-
chen die Tapferkeit des groſſen Huhanſien/ und
die Waffen der ſtreitbaren Scythen mit ihrem
Blute erworben haͤtten. Sie beſtaͤrckte in die-
ſer Meynung das Beyſpiel des in dieſem Reiche
ſo ſehr beruͤhmten Fuͤrſten Sungous/ welcher
dieſes Ampt ſeinem groſſen Verſtande uͤberlegen
zu ſeyn gemeynet. Bey ihrer Unfaͤhigkeit wuͤ-
ſte ſie doch dieſes: daß es einem Unvermoͤgenden
ruͤhmlicher waͤre/ ſich einer angetragenen Buͤr-
de zu entaͤuſern/ als einem Vermeſſenen die
uͤbernommene ſchimpflich einzubuͤſſen. Bey
ſolcher Beſchaffenheit wuͤrde ſie fuͤr eine Gnade
annehmen/ da der Koͤnig ſie ihre Schwachheiten
auf dem groſſen Schauplatze der Welt zu ent-
bloͤſſen nicht in Gefahr ſetzen/ ſeinen eigenen
Siegs-Preiß aber nicht in die Schantze ſchlagen
wuͤrde. Da aber der Befehl des Koͤnigs ſo un-
erbittlich/ als der Schluß des Verhaͤngnuͤſſes
unveraͤnderlich waͤre/ muͤſte ſie ſich beſcheiden/
daß wie den Goͤttern auch ſchlechte Opfer ange-
nehm waͤren/ und ſie ihre untuͤchtigen Werck-
zeuge geſchickt machten; alſo wolle Huhanſien
durch Erhoͤhung ihrer Niedrigkeit die Groͤſſe
ſeiner Gewalt zeigen/ ihren Gehorſam ſeinem
eigenen Vortheil vorziehen/ und durch ſeine Be-
ſchirmung eine Ohnmaͤchtige zu Beherrſchung
eines ſo groſſen Volckes faͤhig machen. Jedoch
wuͤrde ſie auf allen Fall unter dem Schatten
der Koͤniglichen Wuͤrde das Ampt einer weſent-
lichen Stadthalterin des groſſen Huhanſiens be-
kleiden. Die 4. Scythiſchen Fuͤrſten uͤberlie-
ferten der neuen Koͤnigin hierauf die Koͤnigli-
chen Kleinode/ welches war ein blau und gelber
Bund mit einem Puſch Reiger-Federn und
groſſen Diamanten ausgeſchmuͤckt/ ein mit
Rubinen uͤber und uͤber verſetzte Sebel/ ein goͤl-
dener Koͤcher und Bogen mit Smaragden gantz
bedeckt/ und das Koͤnigliche Siegel/ darein ein
Drache gegraben/ welchem alle/ die zu der Koͤ-
niglichen Verhoͤr gelangen wollen/ ja auch der
Koͤnig ſelbſt bey ſeiner Wahl tieffe Ehrerbietung
bezeugen muͤſſen. Das allerſchaͤtzbarſte aber
war eine kuͤpferne verguͤldete Kugel/ auf welcher
einen Helfte die Landſchafft Suchuen/ auf der
andern aber die Geſtirne/ welchen diß Land un-
terworffen/ ſehr kuͤnſtlich geſtochen waren. Die-
ſe Kugel war zwar nicht von denſelbigen 9. Ge-
faͤſſen/ welche Koͤnig Jvus ſchon fuͤr 2200. Jahrẽ
als Merckmale ſeiner 9. Laͤnder hatte bereiten
laſſen/ und wormit als einem heiligen Geheim-
nuͤſſe den Koͤnigen die Herrſchafft des Reiches
uͤbergeben ward. Alleine es war ein Gemaͤch-
te des Fuͤrſten Xius/ der allererſt fuͤr 200. Jahren
von dem Fuͤrſten Xo und Pei/ welche beyde mit
ihrem Vater ſich dem groſſen Alexander unter-
warffen/ Suchuen erobert/ und alſo des Yvus
Reichs-Geſchirre mit Vergroͤſſerung des Rei-
ches vermehret/ Huhanſien aber ſolche unter dem
Geraͤthe des Koͤnigs Juen erobert hatte. Alles
Volck/ welches die Eroberung dieſer Gefaͤſſe
fuͤr eine Goͤttliche Zuwerffung des Reiches hielt/
verwandelte bey Erhebung der Fuͤrſtin Syrma-
nis ſein Stillſchweigen in ein Frolocken/ und be-
gleitete den Koͤnig der Scythen und die neue
Koͤnigin mit hoͤchſter Pracht und Gluͤcks-Zu-
ruffungen wieder nach Chunking. Alſo zeitlich
verwandelte ſich das Traurẽ/ welches doch einem
ſo neuen Betruͤbnuͤſſe/ als der ſchmertzhafte Tod
ihres erſchlagenen Koͤniges war/ wohl anſtehet/ in
Freuden; ja/ weil ſo wohl die Serer als Perſen
ihre Reichs-Haͤupter nicht ohne Geſchencke be-
gruͤſſen/ ward die Koͤnigin Syrmanis in wenig
Tagen mit tauſenderley Gaben gleichſam uͤber-
ſchuͤttet. Maſſen denn auch den ſechſten Tag von
der an der Graͤntze des Reiches Huquang liegen-
genden Stadt Jungning/ und von der fuͤr-
nehmſten Haupt-Stadt Suchuens Chnigtu/
an dem Fluſſe Kin/ in welcher Gebiete ein
Brunn wie das Meer ab- und zunimmt/
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Zitationshilfe: | Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 616. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/672>, abgerufen am 29.06.2024. |