Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.

Bild:
<< vorherige Seite

Arminius und Thußnelda.
[Spaltenumbruch] sonder Krieges-List hier ferner in Xensi nicht
durchzubrechen; Daher gab er seinem Heer öf-
fentlich zu verstehen/ daß er nicht mit Wasser
und Klippen Krieg zu führen verlangte/ sondern
linck- und west-werts gegen der herrlichen
Stadt Cungchang/ wo der berühmte König Fo-
hius gebohren und begraben ist/ seine Mutter
aber einen Ehren-Tempel aus eitel Porphyr
hat aufrichten lassen/ abzulencken und den
Feinden sodenn in Rücken zu gehen gedächte.
Unter diesem Vorwand schickte er zwantzig tau-
send Massageten biß an den Fluß Sihan vor-
an/ und durch etliche kleine Hauffen ließ er ge-
gen das feindliche Läger Kundschafft einholen;
ja derer etliche mit Fleiß in die Hände der Se-
rer verfallen. Weil nun nicht allein alle Ge-
fangenen einmüthig zusammen stimmten/ son-
dern auch der Scythen Entschlüssung der Ver-
nunfft sehr ehnlich schien; hoben die Serer mit
höchst unvernünfftiger Ubereilung mit Zurück-
lassung kaum zwantzig tausend Mann ihr Lä-
ger auf/ um den Scythischen zwischen dem Ge-
bürge Poching/ auf welchem das unfruchtbar-
machende Kraut Hoaco wächst/ und dem Berge
Loyo/ wo ein überaus grosser steinerner Löw aus
dem Rachen ein starckes Qvell ausspritzt/ für zu-
beugen. So bald dieser Auffbruch dem Köni-
ge Huhansien verkundschafftet ward/ eilte er mit
seinem gantzen Heere auff die fast unüberwindli-
che und von Bisam und Zinober überaus reiche
Stadt Hanchung zu/ wo Lieupang der Stiffter
itzigen Königlichen Geschlechtes Hanya zum
ersten wider das Hauß Tschina die Waffen er-
griffen/ schwemmte in Gesichte des hierüber er-
starrenden Feindes/ der über diesen Fluß nur
mit Schiffen zu überkommen möglich hielt/ mit
der Reuterey durch den Strom Han. Alles
was sich widersetzte/ fiel durch die Schärffe der
Scythischen Sebeln. Ehe nun das Fuß-
Volck auff denen eroberten Schiffen auch über-
gesetzt ward/ berennte er die Stadt/ um ihr alle
Hülffs-Völcker abzuschneiden/ rings herum.
[Spaltenumbruch] Weil aber Pingli/ der Enckel des grossen Hel-
den Changleang/ in selbter das Oberhaupt war/
setzte er ihm für ehe mit seinem Blute die glüen-
de Asche der Stadt auszuleschen/ als mit Zag-
heit die tapfferen Helden-Thaten seines Groß-
vaters zu besudeln/ und daselbst eine Schand-
Säule zu erlangen/ wo jener den herrlichsten
Ehren-Tempel verdienet hatte. Ob nun zwar
Huhansien anfangs durch sorgfältigste Verscho-
nung seiner hierum liegender Land-Güter und
Lusthäuser den Pingli bey den Serern zu ver-
dächtigen vermeinte; Hernach als dieser zu Ab-
lehnung solchen Fallstricks/ wie für Zeiten Pe-
ricles zu Athen/ seine Güter dem gemeinen
Wesen zueignete/ gegen ihm seine grosse Ver-
sprechungen mit schrecklichem Dräuen ver-
mischte/ da er sich seinen sieghafften Waffen län-
ger widersetzte; entbot er ihm doch hertzhafft zur
Antwort: Worte wären nur ein Schatten von
den Wercken. Diese wären Männer/ jene
wären Weiber; Er aber versichert/ daß seine
siegende Tapfferkeit ihn entweder zum Helden/
oder sein Tod zum Gotte machen würde. Huhan-
sien ward hierüber erbittert/ wiewol er endlich die
Tugend in seinem Feinde lieb gewinnen muste;
ob schon ihm etliche Stürme zu seinem grossen
Schaden abgeschlagen wurden. Die Scythen
wendeten alle Kräfften und Krieges-Wissen-
schafften an/ die Mauren zu zerschmettern/ die
Stadt mit fliegendem Feuer zu ängstigen/ die
Bollwercke zu untergraben; aber die Tapffer-
keit der Belägerten trat als die festeste Mauer
iederzeit in die Lücke/ biß endlich fast alle Weh-
ren zerschellet waren/ und König Huhansien/ in
Meinung/ daß an dieser Eroberung das gantze
Reich Xensi/ an seiner Abtreibung aber auch der
Verlust des eroberten Königreichs Suchuen
hienge/ oder weil das Feuer und das edle Laster/
nehmlich die Begierde seine Gewalt zu erwei-
tern/ durch die Nahrung nur gereitzet/ nicht er-
sättigt wird/ und den Fürsten insgemein nicht
diß/ was sie besitzen/ sondern was ihnen abge-

het/

Arminius und Thußnelda.
[Spaltenumbruch] ſonder Krieges-Liſt hier ferner in Xenſi nicht
durchzubrechen; Daher gab er ſeinem Heer oͤf-
fentlich zu verſtehen/ daß er nicht mit Waſſer
und Klippen Krieg zu fuͤhren verlangte/ ſondern
linck- und weſt-werts gegen der herrlichen
Stadt Cungchang/ wo der beruͤhmte Koͤnig Fo-
hius gebohren und begraben iſt/ ſeine Mutter
aber einen Ehren-Tempel aus eitel Porphyr
hat aufrichten laſſen/ abzulencken und den
Feinden ſodenn in Ruͤcken zu gehen gedaͤchte.
Unter dieſem Vorwand ſchickte er zwantzig tau-
ſend Maſſageten biß an den Fluß Sihan vor-
an/ und durch etliche kleine Hauffen ließ er ge-
gen das feindliche Laͤger Kundſchafft einholen;
ja derer etliche mit Fleiß in die Haͤnde der Se-
rer verfallen. Weil nun nicht allein alle Ge-
fangenen einmuͤthig zuſammen ſtimmten/ ſon-
dern auch der Scythen Entſchluͤſſung der Ver-
nunfft ſehr ehnlich ſchien; hoben die Serer mit
hoͤchſt unvernuͤnfftiger Ubereilung mit Zuruͤck-
laſſung kaum zwantzig tauſend Mann ihr Laͤ-
ger auf/ um den Scythiſchen zwiſchen dem Ge-
buͤrge Poching/ auf welchem das unfruchtbar-
machende Kraut Hoaco waͤchſt/ und dem Berge
Loyo/ wo ein uͤberaus groſſer ſteinerner Loͤw aus
dem Rachen ein ſtarckes Qvell ausſpritzt/ fuͤr zu-
beugen. So bald dieſer Auffbruch dem Koͤni-
ge Huhanſien verkundſchafftet ward/ eilte er mit
ſeinem gantzen Heere auff die faſt unuͤberwindli-
che und von Biſam und Zinober uͤberaus reiche
Stadt Hanchung zu/ wo Lieupang der Stiffter
itzigen Koͤniglichen Geſchlechtes Hanya zum
erſten wider das Hauß Tſchina die Waffen er-
griffen/ ſchwemmte in Geſichte des hieruͤber er-
ſtarrenden Feindes/ der uͤber dieſen Fluß nur
mit Schiffen zu uͤberkommen moͤglich hielt/ mit
der Reuterey durch den Strom Han. Alles
was ſich widerſetzte/ fiel durch die Schaͤrffe der
Scythiſchen Sebeln. Ehe nun das Fuß-
Volck auff denen eroberten Schiffen auch uͤber-
geſetzt ward/ berennte er die Stadt/ um ihr alle
Huͤlffs-Voͤlcker abzuſchneiden/ rings herum.
[Spaltenumbruch] Weil aber Pingli/ der Enckel des groſſen Hel-
den Changleang/ in ſelbter das Oberhaupt war/
ſetzte er ihm fuͤr ehe mit ſeinem Blute die gluͤen-
de Aſche der Stadt auszuleſchen/ als mit Zag-
heit die tapfferen Helden-Thaten ſeines Groß-
vaters zu beſudeln/ und daſelbſt eine Schand-
Saͤule zu erlangen/ wo jener den herrlichſten
Ehren-Tempel verdienet hatte. Ob nun zwar
Huhanſien anfangs durch ſorgfaͤltigſte Verſcho-
nung ſeiner hierum liegender Land-Guͤter und
Luſthaͤuſer den Pingli bey den Serern zu ver-
daͤchtigen vermeinte; Hernach als dieſer zu Ab-
lehnung ſolchen Fallſtricks/ wie fuͤr Zeiten Pe-
ricles zu Athen/ ſeine Guͤter dem gemeinen
Weſen zueignete/ gegen ihm ſeine groſſe Ver-
ſprechungen mit ſchrecklichem Draͤuen ver-
miſchte/ da er ſich ſeinen ſieghafften Waffen laͤn-
ger widerſetzte; entbot er ihm doch hertzhafft zur
Antwort: Worte waͤren nur ein Schatten von
den Wercken. Dieſe waͤren Maͤnner/ jene
waͤren Weiber; Er aber verſichert/ daß ſeine
ſiegende Tapfferkeit ihn entweder zum Helden/
odeꝛ ſein Tod zum Gotte machen wuͤꝛde. Huhan-
ſien ward hieruͤbeꝛ erbitteꝛt/ wiewol er endlich die
Tugend in ſeinem Feinde lieb gewinnen muſte;
ob ſchon ihm etliche Stuͤrme zu ſeinem groſſen
Schaden abgeſchlagen wurden. Die Scythen
wendeten alle Kraͤfften und Krieges-Wiſſen-
ſchafften an/ die Mauren zu zerſchmettern/ die
Stadt mit fliegendem Feuer zu aͤngſtigen/ die
Bollwercke zu untergraben; aber die Tapffer-
keit der Belaͤgerten trat als die feſteſte Mauer
iederzeit in die Luͤcke/ biß endlich faſt alle Weh-
ren zerſchellet waren/ und Koͤnig Huhanſien/ in
Meinung/ daß an dieſer Eroberung das gantze
Reich Xenſi/ an ſeiner Abtreibung aber auch der
Verluſt des eroberten Koͤnigreichs Suchuen
hienge/ oder weil das Feuer und das edle Laſter/
nehmlich die Begierde ſeine Gewalt zu erwei-
tern/ durch die Nahrung nur gereitzet/ nicht er-
ſaͤttigt wird/ und den Fuͤrſten insgemein nicht
diß/ was ſie beſitzen/ ſondern was ihnen abge-

het/
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0679" n="623"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Arminius und Thußnelda.</hi></fw><lb/><cb/>
&#x017F;onder Krieges-Li&#x017F;t hier ferner in Xen&#x017F;i nicht<lb/>
durchzubrechen; Daher gab er &#x017F;einem Heer o&#x0364;f-<lb/>
fentlich zu ver&#x017F;tehen/ daß er nicht mit Wa&#x017F;&#x017F;er<lb/>
und Klippen Krieg zu fu&#x0364;hren verlangte/ &#x017F;ondern<lb/>
linck- und we&#x017F;t-werts gegen der herrlichen<lb/>
Stadt Cungchang/ wo der beru&#x0364;hmte Ko&#x0364;nig Fo-<lb/>
hius gebohren und begraben i&#x017F;t/ &#x017F;eine Mutter<lb/>
aber einen Ehren-Tempel aus eitel Porphyr<lb/>
hat aufrichten la&#x017F;&#x017F;en/ abzulencken und den<lb/>
Feinden &#x017F;odenn in Ru&#x0364;cken zu gehen geda&#x0364;chte.<lb/>
Unter die&#x017F;em Vorwand &#x017F;chickte er zwantzig tau-<lb/>
&#x017F;end Ma&#x017F;&#x017F;ageten biß an den Fluß Sihan vor-<lb/>
an/ und durch etliche kleine Hauffen ließ er ge-<lb/>
gen das feindliche La&#x0364;ger Kund&#x017F;chafft einholen;<lb/>
ja derer etliche mit Fleiß in die Ha&#x0364;nde der Se-<lb/>
rer verfallen. Weil nun nicht allein alle Ge-<lb/>
fangenen einmu&#x0364;thig zu&#x017F;ammen &#x017F;timmten/ &#x017F;on-<lb/>
dern auch der Scythen Ent&#x017F;chlu&#x0364;&#x017F;&#x017F;ung der Ver-<lb/>
nunfft &#x017F;ehr ehnlich &#x017F;chien; hoben die Serer mit<lb/>
ho&#x0364;ch&#x017F;t unvernu&#x0364;nfftiger Ubereilung mit Zuru&#x0364;ck-<lb/>
la&#x017F;&#x017F;ung kaum zwantzig tau&#x017F;end Mann ihr La&#x0364;-<lb/>
ger auf/ um den Scythi&#x017F;chen zwi&#x017F;chen dem Ge-<lb/>
bu&#x0364;rge Poching/ auf welchem das unfruchtbar-<lb/>
machende Kraut Hoaco wa&#x0364;ch&#x017F;t/ und dem Berge<lb/>
Loyo/ wo ein u&#x0364;beraus gro&#x017F;&#x017F;er &#x017F;teinerner Lo&#x0364;w aus<lb/>
dem Rachen ein &#x017F;tarckes Qvell aus&#x017F;pritzt/ fu&#x0364;r zu-<lb/>
beugen. So bald die&#x017F;er Auffbruch dem Ko&#x0364;ni-<lb/>
ge Huhan&#x017F;ien verkund&#x017F;chafftet ward/ eilte er mit<lb/>
&#x017F;einem gantzen Heere auff die fa&#x017F;t unu&#x0364;berwindli-<lb/>
che und von Bi&#x017F;am und Zinober u&#x0364;beraus reiche<lb/>
Stadt Hanchung zu/ wo Lieupang der Stiffter<lb/>
itzigen Ko&#x0364;niglichen Ge&#x017F;chlechtes Hanya zum<lb/>
er&#x017F;ten wider das Hauß T&#x017F;china die Waffen er-<lb/>
griffen/ &#x017F;chwemmte in Ge&#x017F;ichte des hieru&#x0364;ber er-<lb/>
&#x017F;tarrenden Feindes/ der u&#x0364;ber die&#x017F;en Fluß nur<lb/>
mit Schiffen zu u&#x0364;berkommen mo&#x0364;glich hielt/ mit<lb/>
der Reuterey durch den Strom Han. Alles<lb/>
was &#x017F;ich wider&#x017F;etzte/ fiel durch die Scha&#x0364;rffe der<lb/>
Scythi&#x017F;chen Sebeln. Ehe nun das Fuß-<lb/>
Volck auff denen eroberten Schiffen auch u&#x0364;ber-<lb/>
ge&#x017F;etzt ward/ berennte er die Stadt/ um ihr alle<lb/>
Hu&#x0364;lffs-Vo&#x0364;lcker abzu&#x017F;chneiden/ rings herum.<lb/><cb/>
Weil aber Pingli/ der Enckel des gro&#x017F;&#x017F;en Hel-<lb/>
den Changleang/ in &#x017F;elbter das Oberhaupt war/<lb/>
&#x017F;etzte er ihm fu&#x0364;r ehe mit &#x017F;einem Blute die glu&#x0364;en-<lb/>
de A&#x017F;che der Stadt auszule&#x017F;chen/ als mit Zag-<lb/>
heit die tapfferen Helden-Thaten &#x017F;eines Groß-<lb/>
vaters zu be&#x017F;udeln/ und da&#x017F;elb&#x017F;t eine Schand-<lb/>
Sa&#x0364;ule zu erlangen/ wo jener den herrlich&#x017F;ten<lb/>
Ehren-Tempel verdienet hatte. Ob nun zwar<lb/>
Huhan&#x017F;ien anfangs durch &#x017F;orgfa&#x0364;ltig&#x017F;te Ver&#x017F;cho-<lb/>
nung &#x017F;einer hierum liegender Land-Gu&#x0364;ter und<lb/>
Lu&#x017F;tha&#x0364;u&#x017F;er den Pingli bey den Serern zu ver-<lb/>
da&#x0364;chtigen vermeinte; Hernach als die&#x017F;er zu Ab-<lb/>
lehnung &#x017F;olchen Fall&#x017F;tricks/ wie fu&#x0364;r Zeiten Pe-<lb/>
ricles zu Athen/ &#x017F;eine Gu&#x0364;ter dem gemeinen<lb/>
We&#x017F;en zueignete/ gegen ihm &#x017F;eine gro&#x017F;&#x017F;e Ver-<lb/>
&#x017F;prechungen mit &#x017F;chrecklichem Dra&#x0364;uen ver-<lb/>
mi&#x017F;chte/ da er &#x017F;ich &#x017F;einen &#x017F;ieghafften Waffen la&#x0364;n-<lb/>
ger wider&#x017F;etzte; entbot er ihm doch hertzhafft zur<lb/>
Antwort: Worte wa&#x0364;ren nur ein Schatten von<lb/>
den Wercken. Die&#x017F;e wa&#x0364;ren Ma&#x0364;nner/ jene<lb/>
wa&#x0364;ren Weiber; Er aber ver&#x017F;ichert/ daß &#x017F;eine<lb/>
&#x017F;iegende Tapfferkeit ihn entweder zum Helden/<lb/>
ode&#xA75B; &#x017F;ein Tod zum Gotte machen wu&#x0364;&#xA75B;de. Huhan-<lb/>
&#x017F;ien ward hieru&#x0364;be&#xA75B; erbitte&#xA75B;t/ wiewol er endlich die<lb/>
Tugend in &#x017F;einem Feinde lieb gewinnen mu&#x017F;te;<lb/>
ob &#x017F;chon ihm etliche Stu&#x0364;rme zu &#x017F;einem gro&#x017F;&#x017F;en<lb/>
Schaden abge&#x017F;chlagen wurden. Die Scythen<lb/>
wendeten alle Kra&#x0364;fften und Krieges-Wi&#x017F;&#x017F;en-<lb/>
&#x017F;chafften an/ die Mauren zu zer&#x017F;chmettern/ die<lb/>
Stadt mit fliegendem Feuer zu a&#x0364;ng&#x017F;tigen/ die<lb/>
Bollwercke zu untergraben; aber die Tapffer-<lb/>
keit der Bela&#x0364;gerten trat als die fe&#x017F;te&#x017F;te Mauer<lb/>
iederzeit in die Lu&#x0364;cke/ biß endlich fa&#x017F;t alle Weh-<lb/>
ren zer&#x017F;chellet waren/ und Ko&#x0364;nig Huhan&#x017F;ien/ in<lb/>
Meinung/ daß an die&#x017F;er Eroberung das gantze<lb/>
Reich Xen&#x017F;i/ an &#x017F;einer Abtreibung aber auch der<lb/>
Verlu&#x017F;t des eroberten Ko&#x0364;nigreichs Suchuen<lb/>
hienge/ oder weil das Feuer und das edle La&#x017F;ter/<lb/>
nehmlich die Begierde &#x017F;eine Gewalt zu erwei-<lb/>
tern/ durch die Nahrung nur gereitzet/ nicht er-<lb/>
&#x017F;a&#x0364;ttigt wird/ und den Fu&#x0364;r&#x017F;ten insgemein nicht<lb/>
diß/ was &#x017F;ie be&#x017F;itzen/ &#x017F;ondern was ihnen abge-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">het/</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[623/0679] Arminius und Thußnelda. ſonder Krieges-Liſt hier ferner in Xenſi nicht durchzubrechen; Daher gab er ſeinem Heer oͤf- fentlich zu verſtehen/ daß er nicht mit Waſſer und Klippen Krieg zu fuͤhren verlangte/ ſondern linck- und weſt-werts gegen der herrlichen Stadt Cungchang/ wo der beruͤhmte Koͤnig Fo- hius gebohren und begraben iſt/ ſeine Mutter aber einen Ehren-Tempel aus eitel Porphyr hat aufrichten laſſen/ abzulencken und den Feinden ſodenn in Ruͤcken zu gehen gedaͤchte. Unter dieſem Vorwand ſchickte er zwantzig tau- ſend Maſſageten biß an den Fluß Sihan vor- an/ und durch etliche kleine Hauffen ließ er ge- gen das feindliche Laͤger Kundſchafft einholen; ja derer etliche mit Fleiß in die Haͤnde der Se- rer verfallen. Weil nun nicht allein alle Ge- fangenen einmuͤthig zuſammen ſtimmten/ ſon- dern auch der Scythen Entſchluͤſſung der Ver- nunfft ſehr ehnlich ſchien; hoben die Serer mit hoͤchſt unvernuͤnfftiger Ubereilung mit Zuruͤck- laſſung kaum zwantzig tauſend Mann ihr Laͤ- ger auf/ um den Scythiſchen zwiſchen dem Ge- buͤrge Poching/ auf welchem das unfruchtbar- machende Kraut Hoaco waͤchſt/ und dem Berge Loyo/ wo ein uͤberaus groſſer ſteinerner Loͤw aus dem Rachen ein ſtarckes Qvell ausſpritzt/ fuͤr zu- beugen. So bald dieſer Auffbruch dem Koͤni- ge Huhanſien verkundſchafftet ward/ eilte er mit ſeinem gantzen Heere auff die faſt unuͤberwindli- che und von Biſam und Zinober uͤberaus reiche Stadt Hanchung zu/ wo Lieupang der Stiffter itzigen Koͤniglichen Geſchlechtes Hanya zum erſten wider das Hauß Tſchina die Waffen er- griffen/ ſchwemmte in Geſichte des hieruͤber er- ſtarrenden Feindes/ der uͤber dieſen Fluß nur mit Schiffen zu uͤberkommen moͤglich hielt/ mit der Reuterey durch den Strom Han. Alles was ſich widerſetzte/ fiel durch die Schaͤrffe der Scythiſchen Sebeln. Ehe nun das Fuß- Volck auff denen eroberten Schiffen auch uͤber- geſetzt ward/ berennte er die Stadt/ um ihr alle Huͤlffs-Voͤlcker abzuſchneiden/ rings herum. Weil aber Pingli/ der Enckel des groſſen Hel- den Changleang/ in ſelbter das Oberhaupt war/ ſetzte er ihm fuͤr ehe mit ſeinem Blute die gluͤen- de Aſche der Stadt auszuleſchen/ als mit Zag- heit die tapfferen Helden-Thaten ſeines Groß- vaters zu beſudeln/ und daſelbſt eine Schand- Saͤule zu erlangen/ wo jener den herrlichſten Ehren-Tempel verdienet hatte. Ob nun zwar Huhanſien anfangs durch ſorgfaͤltigſte Verſcho- nung ſeiner hierum liegender Land-Guͤter und Luſthaͤuſer den Pingli bey den Serern zu ver- daͤchtigen vermeinte; Hernach als dieſer zu Ab- lehnung ſolchen Fallſtricks/ wie fuͤr Zeiten Pe- ricles zu Athen/ ſeine Guͤter dem gemeinen Weſen zueignete/ gegen ihm ſeine groſſe Ver- ſprechungen mit ſchrecklichem Draͤuen ver- miſchte/ da er ſich ſeinen ſieghafften Waffen laͤn- ger widerſetzte; entbot er ihm doch hertzhafft zur Antwort: Worte waͤren nur ein Schatten von den Wercken. Dieſe waͤren Maͤnner/ jene waͤren Weiber; Er aber verſichert/ daß ſeine ſiegende Tapfferkeit ihn entweder zum Helden/ odeꝛ ſein Tod zum Gotte machen wuͤꝛde. Huhan- ſien ward hieruͤbeꝛ erbitteꝛt/ wiewol er endlich die Tugend in ſeinem Feinde lieb gewinnen muſte; ob ſchon ihm etliche Stuͤrme zu ſeinem groſſen Schaden abgeſchlagen wurden. Die Scythen wendeten alle Kraͤfften und Krieges-Wiſſen- ſchafften an/ die Mauren zu zerſchmettern/ die Stadt mit fliegendem Feuer zu aͤngſtigen/ die Bollwercke zu untergraben; aber die Tapffer- keit der Belaͤgerten trat als die feſteſte Mauer iederzeit in die Luͤcke/ biß endlich faſt alle Weh- ren zerſchellet waren/ und Koͤnig Huhanſien/ in Meinung/ daß an dieſer Eroberung das gantze Reich Xenſi/ an ſeiner Abtreibung aber auch der Verluſt des eroberten Koͤnigreichs Suchuen hienge/ oder weil das Feuer und das edle Laſter/ nehmlich die Begierde ſeine Gewalt zu erwei- tern/ durch die Nahrung nur gereitzet/ nicht er- ſaͤttigt wird/ und den Fuͤrſten insgemein nicht diß/ was ſie beſitzen/ ſondern was ihnen abge- het/

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/679
Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 623. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/679>, abgerufen am 28.09.2024.