Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.

Bild:
<< vorherige Seite

Arminius und Thußnelda.
[Spaltenumbruch] te/ und also gleichsam selbtes Gestirne ein Trau-
er-Kleid anzoh. Beyde Heere wichen also mit
einem verstockten Stillschweigen zurücke. Auf
den Morgen aber wurden wir gewahr/ daß Zi-
nem sich gar über den Fluß Han zurücke gezogen
hatte. Die leere Wallstatt stellte uns allererst
recht das grausame Schauspiel der Schlacht mit
mehr als 100000. Leichen für; etliche tausend
geköpfte Strümpfe wusten ihre Häupter/ ande-
re ihre abgehackte Armen/ Hände und Beine
nicht zu erkiesen: Viel hatten ihren Geist mit
den Eingeweiden ausgeschüttet/ andere ihre
Seele unter den todten Pferden ausgeblasen.
Nicht wenig waren von der raschen Reiterey
zertreten/ oder unter der Last der auf sie fallenden
Leichen ersticket. Etliche hielten noch mit den
Zähnen die sie entseelende Feinde/ weil ihnen
keine geschicktere Waffen übrig blieben waren.
Zum Theil waren sie lebendig von dem häuffigen
Staube begraben; viel bissen für Verbitterung
in das Graß/ weil die Ohnmacht sie verhinderte
ihren Feind zu erreichen; und eine Menge der
Verwundeten seufzete/ rechelnde nach der Zer-
trennung des Leibes und der Seele/ weil sie bereit
mit allzu langen Schmertzen auf dem Scheide-
wege des Lebens und Sterbens geschwebet hat-
ten/ und wegen jenes Bitterkeit dieses für ihre
Wolfarth erkieseten. Ja der Tod hatte allhier
fast so vielerley Gesichter angenommen/ als die
Zahl der Todten oder noch Sterbenden aus-
machte; also/ daß König Huhansien und Syr-
manis sich selbst nicht von bittern Thränen mäs-
sigen konten; hierüber er auch seufzende anfieng:
Jhr entseelten Leichen/ warumb verursacht ihr
mich euch zu beweinen? lasset vielmehr eure Gei-
ster über mich Thränen auspressen/ der ich euch
selber der Wegweiser zum Tode gewesen bin!
Also waren diese erlegten Krieges-Leute zum
minsten glückseliger/ als die Weichlinge des Xer-
xes/ indem diese noch bey Leben mit weibischen/
jene aber nach dem Tode mit edlen Thränen be-
ehret wurden/ und zwey Königliche Häupter zu
[Spaltenumbruch] ihren Klage-Weibern hatten. Unter den Tod-
ten/ welche der König ohn Unterscheid beerdigen/
theils aber denen in weissen Trauer-Kleidern
vom Fürsten Zisem abgeschickten Serern/ wel-
che die Jhrigen im Vaterlande kostbar zu begra-
ben pflegen/ zum Leichen-Gepränge ausfolgen
ließ/ ward endlich auch Barcas der vermißte
Unter-König der Sacken gefunden/ aber wegen
vieler Wunden kaum erkennet. Dieser war
in seiner Kindheit eines seiner Bluts-Verwand-
ten umb künftig seinen Kindern sein reiches Erb-
theil zuzuschantzen ausgeschnidten worden/ aber
hierdurch hatte er das minste von seiner ange-
bohrnen Tapferkeit eingebüßt/ und durch seine
überaus treue Dienste sich zu einen Schoß-Kinde
des Königs gemacht. Der König konte sich nicht
enthalten diese blutige Leiche zu umbarmen.
Nachdem sie auch abgewaschen war/ ließ er sie
auf einem mit Purpur bedeckten Prang-Wa-
gen in die Stadt Hanchung führen/ in welcher
die eingefälleten Mauern ergäntzet/ die fast un-
zehlbaren Verwundeten aufs sorgfältigste ge-
pflegt wurden. Jnzwischen lief Nachricht ein/
daß die Serer sich gar zurücke biß an das Ge-
bürge Poching gezogen hatten; dahero reisete
Huhansien/ Syrmanis und ich/ mit einem aus-
gelesenen Kriegs-Volcke den Strom Han hin-
auf/ den vom Feinde verlassenen vorthelhaften
Ort zu besetzen/ und hierauf den Wunder-Berg
Yoniu/ oder die köstliche Frau genennet/ zu be-
sichtigen/ weil die Natur auf selbtem aus Mar-
mel ein so schönes Weibsbild als immermehr
Praxiteles gebildet. Wir erstarreten für die-
sem Bildnüsse/ und Huhansien wolte sich durch
viel Betheurungen nicht bereden lassen/ daß
nicht ein Künstler die Hand mit im Spiele ge-
habt/ wenn ich ihn nicht versichert/ daß ich selb-
sten viel Steine/ und insonderheit Agaten gese-
hen hätte/ in welchen Städte/ Schlösser/ Bäu-
me/ Vögel/ Fische/ vierfüssichte Thiere/ Schlan-
gen/ ja Menschen aufs deutlichste wären ausge-
pregt gewest/ und daß in dem Lande Fokien/ bey

der
Erster Theil. K k k k

Arminius und Thußnelda.
[Spaltenumbruch] te/ und alſo gleichſam ſelbtes Geſtirne ein Trau-
er-Kleid anzoh. Beyde Heere wichen alſo mit
einem verſtockten Stillſchweigen zuruͤcke. Auf
den Morgen aber wurden wir gewahr/ daß Zi-
nem ſich gar uͤber den Fluß Han zuruͤcke gezogen
hatte. Die leere Wallſtatt ſtellte uns allererſt
recht das grauſame Schauſpiel der Schlacht mit
mehr als 100000. Leichen fuͤr; etliche tauſend
gekoͤpfte Struͤmpfe wuſten ihre Haͤupter/ ande-
re ihre abgehackte Armen/ Haͤnde und Beine
nicht zu erkieſen: Viel hatten ihren Geiſt mit
den Eingeweiden ausgeſchuͤttet/ andere ihre
Seele unter den todten Pferden ausgeblaſen.
Nicht wenig waren von der raſchen Reiterey
zertreten/ oder unter der Laſt der auf ſie fallenden
Leichen erſticket. Etliche hielten noch mit den
Zaͤhnen die ſie entſeelende Feinde/ weil ihnen
keine geſchicktere Waffen uͤbrig blieben waren.
Zum Theil waren ſie lebendig von dem haͤuffigẽ
Staube begraben; viel biſſen fuͤr Verbitterung
in das Graß/ weil die Ohnmacht ſie verhinderte
ihren Feind zu erreichen; und eine Menge der
Verwundeten ſeufzete/ rechelnde nach der Zer-
trennung des Leibes und der Seele/ weil ſie bereit
mit allzu langen Schmertzen auf dem Scheide-
wege des Lebens und Sterbens geſchwebet hat-
ten/ und wegen jenes Bitterkeit dieſes fuͤr ihre
Wolfarth erkieſeten. Ja der Tod hatte allhier
faſt ſo vielerley Geſichter angenommen/ als die
Zahl der Todten oder noch Sterbenden aus-
machte; alſo/ daß Koͤnig Huhanſien und Syr-
manis ſich ſelbſt nicht von bittern Thraͤnen maͤſ-
ſigen konten; hieruͤber er auch ſeufzende anfieng:
Jhr entſeelten Leichen/ warumb verurſacht ihr
mich euch zu beweinen? laſſet vielmehr eure Gei-
ſter uͤber mich Thraͤnen auspreſſen/ der ich euch
ſelber der Wegweiſer zum Tode geweſen bin!
Alſo waren dieſe erlegten Krieges-Leute zum
minſten gluͤckſeliger/ als die Weichlinge des Xer-
xes/ indem dieſe noch bey Leben mit weibiſchen/
jene aber nach dem Tode mit edlen Thraͤnen be-
ehret wurden/ und zwey Koͤnigliche Haͤupter zu
[Spaltenumbruch] ihren Klage-Weibern hatten. Unter den Tod-
ten/ welche der Koͤnig ohn Unterſcheid beerdigen/
theils aber denen in weiſſen Trauer-Kleidern
vom Fuͤrſten Ziſem abgeſchickten Serern/ wel-
che die Jhrigen im Vaterlande koſtbar zu begra-
ben pflegen/ zum Leichen-Gepraͤnge ausfolgen
ließ/ ward endlich auch Barcas der vermißte
Unter-Koͤnig der Sacken gefunden/ aber wegen
vieler Wunden kaum erkennet. Dieſer war
in ſeiner Kindheit eines ſeiner Bluts-Verwand-
ten umb kuͤnftig ſeinen Kindern ſein reiches Erb-
theil zuzuſchantzen ausgeſchnidten worden/ aber
hierdurch hatte er das minſte von ſeiner ange-
bohrnen Tapferkeit eingebuͤßt/ und durch ſeine
uͤberaus treue Dienſte ſich zu einẽ Schoß-Kinde
des Koͤnigs gemacht. Der Koͤnig konte ſich nicht
enthalten dieſe blutige Leiche zu umbarmen.
Nachdem ſie auch abgewaſchen war/ ließ er ſie
auf einem mit Purpur bedeckten Prang-Wa-
gen in die Stadt Hanchung fuͤhren/ in welcher
die eingefaͤlleten Mauern ergaͤntzet/ die faſt un-
zehlbaren Verwundeten aufs ſorgfaͤltigſte ge-
pflegt wurden. Jnzwiſchen lief Nachricht ein/
daß die Serer ſich gar zuruͤcke biß an das Ge-
buͤrge Poching gezogen hatten; dahero reiſete
Huhanſien/ Syrmanis und ich/ mit einem aus-
geleſenen Kriegs-Volcke den Strom Han hin-
auf/ den vom Feinde verlaſſenen vorthelhaften
Ort zu beſetzen/ und hierauf den Wunder-Berg
Yoniu/ oder die koͤſtliche Frau genennet/ zu be-
ſichtigen/ weil die Natur auf ſelbtem aus Mar-
mel ein ſo ſchoͤnes Weibsbild als immermehr
Praxiteles gebildet. Wir erſtarreten fuͤr die-
ſem Bildnuͤſſe/ und Huhanſien wolte ſich durch
viel Betheurungen nicht bereden laſſen/ daß
nicht ein Kuͤnſtler die Hand mit im Spiele ge-
habt/ wenn ich ihn nicht verſichert/ daß ich ſelb-
ſten viel Steine/ und inſonderheit Agaten geſe-
hen haͤtte/ in welchen Staͤdte/ Schloͤſſer/ Baͤu-
me/ Voͤgel/ Fiſche/ vierfuͤſſichte Thiere/ Schlan-
gen/ ja Menſchen aufs deutlichſte waͤren ausge-
pregt geweſt/ und daß in dem Lande Fokien/ bey

der
Erſter Theil. K k k k
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0681" n="625"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Arminius und Thußnelda.</hi></fw><lb/><cb/>
te/ und al&#x017F;o gleich&#x017F;am &#x017F;elbtes Ge&#x017F;tirne ein Trau-<lb/>
er-Kleid anzoh. Beyde Heere wichen al&#x017F;o mit<lb/>
einem ver&#x017F;tockten Still&#x017F;chweigen zuru&#x0364;cke. Auf<lb/>
den Morgen aber wurden wir gewahr/ daß Zi-<lb/>
nem &#x017F;ich gar u&#x0364;ber den Fluß Han zuru&#x0364;cke gezogen<lb/>
hatte. Die leere Wall&#x017F;tatt &#x017F;tellte uns allerer&#x017F;t<lb/>
recht das grau&#x017F;ame Schau&#x017F;piel der Schlacht mit<lb/>
mehr als 100000. Leichen fu&#x0364;r; etliche tau&#x017F;end<lb/>
geko&#x0364;pfte Stru&#x0364;mpfe wu&#x017F;ten ihre Ha&#x0364;upter/ ande-<lb/>
re ihre abgehackte Armen/ Ha&#x0364;nde und Beine<lb/>
nicht zu erkie&#x017F;en: Viel hatten ihren Gei&#x017F;t mit<lb/>
den Eingeweiden ausge&#x017F;chu&#x0364;ttet/ andere ihre<lb/>
Seele unter den todten Pferden ausgebla&#x017F;en.<lb/>
Nicht wenig waren von der ra&#x017F;chen Reiterey<lb/>
zertreten/ oder unter der La&#x017F;t der auf &#x017F;ie fallenden<lb/>
Leichen er&#x017F;ticket. Etliche hielten noch mit den<lb/>
Za&#x0364;hnen die &#x017F;ie ent&#x017F;eelende Feinde/ weil ihnen<lb/>
keine ge&#x017F;chicktere Waffen u&#x0364;brig blieben waren.<lb/>
Zum Theil waren &#x017F;ie lebendig von dem ha&#x0364;uffige&#x0303;<lb/>
Staube begraben; viel bi&#x017F;&#x017F;en fu&#x0364;r Verbitterung<lb/>
in das Graß/ weil die Ohnmacht &#x017F;ie verhinderte<lb/>
ihren Feind zu erreichen; und eine Menge der<lb/>
Verwundeten &#x017F;eufzete/ rechelnde nach der Zer-<lb/>
trennung des Leibes und der Seele/ weil &#x017F;ie bereit<lb/>
mit allzu langen Schmertzen auf dem Scheide-<lb/>
wege des Lebens und Sterbens ge&#x017F;chwebet hat-<lb/>
ten/ und wegen jenes Bitterkeit die&#x017F;es fu&#x0364;r ihre<lb/>
Wolfarth erkie&#x017F;eten. Ja der Tod hatte allhier<lb/>
fa&#x017F;t &#x017F;o vielerley Ge&#x017F;ichter angenommen/ als die<lb/>
Zahl der Todten oder noch Sterbenden aus-<lb/>
machte; al&#x017F;o/ daß Ko&#x0364;nig Huhan&#x017F;ien und Syr-<lb/>
manis &#x017F;ich &#x017F;elb&#x017F;t nicht von bittern Thra&#x0364;nen ma&#x0364;&#x017F;-<lb/>
&#x017F;igen konten; hieru&#x0364;ber er auch &#x017F;eufzende anfieng:<lb/>
Jhr ent&#x017F;eelten Leichen/ warumb verur&#x017F;acht ihr<lb/>
mich euch zu beweinen? la&#x017F;&#x017F;et vielmehr eure Gei-<lb/>
&#x017F;ter u&#x0364;ber mich Thra&#x0364;nen auspre&#x017F;&#x017F;en/ der ich euch<lb/>
&#x017F;elber der Wegwei&#x017F;er zum Tode gewe&#x017F;en bin!<lb/>
Al&#x017F;o waren die&#x017F;e erlegten Krieges-Leute zum<lb/>
min&#x017F;ten glu&#x0364;ck&#x017F;eliger/ als die Weichlinge des Xer-<lb/>
xes/ indem die&#x017F;e noch bey Leben mit weibi&#x017F;chen/<lb/>
jene aber nach dem Tode mit edlen Thra&#x0364;nen be-<lb/>
ehret wurden/ und zwey Ko&#x0364;nigliche Ha&#x0364;upter zu<lb/><cb/>
ihren Klage-Weibern hatten. Unter den Tod-<lb/>
ten/ welche der Ko&#x0364;nig ohn Unter&#x017F;cheid beerdigen/<lb/>
theils aber denen in wei&#x017F;&#x017F;en Trauer-Kleidern<lb/>
vom Fu&#x0364;r&#x017F;ten Zi&#x017F;em abge&#x017F;chickten Serern/ wel-<lb/>
che die Jhrigen im Vaterlande ko&#x017F;tbar zu begra-<lb/>
ben pflegen/ zum Leichen-Gepra&#x0364;nge ausfolgen<lb/>
ließ/ ward endlich auch Barcas der vermißte<lb/>
Unter-Ko&#x0364;nig der Sacken gefunden/ aber wegen<lb/>
vieler Wunden kaum erkennet. Die&#x017F;er war<lb/>
in &#x017F;einer Kindheit eines &#x017F;einer Bluts-Verwand-<lb/>
ten umb ku&#x0364;nftig &#x017F;einen Kindern &#x017F;ein reiches Erb-<lb/>
theil zuzu&#x017F;chantzen ausge&#x017F;chnidten worden/ aber<lb/>
hierdurch hatte er das min&#x017F;te von &#x017F;einer ange-<lb/>
bohrnen Tapferkeit eingebu&#x0364;ßt/ und durch &#x017F;eine<lb/>
u&#x0364;beraus treue Dien&#x017F;te &#x017F;ich zu eine&#x0303; Schoß-Kinde<lb/>
des Ko&#x0364;nigs gemacht. Der Ko&#x0364;nig konte &#x017F;ich nicht<lb/>
enthalten die&#x017F;e blutige Leiche zu umbarmen.<lb/>
Nachdem &#x017F;ie auch abgewa&#x017F;chen war/ ließ er &#x017F;ie<lb/>
auf einem mit Purpur bedeckten Prang-Wa-<lb/>
gen in die Stadt Hanchung fu&#x0364;hren/ in welcher<lb/>
die eingefa&#x0364;lleten Mauern erga&#x0364;ntzet/ die fa&#x017F;t un-<lb/>
zehlbaren Verwundeten aufs &#x017F;orgfa&#x0364;ltig&#x017F;te ge-<lb/>
pflegt wurden. Jnzwi&#x017F;chen lief Nachricht ein/<lb/>
daß die Serer &#x017F;ich gar zuru&#x0364;cke biß an das Ge-<lb/>
bu&#x0364;rge Poching gezogen hatten; dahero rei&#x017F;ete<lb/>
Huhan&#x017F;ien/ Syrmanis und ich/ mit einem aus-<lb/>
gele&#x017F;enen Kriegs-Volcke den Strom Han hin-<lb/>
auf/ den vom Feinde verla&#x017F;&#x017F;enen vorthelhaften<lb/>
Ort zu be&#x017F;etzen/ und hierauf den Wunder-Berg<lb/>
Yoniu/ oder die ko&#x0364;&#x017F;tliche Frau genennet/ zu be-<lb/>
&#x017F;ichtigen/ weil die Natur auf &#x017F;elbtem aus Mar-<lb/>
mel ein &#x017F;o &#x017F;cho&#x0364;nes Weibsbild als immermehr<lb/>
Praxiteles gebildet. Wir er&#x017F;tarreten fu&#x0364;r die-<lb/>
&#x017F;em Bildnu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e/ und Huhan&#x017F;ien wolte &#x017F;ich durch<lb/>
viel Betheurungen nicht bereden la&#x017F;&#x017F;en/ daß<lb/>
nicht ein Ku&#x0364;n&#x017F;tler die Hand mit im Spiele ge-<lb/>
habt/ wenn ich ihn nicht ver&#x017F;ichert/ daß ich &#x017F;elb-<lb/>
&#x017F;ten viel Steine/ und in&#x017F;onderheit Agaten ge&#x017F;e-<lb/>
hen ha&#x0364;tte/ in welchen Sta&#x0364;dte/ Schlo&#x0364;&#x017F;&#x017F;er/ Ba&#x0364;u-<lb/>
me/ Vo&#x0364;gel/ Fi&#x017F;che/ vierfu&#x0364;&#x017F;&#x017F;ichte Thiere/ Schlan-<lb/>
gen/ ja Men&#x017F;chen aufs deutlich&#x017F;te wa&#x0364;ren ausge-<lb/>
pregt gewe&#x017F;t/ und daß in dem Lande Fokien/ bey<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">Er&#x017F;ter Theil. K k k k</fw><fw place="bottom" type="catch">der</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[625/0681] Arminius und Thußnelda. te/ und alſo gleichſam ſelbtes Geſtirne ein Trau- er-Kleid anzoh. Beyde Heere wichen alſo mit einem verſtockten Stillſchweigen zuruͤcke. Auf den Morgen aber wurden wir gewahr/ daß Zi- nem ſich gar uͤber den Fluß Han zuruͤcke gezogen hatte. Die leere Wallſtatt ſtellte uns allererſt recht das grauſame Schauſpiel der Schlacht mit mehr als 100000. Leichen fuͤr; etliche tauſend gekoͤpfte Struͤmpfe wuſten ihre Haͤupter/ ande- re ihre abgehackte Armen/ Haͤnde und Beine nicht zu erkieſen: Viel hatten ihren Geiſt mit den Eingeweiden ausgeſchuͤttet/ andere ihre Seele unter den todten Pferden ausgeblaſen. Nicht wenig waren von der raſchen Reiterey zertreten/ oder unter der Laſt der auf ſie fallenden Leichen erſticket. Etliche hielten noch mit den Zaͤhnen die ſie entſeelende Feinde/ weil ihnen keine geſchicktere Waffen uͤbrig blieben waren. Zum Theil waren ſie lebendig von dem haͤuffigẽ Staube begraben; viel biſſen fuͤr Verbitterung in das Graß/ weil die Ohnmacht ſie verhinderte ihren Feind zu erreichen; und eine Menge der Verwundeten ſeufzete/ rechelnde nach der Zer- trennung des Leibes und der Seele/ weil ſie bereit mit allzu langen Schmertzen auf dem Scheide- wege des Lebens und Sterbens geſchwebet hat- ten/ und wegen jenes Bitterkeit dieſes fuͤr ihre Wolfarth erkieſeten. Ja der Tod hatte allhier faſt ſo vielerley Geſichter angenommen/ als die Zahl der Todten oder noch Sterbenden aus- machte; alſo/ daß Koͤnig Huhanſien und Syr- manis ſich ſelbſt nicht von bittern Thraͤnen maͤſ- ſigen konten; hieruͤber er auch ſeufzende anfieng: Jhr entſeelten Leichen/ warumb verurſacht ihr mich euch zu beweinen? laſſet vielmehr eure Gei- ſter uͤber mich Thraͤnen auspreſſen/ der ich euch ſelber der Wegweiſer zum Tode geweſen bin! Alſo waren dieſe erlegten Krieges-Leute zum minſten gluͤckſeliger/ als die Weichlinge des Xer- xes/ indem dieſe noch bey Leben mit weibiſchen/ jene aber nach dem Tode mit edlen Thraͤnen be- ehret wurden/ und zwey Koͤnigliche Haͤupter zu ihren Klage-Weibern hatten. Unter den Tod- ten/ welche der Koͤnig ohn Unterſcheid beerdigen/ theils aber denen in weiſſen Trauer-Kleidern vom Fuͤrſten Ziſem abgeſchickten Serern/ wel- che die Jhrigen im Vaterlande koſtbar zu begra- ben pflegen/ zum Leichen-Gepraͤnge ausfolgen ließ/ ward endlich auch Barcas der vermißte Unter-Koͤnig der Sacken gefunden/ aber wegen vieler Wunden kaum erkennet. Dieſer war in ſeiner Kindheit eines ſeiner Bluts-Verwand- ten umb kuͤnftig ſeinen Kindern ſein reiches Erb- theil zuzuſchantzen ausgeſchnidten worden/ aber hierdurch hatte er das minſte von ſeiner ange- bohrnen Tapferkeit eingebuͤßt/ und durch ſeine uͤberaus treue Dienſte ſich zu einẽ Schoß-Kinde des Koͤnigs gemacht. Der Koͤnig konte ſich nicht enthalten dieſe blutige Leiche zu umbarmen. Nachdem ſie auch abgewaſchen war/ ließ er ſie auf einem mit Purpur bedeckten Prang-Wa- gen in die Stadt Hanchung fuͤhren/ in welcher die eingefaͤlleten Mauern ergaͤntzet/ die faſt un- zehlbaren Verwundeten aufs ſorgfaͤltigſte ge- pflegt wurden. Jnzwiſchen lief Nachricht ein/ daß die Serer ſich gar zuruͤcke biß an das Ge- buͤrge Poching gezogen hatten; dahero reiſete Huhanſien/ Syrmanis und ich/ mit einem aus- geleſenen Kriegs-Volcke den Strom Han hin- auf/ den vom Feinde verlaſſenen vorthelhaften Ort zu beſetzen/ und hierauf den Wunder-Berg Yoniu/ oder die koͤſtliche Frau genennet/ zu be- ſichtigen/ weil die Natur auf ſelbtem aus Mar- mel ein ſo ſchoͤnes Weibsbild als immermehr Praxiteles gebildet. Wir erſtarreten fuͤr die- ſem Bildnuͤſſe/ und Huhanſien wolte ſich durch viel Betheurungen nicht bereden laſſen/ daß nicht ein Kuͤnſtler die Hand mit im Spiele ge- habt/ wenn ich ihn nicht verſichert/ daß ich ſelb- ſten viel Steine/ und inſonderheit Agaten geſe- hen haͤtte/ in welchen Staͤdte/ Schloͤſſer/ Baͤu- me/ Voͤgel/ Fiſche/ vierfuͤſſichte Thiere/ Schlan- gen/ ja Menſchen aufs deutlichſte waͤren ausge- pregt geweſt/ und daß in dem Lande Fokien/ bey der Erſter Theil. K k k k

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/681
Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 625. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/681>, abgerufen am 29.06.2024.