Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.

Bild:
<< vorherige Seite

Fünfftes Buch
[Spaltenumbruch] der Stadt Yecheu der von der Natur gleichsam
als einem künstlichen Pinsel mit Bergen/ Flüs-
sen/ Bäumen und Blumen durchmahlete Mar-
mel gantz gemein wäre. Der Berg Apennin
bildete hin und wieder Brust-Bilder/ das Vor-
Gebürge bey Scylla einen niedergeschlagenen/
ein Melitensischer Berg einen gehangenen
Menschen/ ein ander bey Panormus eine Mün-
tze mit des Käysers Bildnüsse/ das Gebürge an
der äusersten Sud-Spitze in Africa ein deutli-
ches Antlitz ab/ welches entweder aus blossem
Zufalle durch die Krafft des flüssenden Saltzes/
oder weil die Natur zuweilen ein rechtes Thier
(wie man denn in dem Reiche Huquang an dem
Berge Xeyen viel versteinerte Schwalben fin-
det/ und sie zur Artzney brauchet) durch ihre ver-
steinernde Krafft in einen wahrhaften Stein
oder etwas flüssendes/ das etwan in einem wei-
chen Behältnüsse eine gewisse Gestalt bekom-
men/ in Crystall oder Agt-Stein/ darinnen ohne
diß nicht gar ungemein Fliegen/ Spinnen und
Nattern herrlich begraben gefunden werden/
durch überaus heftige Kälte/ oder andere zusam-
menziehende Magnetische Krafft/ die in allen
Dingen stecket/ und seines gleichen an sich zeucht/
verwandelt werde. So könten sich auch in die
wachsenden Steine allerhand Saamen von
Bäumen und Kräutern einmischen/ und zu sol-
chen Abbildungen helffen/ wie man auf dem
höchsten Gemäuer wegen des durch Wind und
Vögel dahin gebrachten Gesämes allerhand
Gewächse/ ja starcke Bäume aufwachsen sehe.
Hertzog Herrmann brach hier ein/ und meldete:
Daß in dem Hercynischen Walde sehr offt artli-
che Steine mit gebildeten Thieren gefunden
würden; und an dem Norwegischen Gebürge
stellte ein Berg einen verkappten Menschen für.
Zeno fuhr fort: Es wäre die Welt mit diesen
Wundern ziemlich angefüllt/ ja die Wolcken
pflegten uns nicht selten gantze Geschichte für-
zubilden; aber das erwehnte wunder-würdige
Frauen-Bild überträffe seinem Urtheil nach
[Spaltenumbruch] alles Spielwerck der Natur. Jedoch gäben
demselben wenig nach zwey Felsen im Reiche
Kiamsi/ da der höchste einen Drachen/ der nie-
drigere einen Tiger/ welche gegen einander zu
rennen scheinen/ der Berg Ky in Kiangsi bey der
Stadt Queilin einen Elefanten/ und der Berg
Packi in Xensi einen Hahn/ der für dem Unge-
witter ein grosses Gethöne von sich gäbe/ den
Hügel Mainen bey Sangku zwey sehr grosse
Augen/ darmmen der Apfel/ wie auch das schwartze
und weisse von der Natur vollkommen unterschie-
den/ die Spitzen auf dem Gebürge Lo bey Chinning
aber sieben und zwantzig vollkommene Men-
schen - Bilder eigentlich darstellten. Dieses
hätte auch den König Huhansien verursacht/
daß er einen gegenüberstehenden Berg durch
eine unglaubliche Menge Xensischer Einwoh-
ner zu einer Spitz-Säule/ wie die Egyptischen
wären/ aushauen/ und aus köstlichem Ertzt das
Bildnüß seines geliebten Barcas auf die Spi-
tze setzen/ darunter aber graben ließ:

Was Mann und Vater macht/ das schnidt der Stahl
mir ab/
Doch hat der Stahl mir auch/ was Helden macht/ erworben/
Der was den Gliedern sehlt/ dem Hertzen wieder gab.
Bin ich auch gleich ietzt hier durchs Feindes Stahl geftorben/
Muß doch der Seythen Haupt aus Ertzt mir Bilder weihn/
Darein der Nach-Ruhm schreibt mein Lob mit Demant ein.

Unten an dem Fusse des gespitzten Berges
stand in den Fels eingegraben:

Jhr Riesen von Gemüth'/ und auch ihr neid'schen Zwerge/
Die hoher Tugend Glantz meist in die Augen sticht;
Mißgönn't diß Ehren-Mahl dem edlen Barcas nicht/
Sind doch die Helden gröss- und seltzamer/ als Berge.

Die Freygebigkeit des Königs Huhansien/
in Beehrung wohl - verdienter Helden/ sagte
Hertzog Jubil/ ist ein unfehlbares Kennzeichen/
daß er selbst viel ruhmwürdiges an sich gehabt
habe. Denn diese zünden der Tugend mit ei-
ner begierigen Freudigkeit Weyrauch an/ weil
sie selber von so süssem Geruche etwas mit ge-
nüssen. Unverdiente Leute aber sind hierinnen

die

Fuͤnfftes Buch
[Spaltenumbruch] der Stadt Yecheu der von der Natur gleichſam
als einem kuͤnſtlichen Pinſel mit Bergen/ Fluͤſ-
ſen/ Baͤumen und Blumen durchmahlete Mar-
mel gantz gemein waͤre. Der Berg Apennin
bildete hin und wieder Bruſt-Bilder/ das Vor-
Gebuͤrge bey Scylla einen niedergeſchlagenen/
ein Melitenſiſcher Berg einen gehangenen
Menſchen/ ein ander bey Panormus eine Muͤn-
tze mit des Kaͤyſers Bildnuͤſſe/ das Gebuͤrge an
der aͤuſerſten Sud-Spitze in Africa ein deutli-
ches Antlitz ab/ welches entweder aus bloſſem
Zufalle durch die Krafft des fluͤſſenden Saltzes/
oder weil die Natur zuweilen ein rechtes Thier
(wie man denn in dem Reiche Huquang an dem
Berge Xeyen viel verſteinerte Schwalben fin-
det/ und ſie zur Artzney brauchet) durch ihre ver-
ſteinernde Krafft in einen wahrhaften Stein
oder etwas fluͤſſendes/ das etwan in einem wei-
chen Behaͤltnuͤſſe eine gewiſſe Geſtalt bekom-
men/ in Cryſtall oder Agt-Stein/ darinnen ohne
diß nicht gar ungemein Fliegen/ Spinnen und
Nattern herrlich begraben gefunden werden/
durch uͤberaus heftige Kaͤlte/ oder andere zuſam-
menziehende Magnetiſche Krafft/ die in allen
Dingen ſtecket/ und ſeines gleichen an ſich zeucht/
verwandelt werde. So koͤnten ſich auch in die
wachſenden Steine allerhand Saamen von
Baͤumen und Kraͤutern einmiſchen/ und zu ſol-
chen Abbildungen helffen/ wie man auf dem
hoͤchſten Gemaͤuer wegen des durch Wind und
Voͤgel dahin gebrachten Geſaͤmes allerhand
Gewaͤchſe/ ja ſtarcke Baͤume aufwachſen ſehe.
Hertzog Herrmann brach hier ein/ und meldete:
Daß in dem Hercyniſchen Walde ſehr offt artli-
che Steine mit gebildeten Thieren gefunden
wuͤrden; und an dem Norwegiſchen Gebuͤrge
ſtellte ein Berg einen verkappten Menſchen fuͤr.
Zeno fuhr fort: Es waͤre die Welt mit dieſen
Wundern ziemlich angefuͤllt/ ja die Wolcken
pflegten uns nicht ſelten gantze Geſchichte fuͤr-
zubilden; aber das erwehnte wunder-wuͤrdige
Frauen-Bild uͤbertraͤffe ſeinem Urtheil nach
[Spaltenumbruch] alles Spielwerck der Natur. Jedoch gaͤben
demſelben wenig nach zwey Felſen im Reiche
Kiamſi/ da der hoͤchſte einen Drachen/ der nie-
drigere einen Tiger/ welche gegen einander zu
rennen ſcheinen/ der Berg Ky in Kiangſi bey der
Stadt Queilin einen Elefanten/ und der Berg
Packi in Xenſi einen Hahn/ der fuͤr dem Unge-
witter ein groſſes Gethoͤne von ſich gaͤbe/ den
Huͤgel Mainen bey Sangku zwey ſehr groſſe
Augen/ darm̃en der Apfel/ wie auch das ſchwartze
und weiſſe von der Natur vollkom̃en unterſchie-
den/ die Spitzẽ auf dem Gebuͤrge Lo bey Chiñing
aber ſieben und zwantzig vollkommene Men-
ſchen - Bilder eigentlich darſtellten. Dieſes
haͤtte auch den Koͤnig Huhanſien verurſacht/
daß er einen gegenuͤberſtehenden Berg durch
eine unglaubliche Menge Xenſiſcher Einwoh-
ner zu einer Spitz-Saͤule/ wie die Egyptiſchen
waͤren/ aushauen/ und aus koͤſtlichem Ertzt das
Bildnuͤß ſeines geliebten Barcas auf die Spi-
tze ſetzen/ darunter aber graben ließ:

Was Mann und Vater macht/ das ſchnidt der Stahl
mir ab/
Doch hat der Stahl mir auch/ was Helden macht/ erworben/
Der was den Gliedern ſehlt/ dem Hertzen wieder gab.
Bin ich auch gleich ietzt hier durchs Feindes Stahl geftorben/
Muß doch der Seythen Haupt aus Ertzt mir Bilder weihn/
Darein der Nach-Ruhm ſchreibt mein Lob mit Demant ein.

Unten an dem Fuſſe des geſpitzten Berges
ſtand in den Fels eingegraben:

Jhr Rieſen von Gemuͤth’/ und auch ihr neid’ſchen Zwerge/
Die hoher Tugend Glantz meiſt in die Augen ſticht;
Mißgoͤnn’t diß Ehren-Mahl dem edlen Barcas nicht/
Sind doch die Helden groͤſſ- und ſeltzamer/ als Berge.

Die Freygebigkeit des Koͤnigs Huhanſien/
in Beehrung wohl - verdienter Helden/ ſagte
Hertzog Jubil/ iſt ein unfehlbares Kennzeichen/
daß er ſelbſt viel ruhmwuͤrdiges an ſich gehabt
habe. Denn dieſe zuͤnden der Tugend mit ei-
ner begierigen Freudigkeit Weyrauch an/ weil
ſie ſelber von ſo ſuͤſſem Geruche etwas mit ge-
nuͤſſen. Unverdiente Leute aber ſind hierinnen

die
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0682" n="626"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Fu&#x0364;nfftes Buch</hi></fw><lb/><cb/>
der Stadt Yecheu der von der Natur gleich&#x017F;am<lb/>
als einem ku&#x0364;n&#x017F;tlichen Pin&#x017F;el mit Bergen/ Flu&#x0364;&#x017F;-<lb/>
&#x017F;en/ Ba&#x0364;umen und Blumen durchmahlete Mar-<lb/>
mel gantz gemein wa&#x0364;re. Der Berg Apennin<lb/>
bildete hin und wieder Bru&#x017F;t-Bilder/ das Vor-<lb/>
Gebu&#x0364;rge bey Scylla einen niederge&#x017F;chlagenen/<lb/>
ein Meliten&#x017F;i&#x017F;cher Berg einen gehangenen<lb/>
Men&#x017F;chen/ ein ander bey Panormus eine Mu&#x0364;n-<lb/>
tze mit des Ka&#x0364;y&#x017F;ers Bildnu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e/ das Gebu&#x0364;rge an<lb/>
der a&#x0364;u&#x017F;er&#x017F;ten Sud-Spitze in Africa ein deutli-<lb/>
ches Antlitz ab/ welches entweder aus blo&#x017F;&#x017F;em<lb/>
Zufalle durch die Krafft des flu&#x0364;&#x017F;&#x017F;enden Saltzes/<lb/>
oder weil die Natur zuweilen ein rechtes Thier<lb/>
(wie man denn in dem Reiche Huquang an dem<lb/>
Berge Xeyen viel ver&#x017F;teinerte Schwalben fin-<lb/>
det/ und &#x017F;ie zur Artzney brauchet) durch ihre ver-<lb/>
&#x017F;teinernde Krafft in einen wahrhaften Stein<lb/>
oder etwas flu&#x0364;&#x017F;&#x017F;endes/ das etwan in einem wei-<lb/>
chen Beha&#x0364;ltnu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e eine gewi&#x017F;&#x017F;e Ge&#x017F;talt bekom-<lb/>
men/ in Cry&#x017F;tall oder Agt-Stein/ darinnen ohne<lb/>
diß nicht gar ungemein Fliegen/ Spinnen und<lb/>
Nattern herrlich begraben gefunden werden/<lb/>
durch u&#x0364;beraus heftige Ka&#x0364;lte/ oder andere zu&#x017F;am-<lb/>
menziehende Magneti&#x017F;che Krafft/ die in allen<lb/>
Dingen &#x017F;tecket/ und &#x017F;eines gleichen an &#x017F;ich zeucht/<lb/>
verwandelt werde. So ko&#x0364;nten &#x017F;ich auch in die<lb/>
wach&#x017F;enden Steine allerhand Saamen von<lb/>
Ba&#x0364;umen und Kra&#x0364;utern einmi&#x017F;chen/ und zu &#x017F;ol-<lb/>
chen Abbildungen helffen/ wie man auf dem<lb/>
ho&#x0364;ch&#x017F;ten Gema&#x0364;uer wegen des durch Wind und<lb/>
Vo&#x0364;gel dahin gebrachten Ge&#x017F;a&#x0364;mes allerhand<lb/>
Gewa&#x0364;ch&#x017F;e/ ja &#x017F;tarcke Ba&#x0364;ume aufwach&#x017F;en &#x017F;ehe.<lb/>
Hertzog Herrmann brach hier ein/ und meldete:<lb/>
Daß in dem Hercyni&#x017F;chen Walde &#x017F;ehr offt artli-<lb/>
che Steine mit gebildeten Thieren gefunden<lb/>
wu&#x0364;rden; und an dem Norwegi&#x017F;chen Gebu&#x0364;rge<lb/>
&#x017F;tellte ein Berg einen verkappten Men&#x017F;chen fu&#x0364;r.<lb/>
Zeno fuhr fort: Es wa&#x0364;re die Welt mit die&#x017F;en<lb/>
Wundern ziemlich angefu&#x0364;llt/ ja die Wolcken<lb/>
pflegten uns nicht &#x017F;elten gantze Ge&#x017F;chichte fu&#x0364;r-<lb/>
zubilden; aber das erwehnte wunder-wu&#x0364;rdige<lb/>
Frauen-Bild u&#x0364;bertra&#x0364;ffe &#x017F;einem Urtheil nach<lb/><cb/>
alles Spielwerck der Natur. Jedoch ga&#x0364;ben<lb/>
dem&#x017F;elben wenig nach zwey Fel&#x017F;en im Reiche<lb/>
Kiam&#x017F;i/ da der ho&#x0364;ch&#x017F;te einen Drachen/ der nie-<lb/>
drigere einen Tiger/ welche gegen einander zu<lb/>
rennen &#x017F;cheinen/ der Berg Ky in Kiang&#x017F;i bey der<lb/>
Stadt Queilin einen Elefanten/ und der Berg<lb/>
Packi in Xen&#x017F;i einen Hahn/ der fu&#x0364;r dem Unge-<lb/>
witter ein gro&#x017F;&#x017F;es Getho&#x0364;ne von &#x017F;ich ga&#x0364;be/ den<lb/>
Hu&#x0364;gel Mainen bey Sangku zwey &#x017F;ehr gro&#x017F;&#x017F;e<lb/>
Augen/ darm&#x0303;en der Apfel/ wie auch das &#x017F;chwartze<lb/>
und wei&#x017F;&#x017F;e von der Natur vollkom&#x0303;en unter&#x017F;chie-<lb/>
den/ die Spitze&#x0303; auf dem Gebu&#x0364;rge Lo bey Chin&#x0303;ing<lb/>
aber &#x017F;ieben und zwantzig vollkommene Men-<lb/>
&#x017F;chen - Bilder eigentlich dar&#x017F;tellten. Die&#x017F;es<lb/>
ha&#x0364;tte auch den Ko&#x0364;nig Huhan&#x017F;ien verur&#x017F;acht/<lb/>
daß er einen gegenu&#x0364;ber&#x017F;tehenden Berg durch<lb/>
eine unglaubliche Menge Xen&#x017F;i&#x017F;cher Einwoh-<lb/>
ner zu einer Spitz-Sa&#x0364;ule/ wie die Egypti&#x017F;chen<lb/>
wa&#x0364;ren/ aushauen/ und aus ko&#x0364;&#x017F;tlichem Ertzt das<lb/>
Bildnu&#x0364;ß &#x017F;eines geliebten Barcas auf die Spi-<lb/>
tze &#x017F;etzen/ darunter aber graben ließ:</p><lb/>
          <lg type="poem">
            <l>Was Mann und Vater macht/ das &#x017F;chnidt der Stahl</l><lb/>
            <l> <hi rendition="#et">mir ab/</hi> </l><lb/>
            <l>Doch hat der Stahl mir auch/ was Helden macht/ erworben/</l><lb/>
            <l>Der was den Gliedern &#x017F;ehlt/ dem Hertzen wieder gab.</l><lb/>
            <l>Bin ich auch gleich ietzt hier durchs Feindes Stahl geftorben/</l><lb/>
            <l>Muß doch der Seythen Haupt aus Ertzt mir Bilder weihn/</l><lb/>
            <l>Darein der Nach-Ruhm &#x017F;chreibt mein Lob mit Demant ein.</l>
          </lg><lb/>
          <p>Unten an dem Fu&#x017F;&#x017F;e des ge&#x017F;pitzten Berges<lb/>
&#x017F;tand in den Fels eingegraben:</p><lb/>
          <lg type="poem">
            <l>Jhr Rie&#x017F;en von Gemu&#x0364;th&#x2019;/ und auch ihr neid&#x2019;&#x017F;chen Zwerge/</l><lb/>
            <l>Die hoher Tugend Glantz mei&#x017F;t in die Augen &#x017F;ticht;</l><lb/>
            <l>Mißgo&#x0364;nn&#x2019;t diß Ehren-Mahl dem edlen Barcas nicht/</l><lb/>
            <l>Sind doch die Helden gro&#x0364;&#x017F;&#x017F;- und &#x017F;eltzamer/ als Berge.</l>
          </lg><lb/>
          <p>Die Freygebigkeit des Ko&#x0364;nigs Huhan&#x017F;ien/<lb/>
in Beehrung wohl - verdienter Helden/ &#x017F;agte<lb/>
Hertzog Jubil/ i&#x017F;t ein unfehlbares Kennzeichen/<lb/>
daß er &#x017F;elb&#x017F;t viel ruhmwu&#x0364;rdiges an &#x017F;ich gehabt<lb/>
habe. Denn die&#x017F;e zu&#x0364;nden der Tugend mit ei-<lb/>
ner begierigen Freudigkeit Weyrauch an/ weil<lb/>
&#x017F;ie &#x017F;elber von &#x017F;o &#x017F;u&#x0364;&#x017F;&#x017F;em Geruche etwas mit ge-<lb/>
nu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en. Unverdiente Leute aber &#x017F;ind hierinnen<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">die</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[626/0682] Fuͤnfftes Buch der Stadt Yecheu der von der Natur gleichſam als einem kuͤnſtlichen Pinſel mit Bergen/ Fluͤſ- ſen/ Baͤumen und Blumen durchmahlete Mar- mel gantz gemein waͤre. Der Berg Apennin bildete hin und wieder Bruſt-Bilder/ das Vor- Gebuͤrge bey Scylla einen niedergeſchlagenen/ ein Melitenſiſcher Berg einen gehangenen Menſchen/ ein ander bey Panormus eine Muͤn- tze mit des Kaͤyſers Bildnuͤſſe/ das Gebuͤrge an der aͤuſerſten Sud-Spitze in Africa ein deutli- ches Antlitz ab/ welches entweder aus bloſſem Zufalle durch die Krafft des fluͤſſenden Saltzes/ oder weil die Natur zuweilen ein rechtes Thier (wie man denn in dem Reiche Huquang an dem Berge Xeyen viel verſteinerte Schwalben fin- det/ und ſie zur Artzney brauchet) durch ihre ver- ſteinernde Krafft in einen wahrhaften Stein oder etwas fluͤſſendes/ das etwan in einem wei- chen Behaͤltnuͤſſe eine gewiſſe Geſtalt bekom- men/ in Cryſtall oder Agt-Stein/ darinnen ohne diß nicht gar ungemein Fliegen/ Spinnen und Nattern herrlich begraben gefunden werden/ durch uͤberaus heftige Kaͤlte/ oder andere zuſam- menziehende Magnetiſche Krafft/ die in allen Dingen ſtecket/ und ſeines gleichen an ſich zeucht/ verwandelt werde. So koͤnten ſich auch in die wachſenden Steine allerhand Saamen von Baͤumen und Kraͤutern einmiſchen/ und zu ſol- chen Abbildungen helffen/ wie man auf dem hoͤchſten Gemaͤuer wegen des durch Wind und Voͤgel dahin gebrachten Geſaͤmes allerhand Gewaͤchſe/ ja ſtarcke Baͤume aufwachſen ſehe. Hertzog Herrmann brach hier ein/ und meldete: Daß in dem Hercyniſchen Walde ſehr offt artli- che Steine mit gebildeten Thieren gefunden wuͤrden; und an dem Norwegiſchen Gebuͤrge ſtellte ein Berg einen verkappten Menſchen fuͤr. Zeno fuhr fort: Es waͤre die Welt mit dieſen Wundern ziemlich angefuͤllt/ ja die Wolcken pflegten uns nicht ſelten gantze Geſchichte fuͤr- zubilden; aber das erwehnte wunder-wuͤrdige Frauen-Bild uͤbertraͤffe ſeinem Urtheil nach alles Spielwerck der Natur. Jedoch gaͤben demſelben wenig nach zwey Felſen im Reiche Kiamſi/ da der hoͤchſte einen Drachen/ der nie- drigere einen Tiger/ welche gegen einander zu rennen ſcheinen/ der Berg Ky in Kiangſi bey der Stadt Queilin einen Elefanten/ und der Berg Packi in Xenſi einen Hahn/ der fuͤr dem Unge- witter ein groſſes Gethoͤne von ſich gaͤbe/ den Huͤgel Mainen bey Sangku zwey ſehr groſſe Augen/ darm̃en der Apfel/ wie auch das ſchwartze und weiſſe von der Natur vollkom̃en unterſchie- den/ die Spitzẽ auf dem Gebuͤrge Lo bey Chiñing aber ſieben und zwantzig vollkommene Men- ſchen - Bilder eigentlich darſtellten. Dieſes haͤtte auch den Koͤnig Huhanſien verurſacht/ daß er einen gegenuͤberſtehenden Berg durch eine unglaubliche Menge Xenſiſcher Einwoh- ner zu einer Spitz-Saͤule/ wie die Egyptiſchen waͤren/ aushauen/ und aus koͤſtlichem Ertzt das Bildnuͤß ſeines geliebten Barcas auf die Spi- tze ſetzen/ darunter aber graben ließ: Was Mann und Vater macht/ das ſchnidt der Stahl mir ab/ Doch hat der Stahl mir auch/ was Helden macht/ erworben/ Der was den Gliedern ſehlt/ dem Hertzen wieder gab. Bin ich auch gleich ietzt hier durchs Feindes Stahl geftorben/ Muß doch der Seythen Haupt aus Ertzt mir Bilder weihn/ Darein der Nach-Ruhm ſchreibt mein Lob mit Demant ein. Unten an dem Fuſſe des geſpitzten Berges ſtand in den Fels eingegraben: Jhr Rieſen von Gemuͤth’/ und auch ihr neid’ſchen Zwerge/ Die hoher Tugend Glantz meiſt in die Augen ſticht; Mißgoͤnn’t diß Ehren-Mahl dem edlen Barcas nicht/ Sind doch die Helden groͤſſ- und ſeltzamer/ als Berge. Die Freygebigkeit des Koͤnigs Huhanſien/ in Beehrung wohl - verdienter Helden/ ſagte Hertzog Jubil/ iſt ein unfehlbares Kennzeichen/ daß er ſelbſt viel ruhmwuͤrdiges an ſich gehabt habe. Denn dieſe zuͤnden der Tugend mit ei- ner begierigen Freudigkeit Weyrauch an/ weil ſie ſelber von ſo ſuͤſſem Geruche etwas mit ge- nuͤſſen. Unverdiente Leute aber ſind hierinnen die

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/682
Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 626. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/682>, abgerufen am 22.11.2024.