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Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.

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Fünfftes Buch
[Spaltenumbruch] der Stadt Yecheu der von der Natur gleichsam
als einem künstlichen Pinsel mit Bergen/ Flüs-
sen/ Bäumen und Blumen durchmahlete Mar-
mel gantz gemein wäre. Der Berg Apennin
bildete hin und wieder Brust-Bilder/ das Vor-
Gebürge bey Scylla einen niedergeschlagenen/
ein Melitensischer Berg einen gehangenen
Menschen/ ein ander bey Panormus eine Mün-
tze mit des Käysers Bildnüsse/ das Gebürge an
der äusersten Sud-Spitze in Africa ein deutli-
ches Antlitz ab/ welches entweder aus blossem
Zufalle durch die Krafft des flüssenden Saltzes/
oder weil die Natur zuweilen ein rechtes Thier
(wie man denn in dem Reiche Huquang an dem
Berge Xeyen viel versteinerte Schwalben fin-
det/ und sie zur Artzney brauchet) durch ihre ver-
steinernde Krafft in einen wahrhaften Stein
oder etwas flüssendes/ das etwan in einem wei-
chen Behältnüsse eine gewisse Gestalt bekom-
men/ in Crystall oder Agt-Stein/ darinnen ohne
diß nicht gar ungemein Fliegen/ Spinnen und
Nattern herrlich begraben gefunden werden/
durch überaus heftige Kälte/ oder andere zusam-
menziehende Magnetische Krafft/ die in allen
Dingen stecket/ und seines gleichen an sich zeucht/
verwandelt werde. So könten sich auch in die
wachsenden Steine allerhand Saamen von
Bäumen und Kräutern einmischen/ und zu sol-
chen Abbildungen helffen/ wie man auf dem
höchsten Gemäuer wegen des durch Wind und
Vögel dahin gebrachten Gesämes allerhand
Gewächse/ ja starcke Bäume aufwachsen sehe.
Hertzog Herrmann brach hier ein/ und meldete:
Daß in dem Hercynischen Walde sehr offt artli-
che Steine mit gebildeten Thieren gefunden
würden; und an dem Norwegischen Gebürge
stellte ein Berg einen verkappten Menschen für.
Zeno fuhr fort: Es wäre die Welt mit diesen
Wundern ziemlich angefüllt/ ja die Wolcken
pflegten uns nicht selten gantze Geschichte für-
zubilden; aber das erwehnte wunder-würdige
Frauen-Bild überträffe seinem Urtheil nach
[Spaltenumbruch] alles Spielwerck der Natur. Jedoch gäben
demselben wenig nach zwey Felsen im Reiche
Kiamsi/ da der höchste einen Drachen/ der nie-
drigere einen Tiger/ welche gegen einander zu
rennen scheinen/ der Berg Ky in Kiangsi bey der
Stadt Queilin einen Elefanten/ und der Berg
Packi in Xensi einen Hahn/ der für dem Unge-
witter ein grosses Gethöne von sich gäbe/ den
Hügel Mainen bey Sangku zwey sehr grosse
Augen/ darmmen der Apfel/ wie auch das schwartze
und weisse von der Natur vollkommen unterschie-
den/ die Spitzen auf dem Gebürge Lo bey Chinning
aber sieben und zwantzig vollkommene Men-
schen - Bilder eigentlich darstellten. Dieses
hätte auch den König Huhansien verursacht/
daß er einen gegenüberstehenden Berg durch
eine unglaubliche Menge Xensischer Einwoh-
ner zu einer Spitz-Säule/ wie die Egyptischen
wären/ aushauen/ und aus köstlichem Ertzt das
Bildnüß seines geliebten Barcas auf die Spi-
tze setzen/ darunter aber graben ließ:

Was Mann und Vater macht/ das schnidt der Stahl
mir ab/
Doch hat der Stahl mir auch/ was Helden macht/ erworben/
Der was den Gliedern sehlt/ dem Hertzen wieder gab.
Bin ich auch gleich ietzt hier durchs Feindes Stahl geftorben/
Muß doch der Seythen Haupt aus Ertzt mir Bilder weihn/
Darein der Nach-Ruhm schreibt mein Lob mit Demant ein.

Unten an dem Fusse des gespitzten Berges
stand in den Fels eingegraben:

Jhr Riesen von Gemüth'/ und auch ihr neid'schen Zwerge/
Die hoher Tugend Glantz meist in die Augen sticht;
Mißgönn't diß Ehren-Mahl dem edlen Barcas nicht/
Sind doch die Helden gröss- und seltzamer/ als Berge.

Die Freygebigkeit des Königs Huhansien/
in Beehrung wohl - verdienter Helden/ sagte
Hertzog Jubil/ ist ein unfehlbares Kennzeichen/
daß er selbst viel ruhmwürdiges an sich gehabt
habe. Denn diese zünden der Tugend mit ei-
ner begierigen Freudigkeit Weyrauch an/ weil
sie selber von so süssem Geruche etwas mit ge-
nüssen. Unverdiente Leute aber sind hierinnen

die

Fuͤnfftes Buch
[Spaltenumbruch] der Stadt Yecheu der von der Natur gleichſam
als einem kuͤnſtlichen Pinſel mit Bergen/ Fluͤſ-
ſen/ Baͤumen und Blumen durchmahlete Mar-
mel gantz gemein waͤre. Der Berg Apennin
bildete hin und wieder Bruſt-Bilder/ das Vor-
Gebuͤrge bey Scylla einen niedergeſchlagenen/
ein Melitenſiſcher Berg einen gehangenen
Menſchen/ ein ander bey Panormus eine Muͤn-
tze mit des Kaͤyſers Bildnuͤſſe/ das Gebuͤrge an
der aͤuſerſten Sud-Spitze in Africa ein deutli-
ches Antlitz ab/ welches entweder aus bloſſem
Zufalle durch die Krafft des fluͤſſenden Saltzes/
oder weil die Natur zuweilen ein rechtes Thier
(wie man denn in dem Reiche Huquang an dem
Berge Xeyen viel verſteinerte Schwalben fin-
det/ und ſie zur Artzney brauchet) durch ihre ver-
ſteinernde Krafft in einen wahrhaften Stein
oder etwas fluͤſſendes/ das etwan in einem wei-
chen Behaͤltnuͤſſe eine gewiſſe Geſtalt bekom-
men/ in Cryſtall oder Agt-Stein/ darinnen ohne
diß nicht gar ungemein Fliegen/ Spinnen und
Nattern herrlich begraben gefunden werden/
durch uͤberaus heftige Kaͤlte/ oder andere zuſam-
menziehende Magnetiſche Krafft/ die in allen
Dingen ſtecket/ und ſeines gleichen an ſich zeucht/
verwandelt werde. So koͤnten ſich auch in die
wachſenden Steine allerhand Saamen von
Baͤumen und Kraͤutern einmiſchen/ und zu ſol-
chen Abbildungen helffen/ wie man auf dem
hoͤchſten Gemaͤuer wegen des durch Wind und
Voͤgel dahin gebrachten Geſaͤmes allerhand
Gewaͤchſe/ ja ſtarcke Baͤume aufwachſen ſehe.
Hertzog Herrmann brach hier ein/ und meldete:
Daß in dem Hercyniſchen Walde ſehr offt artli-
che Steine mit gebildeten Thieren gefunden
wuͤrden; und an dem Norwegiſchen Gebuͤrge
ſtellte ein Berg einen verkappten Menſchen fuͤr.
Zeno fuhr fort: Es waͤre die Welt mit dieſen
Wundern ziemlich angefuͤllt/ ja die Wolcken
pflegten uns nicht ſelten gantze Geſchichte fuͤr-
zubilden; aber das erwehnte wunder-wuͤrdige
Frauen-Bild uͤbertraͤffe ſeinem Urtheil nach
[Spaltenumbruch] alles Spielwerck der Natur. Jedoch gaͤben
demſelben wenig nach zwey Felſen im Reiche
Kiamſi/ da der hoͤchſte einen Drachen/ der nie-
drigere einen Tiger/ welche gegen einander zu
rennen ſcheinen/ der Berg Ky in Kiangſi bey der
Stadt Queilin einen Elefanten/ und der Berg
Packi in Xenſi einen Hahn/ der fuͤr dem Unge-
witter ein groſſes Gethoͤne von ſich gaͤbe/ den
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Augen/ darm̃en der Apfel/ wie auch das ſchwartze
und weiſſe von der Natur vollkom̃en unterſchie-
den/ die Spitzẽ auf dem Gebuͤrge Lo bey Chiñing
aber ſieben und zwantzig vollkommene Men-
ſchen - Bilder eigentlich darſtellten. Dieſes
haͤtte auch den Koͤnig Huhanſien verurſacht/
daß er einen gegenuͤberſtehenden Berg durch
eine unglaubliche Menge Xenſiſcher Einwoh-
ner zu einer Spitz-Saͤule/ wie die Egyptiſchen
waͤren/ aushauen/ und aus koͤſtlichem Ertzt das
Bildnuͤß ſeines geliebten Barcas auf die Spi-
tze ſetzen/ darunter aber graben ließ:

Was Mann und Vater macht/ das ſchnidt der Stahl
mir ab/
Doch hat der Stahl mir auch/ was Helden macht/ erworben/
Der was den Gliedern ſehlt/ dem Hertzen wieder gab.
Bin ich auch gleich ietzt hier durchs Feindes Stahl geftorben/
Muß doch der Seythen Haupt aus Ertzt mir Bilder weihn/
Darein der Nach-Ruhm ſchreibt mein Lob mit Demant ein.

Unten an dem Fuſſe des geſpitzten Berges
ſtand in den Fels eingegraben:

Jhr Rieſen von Gemuͤth’/ und auch ihr neid’ſchen Zwerge/
Die hoher Tugend Glantz meiſt in die Augen ſticht;
Mißgoͤnn’t diß Ehren-Mahl dem edlen Barcas nicht/
Sind doch die Helden groͤſſ- und ſeltzamer/ als Berge.

Die Freygebigkeit des Koͤnigs Huhanſien/
in Beehrung wohl - verdienter Helden/ ſagte
Hertzog Jubil/ iſt ein unfehlbares Kennzeichen/
daß er ſelbſt viel ruhmwuͤrdiges an ſich gehabt
habe. Denn dieſe zuͤnden der Tugend mit ei-
ner begierigen Freudigkeit Weyrauch an/ weil
ſie ſelber von ſo ſuͤſſem Geruche etwas mit ge-
nuͤſſen. Unverdiente Leute aber ſind hierinnen

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Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 626. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/682>, abgerufen am 28.09.2024.