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Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.

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Fünfftes Buch
[Spaltenumbruch] mächtig wären. Diese hätten der hertzhaften
Entschlüssung der tapferen Porcia selbst die
Hand geboten. Denn als ihre kleinmüthigen
Freunde ihr alle Messer aus den Händen geris-
sen/ die Armbänder abgestreifft/ und die Haare
abgeschnitten/ daß sie selbte nicht zu einem Stri-
cke gebrauchen/ und ihrem erblaßten Brutus
sich vergesellschaften könte; hätten ihr die Göt-
ter von ihrem Opfer-Tische glüende Kohlen zu-
gelangt/ so wohl ihrem Leben ein Ende/ als ihrer
Liebe ein Vergnügen zu schaffen. Warlich/
versetzte Thußnelda/ ich halte für ruhmwürdi-
ger/ wenn eine Frau ihr Hertze mit ihres Ehe-
manns in einen Todten-Topf einschleust; als
wenn sie mit seiner ihre Asche vermenget. Jn
meinen Augen ist die Carische Königin Artemi-
sia viel grösser als die ungeduldige Porcia/ wel-
che dem Tode zu Hohne sich von ihrem schon tod-
ten Mausolus nicht trennen ließ/ in dem sie ih-
rer beyder Bild aus einem Agat gemacht/ in
ein Wunderwerck der Welt/ seine Asche in den
Tempel ihres eigenen Leibes/ sein Gedächtnüß
in das Heiligthum ihres steten Andenckens
versetzte/ und seinem niemals aus ihrem Ge-
sichte verschwindenden Schatten ihr von un-
ausleschlicher Liebe loderndes Hertze nicht etwan
zu einem bald verrauchenden Jrr-Lichte/ oder
einer in wenig Stunden vertrieffenden Be-
gräbnüß-Fackel/ sondern zu einem viel Jahre
mit gleichem Lichte scheinenden Gestirne an-
zündete; ja ihren eigenen Leib zu seinem leben-
digen Begräbnüsse einweihte. Wiewohl ich
nicht weiß: Ob man Artemisien nicht jene Mar-
singische edle Jungfrau fürziehen soll/ welche
aus der Asche ihres erblichenen Bräutigams
eine Sand-Uhr machte/ nach welcher sie ihre
Lebens-Zeit abmaß/ und nach seiner Beweg-
ligkeit die Unruh ihres Hertzens richtete/ oder
auch mit ihren thränenden Augen die Geschwin-
digkeit des auslauffenden Aschen-Sandes zu
übereilen sich mühete.

Alle Anwesenden gaben Thußnelden Bey-
[Spaltenumbruch] fall/ und nachdem Erato sich überstimmt sehende/
nur die Achseln einziehen muste; fügte Zeno
bey: daß auch bey denen Jndianern die Müt-
ter vieler Kinder sich des Holtz-Stosses unnach-
theilig entzügen; und erzehlte ferner: daß der
Jndianische Gesandte mit seinem Volcke und
ihm in der berühmten Handels-Stadt Gan-
ges zu Schiffe gegangen/ und mit gutem Win-
de an der Desarrenischen und Paralischen Küste
bey den Städten Sopatum und Poduca Sud-
werts so lange gesegelt hätten/ biß sie die Jnsel
Taprobana/ welche wegen ihrer häuffigen
Zimmet- und anderer Gewürtz-Wälder einen
annehmlichen Geruch etliche Meilen weit
in die See gegeben/ erreicht/ und daselbst in der
Stadt Cydara sich zu erfrischen ausgestiegen
wären. Jch muß gestehen/ fuhr Zeno fort/
daß ich dieses Eyland für den Lustgarten und
die Schatz-Kammer der Welt/ und für den
edelsten Kreiß des Erdbodems halte. Die
Wälder versorgen fast alle Länder mit Zimmet/
derer Bäume desto köstlichere Rinde tragen/ ie
öffter selbte abgeschelet wird. Hier ist das rechte
Vaterland aller Elefanten/ welche an Grösse
allen andern vorgehen. Die Berge stecken
voller Gold/ Rubine/ Smaragden und Sa-
phire. Jn dieser Jnsel ist auch der höchste Berg
Jndiens/ auf dessen Gipfel in einen Fels ein
überaus grosser Fußstapfen eingetreten ist/ den
die Einwohner/ wie die Griechen Del-
phis/ für das Mittel des Erdbodems halten/
und nebst einem Elefanten - Kopfe/ welcher
ihnen Weißheit verleihen soll/ Göttlich ver-
chren/ auch ihm daselbst einen Tempel und
Altar aufgebauet haben/ auf welchem ein
vollkommener Rubin ohne den geringsten
Flecken einer Hand breit lang/ drey Fin-
ger dicke zu sehen ist/ und des Nachts als
ein Licht scheinet. Von dieser Jnsel erzehl-
te mir der Gesandte Masulipat/ daß es
anfänglich das einige Reich König Pirimals
gewest/ und nach Abdanckung seines Bruders

auf

Fuͤnfftes Buch
[Spaltenumbruch] maͤchtig waͤren. Dieſe haͤtten der hertzhaften
Entſchluͤſſung der tapferen Porcia ſelbſt die
Hand geboten. Denn als ihre kleinmuͤthigen
Freunde ihr alle Meſſer aus den Haͤnden geriſ-
ſen/ die Armbaͤnder abgeſtreifft/ und die Haare
abgeſchnitten/ daß ſie ſelbte nicht zu einem Stri-
cke gebrauchen/ und ihrem erblaßten Brutus
ſich vergeſellſchaften koͤnte; haͤtten ihr die Goͤt-
ter von ihrem Opfer-Tiſche gluͤende Kohlen zu-
gelangt/ ſo wohl ihrem Leben ein Ende/ als ihrer
Liebe ein Vergnuͤgen zu ſchaffen. Warlich/
verſetzte Thußnelda/ ich halte fuͤr ruhmwuͤrdi-
ger/ wenn eine Frau ihr Hertze mit ihres Ehe-
manns in einen Todten-Topf einſchleuſt; als
wenn ſie mit ſeiner ihre Aſche vermenget. Jn
meinen Augen iſt die Cariſche Koͤnigin Artemi-
ſia viel groͤſſer als die ungeduldige Porcia/ wel-
che dem Tode zu Hohne ſich von ihrem ſchon tod-
ten Mauſolus nicht trennen ließ/ in dem ſie ih-
rer beyder Bild aus einem Agat gemacht/ in
ein Wunderwerck der Welt/ ſeine Aſche in den
Tempel ihres eigenen Leibes/ ſein Gedaͤchtnuͤß
in das Heiligthum ihres ſteten Andenckens
verſetzte/ und ſeinem niemals aus ihrem Ge-
ſichte verſchwindenden Schatten ihr von un-
ausleſchlicher Liebe loderndes Hertze nicht etwan
zu einem bald verrauchenden Jrr-Lichte/ oder
einer in wenig Stunden vertrieffenden Be-
graͤbnuͤß-Fackel/ ſondern zu einem viel Jahre
mit gleichem Lichte ſcheinenden Geſtirne an-
zuͤndete; ja ihren eigenen Leib zu ſeinem leben-
digen Begraͤbnuͤſſe einweihte. Wiewohl ich
nicht weiß: Ob man Artemiſien nicht jene Mar-
ſingiſche edle Jungfrau fuͤrziehen ſoll/ welche
aus der Aſche ihres erblichenen Braͤutigams
eine Sand-Uhr machte/ nach welcher ſie ihre
Lebens-Zeit abmaß/ und nach ſeiner Beweg-
ligkeit die Unruh ihres Hertzens richtete/ oder
auch mit ihren thraͤnenden Augen die Geſchwin-
digkeit des auslauffenden Aſchen-Sandes zu
uͤbereilen ſich muͤhete.

Alle Anweſenden gaben Thußnelden Bey-
[Spaltenumbruch] fall/ und nachdem Erato ſich uͤberſtim̃t ſehende/
nur die Achſeln einziehen muſte; fuͤgte Zeno
bey: daß auch bey denen Jndianern die Muͤt-
ter vieler Kinder ſich des Holtz-Stoſſes unnach-
theilig entzuͤgen; und erzehlte ferner: daß der
Jndianiſche Geſandte mit ſeinem Volcke und
ihm in der beruͤhmten Handels-Stadt Gan-
ges zu Schiffe gegangen/ und mit gutem Win-
de an der Deſarreniſchen und Paraliſchen Kuͤſte
bey den Staͤdten Sopatum und Poduca Sud-
werts ſo lange geſegelt haͤtten/ biß ſie die Jnſel
Taprobana/ welche wegen ihrer haͤuffigen
Zimmet- und anderer Gewuͤrtz-Waͤlder einen
annehmlichen Geruch etliche Meilen weit
in die See gegeben/ erreicht/ und daſelbſt in der
Stadt Cydara ſich zu erfriſchen ausgeſtiegen
waͤren. Jch muß geſtehen/ fuhr Zeno fort/
daß ich dieſes Eyland fuͤr den Luſtgarten und
die Schatz-Kammer der Welt/ und fuͤr den
edelſten Kreiß des Erdbodems halte. Die
Waͤlder verſorgen faſt alle Laͤnder mit Zimmet/
derer Baͤume deſto koͤſtlichere Rinde tragen/ ie
oͤffter ſelbte abgeſchelet wird. Hier iſt das rechte
Vaterland aller Elefanten/ welche an Groͤſſe
allen andern vorgehen. Die Berge ſtecken
voller Gold/ Rubine/ Smaragden und Sa-
phire. Jn dieſer Jnſel iſt auch der hoͤchſte Berg
Jndiens/ auf deſſen Gipfel in einen Fels ein
uͤberaus groſſer Fußſtapfen eingetreten iſt/ den
die Einwohner/ wie die Griechen Del-
phis/ fuͤr das Mittel des Erdbodems halten/
und nebſt einem Elefanten - Kopfe/ welcher
ihnen Weißheit verleihen ſoll/ Goͤttlich ver-
chren/ auch ihm daſelbſt einen Tempel und
Altar aufgebauet haben/ auf welchem ein
vollkommener Rubin ohne den geringſten
Flecken einer Hand breit lang/ drey Fin-
ger dicke zu ſehen iſt/ und des Nachts als
ein Licht ſcheinet. Von dieſer Jnſel erzehl-
te mir der Geſandte Maſulipat/ daß es
anfaͤnglich das einige Reich Koͤnig Pirimals
geweſt/ und nach Abdanckung ſeines Bruders

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Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 656. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/712>, abgerufen am 22.11.2024.