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Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.

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Fünfftes Buch
[Spaltenumbruch] in Jndien an dem Flusse Kinxa von einer durch
Schiffbruch an den Seestrand geworffener
Jungfrau/ die ein Hund beschlaffen hätte/ ent-
sprossen seyn wolte; so schiene ihm doch dieses
alles unglaublich zu seyn/ und hielten die be-
wehrtesten Naturkündiger darfür/ daß aus
Menschen und Vieh durch ordentlichen Lauff
der Natur kein Thier/ am wenigsten aber ein
Mensch gezeuget werden könne. Daher die
Sirenen ungezweiffelt so wohl als die Saty-
ren (da es anders derer iemahls wahrhafftig ge-
geben) oder auch als die Affen für eine besonde-
re Art der Thiere zu halten wären. Denn wie
in dem Meere Fische zu finden/ die von ihrer
Aehnligkeit den Nahmen des Monden und der
Sternen bekämen/ die mit ihrem Fluge den
Vogeln sich gleichten/ andere den Titel der Nes-
sel und anderer Kräuter führten; in dem Meere
Bäume und Stauden so wohl als auff der Er-
de wüchsen; viel See-Thiere den Löwen/ Kühen/
Pferden/ Kälbern und Wölffen/ ja auch die Af-
fen und andere Thiere dem Menschen sehr na-
he kämen; also wäre so vielmehr wunderns-
werth/ daß diese Meerwunder auch uns Men-
schen im Ober-Leibe so ähnlich schienen. Man
hätte derer in Griechen-Land/ Welschland/ A-
frica und an vielen andern Orten gesehen. Ja
bey den Batavern wäre für d[ri]ttehalb hun-
dert Jahren eine gefüßete Sirene/ welche so
gar am Rocken spinnen lernen/ und ein Meer-
Mann ohne Schwantz in dem Cimbrischen
Meere für funffzig Jahren mit einem Seile
gefangen worden. Zeno betheuerte/ daß er in
Jndien derogleichen für die gewisseste Wahr-
heit gehöret hätte; und in Griechenland wüste
man auch viel von Sirenen/ welche im Un-
terleibe Vögel abbildeten/ zu sagen. Hiermit
erzehlte er ferner/ daß sie nach einer dreyßig tä-
gichten Schiffarth an der eussersten Spitze des
rothen Meeres in den Hafen der Stadt Arsi-
nde eingelauffen wären/ welche Stadt zwar
Landwärts in einem unfruchtbaren Sand-
[Spaltenumbruch] Meere läge/ aber wegen seines Handels mit
den Schätzen der Morgenländer gleichsam an-
gefüllet wäre. Dar hätte sie der Käyserliche
Stadthalter ansehnlich bewillkommt/ und auff
einer Menge Kamelen nach Heliopolis führen
lassen/ allwo Cornelius Gallus nebst die zwölff
ersten berühmten Sonnen-Spitzen/ die Könige
Manufftar/ Sotis/ Psammetich und Seso-
stris der Sonnen zu Ehren auffgerichtet/ und
mit vielen in ihren mit vielfärbichten Tropffen
gleichsam besprenckeltem Thebaischen Marmel
gegrabenen Sinnbildern ausgezieret hatten/
auch zu grossem Wunder von dem wütenden
Cambyses nicht zerschmettert waren/ eine gleich-
mäßige ihm hatte auffsetzen/ ja in die glatte
Sonnen-Spitze die Manfenkur des Sesostris
Sohn auffgethürmet/ sein Bildnis hauen/ und
in den Fuß schreiben lassen:

Egypten lerne nun viel größre Spitzcn bauen/
Als diese/ welche solln der Sonnen Finger seyn;
Du hast auff Erden itzt mehr Sonnen anzuschauen/
Für welchen diese kaum geringe Zehen seyn.
Läßt Cäsars Bild sich auch gleich in Porphir noch hauen/
So heischt des Gallus Ruhm doch einen edlern Stein.
Denn ist August dein Fürst/ weil er dich überwunden/
So hast am Gallus du erst einen Vater funden.

Hertzog Herrmann fing hierüber lachende
an: Es wäre sich über die Pracht dieser grossen
Steine/ welche/ wie er selbst zu Alexandria ge-
sehen/ meist mit viererley Feuer/ Lufft/ Wasser
und Erde gleichsam abgebildeten Flecken be-
streuet/ und desthalben der in diesen vier Uhrwe-
sen kräfftig würckenden Sonne gewiedmet wä-
ren; nichts minder auch über die künstliche Fort-
bringung/ da man nehmlich aus dem Nile ab-
sonderliche Wasserfarthen biß zu dem Thebai-
schen Gebürge gegraben/ und Anfangs mit
Steinen zweyfach beladene Schiffe unter die
mit beyden Ecken am Ufer aufliegende Spi-
tzen geführet/ hernach durch die Erleichterten
auffgehoben/ und an den bestimmten Ort ge-
bracht hat; am allermeisten aber über die ver-
messene Uberschrifft des hochmüthigen Gallus

zu

Fuͤnfftes Buch
[Spaltenumbruch] in Jndien an dem Fluſſe Kinxa von einer durch
Schiffbruch an den Seeſtrand geworffener
Jungfrau/ die ein Hund beſchlaffen haͤtte/ ent-
ſproſſen ſeyn wolte; ſo ſchiene ihm doch dieſes
alles unglaublich zu ſeyn/ und hielten die be-
wehrteſten Naturkuͤndiger darfuͤr/ daß aus
Menſchen und Vieh durch ordentlichen Lauff
der Natur kein Thier/ am wenigſten aber ein
Menſch gezeuget werden koͤnne. Daher die
Sirenen ungezweiffelt ſo wohl als die Saty-
ren (da es anders derer iemahls wahrhafftig ge-
geben) oder auch als die Affen fuͤr eine beſonde-
re Art der Thiere zu halten waͤren. Denn wie
in dem Meere Fiſche zu finden/ die von ihrer
Aehnligkeit den Nahmen des Monden und der
Sternen bekaͤmen/ die mit ihrem Fluge den
Vogeln ſich gleichten/ andere den Titel der Neſ-
ſel und anderer Kraͤuter fuͤhrten; in dem Meere
Baͤume und Stauden ſo wohl als auff der Er-
de wuͤchſen; viel See-Thiere den Loͤwen/ Kuͤhen/
Pferden/ Kaͤlbern und Woͤlffen/ ja auch die Af-
fen und andere Thiere dem Menſchen ſehr na-
he kaͤmen; alſo waͤre ſo vielmehr wunderns-
werth/ daß dieſe Meerwunder auch uns Men-
ſchen im Ober-Leibe ſo aͤhnlich ſchienen. Man
haͤtte derer in Griechen-Land/ Welſchland/ A-
frica und an vielen andern Orten geſehen. Ja
bey den Batavern waͤre fuͤr d[ri]ttehalb hun-
dert Jahren eine gefuͤßete Sirene/ welche ſo
gar am Rocken ſpinnen lernen/ und ein Meer-
Mann ohne Schwantz in dem Cimbriſchen
Meere fuͤr funffzig Jahren mit einem Seile
gefangen worden. Zeno betheuerte/ daß er in
Jndien derogleichen fuͤr die gewiſſeſte Wahr-
heit gehoͤret haͤtte; und in Griechenland wuͤſte
man auch viel von Sirenen/ welche im Un-
terleibe Voͤgel abbildeten/ zu ſagen. Hiermit
erzehlte er ferner/ daß ſie nach einer dreyßig taͤ-
gichten Schiffarth an der euſſerſten Spitze des
rothen Meeres in den Hafen der Stadt Arſi-
nde eingelauffen waͤren/ welche Stadt zwar
Landwaͤrts in einem unfruchtbaren Sand-
[Spaltenumbruch] Meere laͤge/ aber wegen ſeines Handels mit
den Schaͤtzen der Morgenlaͤnder gleichſam an-
gefuͤllet waͤre. Dar haͤtte ſie der Kaͤyſerliche
Stadthalter anſehnlich bewillkommt/ und auff
einer Menge Kamelen nach Heliopolis fuͤhren
laſſen/ allwo Cornelius Gallus nebſt die zwoͤlff
erſten beruͤhmten Sonnen-Spitzen/ die Koͤnige
Manufftar/ Sotis/ Pſammetich und Seſo-
ſtris der Sonnen zu Ehren auffgerichtet/ und
mit vielen in ihren mit vielfaͤrbichten Tropffen
gleichſam beſprenckeltem Thebaiſchen Marmel
gegrabenen Sinnbildern ausgezieret hatten/
auch zu groſſem Wunder von dem wuͤtenden
Cambyſes nicht zerſchmettert waren/ eine gleich-
maͤßige ihm hatte auffſetzen/ ja in die glatte
Sonnen-Spitze die Manfenkur des Seſoſtris
Sohn auffgethuͤrmet/ ſein Bildnis hauen/ und
in den Fuß ſchreiben laſſen:

Egypten lerne nun viel groͤßre Spitzcn bauen/
Als dieſe/ welche ſolln der Sonnen Finger ſeyn;
Du haſt auff Erden itzt mehr Sonnen anzuſchauen/
Fuͤr welchen dieſe kaum geringe Zehen ſeyn.
Laͤßt Caͤſars Bild ſich auch gleich in Porphir noch hauen/
So heiſcht des Gallus Ruhm doch einen edlern Stein.
Denn iſt Auguſt dein Fuͤrſt/ weil er dich uͤberwunden/
So haſt am Gallus du erſt einen Vater funden.

Hertzog Herrmann fing hieruͤber lachende
an: Es waͤre ſich uͤber die Pracht dieſer groſſen
Steine/ welche/ wie er ſelbſt zu Alexandria ge-
ſehen/ meiſt mit viererley Feuer/ Lufft/ Waſſer
und Erde gleichſam abgebildeten Flecken be-
ſtreuet/ und deſthalben der in dieſen vier Uhrwe-
ſen kraͤfftig wuͤrckenden Sonne gewiedmet waͤ-
ren; nichts minder auch uͤber die kuͤnſtliche Fort-
bringung/ da man nehmlich aus dem Nile ab-
ſonderliche Waſſerfarthen biß zu dem Thebai-
ſchen Gebuͤrge gegraben/ und Anfangs mit
Steinen zweyfach beladene Schiffe unter die
mit beyden Ecken am Ufer aufliegende Spi-
tzen gefuͤhret/ hernach durch die Erleichterten
auffgehoben/ und an den beſtimmten Ort ge-
bracht hat; am allermeiſten aber uͤber die ver-
meſſene Uberſchrifft des hochmuͤthigen Gallus

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[674/0730] Fuͤnfftes Buch in Jndien an dem Fluſſe Kinxa von einer durch Schiffbruch an den Seeſtrand geworffener Jungfrau/ die ein Hund beſchlaffen haͤtte/ ent- ſproſſen ſeyn wolte; ſo ſchiene ihm doch dieſes alles unglaublich zu ſeyn/ und hielten die be- wehrteſten Naturkuͤndiger darfuͤr/ daß aus Menſchen und Vieh durch ordentlichen Lauff der Natur kein Thier/ am wenigſten aber ein Menſch gezeuget werden koͤnne. Daher die Sirenen ungezweiffelt ſo wohl als die Saty- ren (da es anders derer iemahls wahrhafftig ge- geben) oder auch als die Affen fuͤr eine beſonde- re Art der Thiere zu halten waͤren. Denn wie in dem Meere Fiſche zu finden/ die von ihrer Aehnligkeit den Nahmen des Monden und der Sternen bekaͤmen/ die mit ihrem Fluge den Vogeln ſich gleichten/ andere den Titel der Neſ- ſel und anderer Kraͤuter fuͤhrten; in dem Meere Baͤume und Stauden ſo wohl als auff der Er- de wuͤchſen; viel See-Thiere den Loͤwen/ Kuͤhen/ Pferden/ Kaͤlbern und Woͤlffen/ ja auch die Af- fen und andere Thiere dem Menſchen ſehr na- he kaͤmen; alſo waͤre ſo vielmehr wunderns- werth/ daß dieſe Meerwunder auch uns Men- ſchen im Ober-Leibe ſo aͤhnlich ſchienen. Man haͤtte derer in Griechen-Land/ Welſchland/ A- frica und an vielen andern Orten geſehen. Ja bey den Batavern waͤre fuͤr drittehalb hun- dert Jahren eine gefuͤßete Sirene/ welche ſo gar am Rocken ſpinnen lernen/ und ein Meer- Mann ohne Schwantz in dem Cimbriſchen Meere fuͤr funffzig Jahren mit einem Seile gefangen worden. Zeno betheuerte/ daß er in Jndien derogleichen fuͤr die gewiſſeſte Wahr- heit gehoͤret haͤtte; und in Griechenland wuͤſte man auch viel von Sirenen/ welche im Un- terleibe Voͤgel abbildeten/ zu ſagen. Hiermit erzehlte er ferner/ daß ſie nach einer dreyßig taͤ- gichten Schiffarth an der euſſerſten Spitze des rothen Meeres in den Hafen der Stadt Arſi- nde eingelauffen waͤren/ welche Stadt zwar Landwaͤrts in einem unfruchtbaren Sand- Meere laͤge/ aber wegen ſeines Handels mit den Schaͤtzen der Morgenlaͤnder gleichſam an- gefuͤllet waͤre. Dar haͤtte ſie der Kaͤyſerliche Stadthalter anſehnlich bewillkommt/ und auff einer Menge Kamelen nach Heliopolis fuͤhren laſſen/ allwo Cornelius Gallus nebſt die zwoͤlff erſten beruͤhmten Sonnen-Spitzen/ die Koͤnige Manufftar/ Sotis/ Pſammetich und Seſo- ſtris der Sonnen zu Ehren auffgerichtet/ und mit vielen in ihren mit vielfaͤrbichten Tropffen gleichſam beſprenckeltem Thebaiſchen Marmel gegrabenen Sinnbildern ausgezieret hatten/ auch zu groſſem Wunder von dem wuͤtenden Cambyſes nicht zerſchmettert waren/ eine gleich- maͤßige ihm hatte auffſetzen/ ja in die glatte Sonnen-Spitze die Manfenkur des Seſoſtris Sohn auffgethuͤrmet/ ſein Bildnis hauen/ und in den Fuß ſchreiben laſſen: Egypten lerne nun viel groͤßre Spitzcn bauen/ Als dieſe/ welche ſolln der Sonnen Finger ſeyn; Du haſt auff Erden itzt mehr Sonnen anzuſchauen/ Fuͤr welchen dieſe kaum geringe Zehen ſeyn. Laͤßt Caͤſars Bild ſich auch gleich in Porphir noch hauen/ So heiſcht des Gallus Ruhm doch einen edlern Stein. Denn iſt Auguſt dein Fuͤrſt/ weil er dich uͤberwunden/ So haſt am Gallus du erſt einen Vater funden. Hertzog Herrmann fing hieruͤber lachende an: Es waͤre ſich uͤber die Pracht dieſer groſſen Steine/ welche/ wie er ſelbſt zu Alexandria ge- ſehen/ meiſt mit viererley Feuer/ Lufft/ Waſſer und Erde gleichſam abgebildeten Flecken be- ſtreuet/ und deſthalben der in dieſen vier Uhrwe- ſen kraͤfftig wuͤrckenden Sonne gewiedmet waͤ- ren; nichts minder auch uͤber die kuͤnſtliche Fort- bringung/ da man nehmlich aus dem Nile ab- ſonderliche Waſſerfarthen biß zu dem Thebai- ſchen Gebuͤrge gegraben/ und Anfangs mit Steinen zweyfach beladene Schiffe unter die mit beyden Ecken am Ufer aufliegende Spi- tzen gefuͤhret/ hernach durch die Erleichterten auffgehoben/ und an den beſtimmten Ort ge- bracht hat; am allermeiſten aber uͤber die ver- meſſene Uberſchrifft des hochmuͤthigen Gallus zu

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Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 674. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/730>, abgerufen am 22.11.2024.