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Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.

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Fünfftes Buch
[Spaltenumbruch] set. Denn wie kan einer glückseliger sterben;
als der mit seinem Tode die Warheit versie-
gelt/ dessen Todten-Fackeln andern ein Licht
ihres Lebens abgeben? Mag ein Kriegsknecht
für Erhaltung seines Vaterlands oder Für-
sten/ oder auch nur seines Befehlhabers sein
Leben in die Schantze setzen? Mag einer für
eines andern Freyheit sein Leben zur Geissel
verpfänden? Warum soll ich nicht so viel See-
len aus der Finsterniß zu reissen den übrigen kur-
tzen Faden meines Lebens abschneiden: daß er ih-
nen ein Wegweiser aus so verderblichem Jrr-
Garten sey? Cheremon/ Cheremon/ hastu auff
die Vielheit deiner Götter/ auff die Ewigkeit
der Welt ein solches Vertrauen/ daß du deine
Meinung mit der Tinte deines verspritzten
Blutes/ oder mit den Kohlen dieses Holtzstoßes
auffzeichnen wilst? Jst dir dein Leben nicht zu
lieb/ durch dessen Verachtung die Jrrenden zur
Warheit zu leiten? Hoffestu für so heilige Ent-
schlüssung von deinen Göttern nicht einen un-
verwelckenden Siegs-Krantz zu bekommen?
Mißgönnestu mir nicht die Ehre: daß ich durch
diese Flammen die Eitelkeit deiner/ und die Weiß-
heit meiner Lehre erhärte? Hierüber schwieg Zar-
mar eine gute Weile stille/ und sahe mit starren
Augen den nicht ferne vom Holtzstoß stehenden
Cheremon an; welcher aber sein Antlitz beschä-
met zu Bodem schlug. Worauff Zarmar fort
fuhr: Jch erfreue mich/ liebster Cheremon/ daß
du deinen Jrrthum erkennest. Es ist mensch-
lich/ irren; aber Viehisch/ seinem Jrrthume hart-
näckicht nachhängen. Hingegen nichts seliger/
als Gott zu Dienste und der Warheit zu steu-
er sterben. Warlich/ Cheremon/ ein tugendhaf-
tes Leben und ein solcher Todt ist der Zweck eures
Hierocles/ und die Bahn zur Vergötterung.
Diese/ Cheremon/ ist noch weit über der gestirn-
ten Milchstrasse/ über dem Zirckel des Monden
und der Sonnen; wo Egyptens und Griechen-
lands Weisen ihrer Vorgänger Seelen zu fin-
den vermeinen. Aber ach! was unterwindet
[Spaltenumbruch] sich meine Blindheit den Griechen für ein Licht
auffzustecken! Jch sehe die siebende Erscheinung
Gottes unter dem grossen Ramma und Kristna
für Augen/ und allen Völckern ein Licht auffge-
hen; für welchem unser Verstand Finsterniß/
unsere Weißheit Thorheit seyn/ der aber allhier
als unbekannt verehrte Gott offenbahr werden
wird. Nehmet zum Beweise dieser Warheit
nicht meine todten Worte/ sondern die völlige
Verstummung eurer Wahrsager-Geister an.
Denn von dieser Stunde an wird in der Welt kei-
ner mehr reden/ die gleich noch in ungebundener
Rede gleichsam nur noch gelallet haben. Es
wird keiner auch hinfort/ wie der zur Zeit des
Xerxes seine Antwort einziehende Branchidische
Apollo/ zu Alexanders Zeit wieder zu reden an-
fangen. Denn der Mund/ und das ewige Wort
Gottes bindet ihnen seine Zunge. Diesemnach
last euch nicht bereden: daß die Geister durch ei-
nen übrigen Regen ersäufft/ durch hefftigen
Donner ertäubt/ durch Erdbeben verjagt/ durch
Pesten getödtet/ durch Auffdampffungen der
Erde verstopft/ durch Verrückung der Gestirne
entkräfftet/ durch Verachtung erzürnet/ oder
ihre Priester bestochen sind. Sie verschwinden
für dem neuen Lichte der Völcker/ wie die Ster-
nen für der auffgehenden Sonne. Mit diesen
Worten griff er gleichsam gantz von allem Jrr-
dischen entzückt nach der hinter ihm liegenden
Fackel/ fuhr damit unter sich in den mit vielem
Hartzt angefüllten Holtzstoß/ goß hierauff einen
Krug voll köstlichen Oels und Balsams über
sein Haupt/ worvon alles in einem Augenblicke
in die Flamme gerieth/ die den nichts minder
hertzhafft als weisen Zarmar in den Augen so
vieler tausend sich verwundernden Zuschauer zu
Aschen verbrennte. Alles Volck preisete ihn
nicht nur als einen Weisen/ sondern als einen
Heiligen/ der Käyser ließ die Asche fleißig in ein
Gefässe von Porphir zusammen lesen/ als ein
besonderes Heiligthum in dem Tempel der Ce-
res verwahren/ und darbey in einen Marmel

graben:

Fuͤnfftes Buch
[Spaltenumbruch] ſet. Denn wie kan einer gluͤckſeliger ſterben;
als der mit ſeinem Tode die Warheit verſie-
gelt/ deſſen Todten-Fackeln andern ein Licht
ihres Lebens abgeben? Mag ein Kriegsknecht
fuͤr Erhaltung ſeines Vaterlands oder Fuͤr-
ſten/ oder auch nur ſeines Befehlhabers ſein
Leben in die Schantze ſetzen? Mag einer fuͤr
eines andern Freyheit ſein Leben zur Geiſſel
verpfaͤnden? Warum ſoll ich nicht ſo viel See-
len aus der Finſterniß zu reiſſen den uͤbrigen kuꝛ-
tzen Faden meines Lebens abſchneiden: daß er ih-
nen ein Wegweiſer aus ſo verderblichem Jrr-
Garten ſey? Cheremon/ Cheremon/ haſtu auff
die Vielheit deiner Goͤtter/ auff die Ewigkeit
der Welt ein ſolches Vertrauen/ daß du deine
Meinung mit der Tinte deines verſpritzten
Blutes/ oder mit den Kohlen dieſes Holtzſtoßes
auffzeichnen wilſt? Jſt dir dein Leben nicht zu
lieb/ durch deſſen Verachtung die Jrrenden zur
Warheit zu leiten? Hoffeſtu fuͤr ſo heilige Ent-
ſchluͤſſung von deinen Goͤttern nicht einen un-
verwelckenden Siegs-Krantz zu bekommen?
Mißgoͤnneſtu mir nicht die Ehre: daß ich durch
dieſe Flam̃en die Eitelkeit deiner/ und die Weiß-
heit meiner Lehre erhaͤrte? Hieruͤber ſchwieg Zar-
mar eine gute Weile ſtille/ und ſahe mit ſtarren
Augen den nicht ferne vom Holtzſtoß ſtehenden
Cheremon an; welcher aber ſein Antlitz beſchaͤ-
met zu Bodem ſchlug. Worauff Zarmar fort
fuhr: Jch erfreue mich/ liebſter Cheremon/ daß
du deinen Jrrthum erkenneſt. Es iſt menſch-
lich/ irren; aber Viehiſch/ ſeinem Jrrthume hart-
naͤckicht nachhaͤngen. Hingegen nichts ſeliger/
als Gott zu Dienſte und der Warheit zu ſteu-
er ſterben. Warlich/ Cheremon/ ein tugendhaf-
tes Leben und ein ſolcher Todt iſt der Zweck eures
Hierocles/ und die Bahn zur Vergoͤtterung.
Dieſe/ Cheremon/ iſt noch weit uͤber der geſtirn-
ten Milchſtraſſe/ uͤber dem Zirckel des Monden
und der Sonnen; wo Egyptens und Griechen-
lands Weiſen ihrer Vorgaͤnger Seelen zu fin-
den vermeinen. Aber ach! was unterwindet
[Spaltenumbruch] ſich meine Blindheit den Griechen fuͤr ein Licht
auffzuſtecken! Jch ſehe die ſiebende Erſcheinung
Gottes unter dem groſſen Ramma und Kriſtna
fuͤr Augen/ und allen Voͤlckern ein Licht auffge-
hen; fuͤr welchem unſer Verſtand Finſterniß/
unſere Weißheit Thorheit ſeyn/ der aber allhier
als unbekannt verehrte Gott offenbahr werden
wird. Nehmet zum Beweiſe dieſer Warheit
nicht meine todten Worte/ ſondern die voͤllige
Verſtummung eurer Wahrſager-Geiſter an.
Deñ von dieſer Stunde an wird in der Welt kei-
ner mehr reden/ die gleich noch in ungebundener
Rede gleichſam nur noch gelallet haben. Es
wird keiner auch hinfort/ wie der zur Zeit des
Xeꝛxes ſeine Antwoꝛt einziehende Branchidiſche
Apollo/ zu Alexanders Zeit wieder zu reden an-
fangen. Denn der Mund/ und das ewige Wort
Gottes bindet ihnen ſeine Zunge. Dieſemnach
laſt euch nicht bereden: daß die Geiſter durch ei-
nen uͤbrigen Regen erſaͤufft/ durch hefftigen
Donner ertaͤubt/ durch Erdbeben verjagt/ durch
Peſten getoͤdtet/ durch Auffdampffungen der
Erde verſtopft/ durch Verruͤckung der Geſtirne
entkraͤfftet/ durch Verachtung erzuͤrnet/ oder
ihre Prieſter beſtochen ſind. Sie verſchwinden
fuͤr dem neuen Lichte der Voͤlcker/ wie die Ster-
nen fuͤr der auffgehenden Sonne. Mit dieſen
Worten griff er gleichſam gantz von allem Jrr-
diſchen entzuͤckt nach der hinter ihm liegenden
Fackel/ fuhr damit unter ſich in den mit vielem
Hartzt angefuͤllten Holtzſtoß/ goß hierauff einen
Krug voll koͤſtlichen Oels und Balſams uͤber
ſein Haupt/ worvon alles in einem Augenblicke
in die Flamme gerieth/ die den nichts minder
hertzhafft als weiſen Zarmar in den Augen ſo
vieler tauſend ſich verwundernden Zuſchauer zu
Aſchen verbrennte. Alles Volck preiſete ihn
nicht nur als einen Weiſen/ ſondern als einen
Heiligen/ der Kaͤyſer ließ die Aſche fleißig in ein
Gefaͤſſe von Porphir zuſammen leſen/ als ein
beſonderes Heiligthum in dem Tempel der Ce-
res verwahren/ und darbey in einen Marmel

graben:
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[714/0770] Fuͤnfftes Buch ſet. Denn wie kan einer gluͤckſeliger ſterben; als der mit ſeinem Tode die Warheit verſie- gelt/ deſſen Todten-Fackeln andern ein Licht ihres Lebens abgeben? Mag ein Kriegsknecht fuͤr Erhaltung ſeines Vaterlands oder Fuͤr- ſten/ oder auch nur ſeines Befehlhabers ſein Leben in die Schantze ſetzen? Mag einer fuͤr eines andern Freyheit ſein Leben zur Geiſſel verpfaͤnden? Warum ſoll ich nicht ſo viel See- len aus der Finſterniß zu reiſſen den uͤbrigen kuꝛ- tzen Faden meines Lebens abſchneiden: daß er ih- nen ein Wegweiſer aus ſo verderblichem Jrr- Garten ſey? Cheremon/ Cheremon/ haſtu auff die Vielheit deiner Goͤtter/ auff die Ewigkeit der Welt ein ſolches Vertrauen/ daß du deine Meinung mit der Tinte deines verſpritzten Blutes/ oder mit den Kohlen dieſes Holtzſtoßes auffzeichnen wilſt? Jſt dir dein Leben nicht zu lieb/ durch deſſen Verachtung die Jrrenden zur Warheit zu leiten? Hoffeſtu fuͤr ſo heilige Ent- ſchluͤſſung von deinen Goͤttern nicht einen un- verwelckenden Siegs-Krantz zu bekommen? Mißgoͤnneſtu mir nicht die Ehre: daß ich durch dieſe Flam̃en die Eitelkeit deiner/ und die Weiß- heit meiner Lehre erhaͤrte? Hieruͤber ſchwieg Zar- mar eine gute Weile ſtille/ und ſahe mit ſtarren Augen den nicht ferne vom Holtzſtoß ſtehenden Cheremon an; welcher aber ſein Antlitz beſchaͤ- met zu Bodem ſchlug. Worauff Zarmar fort fuhr: Jch erfreue mich/ liebſter Cheremon/ daß du deinen Jrrthum erkenneſt. Es iſt menſch- lich/ irren; aber Viehiſch/ ſeinem Jrrthume hart- naͤckicht nachhaͤngen. Hingegen nichts ſeliger/ als Gott zu Dienſte und der Warheit zu ſteu- er ſterben. Warlich/ Cheremon/ ein tugendhaf- tes Leben und ein ſolcher Todt iſt der Zweck eures Hierocles/ und die Bahn zur Vergoͤtterung. Dieſe/ Cheremon/ iſt noch weit uͤber der geſtirn- ten Milchſtraſſe/ uͤber dem Zirckel des Monden und der Sonnen; wo Egyptens und Griechen- lands Weiſen ihrer Vorgaͤnger Seelen zu fin- den vermeinen. Aber ach! was unterwindet ſich meine Blindheit den Griechen fuͤr ein Licht auffzuſtecken! Jch ſehe die ſiebende Erſcheinung Gottes unter dem groſſen Ramma und Kriſtna fuͤr Augen/ und allen Voͤlckern ein Licht auffge- hen; fuͤr welchem unſer Verſtand Finſterniß/ unſere Weißheit Thorheit ſeyn/ der aber allhier als unbekannt verehrte Gott offenbahr werden wird. Nehmet zum Beweiſe dieſer Warheit nicht meine todten Worte/ ſondern die voͤllige Verſtummung eurer Wahrſager-Geiſter an. Deñ von dieſer Stunde an wird in der Welt kei- ner mehr reden/ die gleich noch in ungebundener Rede gleichſam nur noch gelallet haben. Es wird keiner auch hinfort/ wie der zur Zeit des Xeꝛxes ſeine Antwoꝛt einziehende Branchidiſche Apollo/ zu Alexanders Zeit wieder zu reden an- fangen. Denn der Mund/ und das ewige Wort Gottes bindet ihnen ſeine Zunge. Dieſemnach laſt euch nicht bereden: daß die Geiſter durch ei- nen uͤbrigen Regen erſaͤufft/ durch hefftigen Donner ertaͤubt/ durch Erdbeben verjagt/ durch Peſten getoͤdtet/ durch Auffdampffungen der Erde verſtopft/ durch Verruͤckung der Geſtirne entkraͤfftet/ durch Verachtung erzuͤrnet/ oder ihre Prieſter beſtochen ſind. Sie verſchwinden fuͤr dem neuen Lichte der Voͤlcker/ wie die Ster- nen fuͤr der auffgehenden Sonne. Mit dieſen Worten griff er gleichſam gantz von allem Jrr- diſchen entzuͤckt nach der hinter ihm liegenden Fackel/ fuhr damit unter ſich in den mit vielem Hartzt angefuͤllten Holtzſtoß/ goß hierauff einen Krug voll koͤſtlichen Oels und Balſams uͤber ſein Haupt/ worvon alles in einem Augenblicke in die Flamme gerieth/ die den nichts minder hertzhafft als weiſen Zarmar in den Augen ſo vieler tauſend ſich verwundernden Zuſchauer zu Aſchen verbrennte. Alles Volck preiſete ihn nicht nur als einen Weiſen/ ſondern als einen Heiligen/ der Kaͤyſer ließ die Aſche fleißig in ein Gefaͤſſe von Porphir zuſammen leſen/ als ein beſonderes Heiligthum in dem Tempel der Ce- res verwahren/ und darbey in einen Marmel graben:

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Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 714. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/770>, abgerufen am 29.06.2024.