Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.

Bild:
<< vorherige Seite

Fünfftes Buch
[Spaltenumbruch] set. Denn wie kan einer glückseliger sterben;
als der mit seinem Tode die Warheit versie-
gelt/ dessen Todten-Fackeln andern ein Licht
ihres Lebens abgeben? Mag ein Kriegsknecht
für Erhaltung seines Vaterlands oder Für-
sten/ oder auch nur seines Befehlhabers sein
Leben in die Schantze setzen? Mag einer für
eines andern Freyheit sein Leben zur Geissel
verpfänden? Warum soll ich nicht so viel See-
len aus der Finsterniß zu reissen den übrigen kur-
tzen Faden meines Lebens abschneiden: daß er ih-
nen ein Wegweiser aus so verderblichem Jrr-
Garten sey? Cheremon/ Cheremon/ hastu auff
die Vielheit deiner Götter/ auff die Ewigkeit
der Welt ein solches Vertrauen/ daß du deine
Meinung mit der Tinte deines verspritzten
Blutes/ oder mit den Kohlen dieses Holtzstoßes
auffzeichnen wilst? Jst dir dein Leben nicht zu
lieb/ durch dessen Verachtung die Jrrenden zur
Warheit zu leiten? Hoffestu für so heilige Ent-
schlüssung von deinen Göttern nicht einen un-
verwelckenden Siegs-Krantz zu bekommen?
Mißgönnestu mir nicht die Ehre: daß ich durch
diese Flammen die Eitelkeit deiner/ und die Weiß-
heit meiner Lehre erhärte? Hierüber schwieg Zar-
mar eine gute Weile stille/ und sahe mit starren
Augen den nicht ferne vom Holtzstoß stehenden
Cheremon an; welcher aber sein Antlitz beschä-
met zu Bodem schlug. Worauff Zarmar fort
fuhr: Jch erfreue mich/ liebster Cheremon/ daß
du deinen Jrrthum erkennest. Es ist mensch-
lich/ irren; aber Viehisch/ seinem Jrrthume hart-
näckicht nachhängen. Hingegen nichts seliger/
als Gott zu Dienste und der Warheit zu steu-
er sterben. Warlich/ Cheremon/ ein tugendhaf-
tes Leben und ein solcher Todt ist der Zweck eures
Hierocles/ und die Bahn zur Vergötterung.
Diese/ Cheremon/ ist noch weit über der gestirn-
ten Milchstrasse/ über dem Zirckel des Monden
und der Sonnen; wo Egyptens und Griechen-
lands Weisen ihrer Vorgänger Seelen zu fin-
den vermeinen. Aber ach! was unterwindet
[Spaltenumbruch] sich meine Blindheit den Griechen für ein Licht
auffzustecken! Jch sehe die siebende Erscheinung
Gottes unter dem grossen Ramma und Kristna
für Augen/ und allen Völckern ein Licht auffge-
hen; für welchem unser Verstand Finsterniß/
unsere Weißheit Thorheit seyn/ der aber allhier
als unbekannt verehrte Gott offenbahr werden
wird. Nehmet zum Beweise dieser Warheit
nicht meine todten Worte/ sondern die völlige
Verstummung eurer Wahrsager-Geister an.
Denn von dieser Stunde an wird in der Welt kei-
ner mehr reden/ die gleich noch in ungebundener
Rede gleichsam nur noch gelallet haben. Es
wird keiner auch hinfort/ wie der zur Zeit des
Xerxes seine Antwort einziehende Branchidische
Apollo/ zu Alexanders Zeit wieder zu reden an-
fangen. Denn der Mund/ und das ewige Wort
Gottes bindet ihnen seine Zunge. Diesemnach
last euch nicht bereden: daß die Geister durch ei-
nen übrigen Regen ersäufft/ durch hefftigen
Donner ertäubt/ durch Erdbeben verjagt/ durch
Pesten getödtet/ durch Auffdampffungen der
Erde verstopft/ durch Verrückung der Gestirne
entkräfftet/ durch Verachtung erzürnet/ oder
ihre Priester bestochen sind. Sie verschwinden
für dem neuen Lichte der Völcker/ wie die Ster-
nen für der auffgehenden Sonne. Mit diesen
Worten griff er gleichsam gantz von allem Jrr-
dischen entzückt nach der hinter ihm liegenden
Fackel/ fuhr damit unter sich in den mit vielem
Hartzt angefüllten Holtzstoß/ goß hierauff einen
Krug voll köstlichen Oels und Balsams über
sein Haupt/ worvon alles in einem Augenblicke
in die Flamme gerieth/ die den nichts minder
hertzhafft als weisen Zarmar in den Augen so
vieler tausend sich verwundernden Zuschauer zu
Aschen verbrennte. Alles Volck preisete ihn
nicht nur als einen Weisen/ sondern als einen
Heiligen/ der Käyser ließ die Asche fleißig in ein
Gefässe von Porphir zusammen lesen/ als ein
besonderes Heiligthum in dem Tempel der Ce-
res verwahren/ und darbey in einen Marmel

graben:

Fuͤnfftes Buch
[Spaltenumbruch] ſet. Denn wie kan einer gluͤckſeliger ſterben;
als der mit ſeinem Tode die Warheit verſie-
gelt/ deſſen Todten-Fackeln andern ein Licht
ihres Lebens abgeben? Mag ein Kriegsknecht
fuͤr Erhaltung ſeines Vaterlands oder Fuͤr-
ſten/ oder auch nur ſeines Befehlhabers ſein
Leben in die Schantze ſetzen? Mag einer fuͤr
eines andern Freyheit ſein Leben zur Geiſſel
verpfaͤnden? Warum ſoll ich nicht ſo viel See-
len aus der Finſterniß zu reiſſen den uͤbrigen kuꝛ-
tzen Faden meines Lebens abſchneiden: daß er ih-
nen ein Wegweiſer aus ſo verderblichem Jrr-
Garten ſey? Cheremon/ Cheremon/ haſtu auff
die Vielheit deiner Goͤtter/ auff die Ewigkeit
der Welt ein ſolches Vertrauen/ daß du deine
Meinung mit der Tinte deines verſpritzten
Blutes/ oder mit den Kohlen dieſes Holtzſtoßes
auffzeichnen wilſt? Jſt dir dein Leben nicht zu
lieb/ durch deſſen Verachtung die Jrrenden zur
Warheit zu leiten? Hoffeſtu fuͤr ſo heilige Ent-
ſchluͤſſung von deinen Goͤttern nicht einen un-
verwelckenden Siegs-Krantz zu bekommen?
Mißgoͤnneſtu mir nicht die Ehre: daß ich durch
dieſe Flam̃en die Eitelkeit deiner/ und die Weiß-
heit meiner Lehre erhaͤrte? Hieruͤber ſchwieg Zar-
mar eine gute Weile ſtille/ und ſahe mit ſtarren
Augen den nicht ferne vom Holtzſtoß ſtehenden
Cheremon an; welcher aber ſein Antlitz beſchaͤ-
met zu Bodem ſchlug. Worauff Zarmar fort
fuhr: Jch erfreue mich/ liebſter Cheremon/ daß
du deinen Jrrthum erkenneſt. Es iſt menſch-
lich/ irren; aber Viehiſch/ ſeinem Jrrthume hart-
naͤckicht nachhaͤngen. Hingegen nichts ſeliger/
als Gott zu Dienſte und der Warheit zu ſteu-
er ſterben. Warlich/ Cheremon/ ein tugendhaf-
tes Leben und ein ſolcher Todt iſt der Zweck eures
Hierocles/ und die Bahn zur Vergoͤtterung.
Dieſe/ Cheremon/ iſt noch weit uͤber der geſtirn-
ten Milchſtraſſe/ uͤber dem Zirckel des Monden
und der Sonnen; wo Egyptens und Griechen-
lands Weiſen ihrer Vorgaͤnger Seelen zu fin-
den vermeinen. Aber ach! was unterwindet
[Spaltenumbruch] ſich meine Blindheit den Griechen fuͤr ein Licht
auffzuſtecken! Jch ſehe die ſiebende Erſcheinung
Gottes unter dem groſſen Ramma und Kriſtna
fuͤr Augen/ und allen Voͤlckern ein Licht auffge-
hen; fuͤr welchem unſer Verſtand Finſterniß/
unſere Weißheit Thorheit ſeyn/ der aber allhier
als unbekannt verehrte Gott offenbahr werden
wird. Nehmet zum Beweiſe dieſer Warheit
nicht meine todten Worte/ ſondern die voͤllige
Verſtummung eurer Wahrſager-Geiſter an.
Deñ von dieſer Stunde an wird in der Welt kei-
ner mehr reden/ die gleich noch in ungebundener
Rede gleichſam nur noch gelallet haben. Es
wird keiner auch hinfort/ wie der zur Zeit des
Xeꝛxes ſeine Antwoꝛt einziehende Branchidiſche
Apollo/ zu Alexanders Zeit wieder zu reden an-
fangen. Denn der Mund/ und das ewige Wort
Gottes bindet ihnen ſeine Zunge. Dieſemnach
laſt euch nicht bereden: daß die Geiſter durch ei-
nen uͤbrigen Regen erſaͤufft/ durch hefftigen
Donner ertaͤubt/ durch Erdbeben verjagt/ durch
Peſten getoͤdtet/ durch Auffdampffungen der
Erde verſtopft/ durch Verruͤckung der Geſtirne
entkraͤfftet/ durch Verachtung erzuͤrnet/ oder
ihre Prieſter beſtochen ſind. Sie verſchwinden
fuͤr dem neuen Lichte der Voͤlcker/ wie die Ster-
nen fuͤr der auffgehenden Sonne. Mit dieſen
Worten griff er gleichſam gantz von allem Jrr-
diſchen entzuͤckt nach der hinter ihm liegenden
Fackel/ fuhr damit unter ſich in den mit vielem
Hartzt angefuͤllten Holtzſtoß/ goß hierauff einen
Krug voll koͤſtlichen Oels und Balſams uͤber
ſein Haupt/ worvon alles in einem Augenblicke
in die Flamme gerieth/ die den nichts minder
hertzhafft als weiſen Zarmar in den Augen ſo
vieler tauſend ſich verwundernden Zuſchauer zu
Aſchen verbrennte. Alles Volck preiſete ihn
nicht nur als einen Weiſen/ ſondern als einen
Heiligen/ der Kaͤyſer ließ die Aſche fleißig in ein
Gefaͤſſe von Porphir zuſammen leſen/ als ein
beſonderes Heiligthum in dem Tempel der Ce-
res verwahren/ und darbey in einen Marmel

graben:
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0770" n="714"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Fu&#x0364;nfftes Buch</hi></fw><lb/><cb/>
&#x017F;et. Denn wie kan einer glu&#x0364;ck&#x017F;eliger &#x017F;terben;<lb/>
als der mit &#x017F;einem Tode die Warheit ver&#x017F;ie-<lb/>
gelt/ de&#x017F;&#x017F;en Todten-Fackeln andern ein Licht<lb/>
ihres Lebens abgeben? Mag ein Kriegsknecht<lb/>
fu&#x0364;r Erhaltung &#x017F;eines Vaterlands oder Fu&#x0364;r-<lb/>
&#x017F;ten/ oder auch nur &#x017F;eines Befehlhabers &#x017F;ein<lb/>
Leben in die Schantze &#x017F;etzen? Mag einer fu&#x0364;r<lb/>
eines andern Freyheit &#x017F;ein Leben zur Gei&#x017F;&#x017F;el<lb/>
verpfa&#x0364;nden? Warum &#x017F;oll ich nicht &#x017F;o viel See-<lb/>
len aus der Fin&#x017F;terniß zu rei&#x017F;&#x017F;en den u&#x0364;brigen ku&#xA75B;-<lb/>
tzen Faden meines Lebens ab&#x017F;chneiden: daß er ih-<lb/>
nen ein Wegwei&#x017F;er aus &#x017F;o verderblichem Jrr-<lb/>
Garten &#x017F;ey? Cheremon/ Cheremon/ ha&#x017F;tu auff<lb/>
die Vielheit deiner Go&#x0364;tter/ auff die Ewigkeit<lb/>
der Welt ein &#x017F;olches Vertrauen/ daß du deine<lb/>
Meinung mit der Tinte deines ver&#x017F;pritzten<lb/>
Blutes/ oder mit den Kohlen die&#x017F;es Holtz&#x017F;toßes<lb/>
auffzeichnen wil&#x017F;t? J&#x017F;t dir dein Leben nicht zu<lb/>
lieb/ durch de&#x017F;&#x017F;en Verachtung die Jrrenden zur<lb/>
Warheit zu leiten? Hoffe&#x017F;tu fu&#x0364;r &#x017F;o heilige Ent-<lb/>
&#x017F;chlu&#x0364;&#x017F;&#x017F;ung von deinen Go&#x0364;ttern nicht einen un-<lb/>
verwelckenden Siegs-Krantz zu bekommen?<lb/>
Mißgo&#x0364;nne&#x017F;tu mir nicht die Ehre: daß ich durch<lb/>
die&#x017F;e Flam&#x0303;en die Eitelkeit deiner/ und die Weiß-<lb/>
heit meiner Lehre erha&#x0364;rte? Hieru&#x0364;ber &#x017F;chwieg Zar-<lb/>
mar eine gute Weile &#x017F;tille/ und &#x017F;ahe mit &#x017F;tarren<lb/>
Augen den nicht ferne vom Holtz&#x017F;toß &#x017F;tehenden<lb/>
Cheremon an; welcher aber &#x017F;ein Antlitz be&#x017F;cha&#x0364;-<lb/>
met zu Bodem &#x017F;chlug. Worauff Zarmar fort<lb/>
fuhr: Jch erfreue mich/ lieb&#x017F;ter Cheremon/ daß<lb/>
du deinen Jrrthum erkenne&#x017F;t. Es i&#x017F;t men&#x017F;ch-<lb/>
lich/ irren; aber Viehi&#x017F;ch/ &#x017F;einem Jrrthume hart-<lb/>
na&#x0364;ckicht nachha&#x0364;ngen. Hingegen nichts &#x017F;eliger/<lb/>
als Gott zu Dien&#x017F;te und der Warheit zu &#x017F;teu-<lb/>
er &#x017F;terben. Warlich/ Cheremon/ ein tugendhaf-<lb/>
tes Leben und ein &#x017F;olcher Todt i&#x017F;t der Zweck eures<lb/>
Hierocles/ und die Bahn zur Vergo&#x0364;tterung.<lb/>
Die&#x017F;e/ Cheremon/ i&#x017F;t noch weit u&#x0364;ber der ge&#x017F;tirn-<lb/>
ten Milch&#x017F;tra&#x017F;&#x017F;e/ u&#x0364;ber dem Zirckel des Monden<lb/>
und der Sonnen; wo Egyptens und Griechen-<lb/>
lands Wei&#x017F;en ihrer Vorga&#x0364;nger Seelen zu fin-<lb/>
den vermeinen. Aber ach! was unterwindet<lb/><cb/>
&#x017F;ich meine Blindheit den Griechen fu&#x0364;r ein Licht<lb/>
auffzu&#x017F;tecken! Jch &#x017F;ehe die &#x017F;iebende Er&#x017F;cheinung<lb/>
Gottes unter dem gro&#x017F;&#x017F;en Ramma und Kri&#x017F;tna<lb/>
fu&#x0364;r Augen/ und allen Vo&#x0364;lckern ein Licht auffge-<lb/>
hen; fu&#x0364;r welchem un&#x017F;er Ver&#x017F;tand Fin&#x017F;terniß/<lb/>
un&#x017F;ere Weißheit Thorheit &#x017F;eyn/ der aber allhier<lb/>
als unbekannt verehrte Gott offenbahr werden<lb/>
wird. Nehmet zum Bewei&#x017F;e die&#x017F;er Warheit<lb/>
nicht meine todten Worte/ &#x017F;ondern die vo&#x0364;llige<lb/>
Ver&#x017F;tummung eurer Wahr&#x017F;ager-Gei&#x017F;ter an.<lb/>
Den&#x0303; von die&#x017F;er Stunde an wird in der Welt kei-<lb/>
ner mehr reden/ die gleich noch in ungebundener<lb/>
Rede gleich&#x017F;am nur noch gelallet haben. Es<lb/>
wird keiner auch hinfort/ wie der zur Zeit des<lb/>
Xe&#xA75B;xes &#x017F;eine Antwo&#xA75B;t einziehende Branchidi&#x017F;che<lb/>
Apollo/ zu Alexanders Zeit wieder zu reden an-<lb/>
fangen. Denn der Mund/ und das ewige Wort<lb/>
Gottes bindet ihnen &#x017F;eine Zunge. Die&#x017F;emnach<lb/>
la&#x017F;t euch nicht bereden: daß die Gei&#x017F;ter durch ei-<lb/>
nen u&#x0364;brigen Regen er&#x017F;a&#x0364;ufft/ durch hefftigen<lb/>
Donner erta&#x0364;ubt/ durch Erdbeben verjagt/ durch<lb/>
Pe&#x017F;ten geto&#x0364;dtet/ durch Auffdampffungen der<lb/>
Erde ver&#x017F;topft/ durch Verru&#x0364;ckung der Ge&#x017F;tirne<lb/>
entkra&#x0364;fftet/ durch Verachtung erzu&#x0364;rnet/ oder<lb/>
ihre Prie&#x017F;ter be&#x017F;tochen &#x017F;ind. Sie ver&#x017F;chwinden<lb/>
fu&#x0364;r dem neuen Lichte der Vo&#x0364;lcker/ wie die Ster-<lb/>
nen fu&#x0364;r der auffgehenden Sonne. Mit die&#x017F;en<lb/>
Worten griff er gleich&#x017F;am gantz von allem Jrr-<lb/>
di&#x017F;chen entzu&#x0364;ckt nach der hinter ihm liegenden<lb/>
Fackel/ fuhr damit unter &#x017F;ich in den mit vielem<lb/>
Hartzt angefu&#x0364;llten Holtz&#x017F;toß/ goß hierauff einen<lb/>
Krug voll ko&#x0364;&#x017F;tlichen Oels und Bal&#x017F;ams u&#x0364;ber<lb/>
&#x017F;ein Haupt/ worvon alles in einem Augenblicke<lb/>
in die Flamme gerieth/ die den nichts minder<lb/>
hertzhafft als wei&#x017F;en Zarmar in den Augen &#x017F;o<lb/>
vieler tau&#x017F;end &#x017F;ich verwundernden Zu&#x017F;chauer zu<lb/>
A&#x017F;chen verbrennte. Alles Volck prei&#x017F;ete ihn<lb/>
nicht nur als einen Wei&#x017F;en/ &#x017F;ondern als einen<lb/>
Heiligen/ der Ka&#x0364;y&#x017F;er ließ die A&#x017F;che fleißig in ein<lb/>
Gefa&#x0364;&#x017F;&#x017F;e von Porphir zu&#x017F;ammen le&#x017F;en/ als ein<lb/>
be&#x017F;onderes Heiligthum in dem Tempel der Ce-<lb/>
res verwahren/ und darbey in einen Marmel<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">graben:</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[714/0770] Fuͤnfftes Buch ſet. Denn wie kan einer gluͤckſeliger ſterben; als der mit ſeinem Tode die Warheit verſie- gelt/ deſſen Todten-Fackeln andern ein Licht ihres Lebens abgeben? Mag ein Kriegsknecht fuͤr Erhaltung ſeines Vaterlands oder Fuͤr- ſten/ oder auch nur ſeines Befehlhabers ſein Leben in die Schantze ſetzen? Mag einer fuͤr eines andern Freyheit ſein Leben zur Geiſſel verpfaͤnden? Warum ſoll ich nicht ſo viel See- len aus der Finſterniß zu reiſſen den uͤbrigen kuꝛ- tzen Faden meines Lebens abſchneiden: daß er ih- nen ein Wegweiſer aus ſo verderblichem Jrr- Garten ſey? Cheremon/ Cheremon/ haſtu auff die Vielheit deiner Goͤtter/ auff die Ewigkeit der Welt ein ſolches Vertrauen/ daß du deine Meinung mit der Tinte deines verſpritzten Blutes/ oder mit den Kohlen dieſes Holtzſtoßes auffzeichnen wilſt? Jſt dir dein Leben nicht zu lieb/ durch deſſen Verachtung die Jrrenden zur Warheit zu leiten? Hoffeſtu fuͤr ſo heilige Ent- ſchluͤſſung von deinen Goͤttern nicht einen un- verwelckenden Siegs-Krantz zu bekommen? Mißgoͤnneſtu mir nicht die Ehre: daß ich durch dieſe Flam̃en die Eitelkeit deiner/ und die Weiß- heit meiner Lehre erhaͤrte? Hieruͤber ſchwieg Zar- mar eine gute Weile ſtille/ und ſahe mit ſtarren Augen den nicht ferne vom Holtzſtoß ſtehenden Cheremon an; welcher aber ſein Antlitz beſchaͤ- met zu Bodem ſchlug. Worauff Zarmar fort fuhr: Jch erfreue mich/ liebſter Cheremon/ daß du deinen Jrrthum erkenneſt. Es iſt menſch- lich/ irren; aber Viehiſch/ ſeinem Jrrthume hart- naͤckicht nachhaͤngen. Hingegen nichts ſeliger/ als Gott zu Dienſte und der Warheit zu ſteu- er ſterben. Warlich/ Cheremon/ ein tugendhaf- tes Leben und ein ſolcher Todt iſt der Zweck eures Hierocles/ und die Bahn zur Vergoͤtterung. Dieſe/ Cheremon/ iſt noch weit uͤber der geſtirn- ten Milchſtraſſe/ uͤber dem Zirckel des Monden und der Sonnen; wo Egyptens und Griechen- lands Weiſen ihrer Vorgaͤnger Seelen zu fin- den vermeinen. Aber ach! was unterwindet ſich meine Blindheit den Griechen fuͤr ein Licht auffzuſtecken! Jch ſehe die ſiebende Erſcheinung Gottes unter dem groſſen Ramma und Kriſtna fuͤr Augen/ und allen Voͤlckern ein Licht auffge- hen; fuͤr welchem unſer Verſtand Finſterniß/ unſere Weißheit Thorheit ſeyn/ der aber allhier als unbekannt verehrte Gott offenbahr werden wird. Nehmet zum Beweiſe dieſer Warheit nicht meine todten Worte/ ſondern die voͤllige Verſtummung eurer Wahrſager-Geiſter an. Deñ von dieſer Stunde an wird in der Welt kei- ner mehr reden/ die gleich noch in ungebundener Rede gleichſam nur noch gelallet haben. Es wird keiner auch hinfort/ wie der zur Zeit des Xeꝛxes ſeine Antwoꝛt einziehende Branchidiſche Apollo/ zu Alexanders Zeit wieder zu reden an- fangen. Denn der Mund/ und das ewige Wort Gottes bindet ihnen ſeine Zunge. Dieſemnach laſt euch nicht bereden: daß die Geiſter durch ei- nen uͤbrigen Regen erſaͤufft/ durch hefftigen Donner ertaͤubt/ durch Erdbeben verjagt/ durch Peſten getoͤdtet/ durch Auffdampffungen der Erde verſtopft/ durch Verruͤckung der Geſtirne entkraͤfftet/ durch Verachtung erzuͤrnet/ oder ihre Prieſter beſtochen ſind. Sie verſchwinden fuͤr dem neuen Lichte der Voͤlcker/ wie die Ster- nen fuͤr der auffgehenden Sonne. Mit dieſen Worten griff er gleichſam gantz von allem Jrr- diſchen entzuͤckt nach der hinter ihm liegenden Fackel/ fuhr damit unter ſich in den mit vielem Hartzt angefuͤllten Holtzſtoß/ goß hierauff einen Krug voll koͤſtlichen Oels und Balſams uͤber ſein Haupt/ worvon alles in einem Augenblicke in die Flamme gerieth/ die den nichts minder hertzhafft als weiſen Zarmar in den Augen ſo vieler tauſend ſich verwundernden Zuſchauer zu Aſchen verbrennte. Alles Volck preiſete ihn nicht nur als einen Weiſen/ ſondern als einen Heiligen/ der Kaͤyſer ließ die Aſche fleißig in ein Gefaͤſſe von Porphir zuſammen leſen/ als ein beſonderes Heiligthum in dem Tempel der Ce- res verwahren/ und darbey in einen Marmel graben:

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/770
Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 714. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/770>, abgerufen am 22.11.2024.