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Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.

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Erstes Buch
[Spaltenumbruch] siehert euch/ behertzte Brüder/ wil heute mit
meinem Blute lieber drey Spannen Erde ge-
gen die Römer gewinnen/ als drey Schritte
zurück weichen/ wüste ich auch dadurch mein Le-
ben auf tausend Jahr zu verlängern. Werdet
ihr meinen Fußstapfen nachfolgen/ wird diesen
Tag entweder von dem Feinde oder uns kein
Gebeine entrinnen.

Hiermit ergriff er den Helm/ drückte ihn aufs
Haupt/ und sprengte mit seinem Pferde von ei-
ner äusersten Spitze der Schlacht-Ordnung biß
zur andern. Das Heer aber schlug noch mit
grösserm Ungestüm die Waffen aneinander;
welches bey den Deutschen die Kräfftigste Art et-
was zu bestätigen/ und die ehrlichste iemanden zu
loben ist. Hierauf erregten die theils hörner-
ne/ theils aus Messing gegossene krumm- Hör-
ner/ bey noch stiller Nacht/ ein solches Gethöne/
daß die Erde erbebte/ und die Lüfte mit vielfäl-
tigem Wieder-Schalle erfüllet wurden.

Hertzog Segimer nahm hiemit den ihm un-
tergebenen Vortrab/ und führte selbten gerade
dem Feinde zu/ unter welchem sein Sohn Sesi-
tach tausend junge Cheruskische und Bructeri-
sche/ Printz Catumer des Arpus Sohn fünf-
hundert junge Cattische Edelleute führte/ welche
alle/ weil sie noch keinen Feind erschlagen/ eiserne
Ringe trugen/ umb in dieser Kriegs-Schule ihr
Glück oder vielmehr ihre Tapferkeit zu versu-
chen/ und zugleich das Recht zu erwerben ge-
meynt waren: daß sie künftig goldne Ringe tra-
gen möchten.

Als diese bey dem Feld-Herrn vorbey zohen/
welcher alle und iede in genauern Augenschein
nahm/ und keinen Hauffen zur Hertzhafftigkeit
aufzufrisehen vergaß/ ritte ein gerader wol-ge-
wafneter Jüngling/ der einen mit grünem Laub-
wercke ausgeetzten Harnisch/ und im Schilde
eine Taube führte/ aus der Ordnung/ näherte sich
dem Feldherrn/ und reichte ihm mit tiefster Ehr-
erbiettung einen Zettel/ darauf diese Schrifft
zu lesen war:

[Spaltenumbruch]

Erlauchter Fürst/ großmüthiger Feld-Herr!
Die Cherusker sind gewohnt für ihren Schlach-
ten durch Zwey- Kampf eines Einheimischen
und eines gefangenen Feindes den Ausschlag
des bevorstehenden Treffens zu erkundigen.
Gönne diesemnach einem ruhmbegierigen Edel-
manne/ daß/ nach dem dir die gütigen Götter
den Sieg schon so augenscheinlich gewiesen ha-
ben; daß ich und ein gefangener Römer/ ieder
mit Waffen nach seiner Landes - Art allhier zu-
sammen schlagen/ und mir deine Augen und
Vorbild heute das Glücke des Sieges mitthei-
len/ was ich sonst meiner Stärcke und Tapfer-
keit nicht zutrauen darf.

Dem Feld-Herrn kam dieser Anspruch gantz
unvermuthet/ iedoch nahm er diese kecke Ent-
schlüssung für ein sehr gutes Zeichen an/ und sein
Hertze empfand gegen diesem Edelmanne eine
ungemeine Beweg- und Zuneigung. Er
würde auch nicht die Befchaffenheit seiner Per-
son und den Anlaß zu diesem Ebentheuer genau
zu erforschen vergessen haben/ wenn er nicht als-
bald in die Gedancken gefallen wäre: daß selb-
ter/ umb alleine unbekant und mit dem Helme
verdeckt zu bleiben/ sein Verlangen schrifftlich
entworffen hätte. Dahero lobte er/ ohne eini-
ges vorwitziges Ausfragen/ sein Begehren/ und
befahl: daß/ da irgend einige gefangene Römer
alldar befindlich wären/ sie augenblicklich zur
Stelle gebracht werden solten. Fürst Arpus/
welcher unferne davon hielt/ vernahm diesen Be-
fehl des Feld - Herrn/ näherte sich zu ihm/ und
ließ alsbald zwey wolgewachsene schöne Jüng-
linge zur Stelle bringen/ welche er für kurtzer
Zeit gefangen bekommen/ als die Römer aus der
vom Drusus am Berge Taunus aufgerichteten
Festung Tranburg auf die Catten gestreifft.
Diese fragte der Feld-Herr: Ob einer unter
ihnen das Hertze hätte mit anwesendem Edel-
manne zu fechten? Der Preiß des Sieges sey
des gefangenen Freyheit. Hertzog Herrmann
hatte diß letzte Wort noch halb im Munde/ als

der

Erſtes Buch
[Spaltenumbruch] ſiehert euch/ behertzte Bruͤder/ wil heute mit
meinem Blute lieber drey Spannen Erde ge-
gen die Roͤmer gewinnen/ als drey Schritte
zuruͤck weichen/ wuͤſte ich auch dadurch mein Le-
ben auf tauſend Jahr zu verlaͤngern. Werdet
ihr meinen Fußſtapfen nachfolgen/ wird dieſen
Tag entweder von dem Feinde oder uns kein
Gebeine entrinnen.

Hiermit ergriff er den Helm/ druͤckte ihn aufs
Haupt/ und ſprengte mit ſeinem Pferde von ei-
ner aͤuſerſten Spitze der Schlacht-Ordnung biß
zur andern. Das Heer aber ſchlug noch mit
groͤſſerm Ungeſtuͤm die Waffen aneinander;
welches bey den Deutſchen die Kraͤfftigſte Art et-
was zu beſtaͤtigen/ und die ehrlichſte iemanden zu
loben iſt. Hierauf erregten die theils hoͤrner-
ne/ theils aus Meſſing gegoſſene krum̃- Hoͤr-
ner/ bey noch ſtiller Nacht/ ein ſolches Gethoͤne/
daß die Erde erbebte/ und die Luͤfte mit vielfaͤl-
tigem Wieder-Schalle erfuͤllet wurden.

Hertzog Segimer nahm hiemit den ihm un-
tergebenen Vortrab/ und fuͤhrte ſelbten gerade
dem Feinde zu/ unter welchem ſein Sohn Seſi-
tach tauſend junge Cheruskiſche und Bructeri-
ſche/ Printz Catumer des Arpus Sohn fuͤnf-
hundert junge Cattiſche Edelleute fuͤhrte/ welche
alle/ weil ſie noch keinen Feind erſchlagen/ eiſerne
Ringe trugen/ umb in dieſer Kriegs-Schule ihr
Gluͤck oder vielmehr ihre Tapferkeit zu verſu-
chen/ und zugleich das Recht zu erwerben ge-
meynt waren: daß ſie kuͤnftig goldne Ringe tra-
gen moͤchten.

Als dieſe bey dem Feld-Herrn vorbey zohen/
welcher alle und iede in genauern Augenſchein
nahm/ und keinen Hauffen zur Hertzhafftigkeit
aufzufriſehen vergaß/ ritte ein gerader wol-ge-
wafneter Juͤngling/ der einen mit gruͤnem Laub-
wercke ausgeetzten Harniſch/ und im Schilde
eine Taube fuͤhrte/ aus der Ordnung/ naͤherte ſich
dem Feldherrn/ und reichte ihm mit tiefſter Ehr-
erbiettung einen Zettel/ darauf dieſe Schrifft
zu leſen war:

[Spaltenumbruch]

Erlauchter Fuͤrſt/ großmuͤthiger Feld-Herr!
Die Cherusker ſind gewohnt fuͤr ihren Schlach-
ten durch Zwey- Kampf eines Einheimiſchen
und eines gefangenen Feindes den Ausſchlag
des bevorſtehenden Treffens zu erkundigen.
Goͤñe dieſemnach einem ruhmbegierigen Edel-
manne/ daß/ nach dem dir die guͤtigen Goͤtter
den Sieg ſchon ſo augenſcheinlich gewieſen ha-
ben; daß ich und ein gefangener Roͤmer/ ieder
mit Waffen nach ſeiner Landes - Art allhier zu-
ſammen ſchlagen/ und mir deine Augen und
Vorbild heute das Gluͤcke des Sieges mitthei-
len/ was ich ſonſt meiner Staͤrcke und Tapfer-
keit nicht zutrauen darf.

Dem Feld-Herrn kam dieſer Anſpruch gantz
unvermuthet/ iedoch nahm er dieſe kecke Ent-
ſchluͤſſung fuͤr ein ſehr gutes Zeichen an/ und ſein
Hertze empfand gegen dieſem Edelmanne eine
ungemeine Beweg- und Zuneigung. Er
wuͤrde auch nicht die Befchaffenheit ſeiner Per-
ſon und den Anlaß zu dieſem Ebentheuer genau
zu erforſchen vergeſſen haben/ wenn er nicht als-
bald in die Gedancken gefallen waͤre: daß ſelb-
ter/ umb alleine unbekant und mit dem Helme
verdeckt zu bleiben/ ſein Verlangen ſchrifftlich
entworffen haͤtte. Dahero lobte er/ ohne eini-
ges vorwitziges Ausfragen/ ſein Begehren/ und
befahl: daß/ da irgend einige gefangene Roͤmer
alldar befindlich waͤren/ ſie augenblicklich zur
Stelle gebracht werden ſolten. Fuͤrſt Arpus/
welcher unferne davon hielt/ vernahm dieſen Be-
fehl des Feld - Herrn/ naͤherte ſich zu ihm/ und
ließ alsbald zwey wolgewachſene ſchoͤne Juͤng-
linge zur Stelle bringen/ welche er fuͤr kurtzer
Zeit gefangen bekommen/ als die Roͤmer aus der
vom Druſus am Berge Taunus aufgerichteten
Feſtung Tranburg auf die Catten geſtreifft.
Dieſe fragte der Feld-Herr: Ob einer unter
ihnen das Hertze haͤtte mit anweſendem Edel-
manne zu fechten? Der Preiß des Sieges ſey
des gefangenen Freyheit. Hertzog Herrmann
hatte diß letzte Wort noch halb im Munde/ als

der
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Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 32. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/80>, abgerufen am 21.11.2024.