Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.Arminius und Thußnelda. [Spaltenumbruch]
der schönste unter beyden/ welchem die Anmuthselbsten aus den Augen sah/ versetzte: Er habe niemanden noch einen solchen Tantz versagt. Die Dienstbarkeit sey ihm unerträglicher als der Tod. Das Unglücke/ nicht die Liebe seines Le- bens habe ihn lebendig in seiner Feinde Hände geliefert/ in dem er in dem Scharmützel mit dem Pferde gestürtzt/ und darüber gefangen worden wäre. Wolte ihm der Catten Hertzog seine Waffen wieder langen lassen/ und der Feldherr ihm den Zwey-Kampf erlauben; würde er es für eine grössere Großmütigkeit aufnehmen/ als er ihm in diesem Nord-Lande zu finden eingebil- det. Alsofort wurden die ihm abgenommenen Waffen/ und ein wol-aufgeputztes Pferd zur Stelle bracht. Die Fertigkeit im Wafnen gab die Lust zu diesem Kampfe und die Hoffnung des eingebildeten Sieges ge- nungsam zu verstehen. Ob nun wol die zum Vortrab geordnete Kriegs-Völcker ihren An- zug beschleunigten/ so blieb doch das gantze Heer/ sammt denen Fürsten und Kriegs-Häuptern mit aufgesperreten Augen und begierigem Gemüthe den Ausschlag zu erfahren unverrückt halten. Der numehr fast volle Mond ersetzte an dem heuteren Himmel bey nahe die Stelle der abwe- senden Sonnen. Beyde freudige Kämpfer tummelten ihre Pferde mit ungemei- ner Geschickligkeit/ und hierauf renneten sie wie ein Blitz gegeneinander. Der Gefangene traf mit seiner Lantzen den Deutschen an die rechte Hüfte/ dieser aber jenen auf die Brust. Jedoch sassen sie beyde so wol zu Pferde/ daß ehe einer sich aus dem Sattel bewegte/ beyde Lantzen in Stü- cke sprungen. Augenblicks wendeten sie sich/ und ergriff der Römer einen Wurff-Spieß/ der Deutsche aber einen Streit-Hammer; alleine der Wurff-Spieß gieng diesem unter dem lin- cken Arm durch/ und ob zwar der Deutsche mit dem Streit-Hammer den Römer an der rech- ten Achsel erreichte/ wuste sich der Römer doch dem Schlage so künstlich auszuwinden/ daß selb- [Spaltenumbruch] ter ohne empfindliche Beschädigung abging. Ja er spannte mit ebenmässiger Geschwindig- keit seinen Bogen/ und schoß rückwerts auf sei- nen Verfolger so gerade/ daß/ wenn selbter mit dem Schilde den Pfeil nicht aufgefangen/ ohne Verwundung derselbte seinen Flug nicht würde vollendet haben. Jnzwischen hatten beyde schon ihre Schwerdter entblösset/ und fielen einander als zwey junge Löwen an; iedoch wuste ein ieder des andern Streiche mit solcher Geschickligkeit zu begegnen/ daß bey einer halben Stund die Zu- schauer nichts minder verwundernd als zweifel- haft blieben/ auf welche Seite noch endlich der Sieg ausschlagen würde. Endlich gelückte dem Deutschen ein heftiger Streich des Römers Pferd an Hals/ wovon selbtes sich kollernd in die Höhe lehnte/ in einem Augenblicke zurücke schlug/ und der Gefangene/ weil es zugleich einen kleinen Gra- ben traf/ durch einen heftigen Fall unter das Pferd zu liegen kam. Der Deutsche sprengte bey diesem Zufall etliche mal umb seinen Feind rings umb her/ und nach dem er an selbtem keine Be- wegung sahe/ ritt er gegen dem Feld-Herrn/ be- zeigte selbtem eine tieffe Ehrerbietung/ ihm gleichsam für den verstatteten Kampf demütigen Danck erstattend/ und rennte Spornstreichs dem vorangegangenen Vortrabe nach. Etli- che der nechsten Zuschauer aber sprangen zu dem Gefallenen/ zohen ihn unter dem schon halb-tod- ten Pferd herfür/ öfneten ihm den Helm/ wurden aber kaum einigen Lebens an ihm gewahr. Fürst Jubil/ der unter den Fürsten diesem Falle der nechste war/ und aus diesem Kampfe ihn nicht wenig zu schätzen angefangen/ befahl alsobald ihm den Harnisch zu lüften/ und durch Eröfnung der Kleider ihm Luft zu machen. Als dieses er- folgte/ wurde man aus den Brüsten gewahr: daß es ein Frauen-Zimmer war. Hier zu kam nicht nur der Feldherr und andere Fürsten zu ihrer hohen Verwunderung; sondern sie er- staunten auch noch mehr/ als der andere hi erzu gelauffene Gefangene ihm für Verzweifelung die Erster Theil. E
Arminius und Thußnelda. [Spaltenumbruch]
der ſchoͤnſte unter beyden/ welchem die Anmuthſelbſten aus den Augen ſah/ verſetzte: Er habe niemanden noch einen ſolchen Tantz verſagt. Die Dienſtbarkeit ſey ihm unertraͤglicher als der Tod. Das Ungluͤcke/ nicht die Liebe ſeines Le- bens habe ihn lebendig in ſeiner Feinde Haͤnde geliefert/ in dem er in dem Scharmuͤtzel mit dem Pferde geſtuͤrtzt/ und daruͤber gefangen worden waͤre. Wolte ihm der Catten Hertzog ſeine Waffen wieder langen laſſen/ und der Feldherr ihm den Zwey-Kampf erlauben; wuͤrde er es fuͤr eine groͤſſere Großmuͤtigkeit aufnehmen/ als er ihm in dieſem Nord-Lande zu finden eingebil- det. Alſofort wurden die ihm abgenommenen Waffen/ und ein wol-aufgeputztes Pferd zur Stelle bracht. Die Fertigkeit im Wafnen gab die Luſt zu dieſem Kampfe und die Hoffnung des eingebildeten Sieges ge- nungſam zu verſtehen. Ob nun wol die zum Vortrab geordnete Kriegs-Voͤlcker ihren An- zug beſchleunigten/ ſo blieb doch das gantze Heer/ ſam̃t denen Fuͤrſten und Kriegs-Haͤuptern mit aufgeſperreten Augen und begierigem Gemuͤthe den Ausſchlag zu erfahren unverruͤckt halten. Der numehr faſt volle Mond erſetzte an dem heuteren Himmel bey nahe die Stelle der abwe- ſenden Sonnen. Beyde freudige Kaͤmpfer tummelten ihre Pferde mit ungemei- ner Geſchickligkeit/ und hierauf renneten ſie wie ein Blitz gegeneinander. Der Gefangene traf mit ſeiner Lantzen den Deutſchen an die rechte Huͤfte/ dieſer aber jenen auf die Bruſt. Jedoch ſaſſen ſie beyde ſo wol zu Pferde/ daß ehe einer ſich aus dem Sattel bewegte/ beyde Lantzen in Stuͤ- cke ſprungen. Augenblicks wendeten ſie ſich/ und ergriff der Roͤmer einen Wurff-Spieß/ der Deutſche aber einen Streit-Hammer; alleine der Wurff-Spieß gieng dieſem unter dem lin- cken Arm durch/ und ob zwar der Deutſche mit dem Streit-Hammer den Roͤmer an der rech- ten Achſel erreichte/ wuſte ſich der Roͤmer doch dem Schlage ſo kuͤnſtlich auszuwinden/ daß ſelb- [Spaltenumbruch] ter ohne empfindliche Beſchaͤdigung abging. Ja er ſpannte mit ebenmaͤſſiger Geſchwindig- keit ſeinen Bogen/ und ſchoß ruͤckwerts auf ſei- nen Verfolger ſo gerade/ daß/ wenn ſelbter mit dem Schilde den Pfeil nicht aufgefangen/ ohne Verwundung derſelbte ſeinen Flug nicht wuͤrde vollendet haben. Jnzwiſchen hatten beyde ſchon ihre Schwerdter entbloͤſſet/ und fielen einander als zwey junge Loͤwen an; iedoch wuſte ein ieder des andern Streiche mit ſolcher Geſchickligkeit zu begegnen/ daß bey einer halben Stund die Zu- ſchauer nichts minder verwundernd als zweifel- haft blieben/ auf welche Seite noch endlich der Sieg ausſchlagen wuͤrde. Endlich geluͤckte dem Deutſchẽ ein heftiger Streich des Roͤmers Pferd an Hals/ wovon ſelbtes ſich kollernd in die Hoͤhe lehnte/ in einem Augenblicke zuruͤcke ſchlug/ und der Gefangene/ weil es zugleich einẽ kleinẽ Gra- ben traf/ durch einen heftigen Fall unter das Pferd zu liegen kam. Der Deutſche ſprengte bey dieſem Zufall etliche mal umb ſeinen Feind rings umb her/ und nach dem er an ſelbtem keine Be- wegung ſahe/ ritt er gegen dem Feld-Herrn/ be- zeigte ſelbtem eine tieffe Ehrerbietung/ ihm gleichſam fuͤr den verſtatteten Kampf demuͤtigen Danck erſtattend/ und rennte Spornſtreichs dem vorangegangenen Vortrabe nach. Etli- che der nechſten Zuſchauer aber ſprangen zu dem Gefallenen/ zohen ihn unter dem ſchon halb-tod- ten Pferd herfuͤr/ oͤfneten ihm den Helm/ wurden aber kaum einigen Lebens an ihm gewahr. Fuͤrſt Jubil/ der unter den Fuͤrſten dieſem Falle der nechſte war/ und aus dieſem Kampfe ihn nicht wenig zu ſchaͤtzen angefangen/ befahl alſobald ihm den Harniſch zu luͤften/ und durch Eroͤfnung der Kleider ihm Luft zu machen. Als dieſes er- folgte/ wurde man aus den Bruͤſten gewahr: daß es ein Frauen-Zimmer war. Hier zu kam nicht nur der Feldherr und andere Fuͤrſten zu ihrer hohen Verwunderung; ſondern ſie er- ſtaunten auch noch mehr/ als der andere hi erzu gelauffene Gefangene ihm fuͤr Verzweifelung die Erſter Theil. E
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Arminius und Thußnelda.
der ſchoͤnſte unter beyden/ welchem die Anmuth
ſelbſten aus den Augen ſah/ verſetzte: Er habe
niemanden noch einen ſolchen Tantz verſagt.
Die Dienſtbarkeit ſey ihm unertraͤglicher als der
Tod. Das Ungluͤcke/ nicht die Liebe ſeines Le-
bens habe ihn lebendig in ſeiner Feinde Haͤnde
geliefert/ in dem er in dem Scharmuͤtzel mit dem
Pferde geſtuͤrtzt/ und daruͤber gefangen worden
waͤre. Wolte ihm der Catten Hertzog ſeine
Waffen wieder langen laſſen/ und der Feldherr
ihm den Zwey-Kampf erlauben; wuͤrde er es
fuͤr eine groͤſſere Großmuͤtigkeit aufnehmen/ als
er ihm in dieſem Nord-Lande zu finden eingebil-
det. Alſofort wurden die ihm abgenommenen
Waffen/ und ein wol-aufgeputztes Pferd zur
Stelle bracht. Die Fertigkeit im Wafnen
gab die Luſt zu dieſem Kampfe und die
Hoffnung des eingebildeten Sieges ge-
nungſam zu verſtehen. Ob nun wol die zum
Vortrab geordnete Kriegs-Voͤlcker ihren An-
zug beſchleunigten/ ſo blieb doch das gantze Heer/
ſam̃t denen Fuͤrſten und Kriegs-Haͤuptern mit
aufgeſperreten Augen und begierigem Gemuͤthe
den Ausſchlag zu erfahren unverruͤckt halten.
Der numehr faſt volle Mond erſetzte an dem
heuteren Himmel bey nahe die Stelle der abwe-
ſenden Sonnen. Beyde freudige Kaͤmpfer
tummelten ihre Pferde mit ungemei-
ner Geſchickligkeit/ und hierauf renneten ſie wie
ein Blitz gegeneinander. Der Gefangene traf
mit ſeiner Lantzen den Deutſchen an die rechte
Huͤfte/ dieſer aber jenen auf die Bruſt. Jedoch
ſaſſen ſie beyde ſo wol zu Pferde/ daß ehe einer ſich
aus dem Sattel bewegte/ beyde Lantzen in Stuͤ-
cke ſprungen. Augenblicks wendeten ſie ſich/
und ergriff der Roͤmer einen Wurff-Spieß/ der
Deutſche aber einen Streit-Hammer; alleine
der Wurff-Spieß gieng dieſem unter dem lin-
cken Arm durch/ und ob zwar der Deutſche mit
dem Streit-Hammer den Roͤmer an der rech-
ten Achſel erreichte/ wuſte ſich der Roͤmer doch
dem Schlage ſo kuͤnſtlich auszuwinden/ daß ſelb-
ter ohne empfindliche Beſchaͤdigung abging.
Ja er ſpannte mit ebenmaͤſſiger Geſchwindig-
keit ſeinen Bogen/ und ſchoß ruͤckwerts auf ſei-
nen Verfolger ſo gerade/ daß/ wenn ſelbter mit
dem Schilde den Pfeil nicht aufgefangen/ ohne
Verwundung derſelbte ſeinen Flug nicht wuͤrde
vollendet haben. Jnzwiſchen hatten beyde ſchon
ihre Schwerdter entbloͤſſet/ und fielen einander
als zwey junge Loͤwen an; iedoch wuſte ein ieder
des andern Streiche mit ſolcher Geſchickligkeit
zu begegnen/ daß bey einer halben Stund die Zu-
ſchauer nichts minder verwundernd als zweifel-
haft blieben/ auf welche Seite noch endlich der
Sieg ausſchlagen wuͤrde. Endlich geluͤckte dem
Deutſchẽ ein heftiger Streich des Roͤmers Pferd
an Hals/ wovon ſelbtes ſich kollernd in die Hoͤhe
lehnte/ in einem Augenblicke zuruͤcke ſchlug/ und
der Gefangene/ weil es zugleich einẽ kleinẽ Gra-
ben traf/ durch einen heftigen Fall unter das
Pferd zu liegen kam. Der Deutſche ſprengte bey
dieſem Zufall etliche mal umb ſeinen Feind rings
umb her/ und nach dem er an ſelbtem keine Be-
wegung ſahe/ ritt er gegen dem Feld-Herrn/ be-
zeigte ſelbtem eine tieffe Ehrerbietung/ ihm
gleichſam fuͤr den verſtatteten Kampf demuͤtigen
Danck erſtattend/ und rennte Spornſtreichs
dem vorangegangenen Vortrabe nach. Etli-
che der nechſten Zuſchauer aber ſprangen zu dem
Gefallenen/ zohen ihn unter dem ſchon halb-tod-
ten Pferd herfuͤr/ oͤfneten ihm den Helm/ wurden
aber kaum einigen Lebens an ihm gewahr. Fuͤrſt
Jubil/ der unter den Fuͤrſten dieſem Falle der
nechſte war/ und aus dieſem Kampfe ihn nicht
wenig zu ſchaͤtzen angefangen/ befahl alſobald
ihm den Harniſch zu luͤften/ und durch Eroͤfnung
der Kleider ihm Luft zu machen. Als dieſes er-
folgte/ wurde man aus den Bruͤſten gewahr:
daß es ein Frauen-Zimmer war. Hier zu kam
nicht nur der Feldherr und andere Fuͤrſten zu
ihrer hohen Verwunderung; ſondern ſie er-
ſtaunten auch noch mehr/ als der andere hi erzu
gelauffene Gefangene ihm fuͤr Verzweifelung
die
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Zitationshilfe: | Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 33. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/81>, abgerufen am 16.02.2025. |