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Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.

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Fünfftes Buch
[Spaltenumbruch] Kriegsleute ins gemein mehr auf ihren Ge-
winn/ als auf ihren Ruhm/ und des Volckes
Heil ihr Absehn haben/ und bey umbschlagen-
dem Glücke den Mantel nach dem Winde
hängen; aber sie lassen sich hingegen leichter im
Zaum halten; und können durch lange Ubung
besser ausgewürckt werden/ als die des Zwan-
ges ungewohnte/ und selten beständig dienende
Freywillige/ oder die/ welche meist wechselsweise
von den Ländern als ein Außschuß in Krieg ge-
schickt werden. Adgandester versetzte: Kein
Kriegs-Zwang/ keine Waffen-Ubung trägt so
viel zum Siege/ als die Liebe des Vaterlandes
bey; welche ich bey denen/ die aus dem Kriege
eine Handlung machten/ und mit ihrem Ge-
fechte wucherten/ nicht antreffe. Daher/ wenn
einige Zufälle/ oder auch das Unvermögen der
durch den Krieg ausgesogenen Länder verhin-
derte: daß geworbenem Kriegs - Volcke der
Sold nicht auf die Stunde bezahlt würde/
lassen sie aus Trägheit anfangs die Hände
sincken; hernach gerathen sie ins Luder; und
wenn man ihrer Trägheit und Muthwillen
nicht durch die Finger sihet/ machen sie gar
einen Aufstand/ legen die Hand an ihre Befehl-
haber/ plündern ihre Länder/ die sie beschützen sol-
len/ und verkauffen dem Feinde sich und ihre
anvertrauten Festungen. Durch welchen
Fehler Carthago in grössere Gefahr eines gäntz-
lichen Untergangs gerieth/ als es in dem Rö-
mischen Kriege kurtz vorher gewest war. Jch
bin/ versetzte Zeno/ eben der Meynung; wenn
Fürst Adgandester die Werbung der Auslän-
der verwirfft/ welche freylich wohl mehr selbst
zu fürchten sind/ als sich auf sie zu verlassen ist.
Jnsonderheit stehet ein Reich schon auf dem
Fallbrete/ wenn man eitel oder grösten theils
fremdes Kriegs-Volck auf den Beinen hat/
und mit dem Schweiß und Blute eigener
Unterthanen besolden soll. Alleine man muß
Bürger und Eingebohrne werben/ und also ein
[Spaltenumbruch] Heer mit der Liebe des Vaterlandes/ und mit
der Schärffe der Kriegs-Gesetze vereinbaren;
Ausländer aber nur in solcher Anzahl/ welcher
man zum minsten dreyfach überlegen ist/ zur
Unterspickung in Dienste ziehen. Wenn ein
Fürst dieses wahrnimmt/ wird es ihm niemals
an geübtem und treuem Kriegs-Volcke/ auch
nie an willigem Beytrage der Kriegs-Kosten
fehlen; dahingegen es schläfrig hergehet/ wenn
ein Kriegs-Mann sich selbst verpflegen/ oder
ein Land seinen durchs blinde Looß oder unver-
nünftige Wahl in Krieg geschickten Ausschuß
besolden soll. Das Heer sihet so denn mehr
auf das Volck/ als den Fürsten; und hat dieser
so wenig Ansehn/ als Vermögen grosse Strei-
che zu thun. Daher die Römer die ersten
vierdtehalb hundert Jahr/ als die Bürger ohne
Sold kriegten/ kaum etlicher geringen Land-
Städte sich bemächtigten; nach dem sie aber
bey Anxur dem Fuß-Volcke/ und im Vejenti-
schen Kriege der Reiterey einen wiewohl ge-
ringen Sold an schlechtem Kupfer - Gelde
reichten/ spielten sie in der Helfte so vieler Zeit
in dreyen Theilen der Welt des Meisters.
Adgandester antwortete: Jch stelle dahin: Ob
der Kriegs-Sold des Römischen Wachsthum/
oder nicht vielmehr die erste Schwäche der Rö-
mischen Kindschafft/ und die Schwerigkeit
alles Anfangs die Hindernüß zeitlichern Auf-
nehmens gewesen sey. Jch glaube auch wohl:
daß die Besoldung des Kriegsvolcks dem
Kriegs-Haupte mehr Gewalt zueigne; aber
hiermit gehet auch die Freyheit auf Steltzen.
Denn es ist kein sicherer Mittel einem Volcke
das Seil an die Hörner zu legen/ als den
Adel von der Nothwendigkeit in Krieg zu zie-
hen entheben/ und die Bürger mit geworbe-
nen Kriegsleuten beschirmen. Weswegen die
alten Deutschen/ Sarmater und Scythen nie-
mals zu bereden gewest wären/ zu Hause zu sitzen/
und die Gemächligkeit süsser Ruhe der Be-

und

Fuͤnfftes Buch
[Spaltenumbruch] Kriegsleute ins gemein mehr auf ihren Ge-
winn/ als auf ihren Ruhm/ und des Volckes
Heil ihr Abſehn haben/ und bey umbſchlagen-
dem Gluͤcke den Mantel nach dem Winde
haͤngen; aber ſie laſſen ſich hingegen leichter im
Zaum halten; und koͤnnen durch lange Ubung
beſſer ausgewuͤrckt werden/ als die des Zwan-
ges ungewohnte/ und ſelten beſtaͤndig dienende
Freywillige/ oder die/ welche meiſt wechſelsweiſe
von den Laͤndern als ein Außſchuß in Krieg ge-
ſchickt werden. Adgandeſter verſetzte: Kein
Kriegs-Zwang/ keine Waffen-Ubung traͤgt ſo
viel zum Siege/ als die Liebe des Vaterlandes
bey; welche ich bey denen/ die aus dem Kriege
eine Handlung machten/ und mit ihrem Ge-
fechte wucherten/ nicht antreffe. Daher/ wenn
einige Zufaͤlle/ oder auch das Unvermoͤgen der
durch den Krieg ausgeſogenen Laͤnder verhin-
derte: daß geworbenem Kriegs - Volcke der
Sold nicht auf die Stunde bezahlt wuͤrde/
laſſen ſie aus Traͤgheit anfangs die Haͤnde
ſincken; hernach gerathen ſie ins Luder; und
wenn man ihrer Traͤgheit und Muthwillen
nicht durch die Finger ſihet/ machen ſie gar
einen Aufſtand/ legen die Hand an ihre Befehl-
haber/ pluͤndern ihre Laͤnder/ die ſie beſchuͤtzen ſol-
len/ und verkauffen dem Feinde ſich und ihre
anvertrauten Feſtungen. Durch welchen
Fehler Carthago in groͤſſere Gefahr eines gaͤntz-
lichen Untergangs gerieth/ als es in dem Roͤ-
miſchen Kriege kurtz vorher geweſt war. Jch
bin/ verſetzte Zeno/ eben der Meynung; wenn
Fuͤrſt Adgandeſter die Werbung der Auslaͤn-
der verwirfft/ welche freylich wohl mehr ſelbſt
zu fuͤrchten ſind/ als ſich auf ſie zu verlaſſen iſt.
Jnſonderheit ſtehet ein Reich ſchon auf dem
Fallbrete/ wenn man eitel oder groͤſten theils
fremdes Kriegs-Volck auf den Beinen hat/
und mit dem Schweiß und Blute eigener
Unterthanen beſolden ſoll. Alleine man muß
Buͤrger und Eingebohrne werben/ und alſo ein
[Spaltenumbruch] Heer mit der Liebe des Vaterlandes/ und mit
der Schaͤrffe der Kriegs-Geſetze vereinbaren;
Auslaͤnder aber nur in ſolcher Anzahl/ welcher
man zum minſten dreyfach uͤberlegen iſt/ zur
Unterſpickung in Dienſte ziehen. Wenn ein
Fuͤrſt dieſes wahrnim̃t/ wird es ihm niemals
an geuͤbtem und treuem Kriegs-Volcke/ auch
nie an willigem Beytrage der Kriegs-Koſten
fehlen; dahingegen es ſchlaͤfrig hergehet/ wenn
ein Kriegs-Mann ſich ſelbſt verpflegen/ oder
ein Land ſeinen durchs blinde Looß oder unver-
nuͤnftige Wahl in Krieg geſchickten Ausſchuß
beſolden ſoll. Das Heer ſihet ſo denn mehr
auf das Volck/ als den Fuͤrſten; und hat dieſer
ſo wenig Anſehn/ als Vermoͤgen groſſe Strei-
che zu thun. Daher die Roͤmer die erſten
vierdtehalb hundert Jahr/ als die Buͤrger ohne
Sold kriegten/ kaum etlicher geringen Land-
Staͤdte ſich bemaͤchtigten; nach dem ſie aber
bey Anxur dem Fuß-Volcke/ und im Vejenti-
ſchen Kriege der Reiterey einen wiewohl ge-
ringen Sold an ſchlechtem Kupfer - Gelde
reichten/ ſpielten ſie in der Helfte ſo vieler Zeit
in dreyen Theilen der Welt des Meiſters.
Adgandeſter antwortete: Jch ſtelle dahin: Ob
der Kriegs-Sold des Roͤmiſchen Wachsthum/
oder nicht vielmehr die erſte Schwaͤche der Roͤ-
miſchen Kindſchafft/ und die Schwerigkeit
alles Anfangs die Hindernuͤß zeitlichern Auf-
nehmens geweſen ſey. Jch glaube auch wohl:
daß die Beſoldung des Kriegsvolcks dem
Kriegs-Haupte mehr Gewalt zueigne; aber
hiermit gehet auch die Freyheit auf Steltzen.
Denn es iſt kein ſicherer Mittel einem Volcke
das Seil an die Hoͤrner zu legen/ als den
Adel von der Nothwendigkeit in Krieg zu zie-
hen entheben/ und die Buͤrger mit geworbe-
nen Kriegsleuten beſchirmen. Weswegen die
alten Deutſchen/ Sarmater und Scythen nie-
mals zu bereden geweſt waͤren/ zu Hauſe zu ſitzen/
und die Gemaͤchligkeit ſuͤſſer Ruhe der Be-

und
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Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 740[742]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/802>, abgerufen am 22.11.2024.