Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.Sechstes Buch [Spaltenumbruch]
nen Schrifften selbst so wenig Warheit gefun-den: daß er selbte zu verbessern durch Schamrö- the bewogen/ durch seinen Tod aber verhindert worden. Zugeschweigen daß einige nach der Art des Zevxes/ welcher alle Menschen grösser machte/ als sie wahrhafftig waren/ auch ihre Ge- schichte derogestalt vergrössern/ gleich als wenn die Warheit ein zu schlechter Firns der Schriff- ten/ und diese ohne Erzehlung ungemeiner Wunderwercke nicht lesens-würdig wären. Ad- gandester nahm das Wort von ihm/ und sagte: Die denen Schlachten oder andern Staats- Händeln selten beywohnenden Geschichtschrei- ber sind noch ehe zu entschuldigen; als welchen selbst zuweilen entweder das unwahrhaffte Ge- schrey/ oder der Jrrthum eines anbindet. Viel schädlicher aber ist es/ wenn ein Feldherr oder Volck entweder nichts ausrichtet; und gleich- wol nach Römischer Gewohnheit grosse Siegs- Gepränge hält; oder gar seinen Verlust für ei- nen grossen Gewinn in der Welt ausruffen läst. Zeno versetzte: Es erforderte es vielmal die eu- serste Noth aus einem Schatten einen Riesen machen; und es wäre die gröste Klugheit seine Wunden mit den Pflastern des Eigenruhms nicht minder verhölen/ als heilen. Denn welche Freundschafft hielte bey verkehrtem Glücke die Farbe? Das Elend züge denen Bundgenossen die Treue/ wie die Sonne hohe Farben aus; und kein Eydschwur/ keine Bluts-Freundschaft/ kei- ne genossene Wolthat verhinderte: daß man nicht sich fremder Gefahr entzüge; ja denen Be- drängten selbst Spinnenfeind würde; und wor- mit es nicht schiene: als wenn man es iemals mit ihnen gehalten/ sie selbst vollends ins Verderben stürtzen hülffe. Also wäre das Unglück des gros- sen Pompejus Hencker/ Achillas aber nur sein Scherge gewest. Bacchus wäre dem Jugur- tha erst/ als ihm das Glücke den Rücken gekeh- ret/ feind worden; und König Prusias hätte nicht ehe seine Larve gegen den Hannibal vom Gesichte gezogen; als biß jene Närrin sie vorher [Spaltenumbruch] abgenommen. Adgandester begegnete ihm: Jn zweiffelhafften Begebnüssen wäre es freylich ei- ne Klugheit seinen schlechten Zustand so viel möglich beschönen; aber wider die kundbare Warheit Falschheiten aussprengen sehr unver- schämt. Gleichwol aber hätten die Römer diß unzehlbare mal gethan; und hätten ihre über- wundenen Heerführer offt/ ja Marcus Furius und Petilius ieder Siegs-Gepränge gehalten/ ohne daß einer iemals einen Feind geschlagen. Welches der mit denen Galliern verbundenen Stadt Tibur nicht unbillich so lächerlich vor- kam; daß sie nach Rom schickten/ und den über sie siegprangenden Petilius fragen liessen: Ob er mit ihren Mücken/ oder mit ihrer Verstorbenen Geistern geschlagen hätte? Denn 9. Jahr nach der Zeit/ da Hertzog Ludwig Velitre entsetzt/ und aus dem Römischen Gebiete grossen Raub in Umbrien zurück gebracht hatte/ überfielen die Römer die Hernicier/ und folgendes Jahr das Gebiete der über fünftehalb hundert Jahr älte- ren Stadt Tibur. Weil nun die Semnoner zu Rom vergebens ihre von beyden Völckern gesuchte Vermittelung fürschlugen/ schickte Hertzog Ludwig seinem Bruder Adolph dreißig tausend Deutsche beyden zu Hülffe/ welche biß an den dritten Meilenstein an Rom anrückten/ und also die Römer/ welche die Stadt Ferentin erobert/ der Hernicier Gebiete zu verlassen/ und ihrem eigenen Feuer zuzulauffen nöthigten. Hertzog Adolph gieng/ um die Stadt Tybur zu bedecken/ zu Antenna über die Tiber/ und setzte sich an dem Flusse Anio auf der Saltzstrasse dem neuerwehlten Römischen Feldherrn Ovintius Pennus recht gegen über. Die Römer müh- ten sich durch vielfältige Anfälle die daselbst zwi- schen beyden Lägern über den Fluß Anio gebau- te Brücke zu gewinnen/ wurden aber allemal mit grossem Verluste zurück geschlagen; also: daß Ovintius durch keine Dräuung oder Ver- sprechen sie zu fernerm Angriffe bewegen konte; also genöthiget ward die eusersten Kräfften aus Rom
Sechſtes Buch [Spaltenumbruch]
nen Schrifften ſelbſt ſo wenig Warheit gefun-den: daß er ſelbte zu verbeſſern durch Schamroͤ- the bewogen/ durch ſeinen Tod aber verhindert worden. Zugeſchweigen daß einige nach der Art des Zevxes/ welcher alle Menſchen groͤſſer machte/ als ſie wahrhafftig waren/ auch ihre Ge- ſchichte derogeſtalt vergroͤſſern/ gleich als wenn die Warheit ein zu ſchlechter Firns der Schriff- ten/ und dieſe ohne Erzehlung ungemeiner Wunderwercke nicht leſens-wuͤrdig waͤren. Ad- gandeſter nahm das Wort von ihm/ und ſagte: Die denen Schlachten oder andern Staats- Haͤndeln ſelten beywohnenden Geſchichtſchrei- ber ſind noch ehe zu entſchuldigen; als welchen ſelbſt zuweilen entweder das unwahrhaffte Ge- ſchrey/ oder der Jrrthum eines anbindet. Viel ſchaͤdlicher aber iſt es/ wenn ein Feldherr oder Volck entweder nichts ausrichtet; und gleich- wol nach Roͤmiſcher Gewohnheit groſſe Siegs- Gepraͤnge haͤlt; oder gar ſeinen Verluſt fuͤr ei- nen groſſen Gewinn in der Welt ausruffen laͤſt. Zeno verſetzte: Es erforderte es vielmal die eu- ſerſte Noth aus einem Schatten einen Rieſen machen; und es waͤre die groͤſte Klugheit ſeine Wunden mit den Pflaſtern des Eigenruhms nicht minder verhoͤlen/ als heilen. Denn welche Freundſchafft hielte bey verkehrtem Gluͤcke die Farbe? Das Elend zuͤge denen Bundgenoſſen die Treue/ wie die Sonne hohe Farben aus; und kein Eydſchwur/ keine Bluts-Freundſchaft/ kei- ne genoſſene Wolthat verhinderte: daß man nicht ſich fremder Gefahr entzuͤge; ja denen Be- draͤngten ſelbſt Spinnenfeind wuͤrde; und wor- mit es nicht ſchiene: als wenn man es iemals mit ihnen gehalten/ ſie ſelbſt vollends ins Verderben ſtuͤrtzen huͤlffe. Alſo waͤre das Ungluͤck des groſ- ſen Pompejus Hencker/ Achillas aber nur ſein Scherge geweſt. Bacchus waͤre dem Jugur- tha erſt/ als ihm das Gluͤcke den Ruͤcken gekeh- ret/ feind worden; und Koͤnig Pruſias haͤtte nicht ehe ſeine Larve gegen den Hannibal vom Geſichte gezogen; als biß jene Naͤrrin ſie vorher [Spaltenumbruch] abgenommen. Adgandeſter begegnete ihm: Jn zweiffelhafften Begebnuͤſſen waͤre es freylich ei- ne Klugheit ſeinen ſchlechten Zuſtand ſo viel moͤglich beſchoͤnen; aber wider die kundbare Warheit Falſchheiten ausſprengen ſehr unver- ſchaͤmt. Gleichwol aber haͤtten die Roͤmer diß unzehlbare mal gethan; und haͤtten ihre uͤber- wundenen Heerfuͤhrer offt/ ja Marcus Furius und Petilius ieder Siegs-Gepraͤnge gehalten/ ohne daß einer iemals einen Feind geſchlagen. Welches der mit denen Galliern verbundenen Stadt Tibur nicht unbillich ſo laͤcherlich vor- kam; daß ſie nach Rom ſchickten/ und den uͤber ſie ſiegprangenden Petilius fragen lieſſen: Ob er mit ihren Muͤcken/ oder mit ihrer Verſtorbenen Geiſtern geſchlagen haͤtte? Denn 9. Jahr nach der Zeit/ da Hertzog Ludwig Velitre entſetzt/ und aus dem Roͤmiſchen Gebiete groſſen Raub in Umbrien zuruͤck gebracht hatte/ uͤberfielen die Roͤmer die Hernicier/ und folgendes Jahr das Gebiete der uͤber fuͤnftehalb hundert Jahr aͤlte- ren Stadt Tibur. Weil nun die Semnoner zu Rom vergebens ihre von beyden Voͤlckern geſuchte Vermittelung fuͤrſchlugen/ ſchickte Hertzog Ludwig ſeinem Bruder Adolph dreißig tauſend Deutſche beyden zu Huͤlffe/ welche biß an den dritten Meilenſtein an Rom anruͤckten/ und alſo die Roͤmer/ welche die Stadt Ferentin erobert/ der Hernicier Gebiete zu verlaſſen/ und ihrem eigenen Feuer zuzulauffen noͤthigten. Hertzog Adolph gieng/ um die Stadt Tybur zu bedecken/ zu Antenna uͤber die Tiber/ und ſetzte ſich an dem Fluſſe Anio auf der Saltzſtraſſe dem neuerwehlten Roͤmiſchen Feldherrn Ovintius Pennus recht gegen uͤber. Die Roͤmer muͤh- ten ſich durch vielfaͤltige Anfaͤlle die daſelbſt zwi- ſchen beyden Laͤgern uͤber den Fluß Anio gebau- te Bruͤcke zu gewinnen/ wurden aber allemal mit groſſem Verluſte zuruͤck geſchlagen; alſo: daß Ovintius durch keine Draͤuung oder Ver- ſprechen ſie zu fernerm Angriffe bewegen konte; alſo genoͤthiget ward die euſerſten Kraͤfften aus Rom
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Sechſtes Buch
nen Schrifften ſelbſt ſo wenig Warheit gefun-
den: daß er ſelbte zu verbeſſern durch Schamroͤ-
the bewogen/ durch ſeinen Tod aber verhindert
worden. Zugeſchweigen daß einige nach der
Art des Zevxes/ welcher alle Menſchen groͤſſer
machte/ als ſie wahrhafftig waren/ auch ihre Ge-
ſchichte derogeſtalt vergroͤſſern/ gleich als wenn
die Warheit ein zu ſchlechter Firns der Schriff-
ten/ und dieſe ohne Erzehlung ungemeiner
Wunderwercke nicht leſens-wuͤrdig waͤren. Ad-
gandeſter nahm das Wort von ihm/ und ſagte:
Die denen Schlachten oder andern Staats-
Haͤndeln ſelten beywohnenden Geſchichtſchrei-
ber ſind noch ehe zu entſchuldigen; als welchen
ſelbſt zuweilen entweder das unwahrhaffte Ge-
ſchrey/ oder der Jrrthum eines anbindet. Viel
ſchaͤdlicher aber iſt es/ wenn ein Feldherr oder
Volck entweder nichts ausrichtet; und gleich-
wol nach Roͤmiſcher Gewohnheit groſſe Siegs-
Gepraͤnge haͤlt; oder gar ſeinen Verluſt fuͤr ei-
nen groſſen Gewinn in der Welt ausruffen laͤſt.
Zeno verſetzte: Es erforderte es vielmal die eu-
ſerſte Noth aus einem Schatten einen Rieſen
machen; und es waͤre die groͤſte Klugheit ſeine
Wunden mit den Pflaſtern des Eigenruhms
nicht minder verhoͤlen/ als heilen. Denn welche
Freundſchafft hielte bey verkehrtem Gluͤcke die
Farbe? Das Elend zuͤge denen Bundgenoſſen
die Treue/ wie die Sonne hohe Farben aus; und
kein Eydſchwur/ keine Bluts-Freundſchaft/ kei-
ne genoſſene Wolthat verhinderte: daß man
nicht ſich fremder Gefahr entzuͤge; ja denen Be-
draͤngten ſelbſt Spinnenfeind wuͤrde; und wor-
mit es nicht ſchiene: als wenn man es iemals mit
ihnen gehalten/ ſie ſelbſt vollends ins Verderben
ſtuͤrtzen huͤlffe. Alſo waͤre das Ungluͤck des groſ-
ſen Pompejus Hencker/ Achillas aber nur ſein
Scherge geweſt. Bacchus waͤre dem Jugur-
tha erſt/ als ihm das Gluͤcke den Ruͤcken gekeh-
ret/ feind worden; und Koͤnig Pruſias haͤtte
nicht ehe ſeine Larve gegen den Hannibal vom
Geſichte gezogen; als biß jene Naͤrrin ſie vorher
abgenommen. Adgandeſter begegnete ihm: Jn
zweiffelhafften Begebnuͤſſen waͤre es freylich ei-
ne Klugheit ſeinen ſchlechten Zuſtand ſo viel
moͤglich beſchoͤnen; aber wider die kundbare
Warheit Falſchheiten ausſprengen ſehr unver-
ſchaͤmt. Gleichwol aber haͤtten die Roͤmer diß
unzehlbare mal gethan; und haͤtten ihre uͤber-
wundenen Heerfuͤhrer offt/ ja Marcus Furius
und Petilius ieder Siegs-Gepraͤnge gehalten/
ohne daß einer iemals einen Feind geſchlagen.
Welches der mit denen Galliern verbundenen
Stadt Tibur nicht unbillich ſo laͤcherlich vor-
kam; daß ſie nach Rom ſchickten/ und den uͤber ſie
ſiegprangenden Petilius fragen lieſſen: Ob er
mit ihren Muͤcken/ oder mit ihrer Verſtorbenen
Geiſtern geſchlagen haͤtte? Denn 9. Jahr nach
der Zeit/ da Hertzog Ludwig Velitre entſetzt/ und
aus dem Roͤmiſchen Gebiete groſſen Raub in
Umbrien zuruͤck gebracht hatte/ uͤberfielen die
Roͤmer die Hernicier/ und folgendes Jahr das
Gebiete der uͤber fuͤnftehalb hundert Jahr aͤlte-
ren Stadt Tibur. Weil nun die Semnoner
zu Rom vergebens ihre von beyden Voͤlckern
geſuchte Vermittelung fuͤrſchlugen/ ſchickte
Hertzog Ludwig ſeinem Bruder Adolph dreißig
tauſend Deutſche beyden zu Huͤlffe/ welche biß
an den dritten Meilenſtein an Rom anruͤckten/
und alſo die Roͤmer/ welche die Stadt Ferentin
erobert/ der Hernicier Gebiete zu verlaſſen/ und
ihrem eigenen Feuer zuzulauffen noͤthigten.
Hertzog Adolph gieng/ um die Stadt Tybur zu
bedecken/ zu Antenna uͤber die Tiber/ und ſetzte
ſich an dem Fluſſe Anio auf der Saltzſtraſſe dem
neuerwehlten Roͤmiſchen Feldherrn Ovintius
Pennus recht gegen uͤber. Die Roͤmer muͤh-
ten ſich durch vielfaͤltige Anfaͤlle die daſelbſt zwi-
ſchen beyden Laͤgern uͤber den Fluß Anio gebau-
te Bruͤcke zu gewinnen/ wurden aber allemal
mit groſſem Verluſte zuruͤck geſchlagen; alſo:
daß Ovintius durch keine Draͤuung oder Ver-
ſprechen ſie zu fernerm Angriffe bewegen konte;
alſo genoͤthiget ward die euſerſten Kraͤfften aus
Rom
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