Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.

Bild:
<< vorherige Seite

Arminius und Thußnelda.
[Spaltenumbruch] leschenden alten Lichter in den eröffneten Grabe-
Hölen noch einen Glantz ihrer Tapferkeit von
sich; und fielen wie die durch ihren Fall viel
Stauden zerschmetternden Eich-Bäume. Wie
aber diese von innen zum ersten faulen/ oder von
Würmern gefressen werden; also beginnte auch der
Deutschen Unglück von ihrer eigenen Zwy-
tracht/ als welche sich allein eine Besigerin streit-
barer Völcker zu rühmen hat. Der Anfang
aber hierzu war: daß/ als Siegfried der Semno-
ner Herrschafft antrat/ ein neuer Schwarm
Völcker/ welches grösten theils die von den Bru-
cterern vertriebenen Marsen waren/ in Jtalien
eindrang; worüber die umb den Po wohnenden
Gallier aus Beysorge: sie würden von Deut-
schen endlich gar verdrungen werden/ nicht we-
nig Eifersucht schöpften/ und mit den Römern
ius geheim Verständnüß machten. Gleich-
wohl aber vermittelte es Hertzog Siegfried: daß
die Marsen sich mit verlaubtem freyen Durch-
zuge der Bojen und Gallier vergnügten. Al-
so kamen diese in Hetrurien/ und von dar rück-
ten sie über die Tiber. Weil auch die Römer
sonst alle Hände voll zu thun hatten/ musten sie
geschehen lassen: daß sie umb den Fucinischen
See in dem Apenninischen Gebürge ein Stü-
cke Landes einnahmen. Gantz Hetruriens
Raub ward fast ihnen zur Beute; aber so
wohl die Gallier als Semnoner schöpften hier-
aus Neid und Mißtrauen; iedoch blieb der
Zunder der Mißgunst und Feindschafft noch
unter der Asche glimmend. Wenige Zeit dar-
nach ward Herennius der Samniter Fürst/ des-
sen Tochter Siegfried geheyrathet hatte/ mit den
Campaniern und Marsen uneines. Die Cam-
panier aber erkaufften mit grossem Gelde die
Römer: daß sie mit den Samnitern ohne einige
Ursache den Frieden brachen. Wiewohl nun
Siegfried sich ins Mittel schlug/ und den Rö-
mern einhielt: daß es nicht allein verkleinerlich
wäre aus dem Kriege ein Gewerbe zu machen/
sondern auch ihr Friedens-Bruch wider die ge-
[Spaltenumbruch] meine Ruh Jtaliens lieffe/ sich auch erboth die
Samniter mit den Campaniern und Marsen
zu vereinbarn; verfing doch bey denen Römern/
welche wider die Samniter für längst Gelegen-
heit zu kriegen gesucht/ dieses alles das minste.
Diesemnach führte Pontius des Fürsten He-
rennius Sohn die Samniter; Siegfried aber
wegen verächtlich ausgeschlagener Vermittelung
seine Semnoner den Römischen Bürgermei-
stern Veturius und Posthumius/ welche mit
dem Römischen Heere bey der Stadt Calatia
ihr Läger geschlagen hatten/ biß zu der Stadt
Caudium entgegen/ und besetzten daselbst aufs
heimlichste die zwey Engen des Caudinischen
Gebürges. Von dar vertheilten sie zehn in
Pferde-Hirten verkleidete Kriegs-Knechte/ wel-
che denen Römischen Streiff-Rotten einmüthig
berichteten: daß der Feind zwischen den Flüssen
Cerbalus und Frento die Stadt Luceria in Apu-
lien starck belägerte. Die Römer setzten noch selbi-
ge Nacht über den Fluß Vulturnus/ und eilten
den geraden Weg gegen Luceria mit ihrem gan-
tzen Heere unvorsichtig in das erstere Thor in
das Caudinische Gebürge/ dessen Ausgang sie
aber mit Bäumen verhauen/ mit abgeweltzten
Stein-Felsen verschlossen/ und als sie wieder zu-
rück kehren wolten/ den ersten Eingang von
den Semnonern starck besetzt/ und schon auch
grösten theils verhauen fanden. Nach dem sie nun
aus diesem Gefängnüsse durch keine Gewalt
weder hinter sich noch vor sich konten/ muste das
gantze Römische Heer auf Befehl des Pontius/
wiewohl Siegfried und Herennius sie ohne sol-
chen Schimpf loß zu lassen/ oder gar zu tödten
rieth/ die Waffen und Kleider niederlegen/ und
nach der Ordnung ihrer Würde/ also die Bür-
germeister zum ersten halbnackt unter einem Jo-
che durchgehen/ und einen Frieden belieben/ wir
es ihnen fürgeschrieben ward. Alleine wie die
Römer das ihnen geschenckte Leben für keine
Wohlthat/ den angethanen Schimpf für eine
Ursache der Todfeindschafft annahmen/ also

wolte
D d d d d 3

Arminius und Thußnelda.
[Spaltenumbruch] leſchenden alten Lichter in den eroͤffneten Grabe-
Hoͤlen noch einen Glantz ihrer Tapferkeit von
ſich; und fielen wie die durch ihren Fall viel
Stauden zerſchmetternden Eich-Baͤume. Wie
aber dieſe von innen zum erſten faulen/ oder von
Wuͤrmern gefreſſen werdẽ; alſo begiñte auch der
Deutſchen Ungluͤck von ihrer eigenen Zwy-
tracht/ als welche ſich allein eine Beſigerin ſtreit-
barer Voͤlcker zu ruͤhmen hat. Der Anfang
aber hierzu war: daß/ als Siegfried der Semno-
ner Herrſchafft antrat/ ein neuer Schwarm
Voͤlcker/ welches groͤſten theils die von den Bru-
cterern vertriebenen Marſen waren/ in Jtalien
eindrang; woruͤber die umb den Po wohnenden
Gallier aus Beyſorge: ſie wuͤrden von Deut-
ſchen endlich gar verdrungen werden/ nicht we-
nig Eiferſucht ſchoͤpften/ und mit den Roͤmern
ius geheim Verſtaͤndnuͤß machten. Gleich-
wohl aber vermittelte es Hertzog Siegfried: daß
die Marſen ſich mit verlaubtem freyen Durch-
zuge der Bojen und Gallier vergnuͤgten. Al-
ſo kamen dieſe in Hetrurien/ und von dar ruͤck-
ten ſie uͤber die Tiber. Weil auch die Roͤmer
ſonſt alle Haͤnde voll zu thun hatten/ muſten ſie
geſchehen laſſen: daß ſie umb den Fuciniſchen
See in dem Apenniniſchen Gebuͤrge ein Stuͤ-
cke Landes einnahmen. Gantz Hetruriens
Raub ward faſt ihnen zur Beute; aber ſo
wohl die Gallier als Semnoner ſchoͤpften hier-
aus Neid und Mißtrauen; iedoch blieb der
Zunder der Mißgunſt und Feindſchafft noch
unter der Aſche glimmend. Wenige Zeit dar-
nach ward Herennius der Samniter Fuͤrſt/ deſ-
ſen Tochter Siegfried geheyrathet hatte/ mit den
Campaniern und Marſen uneines. Die Cam-
panier aber erkaufften mit groſſem Gelde die
Roͤmer: daß ſie mit den Samnitern ohne einige
Urſache den Frieden brachen. Wiewohl nun
Siegfried ſich ins Mittel ſchlug/ und den Roͤ-
mern einhielt: daß es nicht allein verkleinerlich
waͤre aus dem Kriege ein Gewerbe zu machen/
ſondern auch ihr Friedens-Bruch wider die ge-
[Spaltenumbruch] meine Ruh Jtaliens lieffe/ ſich auch erboth die
Samniter mit den Campaniern und Marſen
zu vereinbarn; verfing doch bey denen Roͤmern/
welche wider die Samniter fuͤr laͤngſt Gelegen-
heit zu kriegen geſucht/ dieſes alles das minſte.
Dieſemnach fuͤhrte Pontius des Fuͤrſten He-
rennius Sohn die Samniter; Siegfried aber
wegẽ veraͤchtlich ausgeſchlagener Vermittelung
ſeine Semnoner den Roͤmiſchen Buͤrgermei-
ſtern Veturius und Poſthumius/ welche mit
dem Roͤmiſchen Heere bey der Stadt Calatia
ihr Laͤger geſchlagen hatten/ biß zu der Stadt
Caudium entgegen/ und beſetzten daſelbſt aufs
heimlichſte die zwey Engen des Caudiniſchen
Gebuͤrges. Von dar vertheilten ſie zehn in
Pferde-Hirten verkleidete Kriegs-Knechte/ wel-
che denen Roͤmiſchen Streiff-Rotten einmuͤthig
berichteten: daß der Feind zwiſchen den Fluͤſſen
Cerbalus und Frento die Stadt Luceria in Apu-
liẽ ſtarck belaͤgerte. Die Roͤmer ſetzten noch ſelbi-
ge Nacht uͤber den Fluß Vulturnus/ und eilten
den geraden Weg gegen Luceria mit ihrem gan-
tzen Heere unvorſichtig in das erſtere Thor in
das Caudiniſche Gebuͤrge/ deſſen Ausgang ſie
aber mit Baͤumen verhauen/ mit abgeweltzten
Stein-Felſen verſchloſſen/ und als ſie wieder zu-
ruͤck kehren wolten/ den erſten Eingang von
den Semnonern ſtarck beſetzt/ und ſchon auch
groͤſten theils verhauen fandẽ. Nach dem ſie nun
aus dieſem Gefaͤngnuͤſſe durch keine Gewalt
weder hinter ſich noch vor ſich konten/ muſte das
gantze Roͤmiſche Heer auf Befehl des Pontius/
wiewohl Siegfried und Herennius ſie ohne ſol-
chen Schimpf loß zu laſſen/ oder gar zu toͤdten
rieth/ die Waffen und Kleider niederlegen/ und
nach der Ordnung ihrer Wuͤrde/ alſo die Buͤr-
germeiſter zum erſten halbnackt unter einem Jo-
che durchgehen/ und einen Frieden belieben/ wir
es ihnen fuͤrgeſchrieben ward. Alleine wie die
Roͤmer das ihnen geſchenckte Leben fuͤr keine
Wohlthat/ den angethanen Schimpf fuͤr eine
Urſache der Todfeindſchafft annahmen/ alſo

wolte
D d d d d 3
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0827" n="765[767]"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Arminius und Thußnelda.</hi></fw><lb/><cb/>
le&#x017F;chenden alten Lichter in den ero&#x0364;ffneten Grabe-<lb/>
Ho&#x0364;len noch einen Glantz ihrer Tapferkeit von<lb/>
&#x017F;ich; und fielen wie die durch ihren Fall viel<lb/>
Stauden zer&#x017F;chmetternden Eich-Ba&#x0364;ume. Wie<lb/>
aber die&#x017F;e von innen zum er&#x017F;ten faulen/ oder von<lb/>
Wu&#x0364;rmern gefre&#x017F;&#x017F;en werde&#x0303;; al&#x017F;o begin&#x0303;te auch der<lb/>
Deut&#x017F;chen Unglu&#x0364;ck von ihrer eigenen Zwy-<lb/>
tracht/ als welche &#x017F;ich allein eine Be&#x017F;igerin &#x017F;treit-<lb/>
barer Vo&#x0364;lcker zu ru&#x0364;hmen hat. Der Anfang<lb/>
aber hierzu war: daß/ als Siegfried der Semno-<lb/>
ner Herr&#x017F;chafft antrat/ ein neuer Schwarm<lb/>
Vo&#x0364;lcker/ welches gro&#x0364;&#x017F;ten theils die von den Bru-<lb/>
cterern vertriebenen Mar&#x017F;en waren/ in Jtalien<lb/>
eindrang; woru&#x0364;ber die umb den Po wohnenden<lb/>
Gallier aus Bey&#x017F;orge: &#x017F;ie wu&#x0364;rden von Deut-<lb/>
&#x017F;chen endlich gar verdrungen werden/ nicht we-<lb/>
nig Eifer&#x017F;ucht &#x017F;cho&#x0364;pften/ und mit den Ro&#x0364;mern<lb/>
ius geheim Ver&#x017F;ta&#x0364;ndnu&#x0364;ß machten. Gleich-<lb/>
wohl aber vermittelte es Hertzog Siegfried: daß<lb/>
die Mar&#x017F;en &#x017F;ich mit verlaubtem freyen Durch-<lb/>
zuge der Bojen und Gallier vergnu&#x0364;gten. Al-<lb/>
&#x017F;o kamen die&#x017F;e in Hetrurien/ und von dar ru&#x0364;ck-<lb/>
ten &#x017F;ie u&#x0364;ber die Tiber. Weil auch die Ro&#x0364;mer<lb/>
&#x017F;on&#x017F;t alle Ha&#x0364;nde voll zu thun hatten/ mu&#x017F;ten &#x017F;ie<lb/>
ge&#x017F;chehen la&#x017F;&#x017F;en: daß &#x017F;ie umb den Fucini&#x017F;chen<lb/>
See in dem Apennini&#x017F;chen Gebu&#x0364;rge ein Stu&#x0364;-<lb/>
cke Landes einnahmen. Gantz Hetruriens<lb/>
Raub ward fa&#x017F;t ihnen zur Beute; aber &#x017F;o<lb/>
wohl die Gallier als Semnoner &#x017F;cho&#x0364;pften hier-<lb/>
aus Neid und Mißtrauen; iedoch blieb der<lb/>
Zunder der Mißgun&#x017F;t und Feind&#x017F;chafft noch<lb/>
unter der A&#x017F;che glimmend. Wenige Zeit dar-<lb/>
nach ward Herennius der Samniter Fu&#x0364;r&#x017F;t/ de&#x017F;-<lb/>
&#x017F;en Tochter Siegfried geheyrathet hatte/ mit den<lb/>
Campaniern und Mar&#x017F;en uneines. Die Cam-<lb/>
panier aber erkaufften mit gro&#x017F;&#x017F;em Gelde die<lb/>
Ro&#x0364;mer: daß &#x017F;ie mit den Samnitern ohne einige<lb/>
Ur&#x017F;ache den Frieden brachen. Wiewohl nun<lb/>
Siegfried &#x017F;ich ins Mittel &#x017F;chlug/ und den Ro&#x0364;-<lb/>
mern einhielt: daß es nicht allein verkleinerlich<lb/>
wa&#x0364;re aus dem Kriege ein Gewerbe zu machen/<lb/>
&#x017F;ondern auch ihr Friedens-Bruch wider die ge-<lb/><cb/>
meine Ruh Jtaliens lieffe/ &#x017F;ich auch erboth die<lb/>
Samniter mit den Campaniern und Mar&#x017F;en<lb/>
zu vereinbarn; verfing doch bey denen Ro&#x0364;mern/<lb/>
welche wider die Samniter fu&#x0364;r la&#x0364;ng&#x017F;t Gelegen-<lb/>
heit zu kriegen ge&#x017F;ucht/ die&#x017F;es alles das min&#x017F;te.<lb/>
Die&#x017F;emnach fu&#x0364;hrte Pontius des Fu&#x0364;r&#x017F;ten He-<lb/>
rennius Sohn die Samniter; Siegfried aber<lb/>
wege&#x0303; vera&#x0364;chtlich ausge&#x017F;chlagener Vermittelung<lb/>
&#x017F;eine Semnoner den Ro&#x0364;mi&#x017F;chen Bu&#x0364;rgermei-<lb/>
&#x017F;tern Veturius und Po&#x017F;thumius/ welche mit<lb/>
dem Ro&#x0364;mi&#x017F;chen Heere bey der Stadt Calatia<lb/>
ihr La&#x0364;ger ge&#x017F;chlagen hatten/ biß zu der Stadt<lb/>
Caudium entgegen/ und be&#x017F;etzten da&#x017F;elb&#x017F;t aufs<lb/>
heimlich&#x017F;te die zwey Engen des Caudini&#x017F;chen<lb/>
Gebu&#x0364;rges. Von dar vertheilten &#x017F;ie zehn in<lb/>
Pferde-Hirten verkleidete Kriegs-Knechte/ wel-<lb/>
che denen Ro&#x0364;mi&#x017F;chen Streiff-Rotten einmu&#x0364;thig<lb/>
berichteten: daß der Feind zwi&#x017F;chen den Flu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en<lb/>
Cerbalus und Frento die Stadt Luceria in Apu-<lb/>
lie&#x0303; &#x017F;tarck bela&#x0364;gerte. Die Ro&#x0364;mer &#x017F;etzten noch &#x017F;elbi-<lb/>
ge Nacht u&#x0364;ber den Fluß Vulturnus/ und eilten<lb/>
den geraden Weg gegen Luceria mit ihrem gan-<lb/>
tzen Heere unvor&#x017F;ichtig in das er&#x017F;tere Thor in<lb/>
das Caudini&#x017F;che Gebu&#x0364;rge/ de&#x017F;&#x017F;en Ausgang &#x017F;ie<lb/>
aber mit Ba&#x0364;umen verhauen/ mit abgeweltzten<lb/>
Stein-Fel&#x017F;en ver&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en/ und als &#x017F;ie wieder zu-<lb/>
ru&#x0364;ck kehren wolten/ den er&#x017F;ten Eingang von<lb/>
den Semnonern &#x017F;tarck be&#x017F;etzt/ und &#x017F;chon auch<lb/>
gro&#x0364;&#x017F;ten theils verhauen fande&#x0303;. Nach dem &#x017F;ie nun<lb/>
aus die&#x017F;em Gefa&#x0364;ngnu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e durch keine Gewalt<lb/>
weder hinter &#x017F;ich noch vor &#x017F;ich konten/ mu&#x017F;te das<lb/>
gantze Ro&#x0364;mi&#x017F;che Heer auf Befehl des Pontius/<lb/>
wiewohl Siegfried und Herennius &#x017F;ie ohne &#x017F;ol-<lb/>
chen Schimpf loß zu la&#x017F;&#x017F;en/ oder gar zu to&#x0364;dten<lb/>
rieth/ die Waffen und Kleider niederlegen/ und<lb/>
nach der Ordnung ihrer Wu&#x0364;rde/ al&#x017F;o die Bu&#x0364;r-<lb/>
germei&#x017F;ter zum er&#x017F;ten halbnackt unter einem Jo-<lb/>
che durchgehen/ und einen Frieden belieben/ wir<lb/>
es ihnen fu&#x0364;rge&#x017F;chrieben ward. Alleine wie die<lb/>
Ro&#x0364;mer das ihnen ge&#x017F;chenckte Leben fu&#x0364;r keine<lb/>
Wohlthat/ den angethanen Schimpf fu&#x0364;r eine<lb/>
Ur&#x017F;ache der Todfeind&#x017F;chafft annahmen/ al&#x017F;o<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">D d d d d 3</fw><fw place="bottom" type="catch">wolte</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[765[767]/0827] Arminius und Thußnelda. leſchenden alten Lichter in den eroͤffneten Grabe- Hoͤlen noch einen Glantz ihrer Tapferkeit von ſich; und fielen wie die durch ihren Fall viel Stauden zerſchmetternden Eich-Baͤume. Wie aber dieſe von innen zum erſten faulen/ oder von Wuͤrmern gefreſſen werdẽ; alſo begiñte auch der Deutſchen Ungluͤck von ihrer eigenen Zwy- tracht/ als welche ſich allein eine Beſigerin ſtreit- barer Voͤlcker zu ruͤhmen hat. Der Anfang aber hierzu war: daß/ als Siegfried der Semno- ner Herrſchafft antrat/ ein neuer Schwarm Voͤlcker/ welches groͤſten theils die von den Bru- cterern vertriebenen Marſen waren/ in Jtalien eindrang; woruͤber die umb den Po wohnenden Gallier aus Beyſorge: ſie wuͤrden von Deut- ſchen endlich gar verdrungen werden/ nicht we- nig Eiferſucht ſchoͤpften/ und mit den Roͤmern ius geheim Verſtaͤndnuͤß machten. Gleich- wohl aber vermittelte es Hertzog Siegfried: daß die Marſen ſich mit verlaubtem freyen Durch- zuge der Bojen und Gallier vergnuͤgten. Al- ſo kamen dieſe in Hetrurien/ und von dar ruͤck- ten ſie uͤber die Tiber. Weil auch die Roͤmer ſonſt alle Haͤnde voll zu thun hatten/ muſten ſie geſchehen laſſen: daß ſie umb den Fuciniſchen See in dem Apenniniſchen Gebuͤrge ein Stuͤ- cke Landes einnahmen. Gantz Hetruriens Raub ward faſt ihnen zur Beute; aber ſo wohl die Gallier als Semnoner ſchoͤpften hier- aus Neid und Mißtrauen; iedoch blieb der Zunder der Mißgunſt und Feindſchafft noch unter der Aſche glimmend. Wenige Zeit dar- nach ward Herennius der Samniter Fuͤrſt/ deſ- ſen Tochter Siegfried geheyrathet hatte/ mit den Campaniern und Marſen uneines. Die Cam- panier aber erkaufften mit groſſem Gelde die Roͤmer: daß ſie mit den Samnitern ohne einige Urſache den Frieden brachen. Wiewohl nun Siegfried ſich ins Mittel ſchlug/ und den Roͤ- mern einhielt: daß es nicht allein verkleinerlich waͤre aus dem Kriege ein Gewerbe zu machen/ ſondern auch ihr Friedens-Bruch wider die ge- meine Ruh Jtaliens lieffe/ ſich auch erboth die Samniter mit den Campaniern und Marſen zu vereinbarn; verfing doch bey denen Roͤmern/ welche wider die Samniter fuͤr laͤngſt Gelegen- heit zu kriegen geſucht/ dieſes alles das minſte. Dieſemnach fuͤhrte Pontius des Fuͤrſten He- rennius Sohn die Samniter; Siegfried aber wegẽ veraͤchtlich ausgeſchlagener Vermittelung ſeine Semnoner den Roͤmiſchen Buͤrgermei- ſtern Veturius und Poſthumius/ welche mit dem Roͤmiſchen Heere bey der Stadt Calatia ihr Laͤger geſchlagen hatten/ biß zu der Stadt Caudium entgegen/ und beſetzten daſelbſt aufs heimlichſte die zwey Engen des Caudiniſchen Gebuͤrges. Von dar vertheilten ſie zehn in Pferde-Hirten verkleidete Kriegs-Knechte/ wel- che denen Roͤmiſchen Streiff-Rotten einmuͤthig berichteten: daß der Feind zwiſchen den Fluͤſſen Cerbalus und Frento die Stadt Luceria in Apu- liẽ ſtarck belaͤgerte. Die Roͤmer ſetzten noch ſelbi- ge Nacht uͤber den Fluß Vulturnus/ und eilten den geraden Weg gegen Luceria mit ihrem gan- tzen Heere unvorſichtig in das erſtere Thor in das Caudiniſche Gebuͤrge/ deſſen Ausgang ſie aber mit Baͤumen verhauen/ mit abgeweltzten Stein-Felſen verſchloſſen/ und als ſie wieder zu- ruͤck kehren wolten/ den erſten Eingang von den Semnonern ſtarck beſetzt/ und ſchon auch groͤſten theils verhauen fandẽ. Nach dem ſie nun aus dieſem Gefaͤngnuͤſſe durch keine Gewalt weder hinter ſich noch vor ſich konten/ muſte das gantze Roͤmiſche Heer auf Befehl des Pontius/ wiewohl Siegfried und Herennius ſie ohne ſol- chen Schimpf loß zu laſſen/ oder gar zu toͤdten rieth/ die Waffen und Kleider niederlegen/ und nach der Ordnung ihrer Wuͤrde/ alſo die Buͤr- germeiſter zum erſten halbnackt unter einem Jo- che durchgehen/ und einen Frieden belieben/ wir es ihnen fuͤrgeſchrieben ward. Alleine wie die Roͤmer das ihnen geſchenckte Leben fuͤr keine Wohlthat/ den angethanen Schimpf fuͤr eine Urſache der Todfeindſchafft annahmen/ alſo wolte D d d d d 3

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/827
Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 765[767]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/827>, abgerufen am 22.11.2024.