Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.

Bild:
<< vorherige Seite

Sechstes Buch
[Spaltenumbruch] die Finsternüsse der zwey grossen Welt-Lichter
so wol ihre ordentliche Ursachen als ihre Gesetze
Zeit haben; so ist deßhalben es der göttlichen
Versehung unverschrenckt: daß sie hierdurch
grosse Enderungen/ und insonderheit die Ver-
düsterung grosser Welt-Lichter/ wie der Schat-
ten an den Sonnen-Uhren die Stunden an-
deute. Massen denn wenige Zeit hernach so
wol Brennus als Belgius ihrem Leben und
Siegen ein Ende machten. Bey diesen To-
desfällen ereigneten sich unter den Deutschen
Fürsten allerhand Zwytrachten; welche die grö-
sten Reiche auch biß zu der eusersten Ohnmacht
zu entkräfften mächtig sind. Bey welcher Un-
ruh Antigonus sich wider gantz Macedoniens
bemächtigte. Gleichwol aber behauptete des
Belgius Sohn Commontor nebst dem halben
Pannonien ein Stücke von Dacien/ Mysien
und Thracien/ zwischen dem schwartzen Meere
und dem Flusse Athyras/ nach dem er vorher die
Geten und Treballen in etlichen Schlachten
aufs Haupt erleget hatte. Dieser Fürst erlang-
te durch seine Helden-Thaten in Europa und
Asien einen so starcken Nahmen: daß alle ferne
Könige an seinen neuen Reichs-Sitz die Stadt
Tube schickten/ und den Hertzog Commontor
um Hülffe und Bündnüß ersuchten. Denen
Byzantiern nahm er nach etlichen Treffen ihre
fetten Aecker/ und brachte sie derogestalt ins Ge-
drange: daß sie ihm und seinen Nachkommen
jährlich 80. Talent zum Geschencke senden mu-
sten. Unter diesem ehrlichen Nahmen verhül-
len die schwächern Herrschafften die schimpfli-
chen Schatzungen. Jn diesem Zustande blieb es/
biß Fürst Cavar von den Thraciern über wun-
den ward. Brennus verließ unterschiedene
Söhne/ und zwar seinem Sohne Hunn Pan-
nonien/ den andern beyden Leonor und Luthar
nebst einer schlechten Abstattung seine zwey beste
Sebeln/ mit der Erinnerung: daß diese/ die
Tugend und das Glücke schon mächtig genung
wären/ sie mit einem Erbtheile etlicher Reiche
[Spaltenumbruch] zu versehen. König Hunn aber eignete seines
Vaters Feld-Hauptmanne Thessalor ein Her-
tzogthum zwischen dem Jster und der Sau zu/
welcher die ihm untergebenen Völcker nach sei-
nem Vater die Scordißker nennte. Dieser ließ
anfangs zwar in seinem Reiche ihm nichts mehr/
als den Ruhm seiner Gelindigkeit angelegen
seyn; nach dem er aber durch allerhand Künste
die Gemüther seiner Unterthanen und die Ge-
wogenheit der Nachbarn gewonnen hatte/ ver-
leitete ihn die einmal gekostete Süßigkeit der
Herrschafft so weit: daß er so gar auff den Pan-
nonischen Zepter ein Auge warf/ unterschiedene
Pannonische Fürsten/ welche der Deutschen
Herrschafft überdrüßig und der Neuigkeit be-
gierig waren/ auf seine Seite/ die Geten und
Triballen aber wider die Deutschen in ein
Bündnüß brachte. Nach dem diesen verschwor-
nen nun unterschiedene Anschläge den König
Hunn durch Gifft hinzurichten fehl schlugen/
beschlossen sie ihn auf der Jagt/ welche Sinadat
einer seiner geheimsten Räthe anstellte/ aufzur ei-
ben. Hunn war schon auf dem Wege/ als ein
Deutsches Weib sich qver über einen engen
Weg legte/ wordurch der König reiten solte/ und
mit aufgehobenen Händen bat/ er möchte keinen
Schritt ferner reiten/ ihm auch von des Sina-
dats eigenem Weibe ein verschlossen Schreiben
einhändigte/ welches das Geheimnüß der Ver-
rätherey umständlich entdeckte; von welchem sie
ihren Ehmann abwendig zu machen nicht ver-
mocht hätte. Hunn entsetzte sich über iedem
Worte/ weil er die/ denen er die gröste Treue
zu- und das Hefft seines Reiches anvertraut hat-
te/ unter dem Verzeichnüsse der schlimmsten
Verräther fand. Also kehrte er stillschweigend
zurücke/ ließ ihre Schrifften durch suchen/ und/
nachdem er darinnen augenscheinlichen Be-
weiß fand/ selbte an statt des Wildes auf der an-
gestellten Jagt fangen/ und denen zwey für-
nehmsten Rädelsführern Sinadat und Jrenitz
die Köpffe abschlagen. Jhr Götter! fing die

Köni-

Sechſtes Buch
[Spaltenumbruch] die Finſternuͤſſe der zwey groſſen Welt-Lichter
ſo wol ihre ordentliche Urſachen als ihre Geſetze
Zeit haben; ſo iſt deßhalben es der goͤttlichen
Verſehung unverſchrenckt: daß ſie hierdurch
groſſe Enderungen/ und inſonderheit die Ver-
duͤſterung groſſer Welt-Lichter/ wie der Schat-
ten an den Sonnen-Uhren die Stunden an-
deute. Maſſen denn wenige Zeit hernach ſo
wol Brennus als Belgius ihrem Leben und
Siegen ein Ende machten. Bey dieſen To-
desfaͤllen ereigneten ſich unter den Deutſchen
Fuͤrſten allerhand Zwytrachten; welche die groͤ-
ſten Reiche auch biß zu der euſerſten Ohnmacht
zu entkraͤfften maͤchtig ſind. Bey welcher Un-
ruh Antigonus ſich wider gantz Macedoniens
bemaͤchtigte. Gleichwol aber behauptete des
Belgius Sohn Commontor nebſt dem halben
Pannonien ein Stuͤcke von Dacien/ Myſien
und Thracien/ zwiſchen dem ſchwartzen Meere
und dem Fluſſe Athyras/ nach dem er vorher die
Geten und Treballen in etlichen Schlachten
aufs Haupt erleget hatte. Dieſer Fuͤrſt erlang-
te durch ſeine Helden-Thaten in Europa und
Aſien einen ſo ſtarcken Nahmen: daß alle ferne
Koͤnige an ſeinen neuen Reichs-Sitz die Stadt
Tube ſchickten/ und den Hertzog Commontor
um Huͤlffe und Buͤndnuͤß erſuchten. Denen
Byzantiern nahm er nach etlichen Treffen ihre
fetten Aecker/ und brachte ſie derogeſtalt ins Ge-
drange: daß ſie ihm und ſeinen Nachkommen
jaͤhrlich 80. Talent zum Geſchencke ſenden mu-
ſten. Unter dieſem ehrlichen Nahmen verhuͤl-
len die ſchwaͤchern Herrſchafften die ſchimpfli-
chen Schatzungen. Jn dieſem Zuſtande blieb es/
biß Fuͤrſt Cavar von den Thraciern uͤber wun-
den ward. Brennus verließ unterſchiedene
Soͤhne/ und zwar ſeinem Sohne Hunn Pan-
nonien/ den andern beyden Leonor und Luthar
nebſt einer ſchlechten Abſtattung ſeine zwey beſte
Sebeln/ mit der Erinnerung: daß dieſe/ die
Tugend und das Gluͤcke ſchon maͤchtig genung
waͤren/ ſie mit einem Erbtheile etlicher Reiche
[Spaltenumbruch] zu verſehen. Koͤnig Hunn aber eignete ſeines
Vaters Feld-Hauptmanne Theſſalor ein Her-
tzogthum zwiſchen dem Jſter und der Sau zu/
welcher die ihm untergebenen Voͤlcker nach ſei-
nem Vater die Scordißker nennte. Dieſer ließ
anfangs zwar in ſeinem Reiche ihm nichts mehr/
als den Ruhm ſeiner Gelindigkeit angelegen
ſeyn; nach dem er aber durch allerhand Kuͤnſte
die Gemuͤther ſeiner Unterthanen und die Ge-
wogenheit der Nachbarn gewonnen hatte/ ver-
leitete ihn die einmal gekoſtete Suͤßigkeit der
Herrſchafft ſo weit: daß er ſo gar auff den Pan-
noniſchen Zepter ein Auge warf/ unterſchiedene
Pannoniſche Fuͤrſten/ welche der Deutſchen
Herrſchafft uͤberdruͤßig und der Neuigkeit be-
gierig waren/ auf ſeine Seite/ die Geten und
Triballen aber wider die Deutſchen in ein
Buͤndnuͤß brachte. Nach dem dieſen verſchwor-
nen nun unterſchiedene Anſchlaͤge den Koͤnig
Hunn durch Gifft hinzurichten fehl ſchlugen/
beſchloſſen ſie ihn auf der Jagt/ welche Sinadat
einer ſeiner geheimſten Raͤthe anſtellte/ aufzur ei-
ben. Hunn war ſchon auf dem Wege/ als ein
Deutſches Weib ſich qver uͤber einen engen
Weg legte/ wordurch der Koͤnig reiten ſolte/ und
mit aufgehobenen Haͤnden bat/ er moͤchte keinen
Schritt ferner reiten/ ihm auch von des Sina-
dats eigenem Weibe ein verſchloſſen Schreiben
einhaͤndigte/ welches das Geheimnuͤß der Ver-
raͤtherey umſtaͤndlich entdeckte; von welchem ſie
ihren Ehmann abwendig zu machen nicht ver-
mocht haͤtte. Hunn entſetzte ſich uͤber iedem
Worte/ weil er die/ denen er die groͤſte Treue
zu- und das Hefft ſeines Reiches anvertraut hat-
te/ unter dem Verzeichnuͤſſe der ſchlimmſten
Verraͤther fand. Alſo kehrte er ſtillſchweigend
zuruͤcke/ ließ ihre Schrifften durch ſuchen/ und/
nachdem er darinnen augenſcheinlichen Be-
weiß fand/ ſelbte an ſtatt des Wildes auf der an-
geſtellten Jagt fangen/ und denen zwey fuͤr-
nehmſten Raͤdelsfuͤhrern Sinadat und Jrenitz
die Koͤpffe abſchlagen. Jhr Goͤtter! fing die

Koͤni-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0846" n="784[786]"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Sech&#x017F;tes Buch</hi></fw><lb/><cb/>
die Fin&#x017F;ternu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e der zwey gro&#x017F;&#x017F;en Welt-Lichter<lb/>
&#x017F;o wol ihre ordentliche Ur&#x017F;achen als ihre Ge&#x017F;etze<lb/>
Zeit haben; &#x017F;o i&#x017F;t deßhalben es der go&#x0364;ttlichen<lb/>
Ver&#x017F;ehung unver&#x017F;chrenckt: daß &#x017F;ie hierdurch<lb/>
gro&#x017F;&#x017F;e Enderungen/ und in&#x017F;onderheit die Ver-<lb/>
du&#x0364;&#x017F;terung gro&#x017F;&#x017F;er Welt-Lichter/ wie der Schat-<lb/>
ten an den Sonnen-Uhren die Stunden an-<lb/>
deute. Ma&#x017F;&#x017F;en denn wenige Zeit hernach &#x017F;o<lb/>
wol Brennus als Belgius ihrem Leben und<lb/>
Siegen ein Ende machten. Bey die&#x017F;en To-<lb/>
desfa&#x0364;llen ereigneten &#x017F;ich unter den Deut&#x017F;chen<lb/>
Fu&#x0364;r&#x017F;ten allerhand Zwytrachten; welche die gro&#x0364;-<lb/>
&#x017F;ten Reiche auch biß zu der eu&#x017F;er&#x017F;ten Ohnmacht<lb/>
zu entkra&#x0364;fften ma&#x0364;chtig &#x017F;ind. Bey welcher Un-<lb/>
ruh Antigonus &#x017F;ich wider gantz Macedoniens<lb/>
bema&#x0364;chtigte. Gleichwol aber behauptete des<lb/>
Belgius Sohn Commontor neb&#x017F;t dem halben<lb/>
Pannonien ein Stu&#x0364;cke von Dacien/ My&#x017F;ien<lb/>
und Thracien/ zwi&#x017F;chen dem &#x017F;chwartzen Meere<lb/>
und dem Flu&#x017F;&#x017F;e Athyras/ nach dem er vorher die<lb/>
Geten und Treballen in etlichen Schlachten<lb/>
aufs Haupt erleget hatte. Die&#x017F;er Fu&#x0364;r&#x017F;t erlang-<lb/>
te durch &#x017F;eine Helden-Thaten in Europa und<lb/>
A&#x017F;ien einen &#x017F;o &#x017F;tarcken Nahmen: daß alle ferne<lb/>
Ko&#x0364;nige an &#x017F;einen neuen Reichs-Sitz die Stadt<lb/>
Tube &#x017F;chickten/ und den Hertzog Commontor<lb/>
um Hu&#x0364;lffe und Bu&#x0364;ndnu&#x0364;ß er&#x017F;uchten. Denen<lb/>
Byzantiern nahm er nach etlichen Treffen ihre<lb/>
fetten Aecker/ und brachte &#x017F;ie deroge&#x017F;talt ins Ge-<lb/>
drange: daß &#x017F;ie ihm und &#x017F;einen Nachkommen<lb/>
ja&#x0364;hrlich 80. Talent zum Ge&#x017F;chencke &#x017F;enden mu-<lb/>
&#x017F;ten. Unter die&#x017F;em ehrlichen Nahmen verhu&#x0364;l-<lb/>
len die &#x017F;chwa&#x0364;chern Herr&#x017F;chafften die &#x017F;chimpfli-<lb/>
chen Schatzungen. Jn die&#x017F;em Zu&#x017F;tande blieb es/<lb/>
biß Fu&#x0364;r&#x017F;t Cavar von den Thraciern u&#x0364;ber wun-<lb/>
den ward. Brennus verließ unter&#x017F;chiedene<lb/>
So&#x0364;hne/ und zwar &#x017F;einem Sohne Hunn Pan-<lb/>
nonien/ den andern beyden Leonor und Luthar<lb/>
neb&#x017F;t einer &#x017F;chlechten Ab&#x017F;tattung &#x017F;eine zwey be&#x017F;te<lb/>
Sebeln/ mit der Erinnerung: daß die&#x017F;e/ die<lb/>
Tugend und das Glu&#x0364;cke &#x017F;chon ma&#x0364;chtig genung<lb/>
wa&#x0364;ren/ &#x017F;ie mit einem Erbtheile etlicher Reiche<lb/><cb/>
zu ver&#x017F;ehen. Ko&#x0364;nig Hunn aber eignete &#x017F;eines<lb/>
Vaters Feld-Hauptmanne The&#x017F;&#x017F;alor ein Her-<lb/>
tzogthum zwi&#x017F;chen dem J&#x017F;ter und der Sau zu/<lb/>
welcher die ihm untergebenen Vo&#x0364;lcker nach &#x017F;ei-<lb/>
nem Vater die Scordißker nennte. Die&#x017F;er ließ<lb/>
anfangs zwar in &#x017F;einem Reiche ihm nichts mehr/<lb/>
als den Ruhm &#x017F;einer Gelindigkeit angelegen<lb/>
&#x017F;eyn; nach dem er aber durch allerhand Ku&#x0364;n&#x017F;te<lb/>
die Gemu&#x0364;ther &#x017F;einer Unterthanen und die Ge-<lb/>
wogenheit der Nachbarn gewonnen hatte/ ver-<lb/>
leitete ihn die einmal geko&#x017F;tete Su&#x0364;ßigkeit der<lb/>
Herr&#x017F;chafft &#x017F;o weit: daß er &#x017F;o gar auff den Pan-<lb/>
noni&#x017F;chen Zepter ein Auge warf/ unter&#x017F;chiedene<lb/>
Pannoni&#x017F;che Fu&#x0364;r&#x017F;ten/ welche der Deut&#x017F;chen<lb/>
Herr&#x017F;chafft u&#x0364;berdru&#x0364;ßig und der Neuigkeit be-<lb/>
gierig waren/ auf &#x017F;eine Seite/ die Geten und<lb/>
Triballen aber wider die Deut&#x017F;chen in ein<lb/>
Bu&#x0364;ndnu&#x0364;ß brachte. Nach dem die&#x017F;en ver&#x017F;chwor-<lb/>
nen nun unter&#x017F;chiedene An&#x017F;chla&#x0364;ge den Ko&#x0364;nig<lb/>
Hunn durch Gifft hinzurichten fehl &#x017F;chlugen/<lb/>
be&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en &#x017F;ie ihn auf der Jagt/ welche Sinadat<lb/>
einer &#x017F;einer geheim&#x017F;ten Ra&#x0364;the an&#x017F;tellte/ aufzur ei-<lb/>
ben. Hunn war &#x017F;chon auf dem Wege/ als ein<lb/>
Deut&#x017F;ches Weib &#x017F;ich qver u&#x0364;ber einen engen<lb/>
Weg legte/ wordurch der Ko&#x0364;nig reiten &#x017F;olte/ und<lb/>
mit aufgehobenen Ha&#x0364;nden bat/ er mo&#x0364;chte keinen<lb/>
Schritt ferner reiten/ ihm auch von des Sina-<lb/>
dats eigenem Weibe ein ver&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en Schreiben<lb/>
einha&#x0364;ndigte/ welches das Geheimnu&#x0364;ß der Ver-<lb/>
ra&#x0364;therey um&#x017F;ta&#x0364;ndlich entdeckte; von welchem &#x017F;ie<lb/>
ihren Ehmann abwendig zu machen nicht ver-<lb/>
mocht ha&#x0364;tte. Hunn ent&#x017F;etzte &#x017F;ich u&#x0364;ber iedem<lb/>
Worte/ weil er die/ denen er die gro&#x0364;&#x017F;te Treue<lb/>
zu- und das Hefft &#x017F;eines Reiches anvertraut hat-<lb/>
te/ unter dem Verzeichnu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e der &#x017F;chlimm&#x017F;ten<lb/>
Verra&#x0364;ther fand. Al&#x017F;o kehrte er &#x017F;till&#x017F;chweigend<lb/>
zuru&#x0364;cke/ ließ ihre Schrifften durch &#x017F;uchen/ und/<lb/>
nachdem er darinnen augen&#x017F;cheinlichen Be-<lb/>
weiß fand/ &#x017F;elbte an &#x017F;tatt des Wildes auf der an-<lb/>
ge&#x017F;tellten Jagt fangen/ und denen zwey fu&#x0364;r-<lb/>
nehm&#x017F;ten Ra&#x0364;delsfu&#x0364;hrern Sinadat und Jrenitz<lb/>
die Ko&#x0364;pffe ab&#x017F;chlagen. Jhr Go&#x0364;tter! fing die<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Ko&#x0364;ni-</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[784[786]/0846] Sechſtes Buch die Finſternuͤſſe der zwey groſſen Welt-Lichter ſo wol ihre ordentliche Urſachen als ihre Geſetze Zeit haben; ſo iſt deßhalben es der goͤttlichen Verſehung unverſchrenckt: daß ſie hierdurch groſſe Enderungen/ und inſonderheit die Ver- duͤſterung groſſer Welt-Lichter/ wie der Schat- ten an den Sonnen-Uhren die Stunden an- deute. Maſſen denn wenige Zeit hernach ſo wol Brennus als Belgius ihrem Leben und Siegen ein Ende machten. Bey dieſen To- desfaͤllen ereigneten ſich unter den Deutſchen Fuͤrſten allerhand Zwytrachten; welche die groͤ- ſten Reiche auch biß zu der euſerſten Ohnmacht zu entkraͤfften maͤchtig ſind. Bey welcher Un- ruh Antigonus ſich wider gantz Macedoniens bemaͤchtigte. Gleichwol aber behauptete des Belgius Sohn Commontor nebſt dem halben Pannonien ein Stuͤcke von Dacien/ Myſien und Thracien/ zwiſchen dem ſchwartzen Meere und dem Fluſſe Athyras/ nach dem er vorher die Geten und Treballen in etlichen Schlachten aufs Haupt erleget hatte. Dieſer Fuͤrſt erlang- te durch ſeine Helden-Thaten in Europa und Aſien einen ſo ſtarcken Nahmen: daß alle ferne Koͤnige an ſeinen neuen Reichs-Sitz die Stadt Tube ſchickten/ und den Hertzog Commontor um Huͤlffe und Buͤndnuͤß erſuchten. Denen Byzantiern nahm er nach etlichen Treffen ihre fetten Aecker/ und brachte ſie derogeſtalt ins Ge- drange: daß ſie ihm und ſeinen Nachkommen jaͤhrlich 80. Talent zum Geſchencke ſenden mu- ſten. Unter dieſem ehrlichen Nahmen verhuͤl- len die ſchwaͤchern Herrſchafften die ſchimpfli- chen Schatzungen. Jn dieſem Zuſtande blieb es/ biß Fuͤrſt Cavar von den Thraciern uͤber wun- den ward. Brennus verließ unterſchiedene Soͤhne/ und zwar ſeinem Sohne Hunn Pan- nonien/ den andern beyden Leonor und Luthar nebſt einer ſchlechten Abſtattung ſeine zwey beſte Sebeln/ mit der Erinnerung: daß dieſe/ die Tugend und das Gluͤcke ſchon maͤchtig genung waͤren/ ſie mit einem Erbtheile etlicher Reiche zu verſehen. Koͤnig Hunn aber eignete ſeines Vaters Feld-Hauptmanne Theſſalor ein Her- tzogthum zwiſchen dem Jſter und der Sau zu/ welcher die ihm untergebenen Voͤlcker nach ſei- nem Vater die Scordißker nennte. Dieſer ließ anfangs zwar in ſeinem Reiche ihm nichts mehr/ als den Ruhm ſeiner Gelindigkeit angelegen ſeyn; nach dem er aber durch allerhand Kuͤnſte die Gemuͤther ſeiner Unterthanen und die Ge- wogenheit der Nachbarn gewonnen hatte/ ver- leitete ihn die einmal gekoſtete Suͤßigkeit der Herrſchafft ſo weit: daß er ſo gar auff den Pan- noniſchen Zepter ein Auge warf/ unterſchiedene Pannoniſche Fuͤrſten/ welche der Deutſchen Herrſchafft uͤberdruͤßig und der Neuigkeit be- gierig waren/ auf ſeine Seite/ die Geten und Triballen aber wider die Deutſchen in ein Buͤndnuͤß brachte. Nach dem dieſen verſchwor- nen nun unterſchiedene Anſchlaͤge den Koͤnig Hunn durch Gifft hinzurichten fehl ſchlugen/ beſchloſſen ſie ihn auf der Jagt/ welche Sinadat einer ſeiner geheimſten Raͤthe anſtellte/ aufzur ei- ben. Hunn war ſchon auf dem Wege/ als ein Deutſches Weib ſich qver uͤber einen engen Weg legte/ wordurch der Koͤnig reiten ſolte/ und mit aufgehobenen Haͤnden bat/ er moͤchte keinen Schritt ferner reiten/ ihm auch von des Sina- dats eigenem Weibe ein verſchloſſen Schreiben einhaͤndigte/ welches das Geheimnuͤß der Ver- raͤtherey umſtaͤndlich entdeckte; von welchem ſie ihren Ehmann abwendig zu machen nicht ver- mocht haͤtte. Hunn entſetzte ſich uͤber iedem Worte/ weil er die/ denen er die groͤſte Treue zu- und das Hefft ſeines Reiches anvertraut hat- te/ unter dem Verzeichnuͤſſe der ſchlimmſten Verraͤther fand. Alſo kehrte er ſtillſchweigend zuruͤcke/ ließ ihre Schrifften durch ſuchen/ und/ nachdem er darinnen augenſcheinlichen Be- weiß fand/ ſelbte an ſtatt des Wildes auf der an- geſtellten Jagt fangen/ und denen zwey fuͤr- nehmſten Raͤdelsfuͤhrern Sinadat und Jrenitz die Koͤpffe abſchlagen. Jhr Goͤtter! fing die Koͤni-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/846
Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 784[786]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/846>, abgerufen am 29.06.2024.