Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.Sechstes Buch [Spaltenumbruch]
die Finsternüsse der zwey grossen Welt-Lichterso wol ihre ordentliche Ursachen als ihre Gesetze Zeit haben; so ist deßhalben es der göttlichen Versehung unverschrenckt: daß sie hierdurch grosse Enderungen/ und insonderheit die Ver- düsterung grosser Welt-Lichter/ wie der Schat- ten an den Sonnen-Uhren die Stunden an- deute. Massen denn wenige Zeit hernach so wol Brennus als Belgius ihrem Leben und Siegen ein Ende machten. Bey diesen To- desfällen ereigneten sich unter den Deutschen Fürsten allerhand Zwytrachten; welche die grö- sten Reiche auch biß zu der eusersten Ohnmacht zu entkräfften mächtig sind. Bey welcher Un- ruh Antigonus sich wider gantz Macedoniens bemächtigte. Gleichwol aber behauptete des Belgius Sohn Commontor nebst dem halben Pannonien ein Stücke von Dacien/ Mysien und Thracien/ zwischen dem schwartzen Meere und dem Flusse Athyras/ nach dem er vorher die Geten und Treballen in etlichen Schlachten aufs Haupt erleget hatte. Dieser Fürst erlang- te durch seine Helden-Thaten in Europa und Asien einen so starcken Nahmen: daß alle ferne Könige an seinen neuen Reichs-Sitz die Stadt Tube schickten/ und den Hertzog Commontor um Hülffe und Bündnüß ersuchten. Denen Byzantiern nahm er nach etlichen Treffen ihre fetten Aecker/ und brachte sie derogestalt ins Ge- drange: daß sie ihm und seinen Nachkommen jährlich 80. Talent zum Geschencke senden mu- sten. Unter diesem ehrlichen Nahmen verhül- len die schwächern Herrschafften die schimpfli- chen Schatzungen. Jn diesem Zustande blieb es/ biß Fürst Cavar von den Thraciern über wun- den ward. Brennus verließ unterschiedene Söhne/ und zwar seinem Sohne Hunn Pan- nonien/ den andern beyden Leonor und Luthar nebst einer schlechten Abstattung seine zwey beste Sebeln/ mit der Erinnerung: daß diese/ die Tugend und das Glücke schon mächtig genung wären/ sie mit einem Erbtheile etlicher Reiche [Spaltenumbruch] zu versehen. König Hunn aber eignete seines Vaters Feld-Hauptmanne Thessalor ein Her- tzogthum zwischen dem Jster und der Sau zu/ welcher die ihm untergebenen Völcker nach sei- nem Vater die Scordißker nennte. Dieser ließ anfangs zwar in seinem Reiche ihm nichts mehr/ als den Ruhm seiner Gelindigkeit angelegen seyn; nach dem er aber durch allerhand Künste die Gemüther seiner Unterthanen und die Ge- wogenheit der Nachbarn gewonnen hatte/ ver- leitete ihn die einmal gekostete Süßigkeit der Herrschafft so weit: daß er so gar auff den Pan- nonischen Zepter ein Auge warf/ unterschiedene Pannonische Fürsten/ welche der Deutschen Herrschafft überdrüßig und der Neuigkeit be- gierig waren/ auf seine Seite/ die Geten und Triballen aber wider die Deutschen in ein Bündnüß brachte. Nach dem diesen verschwor- nen nun unterschiedene Anschläge den König Hunn durch Gifft hinzurichten fehl schlugen/ beschlossen sie ihn auf der Jagt/ welche Sinadat einer seiner geheimsten Räthe anstellte/ aufzur ei- ben. Hunn war schon auf dem Wege/ als ein Deutsches Weib sich qver über einen engen Weg legte/ wordurch der König reiten solte/ und mit aufgehobenen Händen bat/ er möchte keinen Schritt ferner reiten/ ihm auch von des Sina- dats eigenem Weibe ein verschlossen Schreiben einhändigte/ welches das Geheimnüß der Ver- rätherey umständlich entdeckte; von welchem sie ihren Ehmann abwendig zu machen nicht ver- mocht hätte. Hunn entsetzte sich über iedem Worte/ weil er die/ denen er die gröste Treue zu- und das Hefft seines Reiches anvertraut hat- te/ unter dem Verzeichnüsse der schlimmsten Verräther fand. Also kehrte er stillschweigend zurücke/ ließ ihre Schrifften durch suchen/ und/ nachdem er darinnen augenscheinlichen Be- weiß fand/ selbte an statt des Wildes auf der an- gestellten Jagt fangen/ und denen zwey für- nehmsten Rädelsführern Sinadat und Jrenitz die Köpffe abschlagen. Jhr Götter! fing die Köni-
Sechſtes Buch [Spaltenumbruch]
die Finſternuͤſſe der zwey groſſen Welt-Lichterſo wol ihre ordentliche Urſachen als ihre Geſetze Zeit haben; ſo iſt deßhalben es der goͤttlichen Verſehung unverſchrenckt: daß ſie hierdurch groſſe Enderungen/ und inſonderheit die Ver- duͤſterung groſſer Welt-Lichter/ wie der Schat- ten an den Sonnen-Uhren die Stunden an- deute. Maſſen denn wenige Zeit hernach ſo wol Brennus als Belgius ihrem Leben und Siegen ein Ende machten. Bey dieſen To- desfaͤllen ereigneten ſich unter den Deutſchen Fuͤrſten allerhand Zwytrachten; welche die groͤ- ſten Reiche auch biß zu der euſerſten Ohnmacht zu entkraͤfften maͤchtig ſind. Bey welcher Un- ruh Antigonus ſich wider gantz Macedoniens bemaͤchtigte. Gleichwol aber behauptete des Belgius Sohn Commontor nebſt dem halben Pannonien ein Stuͤcke von Dacien/ Myſien und Thracien/ zwiſchen dem ſchwartzen Meere und dem Fluſſe Athyras/ nach dem er vorher die Geten und Treballen in etlichen Schlachten aufs Haupt erleget hatte. Dieſer Fuͤrſt erlang- te durch ſeine Helden-Thaten in Europa und Aſien einen ſo ſtarcken Nahmen: daß alle ferne Koͤnige an ſeinen neuen Reichs-Sitz die Stadt Tube ſchickten/ und den Hertzog Commontor um Huͤlffe und Buͤndnuͤß erſuchten. Denen Byzantiern nahm er nach etlichen Treffen ihre fetten Aecker/ und brachte ſie derogeſtalt ins Ge- drange: daß ſie ihm und ſeinen Nachkommen jaͤhrlich 80. Talent zum Geſchencke ſenden mu- ſten. Unter dieſem ehrlichen Nahmen verhuͤl- len die ſchwaͤchern Herrſchafften die ſchimpfli- chen Schatzungen. Jn dieſem Zuſtande blieb es/ biß Fuͤrſt Cavar von den Thraciern uͤber wun- den ward. Brennus verließ unterſchiedene Soͤhne/ und zwar ſeinem Sohne Hunn Pan- nonien/ den andern beyden Leonor und Luthar nebſt einer ſchlechten Abſtattung ſeine zwey beſte Sebeln/ mit der Erinnerung: daß dieſe/ die Tugend und das Gluͤcke ſchon maͤchtig genung waͤren/ ſie mit einem Erbtheile etlicher Reiche [Spaltenumbruch] zu verſehen. Koͤnig Hunn aber eignete ſeines Vaters Feld-Hauptmanne Theſſalor ein Her- tzogthum zwiſchen dem Jſter und der Sau zu/ welcher die ihm untergebenen Voͤlcker nach ſei- nem Vater die Scordißker nennte. Dieſer ließ anfangs zwar in ſeinem Reiche ihm nichts mehr/ als den Ruhm ſeiner Gelindigkeit angelegen ſeyn; nach dem er aber durch allerhand Kuͤnſte die Gemuͤther ſeiner Unterthanen und die Ge- wogenheit der Nachbarn gewonnen hatte/ ver- leitete ihn die einmal gekoſtete Suͤßigkeit der Herrſchafft ſo weit: daß er ſo gar auff den Pan- noniſchen Zepter ein Auge warf/ unterſchiedene Pannoniſche Fuͤrſten/ welche der Deutſchen Herrſchafft uͤberdruͤßig und der Neuigkeit be- gierig waren/ auf ſeine Seite/ die Geten und Triballen aber wider die Deutſchen in ein Buͤndnuͤß brachte. Nach dem dieſen verſchwor- nen nun unterſchiedene Anſchlaͤge den Koͤnig Hunn durch Gifft hinzurichten fehl ſchlugen/ beſchloſſen ſie ihn auf der Jagt/ welche Sinadat einer ſeiner geheimſten Raͤthe anſtellte/ aufzur ei- ben. Hunn war ſchon auf dem Wege/ als ein Deutſches Weib ſich qver uͤber einen engen Weg legte/ wordurch der Koͤnig reiten ſolte/ und mit aufgehobenen Haͤnden bat/ er moͤchte keinen Schritt ferner reiten/ ihm auch von des Sina- dats eigenem Weibe ein verſchloſſen Schreiben einhaͤndigte/ welches das Geheimnuͤß der Ver- raͤtherey umſtaͤndlich entdeckte; von welchem ſie ihren Ehmann abwendig zu machen nicht ver- mocht haͤtte. Hunn entſetzte ſich uͤber iedem Worte/ weil er die/ denen er die groͤſte Treue zu- und das Hefft ſeines Reiches anvertraut hat- te/ unter dem Verzeichnuͤſſe der ſchlimmſten Verraͤther fand. Alſo kehrte er ſtillſchweigend zuruͤcke/ ließ ihre Schrifften durch ſuchen/ und/ nachdem er darinnen augenſcheinlichen Be- weiß fand/ ſelbte an ſtatt des Wildes auf der an- geſtellten Jagt fangen/ und denen zwey fuͤr- nehmſten Raͤdelsfuͤhrern Sinadat und Jrenitz die Koͤpffe abſchlagen. Jhr Goͤtter! fing die Koͤni-
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Sechſtes Buch
die Finſternuͤſſe der zwey groſſen Welt-Lichter
ſo wol ihre ordentliche Urſachen als ihre Geſetze
Zeit haben; ſo iſt deßhalben es der goͤttlichen
Verſehung unverſchrenckt: daß ſie hierdurch
groſſe Enderungen/ und inſonderheit die Ver-
duͤſterung groſſer Welt-Lichter/ wie der Schat-
ten an den Sonnen-Uhren die Stunden an-
deute. Maſſen denn wenige Zeit hernach ſo
wol Brennus als Belgius ihrem Leben und
Siegen ein Ende machten. Bey dieſen To-
desfaͤllen ereigneten ſich unter den Deutſchen
Fuͤrſten allerhand Zwytrachten; welche die groͤ-
ſten Reiche auch biß zu der euſerſten Ohnmacht
zu entkraͤfften maͤchtig ſind. Bey welcher Un-
ruh Antigonus ſich wider gantz Macedoniens
bemaͤchtigte. Gleichwol aber behauptete des
Belgius Sohn Commontor nebſt dem halben
Pannonien ein Stuͤcke von Dacien/ Myſien
und Thracien/ zwiſchen dem ſchwartzen Meere
und dem Fluſſe Athyras/ nach dem er vorher die
Geten und Treballen in etlichen Schlachten
aufs Haupt erleget hatte. Dieſer Fuͤrſt erlang-
te durch ſeine Helden-Thaten in Europa und
Aſien einen ſo ſtarcken Nahmen: daß alle ferne
Koͤnige an ſeinen neuen Reichs-Sitz die Stadt
Tube ſchickten/ und den Hertzog Commontor
um Huͤlffe und Buͤndnuͤß erſuchten. Denen
Byzantiern nahm er nach etlichen Treffen ihre
fetten Aecker/ und brachte ſie derogeſtalt ins Ge-
drange: daß ſie ihm und ſeinen Nachkommen
jaͤhrlich 80. Talent zum Geſchencke ſenden mu-
ſten. Unter dieſem ehrlichen Nahmen verhuͤl-
len die ſchwaͤchern Herrſchafften die ſchimpfli-
chen Schatzungen. Jn dieſem Zuſtande blieb es/
biß Fuͤrſt Cavar von den Thraciern uͤber wun-
den ward. Brennus verließ unterſchiedene
Soͤhne/ und zwar ſeinem Sohne Hunn Pan-
nonien/ den andern beyden Leonor und Luthar
nebſt einer ſchlechten Abſtattung ſeine zwey beſte
Sebeln/ mit der Erinnerung: daß dieſe/ die
Tugend und das Gluͤcke ſchon maͤchtig genung
waͤren/ ſie mit einem Erbtheile etlicher Reiche
zu verſehen. Koͤnig Hunn aber eignete ſeines
Vaters Feld-Hauptmanne Theſſalor ein Her-
tzogthum zwiſchen dem Jſter und der Sau zu/
welcher die ihm untergebenen Voͤlcker nach ſei-
nem Vater die Scordißker nennte. Dieſer ließ
anfangs zwar in ſeinem Reiche ihm nichts mehr/
als den Ruhm ſeiner Gelindigkeit angelegen
ſeyn; nach dem er aber durch allerhand Kuͤnſte
die Gemuͤther ſeiner Unterthanen und die Ge-
wogenheit der Nachbarn gewonnen hatte/ ver-
leitete ihn die einmal gekoſtete Suͤßigkeit der
Herrſchafft ſo weit: daß er ſo gar auff den Pan-
noniſchen Zepter ein Auge warf/ unterſchiedene
Pannoniſche Fuͤrſten/ welche der Deutſchen
Herrſchafft uͤberdruͤßig und der Neuigkeit be-
gierig waren/ auf ſeine Seite/ die Geten und
Triballen aber wider die Deutſchen in ein
Buͤndnuͤß brachte. Nach dem dieſen verſchwor-
nen nun unterſchiedene Anſchlaͤge den Koͤnig
Hunn durch Gifft hinzurichten fehl ſchlugen/
beſchloſſen ſie ihn auf der Jagt/ welche Sinadat
einer ſeiner geheimſten Raͤthe anſtellte/ aufzur ei-
ben. Hunn war ſchon auf dem Wege/ als ein
Deutſches Weib ſich qver uͤber einen engen
Weg legte/ wordurch der Koͤnig reiten ſolte/ und
mit aufgehobenen Haͤnden bat/ er moͤchte keinen
Schritt ferner reiten/ ihm auch von des Sina-
dats eigenem Weibe ein verſchloſſen Schreiben
einhaͤndigte/ welches das Geheimnuͤß der Ver-
raͤtherey umſtaͤndlich entdeckte; von welchem ſie
ihren Ehmann abwendig zu machen nicht ver-
mocht haͤtte. Hunn entſetzte ſich uͤber iedem
Worte/ weil er die/ denen er die groͤſte Treue
zu- und das Hefft ſeines Reiches anvertraut hat-
te/ unter dem Verzeichnuͤſſe der ſchlimmſten
Verraͤther fand. Alſo kehrte er ſtillſchweigend
zuruͤcke/ ließ ihre Schrifften durch ſuchen/ und/
nachdem er darinnen augenſcheinlichen Be-
weiß fand/ ſelbte an ſtatt des Wildes auf der an-
geſtellten Jagt fangen/ und denen zwey fuͤr-
nehmſten Raͤdelsfuͤhrern Sinadat und Jrenitz
die Koͤpffe abſchlagen. Jhr Goͤtter! fing die
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Zitationshilfe: | Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 784[786]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/846>, abgerufen am 29.06.2024. |