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Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.

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Sechstes Buch
[Spaltenumbruch] fangen nahm; aus denen Nicomedes die Rä-
delsführer auslaß/ und ihre Köpfe auf die Prusi-
schen Mauern stecken ließ. Sein Bruder Zi-
petes entran mit genauer Noth übers Meer in
Macedonien; welchen die Byzantier zwar hernach
zu ihrem Heerführer wider seinen Bruder-Sohn
den König Prusias berufften/ aber ihn ehe von sei-
ner Kranckheit erbleichen/ als seinen Degen wider
sein Blut und Vaterland zücken sahen. Dem
Fürsten Leonor und Luthar aber Paphlagonien
und die zwischen dem Flusse Parthenius und
Halys gelegene Helfte seines Gebietes einräum-
te; darinnen die Tectosager die Stadt Pessinus/
die Trogimer Ancyra/ die Tolistobogier Tobia
erbauten/ und dardurch sich nichts minder als
gute Wirthe als streitbare Helden bezeugten.
Dieses neue Reich bekam den Nahmen Gala-
tiens/ weil die Deutschen in Asien Galater/ wie
in Griechenland Gallier irrig genennt wurden.
Alle Könige in Asien bewarben sich umb ihre
Freundschafft/ gründeten ihre Hoheit auf ihre
Achseln/ und die Völcker legten ihre Freyheiten
in ihre Armen. Kurtz nach gegründetem Galati-
schen Reiche entstand nach des Königs in Syrien
Antiochus Tode zwischen seinen Sohne und Nach-
folger Seleucus/ und dem Könige Ptolomeus in
Egypten ein blutiger Krieg/ weil jener seine Stief-
mutter Berenice des Ptolomeus Schwester mit
ihrem Sohne auf Anstiften seiner rechten Mut-
ter Laodice getödtet hatte. Als nun wegen seiner
Grausamkeit viel Städte von ihm abfielen/ er
durch Schiffbruch und eine verlorne Schlacht 2.
schwere Niederlagen erlitte/ ruffte er seinen Bru-
der Antiochus Hierax zu Hülffe; und nach dem
das Verhängnüß sich entweder an ihm ausgerä-
chet/ oder das Unglück ermüdet hatte/ also sein
ihm vorher gehässiges Volck aus Mitleiden ge-
neigt zu werden anfing/ zwang er dem Ptolo-
meus den Frieden ab. Weil aber Selevcus
dem Antiochus das Theil Asiens/ das zwischen
dem. Taurischen Gebürge lieget/ und er ihm
versprochen hatte/ nicht abtreten wolte/ zohe die-
[Spaltenumbruch] ser mit grossen Vertröstungen die Deutschen
oder Galater an sich; durch derer Tapferkeit er
seinen Bruder Selevcus aufs Haupt er-
legte/ also: daß er selbst kaum mit hundert Pfer-
den sich durch einen Fluß rettete; Antiochus
sich aber auf der Wallstatt krönen ließ. Wie
aber Antiochus den Deutschen den versproche-
nen Sold zu reichen weigerte/ schlugen sie sein
Heer/ tödteten seinen Feldhauptmann Patro-
clus/ umbringten ihn selbst in seinem Gezelt/
und nöthigten ihn solchen zweyfach zu bezah-
len. Unterdessen kam das Königreich Bithy-
nien vom Nicomedes auf den Fürsten Zela/ bey
welchem die alten Wohlthaten der Deutschen
schon ihren Geruch verlohren hatten. Daher
er das Königreich Galatien nicht mehr als ein
Kauff-Geld des erhaltenen Bithyniens/ sondern
als einen Verlust seiner Krone miß günstig an-
sah. Gleichwohl aber hatte er weder Hertze noch
Kräfften mit den Deutschen anzubinden; ließ
also den Hertzog Luthar unter dem Scheine
das väterliche Bündnüß zu verneuern auf die
Gräntze einladen. Jhre Zusammenkunfft
geschahe auf einer in dem Flusse Sagar liegen-
den Eylande; ieder hatte nur hundert Edelleute
bey sich. König Zela ließ nichts an Pracht
und herrlicher Bewillkommung mangeln.
Ehe man sich aber zur Taffel setzte/ trug man
ein Geträncke herumb; darunter diß/ was man
dem Fürsten Luthar brachte/ mit dem ärgsten
Gifte angemachet war. Dieser aber hat-
te wegen schon einmal empfangenen Giftes
die Gewohnheit: daß sein Mund-Schencke
alles vorher übertrincken muste. Wie nun diese
Vorsicht auch dißmal beobachtet ward; fiel er
Augenblicks steintodt zu Bodem. Eben diß be-
gegnete einem andern daraus trinckenden Deut-
schen. Daher denn auf des Fürsten Luthars
Winck die übrigen ihre Sebeln blösten/ und den
König Zela mit fast allen anwesenden Bi-
thyniern in Stücke hieben. Sein Bruder Pru-
sias war froh über der an ihn verfallenden

Herr-

Sechſtes Buch
[Spaltenumbruch] fangen nahm; aus denen Nicomedes die Raͤ-
delsfuͤhrer auslaß/ und ihre Koͤpfe auf die Pruſi-
ſchen Mauern ſtecken ließ. Sein Bruder Zi-
petes entran mit genauer Noth uͤbers Meer in
Macedoniẽ; welchẽ die Byzantier zwar hernach
zu ihrem Heerfuͤhrer wider ſeinẽ Bruder-Sohn
den Koͤnig Pruſias berufftẽ/ aber ihn ehe von ſei-
ner Kꝛanckheit erbleichen/ als ſeinen Degen wideꝛ
ſein Blut und Vaterland zuͤcken ſahen. Dem
Fuͤrſten Leonor und Luthar aber Paphlagonien
und die zwiſchen dem Fluſſe Parthenius und
Halys gelegene Helfte ſeines Gebietes einraͤum-
te; darinnen die Tectoſager die Stadt Peſſinus/
die Trogimer Ancyra/ die Toliſtobogier Tobia
erbauten/ und dardurch ſich nichts minder als
gute Wirthe als ſtreitbare Helden bezeugten.
Dieſes neue Reich bekam den Nahmen Gala-
tiens/ weil die Deutſchen in Aſien Galater/ wie
in Griechenland Gallier irrig genennt wurden.
Alle Koͤnige in Aſien bewarben ſich umb ihre
Freundſchafft/ gruͤndeten ihre Hoheit auf ihre
Achſeln/ und die Voͤlcker legten ihre Freyheiten
in ihre Armen. Kurtz nach gegruͤndetem Galati-
ſchen Reiche entſtand nach des Koͤnigs in Syrien
Antiochus Tode zwiſchẽ ſeinẽ Sohne und Nach-
folger Seleucus/ und dem Koͤnige Ptolomeus in
Egyptẽ ein blutiger Kꝛieg/ weil jener ſeine Stief-
mutter Berenice des Ptolomeus Schweſter mit
ihrem Sohne auf Anſtiften ſeiner rechten Mut-
ter Laodice getoͤdtet hatte. Als nun wegen ſeiner
Grauſamkeit viel Staͤdte von ihm abfielen/ er
durch Schiffbruch und eine verlorne Schlacht 2.
ſchwere Niederlagen erlitte/ ruffte er ſeinen Bru-
der Antiochus Hierax zu Huͤlffe; und nach dem
das Verhaͤngnuͤß ſich entweder an ihm ausgeraͤ-
chet/ oder das Ungluͤck ermuͤdet hatte/ alſo ſein
ihm vorher gehaͤſſiges Volck aus Mitleiden ge-
neigt zu werden anfing/ zwang er dem Ptolo-
meus den Frieden ab. Weil aber Selevcus
dem Antiochus das Theil Aſiens/ das zwiſchen
dem. Tauriſchen Gebuͤrge lieget/ und er ihm
verſprochen hatte/ nicht abtreten wolte/ zohe die-
[Spaltenumbruch] ſer mit groſſen Vertroͤſtungen die Deutſchen
oder Galater an ſich; durch derer Tapferkeit er
ſeinen Bruder Selevcus aufs Haupt er-
legte/ alſo: daß er ſelbſt kaum mit hundert Pfer-
den ſich durch einen Fluß rettete; Antiochus
ſich aber auf der Wallſtatt kroͤnen ließ. Wie
aber Antiochus den Deutſchen den verſproche-
nen Sold zu reichen weigerte/ ſchlugen ſie ſein
Heer/ toͤdteten ſeinen Feldhauptmann Patro-
clus/ umbringten ihn ſelbſt in ſeinem Gezelt/
und noͤthigten ihn ſolchen zweyfach zu bezah-
len. Unterdeſſen kam das Koͤnigreich Bithy-
nien vom Nicomedes auf den Fuͤrſten Zela/ bey
welchem die alten Wohlthaten der Deutſchen
ſchon ihren Geruch verlohren hatten. Daher
er das Koͤnigreich Galatien nicht mehr als ein
Kauff-Geld des erhaltenen Bithyniens/ ſondern
als einen Verluſt ſeiner Krone miß guͤnſtig an-
ſah. Gleichwohl aber hatte er weder Hertze noch
Kraͤfften mit den Deutſchen anzubinden; ließ
alſo den Hertzog Luthar unter dem Scheine
das vaͤterliche Buͤndnuͤß zu verneuern auf die
Graͤntze einladen. Jhre Zuſammenkunfft
geſchahe auf einer in dem Fluſſe Sagar liegen-
den Eylande; ieder hatte nur hundert Edelleute
bey ſich. Koͤnig Zela ließ nichts an Pracht
und herrlicher Bewillkommung mangeln.
Ehe man ſich aber zur Taffel ſetzte/ trug man
ein Getraͤncke herumb; darunter diß/ was man
dem Fuͤrſten Luthar brachte/ mit dem aͤrgſten
Gifte angemachet war. Dieſer aber hat-
te wegen ſchon einmal empfangenen Giftes
die Gewohnheit: daß ſein Mund-Schencke
alles vorher uͤbertrincken muſte. Wie nun dieſe
Vorſicht auch dißmal beobachtet ward; fiel er
Augenblicks ſteintodt zu Bodem. Eben diß be-
gegnete einem andern daraus trinckenden Deut-
ſchen. Daher denn auf des Fuͤrſten Luthars
Winck die uͤbrigen ihre Sebeln bloͤſten/ und den
Koͤnig Zela mit faſt allen anweſenden Bi-
thyniern in Stuͤcke hieben. Sein Bruder Pru-
ſias war froh uͤber der an ihn verfallenden

Herr-
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Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 786[790]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/850>, abgerufen am 22.11.2024.